Protokoll der Sitzung vom 27.08.2009

Wenn Sie das Programm der FDP gelesen haben, dann zeigen Sie mir bitte die Stelle!

Wenn die vorhandenen Kernkraftwerke unsicher wären und die Sicherheit nicht gewährleistet wäre, müssten die atomaufsichtsführenden Länder diese unverzüglich abstellen. Das sind außerdem die Gründe, die schon bei kleineren Unfällen dazu führen, dass der Betrieb stillgelegt wird. Selbst wenn außerhalb des gefährlichen Bereichs ein Transformator brennt, wird solch eine Anlage erst einmal stillgelegt, bis das alles wiederum geklärt ist. In der Tat, Herr Rupp hat ja recht, man kann so etwas nicht endgültig und alles voraussehend planen und im Griff haben, man muss dann aber fragen, in welchen Betriebszustand eine Anlage in solch einem Fall geht, und die Anlagen, die sie programmieren, führen dann ja auch nicht gleich zu einer Explosion oder so etwas, sondern sie stehen dann erst einmal still, und der Stillstand und keine Energie zu produzieren, ist auch für solch ein Kernkraftwerk erst einmal ein sicherer Zustand. Insofern darf man da auch nicht mit den Ängsten

der Menschen in dem Maße spielen, wie Sie das hier getan haben.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Liebe Frau Dr. Schaefer, jetzt kommen wieder die ganzen Namen von Atomkraftwerken, die einmal Probleme hatten. Richtig, und ich müsste dann auch einmal bei Krümmel fragen, ob die Menschen, die dieses Kraftwerk betreiben, in der Lage sind, eines zu betreiben. Die Frage würde ich mir bei Krümmel auch stellen, aber die Frage müssen wir hier doch konkret an ihrem Antrag beantworten, und die haben Sie für diesen Antrag und dieses Kernkraftwerk nicht beantwortet, denn die vier Brände, auf die Sie hinweisen, zitieren Sie ja aus dieser Drucksache des Niedersächsischen Landtages, die sich auch jeder Bürger, der sich darüber informieren will, gern besorgen kann. Da ist die Frage dann doch beantwortet. Es gab vier Brände, nur einen davon im inneren Bereich, und das war ein Brand einer Kabeltrommel. Da muss man dann auch einmal fragen, wie schwerwiegend solch ein Vorfall ist und wie der zu gewichten ist, um dann insgesamt dieses Risiko für sich zu bewerten, denn die anderen Antworten, die Sie geben, sind eben erst Antworten für übermorgen.

(Zuruf der Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen])

Regenerative Energien reichen in der Menge nicht aus, wenn wir nicht Atomstrom aus dem Ausland importieren wollen. Die Versorgungslücke halte ich nicht für ein Hirngespinst, sondern die halte ich in der Tat für gegeben. Wir können heute noch nicht die Energiebedarfe so abdecken, wie ich es gern hätte.

(Unruhe – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Da geht schon das Licht aus!)

Das ist kein Zeichen, sondern es liegt daran, dass hier die Energie vielleicht anders erzeugt wird.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ein Zeichen, ein Wunder!)

Dann sprechen Sie dieses Gutachten an, dass erstellt worden ist. Dieses Gutachten erfüllt nicht die Anforderungen, die an Gutachten für kerntechnische Anlagen vom TÜV oder von anderen gestellt werden, sondern zählt Risikofaktoren auf, zum Beispiel die Hochwassersituation. Darauf ist von der niedersächsischen Landesregierung ausführlich geantwortet worden. Ich konnte nachlesen, dass diese Hochwassergefährdung in der Tat in der Art nicht besteht, weil der Deich dort höher ist, häufiger kontrolliert wird und das Kernkraftwerk auf einer Warft angelegt ist,

sodass die Ereignisse, die zu solchen Gefährdungen führen könnten und daher ein sofortiges Ausschalten erfordern würde, erst einträten, wenn wir einen Meeresspiegelanstieg hätten, den wir hoffentlich dadurch verhindern werden, dass wir CO2 in entsprechenden Mengen einsparen, damit diese Gefahren gar nicht erst auftreten. Insofern bleibt es dann bei der Frage, die Sicherheitskonzepte zu vergleichen und auch einmal zu überlegen, um welche Qualität von Anlagen es sich hier handelt.

