Protokoll der Sitzung vom 27.08.2009

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wir haben für die CDU übrigens auch die Abstim- mung freigegeben! – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Wir auch! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ach ja?)

) Vom Redner nicht überprüft.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist für die SPD auch freigegeben,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ja?)

weil die SPD-Fraktion beantragen wird, über diese Fragen namentlich abzustimmen, damit die Bevölkerung auch jederzeit in den Protokollen der Bürgerschaft nachlesen kann, wer Veränderungen und wer Verbesserungen der Volksgesetzgebung zu diesem Zeitpunkt wollte und wer sie, aus welchen Grünen auch immer, nicht wollte. Ich stelle hier den ausdrücklichen Antrag, namentlich abzustimmen.

Herr Kollege Röwekamp, wenn man Dinge wiederholt, werden sie gewöhnlich nicht besser, aber vielleicht manchmal doch! Wir haben im Ausschuss – und da waren Sie ja nicht vertreten, aber Ihre drei Kollegen waren da sehr wohl vertreten – sehr intensiv auch über verfassungsändernde Quoren diskutiert. Wir haben hier in Debatten über verfassungsändernde Quoren diskutiert, und ich habe für die SPD immer wieder erklärt, warum wir die 50 Prozent sachlich für angemessen halten. Jetzt kann man die Ohren schließen und sagen, die SPD begründet das ja gar nicht, aber ich mache es auch für das Protokoll noch einmal, damit Sie nicht sagen können, wir hätten es nicht begründet.

Wir sind der Meinung, dass eine Änderung der Bremer Landesverfassung von einer entsprechenden qualifizierten Mehrheit zu unterstützen ist, und eine Mehrheit ist in Deutschland immer noch eine mathematische Mehrheit, und das sind 50 Prozent plus eins, und das wollen wir in dieser Landesverfassung so beibehalten!

(Beifall bei der SPD)

Herr Rupp, ich schließe mich, das erwarten Sie vielleicht nicht, dem Appell an: Überlegen Sie, wie Ihr Abstimmungsverhalten heute sein soll! Ich glaube, alle, die in diesem Ausschuss viel Zeit verbracht haben, die viele Dinge diskutiert haben, hat immer eines geeint: Was wir wollten, ist ein bürgerfreundliches und transparentes Verfahren, eine Verbesserung der Volksgesetzgebung, und ich fände es ausgesprochen schade, wenn das heute scheitern sollte. Wenn die Abstimmung freigegeben ist, hoffe ich auf die Einsicht, dass das, was wir gemeinsam erreicht haben, trägt und in Zukunft die politische Lebensweise dieses Bundeslandes prägen wird und wir nicht die Situation haben, dass am Ende gar nichts kommt.

Zu dieser Basargeschichte: Herr Rupp, Sie haben gesagt, da wird ein Basarvorwurf gemacht, aber wir haben doch erst 10 und dann 15 Prozent gefordert. Ich frage Sie ganz ehrlich, warum fordern Sie nicht 17,8 Prozent oder die Absenkung auf 47,3 Prozent? Diese ganze Diskussion ist doch nicht davon geprägt,

dass es um den Inhalt geht. Mir leuchtet überhaupt nicht ein, wenn Sie sagen, das muss jetzt einfacher gemacht werden, warum Sie mit dem Vorschlag 15 Prozent kommen. Dann können Sie doch auch fünf Prozent sagen. Was soll diese ganze Nummer?

Wir haben gesagt, wir wollen ein entsprechendes Schutzquorum für die Verfassungsänderungen haben, und dies liegt bei dem, wie es seit 1946 unverändert gewesen ist, und wenn Sie mit 15 Prozent kommen, wird die SPD nicht zuschlagen. Die SPD wird auch nicht zuschlagen, wenn sie mit 16, 17, 18 oder 19 Prozent kommen, weil es uns um eine inhaltliche Position geht und nicht um Zahlen.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Ach!)

