Wir hören von den Hochschulen, dass sie von der Substanz zehren, meine Damen und Herren, nehmen Sie das zur Kenntnis!
Sie zehren von der Substanz, und zwar persönlich wie auch aus der strukturellen Substanz aus den letzten Jahrzehnten,
und was sie abbauen, führt dazu, dass sie sagen: Wir werden das Niveau nicht mehr halten können! Wie oft soll der Rektor der Hochschule Ihnen das noch sagen, und wie oft soll ich Ihnen das noch wiederholen?
Es wird uns auch von höchster Stelle mitgeteilt, dass dort Selbstausbeutung dazugehört, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Es geht so nicht weiter!
Wir haben bei der Hochschule Bremerhaven, die Sie zitiert haben, von 15 Prozent Reduktion der Kapazität gehört am 4. November, Sie sind ja so stolz darauf, dass Sie den Hochschulberichterstattern zugehört haben. Hören Sie richtig zu! Sie haben in Bremerhaven für ihre gute Lehre, für die sie ausgezeichnet worden sind, 15 Prozent Kapazitätsreduzierung erhalten, weil sie mehr Betreuungsbedarf haben. Das kann ja wohl nicht Ihr Konzept sein, dass Sie 15 Prozent Kapazitätsreduzierung auch in Bremen haben wollen!
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da haben Sie auch wieder etwas falsch verstanden!)
Nein, Sie wollen sich in Bremen irgendwie durchmogeln. Das wird nicht klappen! Wir müssen diese 15 Prozent dann eben mit zusätzlichen Ressourcen hereinholen und nicht durch Kürzung bei den Kapazitäten, um das Niveau zu schaffen, das ist ja wohl logisch! Diese Ressourcen – da bin ich wieder beim Hochschulentwicklungsplan, den die FDP zur Sprache gebracht hat – sind 18 Millionen Euro gewesen, die Sie da eingespart haben, und in dieser Dimension muss hier zugelegt werden. Das gilt genauso bei den Schulen.
Allgemein ist bekannt, bei der Bildung muss geklotzt und nicht gekleckert werden. Dieses Geld muss auf der entsprechenden Einnahmeseite beschafft werden.
(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ich finde, Ih- ren Beitrag haben die Hochschulen nicht ver- dient! – Zuruf von der CDU)
Wenn sich da die CDU meldet, dann haben wir genau diejenigen, die da am meisten Verantwortung tragen, dass diese Seite so Not leidet. In dieser konkreten Situation passt unser Antrag,
weil er auch auf die Studierendenproteste eingeht. Wir sind die Einzigen, die wirklich einen aktuellen Antrag einbringen: Sie haben nur hineingeschrieben, was die Hochschulen schon beschlossen haben.
Wir haben natürlich, weil jetzt hier die Proteste zeigen, die Studierenden sind gesprächsbereit und kompetent, gefordert, dass Sie mit denen das Gespräch suchen. Das haben Sie bis jetzt noch nicht getan.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie weinen darüber, dass die Stu- denten in Bremen nicht gestreikt haben?)
Sie haben die Berichterstattung von den Hochschulleitungen im Gremium gehört, aber das ist für Sie schon genug. Reden Sie mit den Studierenden! Machen Sie öffentliche Anhörungen an den Universitäten! Wahrscheinlich können Sie sich so etwas gar nicht vorstellen. Das schreiben wir in unserem Antrag.
Machen Sie endlich die Tarifverträge! Die Studierenden arbeiten für 8,02 Euro. Das sind Skandale, die Sie hier in Bremen zu verantworten haben, und wo die das zum Teil schon aufgegeben haben. Der DGB hat sich jetzt diese Forderung wieder zu eigen gemacht. Bei Ihnen heiße Luft, muss ich leider sagen!
Beim BAföG haben wir uns erlaubt, etwas konkreter zu werden, weil ich zufällig darüber auch mit den Verantwortlichen hier in Bremen gesprochen habe. Die sagen genauso wie die Studierenden, die sich an mich wenden: Wir brauchen höhere Elternfreibeträge! Wir brauchen es, dass die Studienzeit auch bezahlt wird!
