Bringen Sie endlich Ihren Haushalt, nämlich den Bremer Haushalt, in Ordnung, bevor Sie um Hilfe von außen rufen!
Die jetzige Reaktion der Koalition zeigt, dass Sie nur den Wahltermin im Jahr 2011 überstehen wollen. Der Finanzplan bis 2020 ist nur bis 2011 ausdifferenziert, er ist nicht differenziert auf die jeweiligen Ressorts. Warum nicht? Deswegen nicht, weil Sie Angst vor unbequemen Entscheidungen haben. Sie selbst nennen die Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismuskommission II in einer Mitteilung des Senats. Wenn Sie sich die Zahlen ansehen: Welches Ergebnis haben Sie dann? Die Personalkosten steigen! Die Sozialleistungskosten steigen! Die sonstigen Ausgaben steigen! Die Zinsausgaben steigen! Das Einzige, das sinkt, sind die Investitionen und die Steuereinnahmen. Meine Damen und Herren von der SPD und den Grünen: Wie soll das gehen?
Frau Bürgermeisterin Linnert, in Ihrer Senatsvorlage steht, dass Sie weitere Mindereinnahmen aus Gewinnabführungen der BLG, bei Verwarnungsgeldern, Grundbuchsachen, Gerichtsgebühren, Geldstrafen und Mehrausgaben bei den gesetzlichen Leistungen, nämlich Sozialleistung und Wohngeld, erwarten. Da fragen wir uns: Wie ist das eigentlich bei den Sozialleistungen möglich? Wie ist es möglich, dass Sie und die Senatorin, die für diesen Teil verantwortlich ist, nicht in der Lage sind, über die Summe von 50 bis 60 Millionen Euro wird zumindest gesprochen, diesen Betrag zu prognostizieren? Dazu würden wir gern eine Antwort haben.
Eine Konkretisierung insgesamt steht aus. In jedem Fall zeichnet sich, so sagen Sie, eine Größenordnung der Haushaltsverschlechterung ab, die ein sofortiges Handeln des Senats erforderlich macht. Insgesamt wird mit erheblichen Mehrbelastungen in einer Größenordnung von deutlich über 100 Millionen Euro gerechnet. Wie viele sind das? 150 Millionen Euro, 120 Millionen Euro, 180 Millionen Euro? Sie müssen es doch irgendwann einmal konkretisieren!
Eine Lösung über eine Haushaltssperre, dazu sagt die Senatorin selbst in einem Zitat im „Weser-Kurier“: „Zweistellige Millionenbeträge können nicht mit der Haushaltssperre eingespart werden.“ Recht hat sie! Insofern wird dies auch leider nicht ausreichen, um die 84 Millionen Euro beziehungsweise 160 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren einzusparen. Dann kommt sofort der Satz: „Dann kann man es nur über Neuverschuldung machen.“ Das ist offensichtlich Ihre Lösung. Wo bleiben eigentlich Ihre Vorschläge zur Bewältigung der Haushaltsnotlage in Bremen? Wenn Sie sich an die Probleme Bremens nicht herantrauen, dann können Sie Bremen nicht aus der Schuldenfalle führen.
Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und der SPD, sind immer noch nicht in der Realität angekommen.
Sie verschieben Gelder innerhalb und zwischen den Ressorts, nur um kurzfristig immer neu auftretende Probleme zu lösen. Wann erkennen Sie eigentlich, dass die von Ihnen gewählte Politik nicht dazu führt, Bremen aus seiner schwierigen Lage zu befreien? Wo bleibt Ihre Aufgabenkritik? Welche Aufgaben muss und welche sollte der Staat zukünftig übernehmen? Wo sind Ihre Antworten? Wir haben darüber von Ihnen nichts gehört. Wo bleiben Ihre Vorschläge, die in anderen Bundesländern diskutiert werden? Die Überprüfung von Standards ist für alle Bereiche der Politik notwendig. Tabus darf es an der Stelle nicht geben.
Wo bleiben Ihre Vorschläge zu strukturellem Sparen? Die Rasenmähermethode reicht hier nicht aus. Sie sind drei Jahre in der Regierungsverantwortung. Sie sind weit davon entfernt, Bremens Probleme zu lösen. Liebe Kollegen von der SPD und den Grünen, korrigieren Sie Ihr selbst gestecktes Ziel, lediglich den Wahltermin im Jahr 2011 zu überstehen, und bringen Sie stattdessen den Mut für weitreichende Veränderungen auf! – Danke schön!
