(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Fangen Sie doch einmal an, über die Punkte, die Sie be- treffen, zu sprechen!)
Diese versuchen wir durch eine gezielte Armutsbekämpfung umzusetzen. Auch hier weise ich Sie darauf hin, im Himmel ist nicht Jahrmarkt. Das ist das eine. Ich möchte Sie einfach einmal daran erinnern, was alles zur Armutsbekämpfung gehört. Das ist zum Beispiel der Bereich Kinderbetreuung, wo wir haushaltspolitisch an unsere Grenzen stoßen, und das wissen Sie genauso gut wie ich.
Was sollen wir denn da machen? An der Stelle ist der Bund nun einmal gefordert – da sind wir ja auch nicht allein –, Länder und Kommunen dahingehend zu unterstützen. Genauso wie mit den Schulen! Wir bemühen uns um die Einrichtung von Ganztagsschulen. Hören Sie vielleicht einmal zu, anstatt mich die ganze Zeit hier anzusprechen!
Auch bei der Umsetzung, was wir gern möchten, Einrichtung von Ganztagsschulen, das Mittagessen, wovon Frau von der Leyen spricht, diese ganze Geschichte ist Ihnen zehn Euro wert pro Kind pro Monat. 460 Millionen Euro für Kinder, das hört sich erst einmal gut an. 400 Millionen Euro haben Sie den Leuten erst einmal weggenommen, weil Sie das Elterngeld gestrichen haben. Dann rechnen Sie das Schulstarterpaket dort mit hinein. Bleiben zehn Euro pro Kind übrig! Aber fünf Milliarden Euro für Hoteliers, elf Milliarden Euro gibt diese Bundesregierung aus, um Armutslöhne zu subventionieren. Wissen Sie, wer das bezahlt? Das bezahlen wir! Dann sagen Sie hier: Mindestlöhne, das ist alles Unsinn, das brauchen wir nicht. Sie sind an der Stelle einfach überhaupt nicht mehr glaubwürdig.
Was wir tun können in dieser Stadt, das tun wir, und das wissen Sie auch ganz genau. Sie sitzen im Jugendhilfeausschuss, und Sie sind Mitglied in der Sozialdeputation. Sie kennen alle Programme, und Sie wissen auch, natürlich können wir nicht auf einen Schlag alles so machen, dass das wirklich alles toll ist, aber wir bemühen uns wirklich.
In diesem Jahr haben wir eine Menge geschafft, und das wissen Sie auch ganz genau. Wir werden in der nächsten Legislaturperiode, weil wir da nämlich auch wieder an der Regierung sein werden, Frau Ah
rens, ob Ihnen das gefällt oder nicht, diese Wege verfeinern. Sehen Sie sich das einmal schön weiter in der Opposition an! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Garling, ich mache mir keine Illusionen, dass man mit dieser Bundesregierung bestimmte Dinge einfach nicht durchsetzen kann. Trotzdem ist das so, wenn man sich als Senat das Ziel setzt, dort aktiv zu werden, und nichts erreicht, hat man nichts erreicht.
Dann hat man ein Ziel verfehlt. Möglicherweise hätte man sich solch ein Ziel nicht stellen sollen in Erkenntnis dessen, dass über solche Dinge mit der FDP überhaupt nicht zu sprechen ist. Dieser Teil der Übung hat schon einmal nicht geklappt.
Wir nehmen noch einmal die These von Ihnen, Frau Ahrens. Wir brauchen natürlich Arbeitsplätze, und Sie sagen, die Wirtschaft schafft Arbeitplätze und sonst niemand. In den letzten 15 bis 20 Jahren hat die Wirtschaft auch in Bremen eine sehr stetige Entwicklung genommen, ist immer größer geworden, sie hat aber gleichzeitig Arbeitslosigkeit, Leiharbeit, Billiglöhne, Minijobs, prekäre Beschäftigung und Ungleichbehandlung von Männern und Frauen geschaffen. Das heißt, die These, die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze, ist zumindest nur begrenzt richtig. Ich sage auch noch einmal ganz genau, wenn die öffentliche Hand da ihre Verantwortung nicht wahrnimmt im Bereich von Eigenbetrieben, im Bereich von Verwaltung und anderen Bereichen, ist die These doppelt falsch, weil man hier auch Arbeitsplätze schaffen kann.
