Protokoll der Sitzung vom 01.10.2009

Ich glaube, dass Sie hier wieder einmal ein bisschen mit Ihrer Kritik auf dem Teppich bleiben sollten.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Während die Eltern shoppen, können die Kinder lesen! Tolles Konzept!)

Heute rede ich nicht über die Sonntagsöffnung!

Ich möchte gleichwohl noch einmal dazu Stellung nehmen, was er zu dem Antrag, den wir hier vorgelegt haben, kritisiert hat! Vielleicht fange ich einmal damit an, dass nach meinem Sprachempfinden das Wort „weiterhin“ – bei dem Sie ja fanden, dass das viel zu häufig in dem Antrag auftaucht – im semantischen Sinne „zukünftig“ meint. Insofern bezieht es sich hier sehr wohl auf die zukünftige Entwicklung, die es zu bedenken gilt. Ich glaube, wenn Sie sich die einzelnen Forderungen in unserem Antrag anschauen, dann müssten Sie mir jetzt einmal bei dem Stichwort demografischer Wandel und Kultur sagen, was an diesen Forderungen falsch ist, wenn wir den Senat auffordern, auch zukünftig bei der Planung der Kulturförderung den kinder- und jugendorientierten Kulturangeboten und Projekten auch weiterhin eine hohe Priorität beizumessen.

Ich glaube, ich habe in meiner Rede deutlich gemacht, warum das gerade eine ganz wesentliche Forderung ist. Wenn man sich den demografischen Wandel anschaut, wenn man weiß, dass Kinder und Jugendliche von der Anzahl her weniger werden – anzahlmäßig, nicht schrumpfen, Herr Röwekamp! – und dass wir uns ganz besonders Gedanken machen müssen, wie wir diese zahlenmäßig kleiner werdende Gruppe frühzeitig und dauerhaft für Kultur begeistern, dann fängt das aus meiner Sicht frühzeitig an und kann gar nicht frühzeitig genug anfangen. Wir setzen da eben nicht nur, sondern auch auf die Eltern, aber ganz verstärkt auch auf die Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen, und alles das steht hier im Antrag. Das betrifft genauso die Förderung der Kultur für Migranten und von Migranten und natürlich für diejenigen, die älter werden, die also die größer werdende Bevölkerungsgruppe darstellen.

Alles dies steht im Antrag, bezieht sich auf den demografischen Wandel und darauf, dass das Kulturressort und der Senat aufgefordert werden, diese Entwicklung zu begleiten und dafür neue Vorschläge, Modellprojekte zu entwickeln, aber nicht hier den Kulturhaushalt aufzublähen. Dazu hat die Staatsrätin ausreichend Stellung genommen. Bei den enger werdenden Ressourcen kommt es darauf an, neue Ideen zu entwickeln. Wir wollen zukünftig die Bevölkerungsentwicklung dabei im Kopf haben, und ich

glaube auch, die Kulturschaffenden tun gut daran, dies zu tun. Insofern weise ich Ihre Kritik an diesem Antrag zurück! – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte ist nach langweiligem Einstieg noch richtig interessant geworden. Ich habe richtig Lust, hier weiterzureden.

(Beifall bei der CDU)

Erst einmal zum Thema „freier Eintritt“: Unser Nachbarstaat Hamburg hat jetzt diese freien Eintritte, die er bei sich eingeführt hat, wieder zurücknehmen müssen. Die finanzielle Lage erlaubt es gar nicht, überall freien Eintritt zu gewähren. Wenn wir früher als Kinder einmal heimlich ins Kino wollten

(Lachen bei der SPD)

oder wenn wir zum ersten Mal zum Jazz-Konzert wollten, haben wir alles darangesetzt, die paar Mark zusammenzubekommen und dahin zu gehen, oder wir haben sie uns geliehen.

Der freie Eintritt allein wird nicht das Allheilmittel sein und ist auch nicht finanzierbar, denn es gilt wirklich der alte Satz: „Was nichts kostet, ist auch nichts“. Ich kann Ihnen aus dem beruflichen Leben immer wieder schildern, wenn Sie Veranstaltungen ohne irgendeine Teilnahmegebühr anbieten, Frau Krusche, kommt kein Mensch. Sobald Sie die Veranstaltung auch nur mit lächerlichen 49 Euro versehen oder in diesem Fall einen Eintritt mit neun Euro oder fünf Euro versehen, hat die Veranstaltung eine Wertigkeit, und die Leute kommen zu dieser Veranstaltung.

Das Zweite, Herr Beilken, ist, dass es völlig falsch ist, dass die Reichen, die Besserverdienenden, die Vermögenden ausgerechnet die Kulturinteressierten sind.

(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE]: Sie kön- nen es bezahlen!)

Als wenn sich nur diese Leute Kultur leisten würden! Ich würde es mir ja wünschen, wenn in diesen Kreisen die Zahl der Kulturbanausen auch etwas zurückgehen würde! Es ist nicht so, dass Kultur automatisch mit Reichtum und finanzieller Kaufkraft verbunden ist. Da muss man kindlich fördern, Vorbilder haben, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Motivation, Beispiele, da muss man herangeführt werden, ich finde, in allen Lebensbereichen!