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das hätten Sie einmal Ihrer Kanzle- rin sagen sollen!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Abgeordnete Dr. Schrörs hier seinen Vortrag gehalten hat, habe ich mich an Bücher erinnert, die ich vor 40 Jahren einmal gelesen habe, von einem gewissen Karl May. Da hieß es immer: Bleichgesichter sprechen mit gespaltener Zunge!
Was ich damit meine, ist, man kann nicht auf Bundesebene regieren, dort Steuergesetze beschließen, die zu Einnahmeverlusten der Länder führen, oder die entsprechenden Steuern, womit die Einnahmen sichergestellt sind, nicht einführen und sich dann hier hinstellen und sagen: Wir müssen gegen fehlende ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R ö - w e k a m p [CDU]: Vorsicht, das sind al- les Steuersenkungen, die Sie mitbeschlos- sen haben!)
Es gibt einen Unterschied. Ich weiß, dass es auch andere Parteien gibt, die einmal in der Bundesregierung gewesen sind, und die entsprechende Gesetze in einer Weise beschlossen haben, die sich heute als vollständig unzulässig erwiesen hat. Aus meiner Sicht müssen wir aber schauen, in welche Richtung wir heute denken: Wo wollen wir heute hin? Da spüre ich deutlich, dass, auch wenn der Kollege Dr. Kuhn immer sagt, erst einmal auf die LINKEN daraufhauen – –. Dann aber zu fordern, dass wir vernünftige Steuern brauchen, nämlich Vermögenssteuer, Erbschaftsteuer, Finanztransaktionssteuer und so weiter, die ganze Liste von sinnvollen Regulierungsmaßnahmen der Finanzmärkte: Das ist doch nichts, was wir ablehnen! Ich erinnere mich daran, in meiner Partei diskutieren wir das schon etwas länger; die Einsicht, dass das richtige und notwendige Dinge sind, habe ich zumindest hier in diesem Haus erst langsam gespürt, und ich bin froh darüber, dass es so ist.
Es wurde schon gesagt, Griechenland ist ein Beispiel für eine umfangreiche, verfehlte Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft, Sozialstrukturen und in vielem mehr. Griechenland war Opfer von Spekulationen, aber nicht erst seit heute oder wenigen Monaten. Es ist so, dass Deutschland als Niedriglohnland beziehungsweise als Land mit den niedrigsten Lohnstückkosten und dem höchsten Außenhandelsüberschuss einen Teil der europäischen Länder in die Krise konkurriert hat. Das ist eine Hauptursache für die Tatsache, dass Griechenland, Portugal, Spanien und zum Teil sogar Frankreich in einer Situation sind, in der sie hohe Staatsschulden haben, in der sie Opfer von Spekulanten werden und in der sie gezwungen und aufgefordert sind, jetzt auf Kosten der Bevölkerung, und die ist in Griechenland wirklich nicht reich, so zu tun, als könnten sie – auch in Griechenland – gegen diese Form von Kürzung ankürzen.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wie soll es denn funktionieren, wenn man keine Steuern zahlt und keine Steuern einnimmt?)
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Ein System, das bereit ist, auf die Existenz von Staaten zu spekulieren, das ist ein System, welches ich gern überwinden würde.
Kommen wir zu der Steuerschätzung hier in Bremen. Es wird auch nicht wahrer, wenn man es ständig wiederholt: Bremen hat seit 1992 quasi gleichbleibende Einnahmen. Seit 1992 haben sich die Einnahmen des Stadtstaates von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Wären die Einnahmen ungefähr so gestiegen wie die Wirtschaftsentwicklung seit 1992, ich sage einmal, im Schnitt um zwei Prozent, hätten wir heute kein Haushaltsdefizit und kein Einnahmeproblem. Sie müssen einmal konstatieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, das können Sie so gewollt haben. Sie haben eine Politik gemacht, die genau darauf hinzielt, und Sie hatten die Illusion, dass dann die Wirtschaft in einem Umfang wächst, dass die Einnahmen trotzdem steigen. Es hat sich als Illusion erwiesen!
