Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Meine Erfahrungen aus den Gesprächen ist eine ganz andere: Die Horrorvorstellung, dass das, was im Wendland geschehen ist, einige Tage oder Wochen später in den bremischen Häfen passieren könnte und den Umschlag der Container, der Autos, der Waren in den Häfen über Tage oder Wochen lahmlegen könnte, ist eine betriebswirtschaftliche Horrorvorstellung für Betriebe. Deswegen machen wir diese Dinge mit den Betrieben zusammen, Seite an Seite, sowohl aus Sicherheits- als auch aus Umwelt-, als auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ich glaube, dass man dort niemanden zum Jagen tragen muss, dieses Bewusstsein ist in diesen Betrieben hervorragend entwickelt,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und zwar auf beiden Seiten, bei der Unternehmensleitung und bei den Betriebsräten. Ich glaube, hier gibt es ein hervorragendes Bewusstsein, dass es eine große Schädigung der Betriebe bedeuten würde, wenn man zuließe, dass nun nach dem Wendland auch noch der Hafen in Bremerhaven zum Schauplatz dieser Auseinandersetzungen wird.

Noch einmal meine Bitte an den Kollegen Rupp von der LINKEN: Wir haben uns das wirklich sehr

intensiv angeschaut. Sie sagen, alle Güter der Gefahrenklasse 7 sollen nicht mehr durch Bremen transportiert werden. Das sind aber auch die sehr schwach strahlenden Abfälle aus Röntgen-, MRT- und CT-Anlagen aus Krankenhäusern und Arztpraxen, das ist ganz schwach radioaktives Material aus Forschungsinstituten der Universität und Ähnliches, was weder genehmigungspflichtig ist noch gesundheitsschädlich in der Form. Sie können natürlich nicht die bremischen Krankenhäuer oder das bremische Gesundheitswesen lahmlegen.

Wenn der Kollege Herr Erlanson jetzt hier wäre – er ist, glaube ich, krank, ich wünsche ihm gute Genesung! –, hätte ich ihn gefragt, ob er denn als Betriebsrat am Krankenhaus Links der Weser den Vorschlag teilt, dass man nun für ganz Bremen und Bremerhaven den kompletten Klinikabfall, der leicht radioaktiv verstrahlt ist, nicht mehr transportieren und nicht mehr hin- und herfahren soll. Das ist im Grunde genommen ein Lahmlegen des bremischen Gesundheitswesens. Ich weiß nicht, ob Sie es intendiert haben, Sie haben es jedenfalls aufgeschrieben, und das ist der zentrale Grund, warum wir einen eigenen, vernünftigen Antrag gemacht haben und diesen Antrag der LINKEN, den Sie formuliert haben, ablehnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir werden uns am Ende des Tages für die bremische Bevölkerung hinstellen müssen und glaubhaft und glaubwürdig – heutzutage in Zeiten des Internets ist die Bevölkerung auch jederzeit in der Lage, das zu überprüfen – sagen können und müssen, dass wir alles getan haben, was in der rechtsstaatlichen Macht dieses Landes Bremen steht, diese Transporte über Bremen zu verhindern. Wenn dann die Kanzlerin und der Bund meinen, gegen den Willen Bremens diese Transporte durchsetzen zu müssen mithilfe des Atomrechts, des EU-Rechts, der Bundespolizei oder mit wem auch immer, muss das die Bundeskanzlerin verantworten. Aus Bremen jedenfalls wird sich aus dieser Koalition niemand an dem Versuch, diese hochgefährlichen Transporte über Bremen zu transportieren, beteiligen, und das ist auch gut so! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der letzten Debatte, die wir in diesem Haus zu diesem Thema geführt haben, hat sich etwas Grundsätzliches geändert: Die ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bundesregierung hat ein wegweisendes Energiekonzept auf den Weg gebracht –

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie müssen mir auch schon zuhören! Erst zuhören, dann vielleicht einmal überlegen! –,

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: 11. 11.!)

sie hat ein wegweisendes Energiekonzept auf den Weg gebracht, durch das ein gesicherter Ausstieg aus der Atomenergie möglich wird.

(Beifall bei der CDU – Zuruf: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

Gesicherter Ausstieg! Zuhören! Zum ersten Mal gibt es damit nicht nur einen rot-grünen Atomkonsens, sondern ein parteiübergreifendes Bekenntnis zum Atomausstieg. Ich meine, das ist auch etwas!

(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das ist eine Büttenrede!)

