Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Zweitens, die Zahlungsmoral ist ein Problem, das ist auch Ergebnis dieser Anfrage. Wenn dort steht, dass mehr als 1000, fast 1500 Rechnungen, nach über 30 Tagen noch nicht beglichen wurden, ist das ein Problem gerade für die kleinsten und kleinen Betriebe, die eben nicht über eine dicke Kapitaldecke verfügen, sondern hier wirklich vorfinanzieren müssen. Auch da bitte ich Sie, Herr Wirtschaftssenator, auch gemeinsam mit der Senatorin für Finanzen noch einmal ins Gespräch zu gehen, ob man da nicht wirklich noch eine Verbesserung hinbekommt. Mir erscheint es so, dass dies dort möglich sein müsste, auch gerade im Interesse der kleinen und kleinsten Unternehmen im Handwerk.

Zum Thema Bürokratiekosten ist ebenfalls hier Richtiges von Herrn Kastendiek schon angeführt worden. Auch da muss es darum gehen, wenn wir Mittel gerade auch zum Einkauf öffentlicher Leistungen, aber mit der Intention gerade auch einer Förderung des Handwerks hier vor Ort ausgeben, muss natürlich darauf geachtet werden, dass nicht bis zu einem Drittel der Mittel in der eigenen Bürokratie und in der eigenen Verwaltung versickert, sondern gerade dort auch effizient und im besten Sinne eines schlanken Staates gewirtschaftet wird. Dies möchte ich auch ausdrücklich dem Senat noch einmal ans Herz legen, genauso wie ein allgemein gutes Klima zwischen den Vertretern und Vertreterinnen des Handwerks und der Politik gerade der Landesregierung hier auch eingefordert werden muss.

Ein gutes Beispiel nach meinen Eindruck ist gerade unsere Schwesterstadt Bremerhaven, wo dies sehr gut im Vorwege des Konjunkturpaketes II funktioniert hat. Ich habe mich manchmal gefragt: Warum ist das in der Stadt Bremen und im Dialog mit der Landesregierung so holprig gelaufen? Vielleicht kann man da aber auch für zukünftige Ereignisse lernen.

(Beifall bei der FDP)

Sie sehen, es gibt eine Reihe von Facetten dieses Themas, die sich wirklich lohnen, politisch angegangen zu werden. Ich hoffe, dass sich der neu ins Amt gewählte Wirtschaftssenator auch als Anwalt des Handwerks versteht. Ich hoffe, dass Sie dazu gleich auch hier das Wort ergreifen werden. Wir legen Ihnen nahe, sich auch mit diesem Wirtschaftszweig ganz besonders zu beschäftigen und dort auch vielleicht vieles möglich zu machen, was bisher noch nicht so im Fokus des Handelns des Senats nach unserer Wahrnehmung gewesen ist.

Ich glaube in der Tat, es lohnt sich, dem Handwerk weiter den Rücken zu stärken. Die wichtigen Beiträge sind hier von allen Rednern – Herrn Müller klammere ich da einmal ein wenig mit seinem Redebeitrag aus – gewürdigt worden, dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Wir brauchen hier sicherlich auch den Schulterschluss in diesem Haus.

Lassen Sie mich das abschließend sagen: Herr Kollege Müller, es ist doch zu begrüßen, dass im Land Bremen, in den beiden Städten Bremen und Bremerhaven mehr Ausbildungsplätze angeboten werden. Die werden nicht nur für diejenigen vorgehalten, die in Bremen ihren Schulabschluss gemacht haben, sondern insbesondere auch gerade für das Umland. Ich finde, das ist eine Leistung, die man hier nicht politisch instrumentalisieren oder diskreditieren sollte, sondern die ausdrücklich von uns anerkannt werden soll und muss. Ich hoffe, dass das Handwerk auch in den nächsten Jahren in der gleichen Weise und im gleichen Volumen jungen Menschen eine Berufsausbildung und Berufsperspektiven eröffnen wird. Damit möchte ich diesen Debattenbeitrag gern schließen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon sehr erschrocken, dass Sie die kleine Beispielrechnung, die ich Ihnen vorgestellt habe, nicht verstanden haben.