(Beifall bei der CDU)

Da ist mir auch die Unterscheidung zwischen der CDU-Fraktion und der FDP und denen, die hier links sitzen, so wesentlich. Man darf die Menschen, die Eltern, das verwandtschaftliche Umfeld, die Nachbarschaft, die Bekannten, nicht aus der Forderung, dass sie auch ihre Beiträge leisten müssen, entlassen. Wenn man staatlich gefördert Angebote schafft nach dem Motto „Ihr müsst euch um nichts kümmern, wir machen alles für euch“, erlahmt die Eigeninitiative, das Eigeninteresse, und das ist in allen Lebensbereichen der Fall, die Leute haben in den meisten Bereichen ihre Verantwortung abgegeben und wissen, der Staat sorgt für Alimentationen, der Staat sorgt für Kultur, der Staat sorgt für die dicken Kinder, alle diese Sachen werden doch nicht mehr eingefordert, sondern werden staatlich in die Hand genommen.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Emigholz, von daher haben Sie mir mit Ihrer abschließenden Erregung geradezu einen Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt. Seit Regierungsübernahme – und ich kann nicht heucheln, weil ich vorher nicht dabei gewesen bin – Mitte 2007 wiederholen Sie ständig das Ritual, alle Defizite, Mängel, Unzulänglichkeiten in der Kulturszene sind Erblasten der Großen Koalition und eines früheren Senators. Ich frage Sie: Werden die eigenen Handlungsfähigkeiten von Ihnen, Frau Emigholz, und Ihre Einflussnahmen so gering eingeschätzt, dass man auch nach ganzen 27 Monaten keine eigene kulturpolitische Kausalkette verantwortlich in Gang gesetzt hat?

(Beifall bei der CDU)

Bei dem Thema, Frau Krusche, sind wir ganz beieinander, der Wandel ist richtig beschrieben, die demografische Entwicklung stimmt, die Integration von Migranten ist richtig und erforderlich, und die Angebote in der Stadt sind teilweise schon vorbildlich, aber jetzt werden hier doch einfach nur idealtypische Wunschbilder an die Wand geschrieben, ohne konkrete Strategien zu entwickeln.

In dem Dringlichkeitsantrag steht, man kann es ja einmal vorlesen, jedes Mal das Gleiche: Das weiterzuführen, was wir schon haben, dem weiterhin hohe Priorität beizumessen, was wir schon haben, und das auch weiterhin hoch auslasten, was bereits gewährleistet wird. Den Antrag hätten Sie uns doch vom Tisch gefegt, wenn Herr Kastendiek und Frau Motschmann im Amt gewesen wären! Nehmen Sie doch einmal Ihren hohen Anspruch uns gegenüber auch selbst in die Hand! – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Staatsrätin Emigholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um gleich beim letzten anzufangen, Herr Kastendiek und Frau Motschmann hatten immer unsere Unterstützung, wenn es um Geldmittel und Möglichkeiten für Kultur ging. Das kann ich Ihnen definitiv sagen, und das nicht nur von der Regierung, sondern auch von der Opposition.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das, lieber Herr Kau, müssen Sie konstatieren, auch wenn Sie erst zwei Jahre dabei sind! Das hat nicht nur Freude gemacht, sondern es hat auch viel Ärger gemacht, weil wir im Parlament um Prioritäten gekämpft haben, das war nicht ganz einfach, aber das zu behaupten ist etwas – ich will es einmal so ausdrücken – schlank und schlicht. Ich habe es gesagt, ich würde gern einen parteiübergreifenden Anstoß geben. Die eine Realität sind die Erfahrungen aus Hamburg mit Eintrittsfreiheit und der Frage: Muss nicht ein Angebot etwas wert sein? Wenn Sie sich viele Einrichtungen in Großbritannien anschauen, wo das flächendeckend so ist und wo man einem solchem Projekt nicht vielleicht vier oder zwei Jahre eine Chance gibt, sondern Generationen lang, werden Sie sehen, dass sich in der Umgangskultur der Bevölkerung vieles ändert und dass sich dadurch vieles verschiebt. Wenn Sie sehen, wie selbstverständlich für junge Menschen der Zugang zu Einrichtungen ist, dann reicht mir nicht allein der Blick nach Hamburg, und es würde mir auch nicht eine Evaluation aus Castrop-Rauxel reichen, egal wie gut sie hinterlegt ist und wer dort die Feder geführt hat, sondern ich glaube, da muss man schon auch Nationen anerkennen, die möglicherweise in dem bundesweiten nationalen, internationalen Kontext auch einen anderen Hinweis auf Bildungsstatus haben. Das muss man hier, gerade bei regierungsverantwortlichen Parteien – ob nun im Bund oder Land –, einfordern können. Deswegen ist das Konkrete doch sehr viel schwieriger als das Abstrakte, wie Sie merken, Herr Kau. Kommen wir zu einem Vorschlag, und das wünsche ich mir sehr, auch mit der Opposition, wie wir demografischen Wandel bewerkstelligen, dann sollten wir ganz konkret über Maßnahmen reden und dafür Bündnisse organisieren und das gemeinsam tun. Nur, eines ist natürlich dummes Zeug: Auch Einrichtungen tun unter schwierigen Bedingungen ihr Bestes, sie brauchen aber Rahmenbedingungen, unter denen sie sich entfalten und diese Art von Arbeit machen können, und die setzt die Politik und auch diese Regierung. Da ist die Klage doch sehr begrenzt. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/939 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP und Abg. M ö h l e [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 17/864, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland

Mitteilung des Senats vom 9. Juni 2009 (Drucksache 17/819) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen – Gesetz über die Änderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts

Antrag der Fraktion der FDP vom 1. September 2009 (Neufassung der Drucksache 17/892 vom 18. August 2009) (Drucksache 17/913) 1. Lesung

s o w i e

Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Wir kommen zur ersten Lesung der Gesetzesvorlagen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.