Protokoll der Sitzung vom 01.10.2009

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Als Erstes lasse ich über das Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland in erster Lesung abstimmen. Hier ist Unterbrechung der ersten Lesung und Überweisung an den Rechtsausschuss beantragt. Wer der Unterbrechung der ersten Lesung und der Überweisung des Gesetzesantrages über die Verleihung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) unterbricht die erste Lesung und überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss. (Einstimmig)

Nun lasse ich über das Gesetz über die Änderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts in erster Lesung abstimmen. Auch hier ist Unterbrechung der ersten Lesung und Überweisung an den Rechtsausschuss beantragt. Wer der Unterbrechung der ersten Lesung und der Überweisung des Gesetzesantrages über die Änderung des Verfahren hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Drucksache 17/913 – Neufassung der Drucksache 17/892 –, zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) unterbricht die erste Lesung und überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss. (Einstimmig)

Damit entfällt die Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung.

Zugang zu Kinderpornografie erschweren – Access-Blocking ermöglichen

Antrag der Fraktion der CDU vom 4. Dezember 2008 (Drucksache 17/643)

Wir verbinden hiermit:

Zugang zu Kinderpornografie erschweren – Access-Blocking ermöglichen

Bericht und Antrag des Rechtsausschusses vom 10. Juni 2009 (Drucksache 17/825)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der CDU „Zugang zu Kinderpornografie erschweren – Access-Blocking ermöglichen“ vom 4. Dezember 2008, Drucksache 17/643, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 34. Sitzung am 11. Dezember 2008 an den Rechtsausschuss, federführend, den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnik und Medienangelegenheiten und die staatliche Deputation für Inneres überwiesen worden. Der Rechtsausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 17/825 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt als Berichterstatter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten sowie die staatliche Innendeputation haben sich mit dem Antrag der CDU-Fraktion „Zugang zu Kinderpornografie erschweren – Access-Blocking ermöglichen“ mit der Drucksachen-Nummer 17/643 befasst. Federführend war der Rechtsausschuss. Der Antrag des Rechtsausschusses ist Ihnen mit der Drucksache 17/825 ebenso wie der Bericht zugegangen.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Der Rechtausschuss empfiehlt der Bürgerschaft (Landtag) , wie folgt zu beschließen:

„Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen: Die Bürgerschaft (Landtag) unterstützt Vorhaben der Bundesregierung, wirksame Maßnahmen gegen Kinderpornografie zu ergreifen, mit denen im Internet der Zugang zu Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten blockiert wird. Der Einsatz eingriffsintensiver Kontrolltechniken setzt aber auch voraus, dass sich der Gesetzgeber über die damit verbundenen Einschnitte in die Freiheitsrechte seiner Bürger umfänglich im Klaren ist und ihre Verhältnismäßigkeit gründlich abwägt. Der Aufbau eines technisch effektiven und rechtlich nachvollziehbaren Schutzsystems sollte nicht ohne intensive Überlegungen und grundsätzliche Leitentscheidungen des Gesetzgebers erfolgen.“ – Soweit der Bericht des Rechtsausschusses!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Vizepräsident Ravens: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners. Abg. Hinners (CDU)*): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, „Der Spiegel“ hat dazu eine Schlagzeile gebracht, nämlich „Netz ohne Gesetz“. Aber ist das unter dem Gesichtspunkt, dass immer mehr Menschen ihre Informationen aus dem Internet beziehen, noch ohne Einschränkung akzeptabel? Die CDU-Fraktion hat den Standpunkt, dass die Grundrechte im Internet genauso gelten müssen wie in der analogen Welt. Das bedeutet, dass die Meinungsfreiheit im Netz und in den sonstigen Medien denselben Einschränkungen unterliegen muss. Ich glaube, der Staat und wir alle hier im Hohen Haus haben die Pflicht, die Anfertigung und Verbreitung kinderpornografischer Bilder zum Schutz der Kinder möglichst zu verhindern.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich weiß, dass das von Ihnen über alle Parteigrenzen hinweg auch so beurteilt wird. Die in den verschiedenen Ausschüssen durchgeführten Diskussionen haben diesen Hintergrund immer wieder gezeigt, aber auch deutlich werden lassen, dass einige von Ihnen erhebliche Probleme mit der Sperrung dieses Materials im Internet aus Gründen der Einschränkung der Informationsfreiheit haben. Der eine oder die andere von Ihnen hat in diesem Zusammenhang sogar schon von chinesischen Verhältnissen gesprochen und hat dabei offensichtlich die dort praktizierte Zensur des Internet oder sonstiger Medien gemeint.