Ich beantrage, dass wir jetzt zeitnah namentlich abstimmen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, lieber Kollege Tschöpe! Wir haben diesen Antrag gestellt, weil wir das Ziel haben, die Zulassung von verfassungsändernden Volksbegehren zu erleichtern,

(Beifall bei der LINKEN)

wissend, dass darin jetzt eine Schwelle ist, die unseres Erachtens – und nicht nur unseres Erachtens – so hoch ist, dass sie diese Vorschrift der Verfassung nachgerade gegenstandslos macht, und wir haben deswegen nicht noch einmal zehn oder fünf Prozent gesagt! Wir sind am Anfang mit zehn Prozent hineingegangen, wir finden, um es zuzulassen, reichen möglicherweise auch zehn Prozent. Wir wissen aber um Vorbehalte und respektieren diese auch in Ihrer Partei. Wir wollen uns hier bitte nicht den Vorwurf einhandeln, wir hätten ja einen Änderungsantrag mit 15 Prozent stellen können, aber das hätten wir ja nicht, deswegen könnte man dem nicht zustimmen!

(Abg. Ts c h ö p e [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

So einen Vorwurf habe ich mir schon einmal eingehandelt, weil wir nämlich irgendwann mit Leuten geredet haben, und dann ist gesagt worden, das machen wir lieber nicht, und hinterher kam jemand ganz überklug daher und sagte, es gab überhaupt keine Möglichkeit, einem Kompromiss zuzustimmen.

(Glocke)

) Vom Redner nicht überprüft.

Wir möchten hier gern eine Möglichkeit finden, auch in dieser Frage letztendlich noch zu einem Kompromiss zu kommen. Das ist das Angebot, und da ist es in der Tat so, qualifiziert sind 25 000 Unterschriften, die man weniger beibringen muss. Eine Senkung dieser Schwelle – und es geht nicht um 0,5 oder 1 Prozent – auf 15 Prozent, das ist das, was ich mir vorstellen kann, alles andere wäre in der Tat Makulatur,

(Beifall bei der LINKEN)

aber 25 000 Unterschriften in drei Monaten sind eine echte Erleichterung, und das ist das Ziel, und deswegen haben wir diesen Antrag gestellt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Tschöpe?

Selbstverständlich!

Bitte sehr!

Herr Rupp, erinnere ich mich richtig, dass Sie hier in der ersten Lesung dieses Gesetzes einem Unterschriftenquorum von 20 Prozent zugestimmt haben?

Wir haben in der ersten Lesung zugestimmt, weil ein Gesetz in der ersten Lesung noch nicht fertig ist! Möglicherweise habe ich ja davon einen falschen Begriff, aber es ging darum, diesen Prozess auf den Weg zu bringen. Da haben wir einem Gesetz zugestimmt, bei dem wir gesagt haben, über bestimmte Stellen wollen wir noch einmal reden und möglicherweise Änderungen einbringen. Deswegen haben wir zugestimmt, und am Ende werden wir jetzt feststellen, ob wir als einzelne Abgeordnete dem zustimmen können oder nicht. Im Übrigen haben wir das beim Haushalt genauso gemacht. Wir haben doch jetzt nicht dem Haushalt zugestimmt, weil wir den in allen Fragen großartig finden, sondern weil es darum geht, eine Debatte anzufangen. Das ist die erste Lesung, das ist ein verfahrenstechnischer Schritt. Wir hätten natürlich auch ablehnen können. Das wäre natürlich ein Stück weit egal gewesen, aber wir wollten auch da dokumentieren, wir wollen darüber eine Debatte, wir wollen eine politische Auseinandersetzung. Je nachdem, wie diese Auseinandersetzung ausgeht, werden wir am Ende des Tages, wie Sie immer so schön zu sagen pflegen – wahrscheinlich ist es nicht am Ende des Tages, sondern des Jahres –, bestimmten Dingen zustimmen und bestimmten Dingen nicht zustimmen. Deswegen haben wir am Anfang zugestimmt. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, hier ist eine mit viel Überzeugung fundierte politische Debatte heute dabei gewesen. Es sind Grundüberzeugungen ausgetauscht worden, und das ist auch der Kern der Sache, ich will das gar nicht kleinreden. Allerdings, ich sage noch einmal, in der Sache, pragmatisch gesehen und von der Bedeutung und von dem, was wahrscheinlich ist, in der Sache, in politischen Gegenständen, gerade weil wir jetzt dieses enge Finanzkorsett aufgebrochen haben und mehr möglich machen, rechne ich damit, dass es wirklich Volksbegehren und Volksentscheide geben wird in wesentlichen politischen Fragen. Damit rechne ich, und wir wollen auch, dass diese fair durchgeführt werden können. Verfassungsändernde Referenden sind in der Realität wirklich sehr selten, deswegen bitte ich, das noch einmal in der Relation zu betrachten. Wie gesagt, ausgehend davon, dass es heute eine politische Debatte war, die ich sehr akzeptiere, gibt es aber natürlich auch einen Moment – lassen Sie mich das so sagen – von politischem Poker hierbei. Dann kommt irgendwo der Moment, in dem man sagen und sich klar machen muss, dass wir alle – ich rede da für uns alle – nicht mit unserem eigenen Einsatz pokern, für den wir geradestehen müssen, sondern dass hier gepokert wird mit den Möglichkeiten, die die Leute draußen entweder in den nächsten Jahren haben oder nicht haben können. Deswegen noch einmal mein ganz dringender Appell, Sie mögen sich ärgern, ich ärgere mich auch, ich verrate jetzt nicht, über wen, aber Sie können sicher sein, dass Sie wissen, über wen ich mich ärgere, aber das ist ganz gleichgültig!