Nein, keine Zwischenfrage! Die sagen mir vom BAföG-Amt, es kann zwar jemand länger studieren – das haben wir auch bei „buten un binnen“ gehört –, aber es wird nicht bezahlt. Die Studierenden kommen da in die Klemme, das wird mir von allen Seiten gesagt. Ändern Sie das BAföG in diese Richtung, und sorgen Sie dafür, dass die Studierenden nicht am Ende – und das hat Herr Mohrmann uns auch am 11. November 2009 gesagt – mit noch mehr Schulden belastet sind! Das kann nicht das Ziel des Studiums sein. Machen Sie das BAföG wieder als Vollzuschuss! Damit haben wir Ihnen gezeigt, was konkrete Forderungen sind, die auch wirklich helfen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach so viel Verwirrung muss man sich erst einmal selbst wieder sortieren, habe ich den Eindruck.
Sie, Herr Beilken, und auch DIE LINKE, nehmen sehr wohl wahr – hoffentlich, muss ich dazu sagen –, dass das Land Bremen viel Geld für die Universitäten, für die Hochschulen und auch für die Studierenden ausgibt, denn wir haben uns doch hier entschlossen, keine Studiengebühren zu nehmen.
Wenn man in die süddeutschen Bundesländer oder in andere Bundesländer schaut, die Studiengebühren erheben, dann kommen natürlich zwei Dinge zusammen, das ist hier schon gesagt worden: Eine straffe Struktur im Studium, keine Zeit mehr, sich nebenbei Geld zu verdienen, wenn man das Geld von zu Hause nicht bekommt, und daher drückt natürlich dann die Studiengebühr nicht nur die Familien, sondern auch die Studenten selbst, weil sie sich eben nichts zum Lebensunterhalt hinzuverdienen können. Das ist der eine Punkt!
Der andere Punkt ist: Ich will schon einmal hier geraderücken, dass jemand, der ein Studium absolviert, von dieser Gesellschaft ganz besonders privilegiert ist, weil viel Geld in diesen jungen Menschen von der Gesellschaft aus den Steuermitteln hineingesteckt wird, dass das zum Beispiel für einen großen Teil der Jugendlichen nicht gilt, die eine duale Ausbildung machen oder in die Berufsausbildung gehen. Sie werden doch wohl auch noch einsehen können, dass wir hier eine Gruppe von jungen Menschen haben, die auch studieren soll, die das auch gut machen soll, die aber auch besonders privilegiert ist, da durch diese Gesellschaft besonders viel Geld für sie zur Verfügung gestellt wird.
Wenn man sich als ein Land entscheidet, wie wir es gemacht haben, keine Studiengebühren zu nehmen, dann hat das natürlich Wirkungen. Wir sind deshalb als Land für die Studierenden hoch nachgefragt. Wir sind deshalb tatsächlich ein Land, das viel ausbildet. Deshalb ist auch ein besonderer Druck vorhanden, da haben Sie völlig recht. Ich hatte aber manchmal in den letzten Tagen nicht nur bei Ihnen, sondern auch in den Zeitungen den Eindruck, insbesondere in einer unserer kleineren Zeitungen, dass es geradezu schade ist, dass die großen Massen hier
nicht vor der Tür stehen. Was wollen Sie denn eigentlich? Eine Zufriedenheit der Studierenden oder populistisch hier einen Streik ausnutzen? Was wollen Sie eigentlich?
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Er hat ja fast gemeint, dass es ihn nicht gibt!)
Wir müssen doch feststellen, und das ist ja etwas, das wir im Wissenschaftsausschuss – Sie waren dabei – auch gehört haben, dass vieles von dem, was gerade zu diesem Teil gesagt wird, auch in den Medien, gefühlt ist. Es ist ein Gefühl! Es gibt keine harten Fakten über die Wirkungen der Bachelor- und Masterstudiengänge, weil wir noch gar nicht viele Absolventen haben, weil wir noch ganz wenig beobachtet haben! Das ist uns auch von der Universität und den Hochschulen im Ausschuss vorgetragen worden.
Wenn Sie sagen, es wird nicht geredet, dann ist das schon ein Witz. Der Wissenschaftsausschuss selbst hat sich genau zu diesem Zeitpunkt mit dem Thema beschäftigt. Ich habe dort vorgetragen, dass sich die Kultusministerkonferenz im Oktober mit der BolognaReform beschäftigt hat. Ich habe dann sehr schnell mit dem Rektorat gesprochen. Ich habe mit den Dekanen der Fachbereiche gesprochen. Ich habe angeboten, wenn jetzt die Studierenden mit den Fachbereichen kommen – es ist eingeladen worden –, dass die Dekane mit den Studierenden reden, dass ich dann auch zur Verfügung stehe, wenn es Probleme gibt. Wir haben aber rechtzeitig, glaube ich, alle gemeinsam, alle, die Verantwortung tragen, auch Sie als Wissenschaftsausschuss, signalisiert, wir werden uns den Problemen, die noch vorhanden sind, sehr wohl widmen und stringent daran arbeiten.