DIE LINKE macht uns glauben, dass darin immer noch all die alten Anlagenteile seien. Nein, die müssen regelmäßig ausgetauscht und kontrolliert werden, damit sie auf dem jeweils neuesten Stand sind, sonst kann solch eine Anlage nicht weiter betrieben werden, sie müsste zu Recht abgeschaltet werden. Das Gleiche gilt zum Beispiel auch für die von Ihnen angesprochenen PVC-Kabel, die zum Gutteil ausgetauscht sind oder noch ausgetauscht werden müssen, aber das alles sind Dinge, die bekannt sind und in den entsprechenden Konzepten und Wartungsplänen festgelegt sind. Insofern muss man sich dann doch wirklich überlegen, ob das eine Sache ist, die verantwortet werden kann, oder eben nicht. Da sagen wir, es kann verantwortet werden, es muss aber überwunden werden; das ist das Ziel unserer FDP-Politik.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Sie hören sich an wie der Pressesprecher eines Atomkraftwerks oder eines Energieunternehmens! – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Herr Dr. Kuhn, auf diesen Zwischenruf habe ich ja gewartet, aber ich sage Ihnen eines: Hätte ich diese inhaltliche Überzeugung gehabt, wäre ich in meinem beruflichen Leben gar nicht dorthin gegangen.

Kommen wir einmal zu dem letzten Punkt, der in Ihrem Antrag angesprochen wird, nämlich die Frage der Endlagerung! Das ist ein Punkt, über den ich mich, ehrlich gesagt, nach wie vor ärgere, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht gelöst ist.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wo ist er denn sonst gelöst? Es gibt keine Endlagerlösung!)

Nein, er müsste auch woanders gelöst sein, aber es muss doch einfach für den vorhandenen Atommüll, den wir weltweit haben, eine Lösung gefunden werden, unabhängig davon, ob wir heute, morgen oder erst übermorgen abschalten.

(Beifall bei der FDP)

Daran kommen wir doch gar nicht vorbei, und deswegen bleibe ich dabei: Es ist ein Punkt, der mich ärgert, dass die Entsorgungsfrage nicht ge

löst ist, denn es ist eine Frage, die wir im Interesse zukünftiger Generationen unabhängig davon, wie wir zu Kernkraft stehen, lösen müssen. Ich ärgere mich da insbesondere über den Parteienstreit, der in Berlin herrscht, anstatt nach einem Endlager zu suchen oder eines, das man einmal ausgeschaut hat zu Ende zu erkunden. Die neuesten Sachen kann ich dazu noch gar nicht beurteilen, ich habe das auch von Herrn Gabriel in den Medien wahrgenommen, aber wie gesagt, ich habe mich da noch nicht einarbeiten können, dass ich das beurteilen könnte, wirklich zu entscheiden, ob es der Weg ist, wir erkunden eines zu Ende, ob es geeignet ist, und suchen sonst ein neues, oder wir suchen nach alternativen Endlager standorten, mit anderem Wirtsgestein. Das muss man entscheiden. Zugleich ist eines doch klar: Wir kommen doch gar nicht umhin, irgendwie Endlager zu finden, denn der Atommüll ist und bleibt vorhanden, und er strahlt verdammt lange, sodass dafür eine Lösung her muss. Dass die Lösung nicht so aussehen kann wie Asse oder Morsleben, das wissen wir, glaube ich, alle. Das muss anders geregelt werden.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Gut zu wissen!)

Das ist außerdem unabhängig von der Frage zu beantworten, was man mit dem strahlenden Abfall dort jetzt macht. Das ist Atommüll, der leider schon in den Brunnen gefallen ist, so muss man das ja in der Tat sagen.

(Abg. D e n n h a r d t [SPD]: Aber Sie wol- len ja noch mehr Atommüll produzieren!)