(Abg. W o l t e m a t h [FDP]: Das war bei Herrn Erlanson heute Morgen schon so! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wir waren heute Morgen auch sehr erschrocken, was Sie alles nicht verstanden haben!)

Wir können der vorliegenden Vorlage nur Prozentrechnungen entnehmen. Das heißt, Sie gehen jedes Mal wieder mit irgendwelchen Ergebnissen, besser gesagt mit dem ersten Prozentwert in die nächste Prozentwertung, und von der gehen Sie wieder in die nächste Prozentwertung. Zur Aufklärung habe ich lediglich einen festen Betrag, hier die 117,9 Mil

lionen Euro des Konjunkturpaketes, angenommen. Mit diesem festen Wert kann nun der erste Prozentwert aufgelöst werden, bis hin zum letzten Prozentwert. Eigentlich eine einfache Rechnung, die schon in der Grundschule bekannt sein sollte. Warum können Sie das nicht erkennen? Ich bin schon sehr erschrocken, dass Sie es nicht nachvollziehen können!

Herr Kastendiek, Sie erklären, dass der LINKEN die intellektuelle Reife fehlen würde. Dies ist schon ein starkes Stück und nicht tolerierbar oder gar nachvollziehbar, denn, nachdem Sie dies gesagt haben, gingen Sie praktisch mit meiner Rede parallel, ohne negative Bewertungen vorzunehmen, und bestätigen meine Ausführungen. Auch die SPD erklärte, dass das Handwerk und somit alle kleinen und mittleren Unternehmen das Rückrat unseres Landes darstellen. Das ist alles von mir erklärt worden, und ich würde diese Aussage jederzeit unterschreiben, sie wird auch von der Vorlage bestätigt. Sich dann hier hinzustellen, nur um etwas Negatives in Richtung der Fraktion DIE LINKE sagen zu können,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Der Bedarf war für heute gedeckt!)

ist schon unerträglich. Daher möchte ich darum bitten, dass Sie bitte bei den jeweiligen Aussagen bleiben! Gehen Sie auf das ein, was gesagt wird, und dichten Sie nicht irgendetwas anderes hinein! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Senator Günthner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manchmal, muss ich ehrlich sagen, fällt es einem von der Senatsbank in der neuen Rolle schwer, nicht dazwischenzurufen. Ich habe versucht, mich an einigen Stellen zu zügeln.

Die Anfrage der FDP gibt Anlass, die Bedeutung des Handwerks in unserem Bundesland gebührend herauszuarbeiten. Als neuer Senator will ich dies gern und ausdrücklich tun. Die Zahlen sind bereits genannt worden: 5 000 Handwerksbetriebe mit insgesamt etwa 32 000 Beschäftigten, das sind knapp zwölf Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten des Landes. Mit mehr als 3 300 Auszubildenden stellte das Handwerk knapp 40 Prozent aller Ausbildungsplätze. Diese beiden Zahlen verdeutlichen die besondere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Bedeutung des Handwerks gerade auch in Bremen und Bremerhaven.

Die Vielzahl kleiner Unternehmen des Handwerks übernimmt eine große Verantwortung für die Ausbildung. Sie ist das Kernstück der betrieblichen Aus

bildung junger Menschen. Besonders hervorzuheben sind im Ausbildungsbereich die im Rahmen des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung neu eingeworbenen Ausbildungsplätze im Handwerk, die seit 2005 jährlich um rund zehn Prozent gestiegen sind. Das ist wirklich eine beachtliche Leistung, und auch in diesem wahrlich nicht leichten Jahr sind wir zuversichtlich, dass die Zahl der Ausbildungsplätze zumindest gehalten werden kann. Dieses Engagement möchte ich als Senator für Wirtschaft und Häfen ausdrücklich würdigen.