Man kann natürlich Leute zurückholen in den öffentlichen Bereich, wo man ausgelagert hat. Dass das schwierig ist und Geld kostet, ist völlig logisch, weil man natürlich bestimmte Kosten für Verwaltung und für Reinigung nur dadurch minimieren kann, dass man den Leuten weniger Geld bezahlt. Das geht im öffentlichen Dienst nicht, also muss man sie auslagern. Das zurückzuholen bedeutet, man muss den Leuten wieder mehr Geld geben. Vernünftige Arbeitsplätze schaffen, auch in der Verwaltung, auch im öffentlichen Dienst, kostet Geld. Auch in der Wirtschaft ist ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
es so, wenn man die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass es eine ausufernde Form von prekärer Beschäftigung gibt, darf man sich nicht wundern, dass sie eintritt.
Es gibt jetzt zu dem Bericht, der hier vorliegt, einen Datenreport. Den habe ich mir einmal angesehen, und es lohnt sich, sich diese Zahlen einmal anzusehen. Es gibt keinen einzigen Indikator bis 2009, wo sich die Armutssituation, die Lebenssituation von Betroffenen in irgendeiner Weise verbessert hat, nicht einen.
(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Weil wir hier unheimlich viel Geld ausgegeben haben, wie Sie ja selbst gesagt haben!)
Nicht einen! Die Frage ist: Warum ist das so? Das heißt, bestimmte Dinge können wir auf Landesebene nicht regeln, bestimmte Dinge können wir möglicherweise so beeinflussen, dass es den Menschen in einer Weise weniger schlecht geht als anderswo, sodass sie zumindest noch auf eine bestimmte Art und Weise leben können. Das heißt, die Frage ist, erstens, sind die Konzepte richtig? Ich glaube, dass die Konzepte, was WiN-Gebiete, Soziale Stadt, Quartiersmanagement angeht, und viele Dinge mehr, auch was dezentrale Umweltschutzgeschichten angeht, da gibt es eine ganze Menge Dinge, was Investitionen in Windenergie angeht, richtige Ansätze sind. Ich befürchte, dass die Geldsumme, die wir kreativ zur Armutsbekämpfung einsetzen können, einfach so klein ist, dass sie wie ein Tropfen auf einem heißen Stein ist und dass das deutlich mehr werden muss.
Ich will dann einmal zwei oder drei Zahlen nennen. Die Arbeitsplätze haben sich im Jahr 2008 wenig erholt und sind 2009 wieder schlechter geworden. Die SGB-II-Bezieherinnen und -Bezieher sind immer noch bei knapp unter 100 000, das waren sie im Jahr 2005 auch. Ich habe eine sehr interessante Zahl gefunden. Die Summe der Arbeitsentgelte lag in Bremen im Jahr 2000 ungefähr bei 8,2 Milliarden Euro, im Jahr 2008 waren es 8,8 Milliarden Euro. Das sind 6,9 Prozent. In derselben Zeit ist das Bruttoinlandsprodukt von 22 Milliarden Euro auf 27 Milliarden Euro gestiegen. Das ist ein Zuwachs von 24 Prozent.
Wir konstatieren, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bremen von der Wirtschaftsentwicklung nicht mehr profitieren. Das sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen, unter denen sie arbeiten müssen. Wäre es anders, hätten wir nicht so viele Leute mit Niedriglöhnen, geringem Einkommen, hätten wir nicht so viele Zuzahler, weil sie an dieser Wirtschaftsentwicklung auch als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer partizipiert hätten.
Das ist Verantwortung von Politik. Was die CDU im Bund jetzt macht, ist genau das Gegenteil. Sie sorgt
dafür, dass es insbesondere in den armen Stadtteilen von Bremen noch einmal richtig zur Sache geht. Die Sparpakete, insbesondere für Hartz-IV-Empfämger, treffen Bremen mit ungefähr 74 Euro pro Jahr und Kopf. Rechnet man das auf die Stadtteile um, haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Tenever jährliche Einbußen von ungefähr 130 bis 160 Euro, während die Einwohnerinnen und Einwohner von Schwachhausen mit 14 bis 25 Euro davonkommen. Das belegt auch der Datenreport.
Wenn Sie meinen, dass das Quatsch ist, können wir das ja einmal gemeinsam rechnen. Dann sehen wir einmal, was dabei herauskommt. Dann schreiben wir unseren Namen darunter und schauen einmal. In Schwachhausen, weil es da wenig Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger gibt, ist natürlich auch die Kürzung des Wohngeldes und des Elterngeldes dort nicht relevant, während in Tenever, wo relativ viele Leute – –.