Ich glaube, das hat Wirkungen gezeigt, und deshalb haben Sie eben hier nicht die Studierenden vor der Tür.
Wenn Sie die erste Studie, die es gibt, die noch viel zur Bologna-Reform aussagen kann, wahrnehmen, das ist die Studie des Stifterverbandes Wissenschaft, dann gibt es dort Aussagen über die Zufriedenheit der Studierenden und da wird gesagt, Herr Präsident, ich darf zitieren: „Eine Befragung unter Studierenden, die für den Ländercheck durchgeführt wurde, zeigt, über 60 Prozent derjenigen, die einen Bachelor- oder Masterabschluss anstreben, sind mit ihrem Studium insgesamt zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Nur sieben Prozent sind sehr unzufrieden.“ Damit lassen sich in der Summe kaum Unterschiede in der Zufriedenheit zu Studierenden feststellen, die noch in den alten Studiengängen wie Diplom, Magister oder Staatsexamen eingeschrieben sind. Das gilt allerdings nicht für jedes Bundesland in gleicher Weise. In Hamburg
ist der Anteil höher als in anderen Bundesländern, und Bremen steht da an zweiter Stelle mit der Zufriedenheit der Studierenden.
Es ist erstaunlich, bei den Ländern, die an der Spitze der Umsetzung der Bologna-Reform stehen, und das sind unter anderem wir, ist offensichtlich mehr Zufriedenheit vorhanden als in den Ländern, in denen das Stückwerk ist, in denen es einmal dieses und einmal jenes gibt. Man hat sich eben intensiv in der Universität auch schon dieser Umstellung gewidmet. Sie haben es gehört, natürlich sind die Probleme erkannt.
Frau Schön hat hier vorhin sehr nett gesagt: Es ist auch nicht ganz einfach in dem demokratischen Verfahren, das es ja nun einmal in der Universität ist – es ist eine demokratisch verfasste Organisation, Akademischer Senat, Fachbereiche et cetera –, den Fachbereichen und den Professoren mitzuteilen, dass bestimmte Dinge entfallen. Das hat tatsächlich etwas mit Bedeutungsverlusten zu tun, und wenn man mit einer Prüfung in einem Modul nicht mehr vorkommt, dann ist das nicht ganz so einfach. Deshalb müssen wir in der Tat, da haben Sie völlig recht, von der politischen Seite her den Rücken stärken und sagen, das muss geleistet werden.
Es kommt auf die Kompetenzen an, die die jungen Leute haben, nicht auf die Stofffülle und nicht auf die Anzahl der Prüfungen. Ich glaube, das ist genau das, was wir hier heute richtig machen, dass wir das politisch noch einmal deutlich signalisieren. Dabei fand ich auch gut, dass Frau Allers gesagt hat, wir wollen an dieser Stelle nicht in die Hochschulautonomie eingreifen, sondern wir wollen Rückenstärkung für diesen Prozess geben, und ich hoffe, das machen wir alle auch gemeinsam.
Ich will noch einmal deutlich machen, was auch schon angesprochen worden ist. Wir haben mit der Bundesministerin jemanden an der Spitze stehen, der sich auch sofort auf die Seite der Studierenden gestellt hat. Das kann man machen, man muss aber auch sagen, wir wollten alle zusammen Bologna, das hat viele Gründe, und wir haben das alle zusammen vertreten, unter anderem doch, das ist auch schon erwähnt worden, weil wir sehr alte Bewerber für den Arbeitsmarkt hatten, ein Alter, das es in anderen europäischen Ländern, international kaum gibt. Sie kamen sehr spät in den Arbeitsmarkt, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf ein Sozialsystem, wenn man eher eine alternde Bevölkerung hat und junge Leute in diesen Arbeitsmarkt sozusagen nicht nachrücken. Das ist ein Argument, welches für Bo
logna ein wichtig war, nicht nur die Transparenz, sondern unser Sozialsystem hängt unter anderem an dieser Frage.