Der Begriff Handwerk, der Kollege Liess ist auch bereits darauf eingegangen, ist alt, und zwar so alt, dass man leicht übersieht, dass das Handwerk eine moderne, innovative und vielfältige Branche ist, die sich immer wieder neu entwickelt und auch immer wieder ein Stück weit neu erfinden muss. Gerade der Wissenstransfer – und da bin ich mir mit den Rednerinnen beziehungsweise den Rednern, die das hier angesprochen haben, deutlich einig – muss weiter hervorgehoben werden.

(Beifall bei der SPD)

Ob es im Bauhandwerk ist oder im Gesundheitsbereich, ob im Bereich Kfz oder Lebensmittelverarbeitung, in jedem Bereich gibt es eine Vielzahl von neuen Produkten und Innovationsfeldern, wie beispielsweise regenerative Energieerzeugung, Energieeinsparung, neue Lebensmittel und neue Techniken, gerade auch im Gesundheitshandwerk. Qualifiziertes Handwerk ist ein Wegbereiter für den alltäglichen technologischen Fortschritt in unserer Gesellschaft.

Gerade die Ausbildung im dualen System hat sich als Qualitätssicherung aus Sicht des Kunden und damit als Garant für den wirtschaftlichen Erfolg der Betriebe deutlich bewährt. Das duale System mit seiner typischen Mischung aus betriebspraktischer und schulisch-theoretischer Ausbildung ist aber auch in europäischer Dimension ein echtes Erfolgsmodell. Viele europäische Länder schauen hier mit großem Interesse und Neid übrigens an vielen Stellen auf Deutschland, nicht zuletzt wegen unserer im Vergleich nach wie vor niedrigen Quote bei der Jugendarbeitslosigkeit.

Auf der anderen Seite bedeutet die immer stärkere Öffnung der europäischen Märkte bis zur vollständigen Erreichung des gemeinsamen Binnenmarktes in allen Bereichen auch für uns hier in Deutschland Veränderungen. Das betrifft natürlich auch das deutsche Handwerk mit seinen Besonderheiten, insbesondere im Bereich der meisterpflichtigen Handwerke. All dies macht klar, der Bedarf an gut qualifizierten Mitarbeitern wird auch im Handwerk nicht abnehmen sondern zunehmen.

Aus Befragungen wissen wir, dass die bremischen Unternehmen dem Faktor Qualität des Fachkräfte

angebots höchste Bedeutung zumessen. 89 Prozent bewerten diesen Standortfaktor als wichtig oder äußerst wichtig. Das ist im Vergleich aller abgefragten Standortfaktoren der höchste Wert, mit 86 Prozent übrigens dicht gefolgt von dem Punkt Nähe zum Kunden. Gerade für das Handwerk und seine Konkurrenzfähigkeit sind diese beiden Themen von entscheidender Bedeutung.

Die Beantwortung der Anfrage macht deutlich, dass für den Senat der kontinuierliche Dialog mit den Handwerksbetrieben, den Innungen, den Kreishandwerkerschaften in Bremen und Bremerhaven sowie der Handwerkskammer Bremen große Bedeutung hat. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf die Vereinbarung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit der Handelskammer und der Handwerkskammer hinweisen, dass künftig eine gemeinsame Betreuungsstruktur für die bremischen Unternehmen, also auch für das Handwerk, angeboten werden soll! Es ist sehr erfreulich, dass das Handwerk in dieses Netzwerk eng eingebunden ist.