Pro Kopf der Menschen, die in Schwachhausen leben! Das können wir machen. Doch, gerade dieser errechnete Durchschnitt macht Sinn, weil er die Spaltung, die Kluft zwischen den Menschen aufmacht.
Meine Redezeit ist zu Ende, dann verschieben wir diese Debatte auf ein anderes Mal, das werden wir noch eine Weile begleiten!
Ich möchte hier nur dafür werben, dass man genau schauen muss, ob der Senat der Forderung, Prioritäten zu setzen und sie auch mit finanziellen Mitteln zu hinterlegen, wie in dem Antrag von vor einem Jahr beschlossen, vielleicht an anderer Stelle nachkommt. Das hat er bisher nicht getan. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin hier Zeuge einer sehr lebhaften Diskussion geworden. Man hatte fast das Gefühl, wir führen hier eine Haushaltsdebatte mit einem Gesamtüberblick über alle Politikfelder, die es in dieser Stadt gibt. Zum Lebenslagenbericht ist doch erst einmal nur nüchtern eines festzustellen: Das ist ein Bericht, der eine Bestandsaufnahme der Lage enthält und der vor allem eine Darstellung der Maßnahmen, die in Bremen durchgeführt werden, in diesem Themenfeld enthält.
Es steht nirgendwo – das glaubt übrigens auch bei uns niemand –, dass wir mit den Instrumenten, die wir heute anwenden, das Optimum aller möglichen Antworten bereits gefunden haben. Wir diskutieren regelmäßig, auch im Ressort und ressortübergreifend mit anderen Ressorts, darüber, wie man durch die Entwicklung von Maßnahmen und auch durch neue, weitere Maßnahmen den Problemdruck, über den wir heute hier sprechen, weiter lindern kann. Dass es sich um eine insgesamt durchaus darstellbare, sehenswerte Politik in diesem Bereich handelt, kann ja niemand ernsthaft bestreiten, egal, ob er heute hier in der Opposition in Bremen sitzt oder anderenorts an der Regierung beteiligt ist. Die Problemlage, die wir hier in Bremen haben, und die Antworten auf die Probleme, die wir hier in Bremen finden, sind doch im Grundsatz nicht sehr unterschiedlich zu den Bundesländern, in denen zum Beispiel DIE LINKE an der Regierung beteiligt ist oder in denen CDU und FDP an den Regierungen beteiligt sind. Es macht also doch gar keinen Sinn, das in der aufgeregten Art und Weise zu diskutieren, wie das heute hier der Fall war.
Meine Damen und Herren, ein bisschen absurd ist natürlich ein Argument, zumindest habe ich Sie so verstanden, Frau Ahrens, wenn Sie über die ungleichen Löhne für Männer und Frauen in Bremen klagen und dann als Antwort auf dieses Problem die Sozialpolitik bemühen. Das ist nun wirklich nicht der richtige Weg.
Es macht trotz allem Sinn über Bundespolitik zu sprechen, weil eine auf der Länderebene angesiedelte Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik natürlich vor dem Hintergrund bundesgesetzlicher Rahmensetzung zu bewerten ist. Das ist der Rahmen, in dem wir Chancen für weitere Ausgestaltung haben. Das sind aber auch die Grenzen, die Rahmengrenzen, in denen wir uns bewegen, deshalb ist es einfach wichtig zu sagen –
wollen Sie eine Frage stellen? –, deshalb ist es einfach wichtig zu sagen, dass uns die aktuelle Bundespolitik eine denkbar schlechte Rahmensetzung für eine Weiterentwicklung in diesem Themenfeld bietet.
Um das einmal herauszugreifen, in der Gesundheitspolitik, in der ich mich bestens auskenne, wie Sie wissen, ist es ein großes Problem, dass die Armut unserer Mitmenschen weiter verschärft wird durch eine Gesundheitspolitik, die die finanzielle Belastung der Pflichtversicherten weiter erhöht. Das ist ein Problem! Übrigens, auch die Gesundheitsprobleme sind zu einem wesentlichen Teil durch die Einkommensdifferenzen, durch die Einkommenskluft zwischen Reichen und Armen bestimmt.
Auch das ist ein empirischer Befund, über den sich die Experten insgesamt einig sind. Hier hilft uns die Bundesregierung mit ihrer aktuellen Politik nicht nur nicht, sondern sie erschwert eine vernünftige Antwort auf diese Fragen auf der Landesebene. – Ich danke Ihnen für Aufmerksamkeit!