Die Frage ist doch, ob wir heute sonst nicht mehr CO2 produzieren müssen, was dann auch Klimafolgen hat und eben auch schwierig ist. Da müssen wir doch den Weg gehen, schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass wir Kernenergie nicht mehr brauchen, aber wir können meiner Meinung nach, und dabei bleibe ich, heute leider noch nicht darauf verzichten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Imhoff, ich muss einmal sagen, das war eine Superwahlkampfrede von Ihnen, und zwar für uns Grüne!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie sagen, wir spielen mit den Ängsten der Menschen. Nein, das tun wir nicht, wir nehmen die Ängste der

Menschen ernst! Das ist ein Thema, das viele Leute bewegt, und ich habe das Gefühl, Sie ignorieren eher die Ängste der Menschen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich hatte in der Tat nicht vor, hier eine Wahlkampfrede zu halten,

(Widerspruch bei der CDU)

deswegen habe ich solche Aspekte wie die Endlagerproblematik ausgelassen, aber zur Dringlichkeit sage ich Ihnen eines: Es gibt diese aktuelle Mängelliste, und es gibt dieses Gutachten; wann sollen wir hier überhaupt debattieren? Nur weil Wahlkampf ist, schieben wir Dringlichkeitssachen auf, bei denen wir wissen, dass es einen akuten Handlungsbedarf gibt, weil Ihnen das gerade jetzt im Moment nicht passt? Das finde ich auch falsch!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auf ein paar meiner Vorredner möchte ich dann dennoch eingehen. Einmal wurde gesagt, na ja, da hat nur eine Kabeltrommel gebrannt. Woanders ist es nur eine Schraube oder ein Ventil, das nicht richtig funktioniert hat, aber die Probleme, die daraus entstehen können, sind gravierend, und die finden nicht nur auf lokaler Ebene statt, sondern davon sind am Ende auch viele Menschen betroffen. Insofern halte ich das auch ein bisschen für ein Herunterspielen des wirklichen Risikos, wenn man sagt, na ja, da hat nur eine Kabeltrommel gebrannt. Es gibt diese Vielzahl von 324 meldepflichtigen Ereignissen, und deswegen sind sie ja auch meldepflichtig. Es wird immer von Ihnen gesagt, Herr Dr. Buhlert, dass es morgen irgendwie zu früh ist und wir den Atomausstieg übermorgen brauchen. Ich sage Ihnen, übermorgen ist mir definitiv zu spät!

(Abg. Frau W i n t h e r [CDU]: Und was machen wir inzwischen?)

Sie stellen sich hierhin und sagen, dass es aber irgendwie noch gar keine Endlagerlösung gibt. Ich hätte die Endlagerlösung aber gern gestern gehabt, bevor ich sage, dass ich übermorgen so ein Ding abschalte. Wenn Sie sich die Halbwertzeit von Plutonium anschauen, das sind 24 000 Jahre, dann sagen Sie mir, wann und wo auf dieser Welt ein Endlager gefunden werden soll, wo man eine Sicherheit für diesen radioaktiven Müll für 24 000 Jahre garantieren kann!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage Ihnen, diesen Ort gibt es nicht, und deswegen ist diese Technologie veraltet und überflüssig, wir brauchen sie nicht.

Dann komme ich noch einmal auf das Argument der Stromlücke, Herr Imhoff. Sie haben gesagt, dass wir eine Versorgungslücke haben. Ich möchte mit Genehmigung der Präsidentin einmal die Bundesumweltstiftung zitieren, aber auch Herrn Troge, ehemaliger Präsident des Umweltbundesamtes, gerade frisch pensioniert und im Übrigen ein CDU-Mitglied, der gesagt hat: „Der bis zum Jahr 2020 vorgesehene Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie gefährdet nicht die Versorgung Deutschlands mit Strom, eine Stromlücke ist nicht zu erwarten“, so Herr Troge vom Umweltbundesamt. Warum ist sie nicht zu erwarten? Weil wir jetzt einen Überschuss haben. Wir exportieren im Moment viel zu viel Strom.