Wer sich jedoch ernsthaft mit der in Deutschland praktizierten Informations- und Pressefreiheit beschäftigt, wird anerkennen müssen, dass vorhandene Einschränkungen nichts mit Zensur, sondern lediglich mit dem Schutz bestimmter Rechtsgüter zu tun haben. Meine Damen und Herren, bei der Abwägung dieser Positionen sieht die CDU-Fraktion die Gefahr der Zensur eindeutig nicht, denn für uns ist völlig klar, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein kann.

(Beifall bei der CDU)

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seinem Bericht vom 10. September 2009 – Herr Dr. Möllenstädt hat darauf hingewiesen – der Bürgerschaft, das Vorhaben der Bundesregierung zu unterstützen, wirksame Maßnahmen gegen Kinderpornografie zu ergreifen, mit denen im Internet der Zugang zu Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten blockiert wird. Insoweit ist unserem Antrag aus Dezember 2008 Rechnung getragen worden, wir ziehen ihn deshalb zurück. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Die Bremer Landesregierung hat dazu im Bundesrat jedoch im abgelaufenen Gesetzgebungsverfahren die Vorhaben der Bundesregierung nicht unterstützt, sondern hat sich bei der Abstimmung enthalten. Glücklicherweise hatte das keine Auswirkungen bei der Einführung des Access-Blockings. Hintergrund der Enthaltung waren offensichtlich die unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Thema zwischen Rot und Grün. Während die Grünen zunächst der Blockade solcher Bilder im Internet ablehnend gegenüberstanden, ist zumindest nunmehr der Fraktionsvorsitzende Dr. Güldner eindeutig dafür, so habe ich es zumindest den Medien entnommen, Herr Dr. Güldner. Das begrüßen wir sehr.

(Beifall bei der CDU – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Im Gegensatz zur grünen Bundes- spitze!)

Natürlich wäre es das Beste, international würden diese Seiten gar nicht erst ins Netz gestellt oder sofort im Ursprungsland gelöscht werden, überhaupt keine Frage! Aber wer hier im Hohen Haus glaubt denn ernsthaft daran, dass das in all den Ländern mit geringer Staatsautorität oder großer Korruption auch nur annähernd von Erfolg gekrönt sein könnte? Weil das aus unserer Sicht nicht funktionieren kann, muss nach Ansicht der CDU der Verbreitung dieser perversen Bilder ein Riegel vorgeschoben werden.

(Beifall bei der CDU – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Wo steht denn die Mehrheit der Sei- ten, auf welchen Servern?)

Denn damit nimmt man den Tätern eine Einnahmequelle, und viele Kinder werden zumindest nicht mehr aus kommerziellen Gründen unsäglich gequält. Das sieht im Übrigen auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter so. Der auch für uns wichtige Schutz der Informationsfreiheit ist meines Erachtens nicht auf Menschen anwendbar, die sich Kinderpornografie im Internet oder in den sonstigen Medien anschauen, versenden oder daran ergötzen. In solchen Fällen ist der CDU-Fraktion der Schutz der Kinder ungleich wichtiger. Auch der immer wieder vorgebrachte Hinweis, diese Sperre im Internet lasse sich mit etwas technischem Verstand ganz leicht umgehen, kann aus unserer Sicht nicht als Argument gegen die Sperrung gelten, denn erstens verhindert man damit zumindest den zufälligen Besuch solcher Seiten, und zweitens wird man niemanden mit entsprechender krimineller Energie daran hindern können, irgendwelche Sicherungen zu überwinden. Das sehen wir doch täglich bei vielen anderen Straftaten, und wir verzichten trotzdem auch in Zukunft nicht auf immer bessere Sicherung unseres Eigentums oder unserer körperlichen Unversehrtheit.

Aus unserer Sicht gibt es also kein vernünftiges Argument gegen die Sperrung kinderpornografischer

