Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit wäre das erste Thema der Aktuellen Stunde beendet.

Maroder Gefahrguttransporter mit radioaktiver Ladung auf der A 1 gestoppt – Wie steht es um die Sicherheit von Atomtransporten im Land Bremen?

Ich lese Ihnen noch einmal die Geschäftsordnung vor: Wird ein weiteres Thema in der Aktuellen Stunde behandelt, erhöht sich die Redezeit pro Fraktion für jedes Thema um 10 Minuten. Das heißt, Sie haben jetzt 10 Minuten pro Fraktion.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Stunde denke ich, dass wir dieses Thema einerseits mit dem gebührenden Ernst, aber möglicherweise auch durchaus vergleichsweise kurz behandeln können. Die meisten von Ihnen haben es hoffentlich registriert: Am 8. März 2010 um 11 Uhr hat die Gefahrengutüberwachung der Polizei einen Lkw ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

auf der A 1 Richtung Osnabrück gestoppt. Dieser Lkw hatte einen sogenannten offenen Container geladen. Offene Container sind praktisch Rahmen aus Stahlträgern. In diesem Container war ein großer Behälter, und der Träger war an mehreren Stellen offensichtlich durchgerostet. Sie können, falls Sie es noch nicht gemacht haben, diese Fotos auch gern in der entsprechenden Presse der Polizei sehen. In diesem Container waren ungefähr 15 Tonnen Uranhexafluorid, und dieser Transport war ein Bestandteil dessen, was wir hier in der Vergangenheit schon einmal diskutiert haben, nämlich der Atomtransport von Hamburg nach Gronau, und ähnliche Transporte gibt es hier auch. Jetzt gibt es hinsichtlich der Gefährdung durch einen solchen Transport und hinsichtlich der Gefährdung eines solchen Behälters unterschiedliche Einschätzungen. Wenn man die ernst zu nehmende Literatur liest, weiß man, dass Gefährdungspotenziale von einem bis fünf Kilometer diskutiert worden sind, denn wenn solch ein Behälter undicht wird oder wenn er gar in ein Feuer verwickelt ist, kann er möglicherweise auf eine Weise explodieren, dass sich das Uranhexafluroid in der Atmosphäre verteilt. Es verbindet sich dann sofort mit dem Wasser zu Fluorwasserstoff, und im Wesentlichen hat es Verätzungen zur Folge, Vergiftungen über das Einatmen, aber es wirkt auch subkutan, es wird also auch über die Haut aufgenommen, und erzeugt langfristige, kaum heilbare Schäden. Das heißt, wir diskutieren über ein Szenario, dass auf unserer Autobahn ein Lastwagen fahren darf, für den offensichtlich die Gefahr besteht, in einen Unfall verwickelt zu werden, denn diese Gefahr besteht immer. Es besteht die Gefahr, dass er selbst Ursache dieses Unfalls ist, weil dieser Transporter einfach nicht mehr richtig gesichert ist, und ich stelle mir ganz einfach die Frage: Wie kann es passieren, dass Uranhexafluorid – und noch dazu 15 Tonnen! – in einem offenen Container mit deutlich sichtbaren Schäden überhaupt losgefahren ist?

(Beifall bei der LINKEN – Abg. W i l l - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Er kam aus Hamburg!)

Gut, er kam aus Hamburg! Man kann jetzt natürlich über dieses Thema lachen, das können wir gern tun, Herr Abgeordneter, Sie können ja gleich noch ein paar Witze über diese Form von Gefährdung machen.

(Zuruf von der CDU: Hat er doch nicht!)

Doch! Wenn er sagt, der kam aus Hamburg, heißt das noch nicht, dass es egal ist!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das heißt doch, dass der Bremer Senat ihn nicht losgeschickt hat, mehr heißt das nicht!)

Aber die Ursachen dafür!

Ich finde, wir sind jetzt gefordert, der bremischen Bevölkerung mehrere Dinge zu erklären: Erstens, wir müssen sie darüber aufklären, wie oft und wie viele von diesen Transporten hier überhaupt fahren, und zweitens müssen wir hier in Bremen nachweisen, dass so etwas in den bremischen Häfen nicht passieren kann und dass es entsprechende Kontrollen gibt. Ich sage, wenn es Ursachen dafür gibt, wenn die Fahrerinnen und Fahrer solcher Lkw so unter Druck sind, dass sie mit einem offensichtlich kaputten Lkw und einer offensichtlich zerstörten Ladung losfahren müssen, dann hat das auch wieder Ursachen. Dann ist es nicht nur mangelnde Kontrolle, dann ist es möglicherweise Nachlässigkeit oder Druck auf die Leute, den wir abbauen müssen.