Ich möchte dann auch noch einmal sagen, weil die Frage der Abschaltung aufkam, wenn Sie sich anschauen, wie viele von diesen 17 Atomkraftwerken überhaupt permanent laufen, dann ist es einmal knapp die Hälfte, weil die meisten nämlich entweder in Wartung oder aufgrund von Störfällen nicht am Netz sind. Das zeigt, wenn wir jetzt schon irgendwie ohne die Atomkraftwerke auskommen, dass wir das bis zum Jahr 2020 locker können.

Wie können wir das überbrücken? Auch dafür gibt es Studien, und wenn Sie sagen, dass wir da Kohlekraft brauchen, sage ich Ihnen, nein, die brauchen wir nicht, denn, und das sagen Ihnen auch Energieexperten, einen viel höheren Wirkungsgrad und eine sehr viel bessere CO2-Bilanz haben Gaskraftwerke.

Was wir hier vielleicht auch einmal zu Atomkraftwerken sagen müssen, wenn wir hier von Energieproduktion sprechen, ist, dass sie nicht nur Strom produzieren, sondern sie erzeugen auch einen Haufen Abwärme. Da wird aber nichts an Wärme genutzt, aber was wir hier in Europa, in Mittel- und Nordeuropa, brauchen, weil wir im Winter nämlich frieren, ist nicht nur Strom für die Leuchte an der Decke, sondern auch Wärmeenergie. Deswegen können wir zwanglos auf Atomkraft verzichten, wenn wir in Zukunft mehr erneuerbare Energiequellen nehmen und mit Gas überbrücken.

Zu sagen, dass Atomkraft CO2-neutral oder CO2arm ist, stimmt schon einmal nicht. Auch Uran muss abgebaut, transportiert und angereichert werden, je nachdem, woher das Uran kommt, ob es aus Südamerika kommt, aus Kanada, aus Südafrika, hat es eine Bilanz, wenn man das in Gramm pro Kilowattstunde umrechnet, von ungefähr 126 Gramm, ein Erdgasblockheizkraftwerk aber nur von 49 Gramm, Windparks und Offshore von 23 Gramm und ein Windparkland von 24 Gramm. Sich also hinzustellen und zu sagen, Atomkraft ist jetzt eine klimafreundliche, CO2-neutrale Energieform, die total sicher ist, kann ich hier wirklich nicht bezeugen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Letztes, Herr Dr. Buhlert, weil Sie oder auch Herr Imhoff gesagt haben, wenn es Mängel gibt, wird man diese dann schon dem Bundesumweltministerium gemeldet haben, und von dort muss etwas getan werden: Wenn Sie sich das Gutachten durchgelesen haben, dann sehen Sie, dass viele Sachen, die das niedersächsische Umweltministerium hier als unproblematisch ansieht, durchaus vom Bundesministerium für Umwelt anders bewertet werden. Ich möchte auch noch einmal aus dem Gutachten mit Genehmigung der Präsidentin zitieren: „Die NMU-Bewertungen zum Sicherheitsbehälter widersprechen einer OECDEmpfehlung.“ Es ist also nicht alles super, wie Sie es hier darstellen, und ich finde, das sind gravierende Mängel, und deswegen fanden wir es richtig, uns heute hier hinzustellen und zu sagen, dass wir diese Mängel abgeschaltet haben wollen. Wir können uns nicht vorstellen, dass dieses alte Atomkraftwerk in Esenshamm überhaupt eine Laufzeitverlängerung über diese bestehende Laufzeit bis 2012 bekommen soll. Generell sage ich Ihnen noch einmal, dass wir in Deutschland auf Atomkraft einfach verzichten können. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Drei kurze Anmerkungen: Herr Dr. Buhlert, es stimmt, dass es Anlagen gibt, die sich abschalten, wenn sie eine Störung haben, und niemand mehr etwas tun muss. Die Atomkraftwerke gehören nicht dazu. Ein Atomkraftwerk muss funktionieren, damit man es abschalten kann.