Seiten im Internet. Wir fordern deshalb alle Parteien der Bürgerschaft auf, diese Maßnahmen zu unterstützen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ehmke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag der CDU, der Grundlage für den Bericht und Antrag des Rechtsausschusses ist, hat schon eine etwas längere Historie. Er ist, glaube ich, einmal als Dringlichkeitsantrag gestartet, bevor die gesetzliche Regelung in Kraft war, und – wenn ich das richtig verstanden habe – mit der Intention, in Berlin für Schnelligkeit zu sorgen. Im Ergebnis war Berlin doch schneller als wir hier in Bremen. Wenn wir heute mit der Debatte zurückgekommen sind, dann diskutiert, so nehme ich es wahr, in Berlin die zukünftige Koalition bereits darüber, ob sie das alles wieder abschaffen soll. Das ist zumindest die Haltung der FDP, die CDU zeigt sich da gegenwärtig in Berlin noch standhaft. Wir werden mit Interesse verfolgen, wie das ausgeht, denn entscheiden – das muss man sagen – werden wir es hier in Bremen nicht. Das war vorher so, als Sie Ihren Antrag eingebracht haben, und das ist heute so, wenn wir über diesen Bericht sprechen. Wir können nur unsere Haltung deutlich machen.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Positionsfindung heute zu verstehen beziehungsweise die Positionsfindung, die in den drei Ausschüssen und Deputationen stattgefunden hat. Was der Bericht des Rechtsausschusses ausdrückt, was Herr Hinners ja auch angedeutet hat, ist, dass wir hier einen Abwägungsprozess vorzunehmen haben. Ich finde, man muss die Bedenken derer, die sagen, das ist ein sehr tiefgreifender Eingriff in die Informationsfreiheitsrechte, ernst nehmen, man muss sich mit den Argumenten auseinandersetzen und muss dann zu einer Abwägungsentscheidung kommen. Das haben wir getan, das haben wir auch in einem sehr intensiven Diskussionsprozess bei uns in der Fraktion getan. Wir sind aber am Ende zu dieser Einschätzung gekommen, wie sie auch in diesem Bericht zu finden ist. Wenn man hier abwägt, muss man zu der Einschätzung kommen, oder dann ist die Einschätzung jedenfalls vertretbar, dass diese Sperrung richtig und auch angemessen ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie ist es deshalb, denn – Herr Hinners hat darauf hingewiesen – die Frage, ob eine Sperrung technisch zu überwinden ist oder nicht, ist am Ende kein Argument. Das ist auch eine Frage, die an anderer Stelle ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

entschieden worden ist: Wie kann man das Ganze möglichst wirkungsvoll gestalten? Die entscheidende Frage ist für uns: Wollen wir das, oder wollen wir das nicht, und nicht, ist es überwindbar? Da gibt es ein paar Punkte, die zu berücksichtigen sind. Vorrangig vor der Sperrung muss die Löschung sein!

(Beifall bei der SPD)

Wichtiger als zu sperren, ist, dass die Seiten aus dem Netz heraus müssen. Aber am Ende bleibt natürlich die Frage: Was passiert, wenn das im Einzelfall nicht möglich ist? Da muss die Entscheidung getroffen werden, und wir haben uns so entschieden, dass das, was für die nicht-virtuelle Form, also ausgedruckt in Papierform, in Form von Zeitschriften gilt, dass es völlig unstrittig kriminell und strafbar ist, vom Staat verfolgt würde, auch in der virtuellen Welt gelten muss. Dann muss es auch möglich sein, den Zugriff auf diese Seiten zu sperren, und deshalb sind wir bei diesem Abwägungsprozess dazu gekommen. Wo es kein anderes Instrument gibt, um den Zugriff auf diese kriminellen Inhalte zu verhindern, ist es gerechtfertigt, und dann, finde ich, ist es auch richtig, dieses Stoppschild im Internet aufzustellen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Willmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde vor meiner eigentlichen Rede zunächst noch einmal auf Herrn Hinners eingehen müssen. Die Debatte im Rechtsausschuss habe ich deutlich anders wahrgenommen. Wir haben von Anfang an das Vorhaben unterstützt, haben aber unsere Kritik an der vorbehaltlosen Übernahme der Initiative von Frau von der Leyen formuliert. Wir haben nie der Initiative „Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen im Internet“ widersprochen, wir haben aber sehr deutlich darauf hingewiesen – das finden Sie auch im Protokoll des Ausschusses wieder, und selbst das Bundesinnenministerium sagt das –, dass alle vorgestellten und anvisierten technischen Möglichkeiten zur Sperrung solcher Seiten keine gewünschte Umgehungssicherheit darstellt. Wir haben auch deutlich darauf hingewiesen – und das war die Kontroverse im Ausschuss –, dass uns das Ziel des CDU-Antrags, der uns zum damaligen Zeitpunkt vorlag, überhaupt nicht klar erkennbar war und auch nicht klar erkennbar war, welche technischen und inhaltlichen Konsequenzen darauf hinwirken.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Da haben Sie nicht zugehört!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Wir haben gesagt, wir konnten zu dem damaligen Zeitpunkt, als der Antrag in den Rechtsausschuss eingebracht worden ist, nicht einem Gesetzentwurf zustimmen, von dem wir nicht wissen, wie tief und wie weit er in die Freiheitsrechte, die sich aus dem Telekommunikations- und Telemediengesetz ergeben, eingreift. Wir haben dann – das haben Sie leider auch nicht erwähnt – einen gemeinsamen Beschluss im Rechtsausschuss gefasst, der genau darauf hinweist. Der zweite Teil des Beschlussteils aus dem Rechtsausschuss besagt: „Der Einsatz eingriffsintensiver Kontrolltechniken setzt aber voraus, dass sich der Gesetzgeber über die damit verbundenen Einschnitte in die Freiheitsrechte seiner Bürger umfänglich im Klaren ist und ihre Verhältnismäßigkeit gründlich abwägt.“ Damit waren alle Fraktionen einverstanden, und daran gab es für uns auch nie Zweifel. Am 18. Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag in dritter Lesung mit einer namentlichen Abstimmung das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie beschlossen. In Kraft – nebenbei – ist dieses Gesetz immer noch nicht, das wird hoffentlich bald folgen. Damit wurden das Telemediengesetz und das Telekommunikationsgesetz geändert. Dienstanbieter, sogenannte Provider, werden verpflichtet, den Zugang zu kinderpornografischen Seiten, die in einer Sperrliste des BKA aufgeführt sind, zu behindern und sie auf eine Stoppmeldung umzuleiten. Provider können die Daten derjenigen, die die Seite eingestellt und sie angeklickt haben, erheben, verwenden und auf Anforderung an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten, wenn dies zur Strafverfolgung notwendig ist. Es gibt, wie ursprünglich beabsichtigt, keine Weiterleitung aller Zufallsnutzer, die möglicherweise durch eine Spam-Mail oder sonstwie unbeabsichtigt auf eine solche Seite geraten sind. Damit wird der Kriminalisierung vorgebeugt, ohne die Strafverfolgung der Betreiber der Seite einzuschränken. Die Dienstanbieter übermitteln dann dem BKA eine anonymisierte Aufstellung der Zugriffe auf die gesperrten Seiten, sie haben alle Möglichkeiten, über das Vertragsrecht auch solche Seiten zu löschen, soweit sie sich auf deren Server befinden. Soweit die Auswertung des Gesetzes! Das Internet ist allerdings kein rechtsfreier Raum, auch für Bündnis 90/Die Grünen nicht. Hier gelten dieselben Regeln und Gesetze, dieselben Spielregeln wie in der realen Welt. Auch hier sind Straftaten verboten und müssen verfolgt werden. Gerade um so widerwärtige Verbrechen wie die Verbreitung von Kinderpornografie zu verhindern und zu sanktionieren, bedarf es der Nutzung aller rechtsstaatlichen Möglichkeiten. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Trotzdem dürfen wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es ist hier eine Spezialregelung für diese