Ich erwarte, wie gesagt, in dieser Aktuellen Stunde – deswegen haben wir das Thema beantragt –, dass verschiedene Sachen geklärt werden, erstens die Frage: Kann so etwas in Bremen auch passieren, wenn ja, warum nicht?

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ist das jetzt ernsthaft von Ihnen?)

Ja, ob die Kontrollen eben ausreichend sind und ob es so etwas wie Sichtkontrollen gibt, wenn solches Gut auf bremischen Autobahnen transportiert wird! Es ist auch eine gute Gelegenheit, der bremischen Bevölkerung zu sagen, dass sie sich in Bremen und Bremerhaven keine Sorgen machen muss, dass so etwas passieren kann, möglicherweise ist es ja so.

Wir werden auch darüber nachdenken müssen – das ist auch eine weitere Debatte –, ob wir weitere Möglichkeiten finden müssen, die bremische Bevölkerung vor den Folgen eines solchen Unfalls, der mittlerweile nicht mehr so ausgeschlossen ist, wie es vielleicht gestern noch schien, zu schützen. Möglicherweise müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, die Leute an den Transportstellen auszubilden, was in einem solchen Fall passiert, damit sie dann gegebenenfalls eine Atemschutzmaske haben. In anderen Fällen wird es auch gemacht, dass man dort, wo Gefährdungen sind, die entsprechenden Maßnahmen vornimmt, dass die Leute sich schützen können. – Soviel zunächst zu diesem Thema!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu allererst möchte ich einmal – Beamte sind es vermutlich – den

jenigen danken, die diesen unsicheren Transport auf der A 1 in Bremen gestoppt haben!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Gefahr, die hier von der LINKEN heraufbeschworen wird, ist also in Bremen abgewendet worden, und ich glaube, die Dimensionen, die Herr Rupp hier der Gefahr beigemessen hat, liegen genauso falsch wie die Angaben zur Menge des Uranhexafluorids; einen Großteil des Gewichts macht die Ummantelung des Materials aus, das hier transportiert worden ist, wenn ich es richtig im Kopf habe. Dazu wird aber der Senat gleich auch noch etwas sagen können.

Vor diesem Hintergrund halte ich diese Aktuelle Stunde für überdimensioniert. Es hat sich eigentlich gezeigt, dass dieses mehrfache Sicherungssystem, das wir im Atombereich haben, an dieser Stelle notwendig war, weil nämlich die ersten Sicherungen nicht funktioniert haben. Das Material ist in den USA losgefahren, ohne dass es aufgehalten wurde, es ist in Hamburg verladen worden, ohne dass es aufgehalten wurde, aber es ist eben in Bremen zum Glück gestoppt worden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es hat also vorher Kontrollversagen gegeben, und die bremischen Behörden werden entsprechende Untersuchungen einleiten, ob hier Bußgeldverfahren notwendig sind, um das zu ahnden. Die Hamburger CDU fordert vor diesem Hintergrund sogar strengere Kontrollen, und ich denke, hier können wir uns der Hamburger CDU anschließen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dieser Vorfall zeigt auch, dass der Bürgerschaftsbeschluss, den wir gerade erst im Februar gefasst haben, richtig war, Atomtransporte in Bremen zu verringern und vorbeugende Schutzmaßnahmen sicherzustellen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Gerade beschlossen!)

Wir hatten allerdings zweimal die Gelegenheit, diese Debatte zu führen. Wir müssen sie also nicht zwingend an dieser Stelle noch einmal führen, aber DIE LINKE will es so.