Rot-Grün hatte zuvor den Ausstieg auf das Jahr 2022 festgelegt, ohne dabei zu wissen, ob der Energiebedarf aus regenerativen Energien bis dahin gedeckt werden kann, ohne eine zielgenaue Förderung des Ausbaus erneuerbaren Energien und ohne einen Plan für den Ausbau der notwendigen Versorgungsnetze. Ihr Parteivorsitzender, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der SPD, hat sich als Umweltminister diesen Fragen noch nicht einmal gestellt. Das ist auch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Ich möchte aber nicht nur einen Ausstieg aus der Erzeugung der Atomenergie, sondern auch aus der Nutzung. Das Energiekonzept der Bundesregierung ist dafür ein realistischer Fahrplan, auch wenn sich nicht wenige in der CDU – auch in Bremen – eine kürzere Laufzeitverlängerung gewünscht hätten.

(Beifall bei der CDU)

Der Mitteilung des Senats entnehmen wir, dass sich die Zahl der Atomtransporte im Jahr 2010 im Vergleich zu den Vorjahren voraussichtlich erhöhen wird. Das klingt schon anders als der medienwirksame Auftritt von Ihnen, Herr Böhrnsen, im Herbst letzten Jahres, als Sie uns glauben machen wollten, dass wir die Atomtransporte hier in Bremen verhindern. Gestern erreichte uns dann der Dringlichkeitsantrag, der forderte, dass die Atomtransporte so weit wie möglich verhindert werden sollen. Mit Blick auf die Antwort des Senats und Ihr Verhalten, meine lieben Kol

leginnen und Kollegen von Rot-Grün, ist er an Heuchelei kaum mehr zu überbieten.

(Beifall bei der CDU)

Sie machen den Bürgerinnen und Bürgern etwas vor, wenn Sie wiederholt behaupten, Atomtransporte durch Bremen und Bremerhaven verhindern zu können, denn in Wahrheit kann die Bremer Regierung darüber gar nicht allein entscheiden. Zur Wahrheit gehört auch, ehrlich zu sagen, dass wir in den kommenden Jahren noch viele Hunderte Atomtransporte haben werden, unabhängig davon, wer in Berlin oder in Bremen regiert.

Dass DIE LINKE mit ihren Anträgen nur die Ängste der Menschen schüren will, ist nichts Neues. Sie macht sonst ja auch nichts anderes. Dass die Bremer Landesregierung aber bei einem solch sensiblen Thema Symbolpolitik betreibt und den Bürgerinnen und Bürgern tonnenweise Sand in die Augen streut, ist nicht zu akzeptieren.

(Beifall bei der CDU)

Die steigende Zahl von Atomtransporten ist kein Grund zum Jubeln, aber doch wohl auch unvermeidbar und wenig überraschend.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen] – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das hat Herr Trittin auch gesagt!)

Wenn jedes Bundesland wie Bremen erklären würde, dass der Atommüll nicht über die jeweiligen Straßen, Häfen und Schienen transportiert werden soll, was soll dann eigentlich mit dem vorhandenen Atommüll passieren?

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Oberflächlich kann man jedes Thema behandeln, das machen wir allerdings nicht!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Nein, das ist genau das System, das wir haben! Man muss sich auch etwas aus- kennen! Nur dumm reden reicht hier nicht!)

Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus, meine Damen und Herren von Rot-Grün!

(Zuruf: Wie denn?)

Bremen kann sich bei der Frage der Atomtransporte nicht einfach aus der Gesamtverantwortung stehlen. Das Sankt-Florians-Prinzip ist in der Atompolitik wenig hilfreich, weder bei der Frage der Atomtransporte noch bei der Suche nach den Endlagern.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Deshalb schicken wir es nach Russland!)

Interessant finde ich auch, dass Sie in Ihrem Dringlichkeitsantrag schreiben, ich zitiere: „Die Transporte von Kernbrennstoffen sind zum großen Teil dem Umstand geschuldet, dass die Endlagerfrage ungelöst ist.“

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: So ist es!)

Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, die diese Zeilen lesen, denn auch, dass es Ihre rot-grüne Bundesregierung war, die die Erkundung möglicher Endlagerstandorte über zehn Jahre verschleppt und gestoppt hat? Das sagen Sie nicht!

(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [CDU]: Sie haben ja nicht einmal zehn Jahre regiert!)

Daran sind dann wieder andere schuld. Ach, wie schön ist doch Ihre rot-grüne heile Welt, wenn man sich aus jeder Verantwortung stehlen kann, das muss man wirklich einmal sagen!

(Beifall bei der CDU)

Machen wir uns nichts vor: Die Castor-Transporte und auch die Atomtransporte durch Bremen haben nichts mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Sie hätten auch unter einer rot-grünen Bundesregierung stattgefunden, und sie werden auch in den kommenden Jahren stattfinden müssen. So viel Wahrheit müssen Sie der Bevölkerung dann auch schon zumuten!

(Beifall bei der CDU)

Ich dachte auch, die Grünen sind in dem Punkt auch schon einen Schritt weiter,