schweren Straftaten geschaffen worden, die aber keinesfalls auf die Verfolgung anderer, weniger schwerer Straftaten im Internet oder der realen Welt zu übertragen ist. Die Diskussion über dieses Gesetz wurde besonders im Wahlkampf hitzig geführt und manchmal leider auch völlig losgelöst vom eigentlichen Problem, weil mit diesem zum ersten Mal in Deutschland möglichen staatlichen Eingriff in die Inhalte des Internets die nicht unberechtigten Befürchtungen einhergehen, dass die geplante Zensurinfrastruktur genutzt werden könnte, um berechtigte und geschützte Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger massiv einzuschränken. Bündnis 90/Die Grünen will daraus abgeleitet in der Tat keine chinesischen Verhältnisse.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Daher gab es, obwohl mit Sicherheit alle Beteiligten im Ziel der Bekämpfung von Kinderpornografie übereinstimmen, im Bundestag auch 128 Gegenstimmen und 18 Enthaltungen zum Gesetzentwurf, 77 Abgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Der Rechtsausschuss dieses Parlaments hat sich ebenfalls sehr sorgfältig und auch kontrovers mit dem Für und Wider des Access-Blockings auseinandergesetzt. Er hat intensiv debattiert über die Voten der Innendeputation und des Ausschusses für Informations- und Medienangelegenheiten. Im Ergebnis hat er der Bundesregierung einerseits seine Unterstützung für das Vorhaben ausgesprochen, den Zugang zu Websites mit kinderpornografischem Inhalt zu erschweren. Andererseits weist der Rechtsausschuss der Bremischen Bürgerschaft, wie ich eingangs schon bemerkt habe, ausdrücklich darauf hin, dass auch hier wie bei allen Eingriffen in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss. Nur wenn eine Maßnahme, die dem Schutz der Freiheit dient, nicht andere Freiheitsrechte beseitigt oder unzulässig einschränkt, ist sie gerechtfertigt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grüne haben es uns nicht leicht gemacht, die richtige Entscheidung zu treffen. Wir hatten und wir haben intensive Debatten in der Partei, in den Fraktionen auf Bundes- und auf Landesebene, die führen wir auch nach dem Wahlkampf weiter. Kinderschutz darf nicht gegen die Bewahrung der Freiheitsrechte ausgespielt werden, Freiheitsrechte finden aber auch ihre Grenzen, wo sie schwere kriminelle Verbrechen begünstigen und befördern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der FDP)