2008 gab es ein Strohfeuer, und wenn Sie heute Ihren Kollegen Dr. Schrörs hören, wie er deutlich macht, inwieweit die Steuern jetzt wieder einbrechen, dann war es ein Strohfeuer. Sie müssen vielleicht auch einmal lernen, nicht nur auf ein Jahr, in dem es gut läuft, zu schauen, sondern auf 15 bis 16 Jahre, in denen es missglückt. Eine Politik, die darauf ausgerichtet ist, die Einnahmen Bremens vom Bruttoinlandsprodukt abzukoppeln, kann keine gute Politik sein. Das muss aufhören!
Ich sage auch noch einmal ein Wort zur Ausgabenentwicklung. Sie wissen es, nominell sind die Ausgaben Bremens seit zehn Jahren gleich geblieben, und Sie wissen auch, dass wir unter Berücksichtigung der Inflationsrate heute im Vergleich zu vor zehn Jahren technisch gesehen eine Kaufkraft auf dem Niveau von 80 Prozent haben. Das heißt, wir haben keine überbordende Ausgaben. Es ist gekürzt worden, es ist viel getan worden, um den Haushalt zu sanieren, es hat aber nicht gereicht. Es ist einfach nicht möglich, gegen diese Form von Einnahmeverlusten anzusparen. Jetzt wurde gesagt, die Ausgaben sind nominell gleichgeblieben, Herr Kollege Röwekamp, und unter Berücksichtung der Inflation sinke die Kaufkraft dann in zehn Jahren ungefähr um 30 Prozent. Ich verweise auf die Berichte der Finanzsenatorin. Es wurde gesagt, wir stecken den Kopf in den Sand, oder es wird jetzt gefordert, den Kopf nicht in den Sand zu stecken.
Ich interpretiere das einmal so, dass – –. Das war der Kollege Dr. Kuhn, der gesagt hat: Man darf jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken.
Man darf den Kopf natürlich nicht in den Sand stecken, aber was bedeutet das denn hier? Ist Kopf in den Sand stecken zu sagen, wir haben eine Sanierungsverpflichtung, und wir bleiben bei dem Ziel, den Haushalt bis 2020 auszugleichen, oder ist Kopf in den Sand stecken zu sagen, dieser Pfad ist gescheitert? Ich sage, Kopf in den Sand stecken, ist, so zu tun, als könnte Bremen aus eigener Kraft durch Kürzung von Ausgaben dieses Ziel bis 2020 erreichen. Das ist Kopf in den Sand stecken! Den Kopf herausziehen, um zu sagen, wir haben eine vollständig veränderte Geschäftsgrundlage, was 2008 noch möglich und unter Interpolation der damaligen Entwicklung vielleicht sogar erstrebenswert war, ist heute nicht mehr möglich. Wir können nicht gegen diese Form von Einnahmeverlust, gegen diese Form von Krise ansparen, denn dann machen wir Folgendes: Dann werden Rettungsschirme für Banken und Staaten beschlossen, und die Kosten dafür zahlen auch die Bremerinnen und Bremer, da ihre Lebensgrundlagen ständig verschlechtert werden.
Im Übrigen stimmt DIE LINKE im Bundestag gegen solche und ähnliche Konzepte immer dann, wenn genau das passiert.
Wenn man auf der einen Seite Milliarden Euro Rettungsschirme, Bürgschaften und Ähnliches beschließt, aber in Kauft nimmt, dass die Zeche dafür im Wesentlichen die Menschen in Griechenland bezahlen müssen, dann sind wir dagegen, weil wir diese Form von Systematik nicht unterstützen wollen.
Auf die Frage, welche Lösung ich besser finden würde, kann ich Ihnen sagen: Erstens, natürlich muss man den Ländern helfen, und zweitens muss man dafür sorgen, dass die Banken, die man gerade gerettet hat und die jetzt schon wieder Milliarden Euro Gewinne machen, das Geld nicht in ihre Tasche stecken, sondern dass diejenigen, die sie gerettet haben, einen gerechten Teil von diesen Gewinnen abbekommen. Das bekommt man offensichtlich auf freiwilliger Basis nicht hin, das bekommt man möglicherweise gesetzlich nur schwer hin, und wenn das der Fall ist – das sage ich Ihnen ganz deutlich –, ist es an der Zeit, ernsthaft wie die Schweden über eine Verstaatlichung der großen Banken in diesem Staat nachzudenken, damit es nicht so weitergeht!
Damit in Griechenland die Korruption der Elite und die Staatsverschuldung, die im Wesentlichen nicht durch die einfachen Menschen verursacht worden ist, aufhört und damit die Menschen in Griechenland ähnliche Lebensbedingungen haben wie hier.