Absage. Wir lehnen daher den Antrag der CDU ab und stimmen dem Antrag der Regierungskoalition zu. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt hier und heute meinen Beitrag zum Access Blocking halten. Er würde zum heutigen Thema passen.
Aber zum jetzigen Antrag! Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts ist die sechsmonatige Speicherung der Telekommunikationsdaten für eine qualifizierte Verwendung, was auch immer das ist, zulässig. Dem Gericht fehlt es allerdings an den den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigenden Ausgestaltungen. Welch ein Wortungetüm! Mein persönlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Artikel 11 Absatz 1 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert. Dieser Artikel ist ein Grundsatz, ein Grundprinzip eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens, und er lautet: Jeder, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Vorraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist. In Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es: „Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Ich möchte das noch einmal wiederholen: So lange unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist!
In der Begründung schreibt der Antragsteller: Es gab in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 28. Juni 2010 im Land Bremen 584 Beschlüsse, um auf gespeicherte Telekommunikationsdaten zuzugreifen. Die Zugriffe dienten der Verhütung und Verfolgung von diversen Straftaten, und sie werden aufgezählt. Schuldig bleibt der Antragsteller, wie viele dieser Beschlüsse zu tatsächlichen Verfahren geführt haben und wie viele Personen einfach einmal in eine Generalhaftung genommen werden.
Es ist bedauerlich, wenn man der Presse entnehmen kann, dass sogar unser Innensenator – er ist gerade nicht da, aber es wird ihm sicherlich übermittelt, oder er kann es nachlesen – die Vorratsdatenspeicherung befürwortet. Es ist kein Geheimnis, dass ich Herrn Mäurer für einen ausgesprochen kompetenten und fairen Politiker halte, umso enttäuschter war ich persönlich, als ich das lesen musste. Sehr geehrter Herr Senator, die Sammelwut des Staats ist sicherlich nicht das wichtigste Instrument gegen die organisierte Kriminalität. Das beste Instrument, Kri
minalität im Ansatz zu verhindern, ist, Menschen einen sozialen Umgang vorzuleben und zu ermöglichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, anstatt solch eine Initiative zu fordern, wäre es sinnvoller, ein Bundesdatenschutzgesetz zu fordern, das diesen Namen auch zu Recht trägt, wobei die Betonung auf Datenschutz beziehungsweise Personenschutz liegt. Dieser Antrag verletzt aus unserer Sicht ein fundamentales Grundrecht unserer Gesellschaft, die Unschuldsvermutung. Wir lehnen diesen Antrag ab. Den Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unterstützen wir, und ihm stimmen wir zu. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hinners, ich glaube, Ihr Antrag richtet sich eigentlich an den falschen Empfänger. Empfänger sollte nicht die Landesregierung sein, sondern die Bundesregierung, denn über die Vorratsdatenspeicherung ist durch ein Bundesgesetz zu entscheiden. Wir erleben, dass die Bundesregierung hier nicht handlungsfähig ist, also nicht weiß, wie sie sich entscheiden soll. Sie sind selbst im Bund in der Regierung, dort können die Entscheidungen getroffen werden.
Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, die Sie zum Sachverhalt genannt haben. An zwei Punkten, glaube ich, irren Sie sich. Das Erste ist, die Daten sind nicht einfach bei den Providern vorhanden, sondern die Daten werden nur kurze Zeit aufbewahrt, soweit die Provider sie brauchen. Wir wissen, dass bestimmte Provider Daten überhaupt nicht aufbewahren. Bei den meisten anderen sind die Daten nach sieben Tagen weg. Wenn man eine gesetzliche Regelung – jetzt nur zum Sachverhalt – macht, dann wäre es so, wir müssten die Provider verpflichten, diese Daten sechs Monate lang auf eine besondere Weise zu speichern.
Der zweite Punkt, auf den ich noch eingehen möchte, ist der Enkeltrick, den Sie angesprochen haben. Das ist ganz interessant, wenn man die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liest, dann sagt
es, was möglich wäre, was denkbar wäre, nämlich dass man die Daten hoch gesichert festhält, aber dass auf der anderen Seite enorm hohe Voraussetzungen für den Zugriff auf die Daten geschaffen werden müssen.
Das Zweite, ich würde Ihnen auch die Frage stellen: In wie vielen Fällen ist bei dieser Straftat schon einmal auf Telefondaten zugegriffen worden, um die Täter zu ermitteln? Dann werden Sie wahrscheinlich feststellen, die letzten 15 Jahre nie!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Soviel zur Kompetenz der CDU!)
Das führt mich jetzt eigentlich auch ins Zentrum der Frage: Was ist eigentlich mit diesem Gesetzgebungsverfahren? Dieses Gesetzgebungsverfahren läuft beim Bund. Sie haben das Heft des Handels beim Bund in der Hand. Der Bund kann das machen, wenn er das in engen Grenzen regeln will. Die Grenzen müssen aber beachtet werden. Der Punkt, ob es tatsächlich einen Regelungsbedarf gibt, ist weitgehend nicht geklärt. Die Bundesregierung hat ein Gutachten beim Max-Planck-Institut in Auftrag gegeben. Da soll erst einmal genau untersucht werden, für welche Fälle das überhaupt denkbar und vernünftig wäre, auf solche Daten zuzugreifen. Die Punkte, das haben wir hier schon gesagt, inwieweit das überhaupt erforderlich wäre, sind ganz offen. Daher ist auch dieser Antrag verfrüht.
Ich möchte jetzt noch etwas sagen, worauf sich der Antrag von der SPD und den Grünen richtet. Der Antrag richtet sich auf die europäische Ebene. Das ist, glaube ich, ein richtiger Punkt, denn seit der Volkszählungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben wir in Deutschland enorm hohe Anforderungen, was den Datenschutz betrifft. Das ist gut so. Das Bundesverfassungsgericht hat das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in der Rechtssprechung entwickelt. Das stellt enorm hohe Anforderungen. Diese Anforderungen werden auf der eu
ropäischen Ebene nicht im gleichen Umfang gesehen. Daher ist es richtig, dass wir jetzt versuchen, das zu erreichen, was innerstaatlich bei uns vorgegeben ist, auch auf europäischer Ebene durchzusetzen. Das ist der richtige Weg, da brauchen wir eine Anpassung.
Zu dem Gesetzgebungsverfahren: Ich denke, die Bundesregierung ist daran. Wie der Sachverhalt ist, das muss man erst einmal noch ganz genau klären. Es ist nicht der Zeitpunkt, jetzt zu sagen, folgende Regelung muss erfolgen, das ist in jedem Fall verfehlt! – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1440 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1582 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!