(Abg. R u p p [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wir müssen es hinbekommen, dass die Dinge, die wir erreicht haben, auch wirklich umgesetzt werden können.

(Glocke)

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Dr. Kuhn, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp, habe ich gerade gehört.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja!)

Ich habe da nur einmal eine Frage, weil das so immer erneut wiederholt

wird. Haben Sie den Eindruck, dass den Abgeordneten der Fraktion der LINKEN die Bedeutung dieser Entscheidung nicht klar ist?

Nein, ich habe das ja gerade – Entschuldigung, Herr Kollege Rupp! – wirklich gewürdigt, indem ich sage, zu 90 Prozent war es eine politische Auseinandersetzung über Inhalte und Überzeugungen, die hier dargelegt worden sind. Ich wollte nur darum bitten, dass man den Anteil an politischem Poker, den es immer hat, und wir wären doch Laien, wenn wir den nicht alle auch hätten, aber irgendwann einmal beiseitelegen muss und dass jetzt der Augenblick kommt, in dem man den beiseitelegen und nüchtern, pragmatisch und für die Interessen der Leute draußen entscheiden muss, weil wir von deren Einsatz reden und nicht von unserem.

Herr Abgeordneter Rupp, haben Sie noch eine weitere Zwischenfrage oder Bemerkung? – Bitte sehr!

Ich habe noch einmal eine weitere Frage: Warum geht dieser Appell eigentlich jetzt nur in unsere Richtung?

Herr Kollege Rupp, wenn Sie geschaut hätten, wohin ich geschaut habe, dann könnten Sie mir diesen Vorwurf wirklich nicht machen! Es ist aber so, mit den Stimmen der FDP, der CDU, der Grünen, der SPD und der LINKEN werden wir diese Verfassungsänderung machen. Eine andere Verfassungsänderung, die einen anderen Inhalt hat, werden wir heute nicht hinbekommen, weil diese Fraktion, die der Sozialdemokraten, gegenwärtig nicht mehr macht, und sie hat hier so viele Stimmen, dass ohne sie eine Verfassungsänderung nicht durchzuführen ist. Ich glaube, die Lage ist relativ klar und deutlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Dr. Kuhn, es gibt keine weiteren Zwischenfragen, Sie können fortfahren.

Ja, ich war am Ende, zweimal bekomme ich so einen guten Schluss auch nicht hin!

(Heiterkeit)

Ich bitte Sie, dem zuzustimmen!