Der Senat wird auch in Zukunft daran arbeiten, das Handwerk zu unterstützen. Hier gibt es aus der Vergangenheit eine Fülle von guten Beispielen. Wir helfen und unterstützen bei der Existenzgründung, bei Unternehmensnachfolgen und Bestandsunternehmen. Es gibt eine Vielzahl von Programmen, um Unternehmen im Handwerk geeignete Auszubildende zu vermitteln. Der Senat hat die Präqualifizierung der Betriebe im Zusammenhang des Konjunkturpaketes II ausgesetzt, um dem Handwerk bessere Möglichkeiten zu schaffen. In diesem Zusammenhang darf darauf verwiesen werden, dass die bremische Umsetzung des Konjunkturprogramms inzwischen bundesweit als gelungen angesehen wird. Ich habe das Lob des Kollegen Dr. Möllenstädt für die Umsetzung des Konjunkturprogramms in Bremerhaven gern gehört, aber inzwischen ist es auch so, dass in Bremen das alles auf einem guten Weg ist.

Insgesamt zeigt die Große Anfrage, dass die Lage und Entwicklung des Handwerks in Bremen generell positiv zu werten ist. Natürlich gibt es immer wieder auch kontroverse Themen zwischen Politik und auch dem Handwerk. Wichtig ist aus meiner Sicht die Dialog- und Gesprächsbereitschaft, und als für dieses Thema zuständiger Wirtschaftssenator werde ich natürlich persönlich auch diesen Dialog mit allen Beteiligten aufnehmen und pflegen.

Lassen Sie mich zum Abschluss auf den Punkt eingehen, der insbesondere vom Kollegen Kastendiek hier angesprochen worden ist, nämlich die Frage der Kritik an Beschäftigungsträgern und Unbedenklichkeitsbescheinigung! Ich werde diesem Punkt intensiv in meinem Bereich und auch in Abstimmung mit der Arbeitssenatorin nachgehen und dann entsprechend auch dazu hier berichten, weil ich glaube, dass das ein relativ schwerwiegender Vorwurf ist, den Sie hier auch erhoben haben, und dass es an der Stelle Sinn macht, dem nachzugehen, das zu über

prüfen, wenn es so ist, es abzustellen, wenn es nicht so ist, aber auch deutlich darauf hinzuweisen, dass es nicht so ist. Dann erwarte ich auch, wenn wir feststellen sollten, dass es in der Form, wie es hier geäußert worden ist, nicht zutrifft, dass es auch dann deutlich von Ihnen zurückgenommen wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 17/1150, auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP Kenntnis.

Die Situation von Opfern von Zwangsprostitution und Menschenhandel verbessern

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 8. Dezember 2009 (Drucksache 17/1094)

Wir verbinden hiermit:

Die Lebenssituation der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution verbessern

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 23. Februar 2010 (Drucksache 17/1181)

D a z u

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 24. Februar 2010

(Drucksache 17/1184)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass hier öffentlich über das Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution diskutiert wird, dass es hier in der Bürgerschaft zum Thema gemacht worden ist, das hat unser Antrag schon einmal bewirkt, und dass es einen zusätzlichen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gibt. Aber dazu später!

Die Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution werden von gewissenlosen Tätern quer durch Europa aus ihren Herkunftsländern auch nach Deutsch

land gebracht. Die einen kommen in gutem Glauben auf eine bessere Zukunft, die anderen werden gar von ihren eigenen Familien verkauft oder von ihren Ausbeutern verschleppt. Das Ende ist für alle gleich: Sie landen in sogenannten Modellwohnungen und anderen Absteigen, versklavt, gedemütigt und traumatisiert. Die Frauen werden von ihren Ausbeutern bewusst isoliert, um sie in der unerträglichen Situation gefügig zu halten. Sie werden nach den Erfahrungen der Beratungsstellen häufig darüber im Unklaren gelassen, in welchem Land sie sich befinden oder gar in welcher Stadt, in welchem Stadtteil. Die Frauen sprechen die deutsche Sprache nicht, haben kein Wissen um die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Beratungsstellen und sind massiv verängstigt, auch der Polizei gegenüber. Dies resultiert aus den Erfahrungen mit den oftmals korrupten Systemen in ihren Herkunftsländern.