Natürlich verdeutlicht dieser Vorfall die Gefahr der Atomkraft allgemein. Dieser Transport war für die Urananreicherungsanlage in Gronau bestimmt, und der beste Abbau des Risikos solcher Transporte ist

natürlich das Fortfahren mit dem Atomausstieg gemäß Atomkonsens.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weil Sie und Ihre Fraktion die Gelegenheit geben, sehr geehrter Herr Rupp, das an dieser Stelle noch einmal zu sagen: Natürlich ist es so, dass CDU/CSU und FDP auf dem Weg der Risikovergrößerung sind, gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung, mit ihrer Atompolitik auf Bundesebene. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um die Anmeldung der Aktuellen Stunde „Maroder Gefahrguttransporter mit radioaktiver Ladung auf der A 1 gestoppt“ zu verstehen, muss man wissen, auf welchen drei Säulen die Politik der LINKEN steht. Herr Fecker zeigt fünf, ich habe jetzt erst einmal drei Säulen ausgemacht! Die erste Säule ist die Ideologie, eine ganz klar geprägte Politik der Ideologie! Die zweite Säule der Politik der LINKEN ist die Neidsäule, wo immer Neid geschürt wird und auf Kosten anderer versucht wird, Stimmung zu machen.

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Ich bin neidisch auf einen Atomtransport?)

Die dritte Säule, mit der wir es heute zu tun haben, ist die Säule der Angstmacherei: Es werden hier Ängste geschürt, das kann man auch sehen. Wir haben das Thema mittlerweile das fünfte oder sechste Mal innerhalb eines halben Jahres auf dem Tisch. Sie wollen es zum Thema machen, Sie nehmen jeden Anlass dazu, und Sie wollen Ängste schüren und erhoffen sich dadurch Zuspruch in puncto Wählerstimmen, aber den werden Sie nicht erhalten, da können Sie sich sicher sein!

(Beifall bei der CDU)

Richtig ist, radioaktive Stoffe für die verschiedensten Arten der Nutzung, also auch für Gesundheit, fahren über unsere Straßen und auch durch unser Bundesland Bremen. Wichtig dabei ist – und das haben wir bei den letzten Debatten auch schon immer festgehalten –, dass alle Sicherungssysteme und alle Sicherheitsvorsorge hier vollkommen ausgeschöpft und sehr stark betrieben werden. Ich denke, das wird auch gemacht, und das verfolgen wir auch weiterhin so. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Die Wahrheit ist, der marode Transporter hätte in Hamburg gar nicht so losfahren dürfen, das ist Fakt. Gut ist, dass Bremer Polizisten so aufmerksam waren und ihn aus dem Verkehr gezogen haben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was bleibt mir sonst noch zu sagen? Viel zu sagen bleibt mir eigentlich nur noch dahingehend, dass wir hier auch weiterhin natürlich radioaktive Transporte auf den Straßen haben werden. Herr Fecker, der sich ja schon gemeldet hat, wird es gleich noch einmal so ähnlich sagen wie Herr Dennhardt: Wir sind auf einem guten Weg in der Energiepolitik, wir stehen zum Atomkonsens.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sage ich nicht!)

Es wird vielleicht Ausnahmen geben, das weiß man noch nicht, das habe ich hier das letzte Mal auch schon gesagt, und ich wiederhole es für jeden gern. Denn wir müssen jetzt die Wunden heilen, die Sie damals mit einem überschnellen Beschluss herbeigeführt haben. Ja, Frau Busch, Sie lachen, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten, und das sind bekanntlich wir! – Danke!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Da warten wir einmal ab, wer zuletzt lacht!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich das Thema der Aktuellen Stunde hörte, habe ich mich erst einmal gefragt, was denn da passiert ist, und musste recherchieren, weil ich es nicht mitbekommen hatte, weil es in der bremischen Öffentlichkeit gar nicht so eine Rolle gespielt hat. Die Quellen, die ich dann gefunden habe, waren Quellen im „Hamburger Abendblatt“ und an anderen Stellen. Daraus habe ich geschlossen, dass es dort ein Thema ist, und dort ist es auch zu Recht ein Thema, weil Sicherheitssysteme nicht funktioniert haben und verbessert werden müssen. Es ist hier zu Recht – und ich will mich dem Dank für die FDP-Fraktion ausdrücklich anschließen – den Bremer Beamten gedankt worden, die den Gefahrguttransport aufgehalten haben, weil dieser Gefahrguttransport in der Tat eine übermäßige Gefahr dargestellt hat. Er war nicht sicher, und so etwas gehört nicht auf deutsche Straßen. Insofern herzlichen Dank für ihre Tätigkeit!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)