Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Sitzung am 17. Juni 2010 haben wir diesen Entwurf, der sich mit der Obduktionspflicht bei Kindern befasst, an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung und Berichterstattung überwiesen. Zielsetzung des gesamten Vorhabens war und ist es, zur Verbesserung des Kindeswohls beizutragen. Die entsprechende Maßnahme ist die Obduktionspflicht bei Kindern unter sechs Jahren, deren Todesursache nicht erkennbar oder nicht zweifelsfrei bekannt ist.

Ein Kind zu verlieren, ist sicher das Schrecklichste, was man sich als Eltern vorstellen und was Eltern widerfahren kann. Ist die Todesursache unbekannt, ist es umso schlimmer. Eine Obduktionspflicht schafft dann einerseits Klarheit, andererseits ist sie ein mögliches Merkmal für einen Generalverdacht. Im Verlauf der Anhörung ist deutlich geworden, dass Klarheit über den plötzlichen Kindstod für viele Eltern sehr wichtig ist, und sie haben ein Recht auf Klarheit. Daher werden wir diesen Wunsch unterstützen.

Im Verlauf der Anhörung wurde ebenfalls deutlich, dass es für die Behörden und die Gesellschaft ebenfalls wichtig ist, die Ursachen des Kindstodes zu

kennen. Diese Erkenntnis dient dann der Prävention, denn es liegt doch im Interesse aller, hier vorbeugend zu arbeiten. Aus unserer Sicht stehen Prävention und Obduktionspflicht nicht im Gegensatz zueinander, im Gegenteil. Beides sind Maßnahmen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten greifen, aber alle das gleiche Ziel haben: die Sicherung des Kindeslebens und die Stärkung der Kinderrechte. Die Obduktionspflicht ist umstritten und wird es auch weiterhin sein. Sie hat viele positive, aber auch negative Seiten. Es gibt dazu viele Meinungen, Positionen und Bedenken, die meist ethischen Grundsätzen folgen, und alles ist durchaus zu respektieren, jede Seite, jedes Argument.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Anhörung hat uns bei der Entscheidungsfindung geholfen. Wir stimmen daher der Gesetzesvorlage zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute diskutieren wir im zweiten Durchgang den Bericht des Rechtsausschusses zur Obduktionspflicht. Wir als Fraktion haben gesagt, dieses stark emotional geprägte Thema sollten wir sehr sorgfältig abhandeln. Deswegen haben wir nach der ersten Lesung und der Diskussion in der Deputation auch vorgeschlagen, dass dieses Thema im Rechtsausschuss einer Anhörung unterliegen soll. Dort wurde noch einmal festgestellt, dass unsere Vorstellung doch zum großen Teil auch bei den Fachleuten auf Zustimmung fiel. Es waren 15 Sachverständige anwesend. Wir haben das Thema dort noch einmal sehr tief behandelt. Es gab auch zwei Organisationen, die während der Anhörung ihre ursprüngliche Position zugunsten des Gesetzentwurfs verändert haben. Wir können also nur sagen, hier wurde wirklich sehr sorgfältig an dem Thema gearbeitet, was die Meinungen der verschiedenen Fachleute auch noch einmal deutlich machte.

Es gab auch neue Aspekte, die berücksichtigt wurden. Beispielsweise gibt es den Richtervorbehalt: Innerhalb von 24 Stunden können die Eltern widersprechen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass das Gesetz noch einmal evaluiert wird. Hier haben wir die Frist gesetzt, dass 2013 – das ist ja heute der Antrag – eine Evaluation über das ganze Gesetz durchgeführt werden soll. Der Rechtsausschuss hat auch noch einmal Mindeststandards festgelegt, die in einer Rechtsverordnung erstellt werden sollen und die auch bei jedem Vorgang abgearbeitet werden sollen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Insgesamt, denke ich, ist dieser Gesetzentwurf ein guter Gesetzentwurf, und er hat auch für andere Bundesländer, wie wir gehört haben, eine irgendwie geartete Vorbildfunktion. Daher können wir sagen, war diese Arbeit wichtig, auch im Sinne der Kinder, vor allen Dingen der Geschwisterkinder, und deshalb sagen wir: Unterstützen Sie den Gesetzentwurf mit den Änderungen in der heutigen Sitzung! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist hier bereits ausgeführt worden, es hat eine sehr detaillierte Anhörung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf nach unserer ersten Lesung stattgefunden. Ich kann sagen, auch ich fand vieles sehr spannend. Es war hoch interessant, was wir in dieser Anhörung gehört haben. Es hat sich auch aus meiner Sicht ausdrücklich gelohnt, dass das gemacht worden ist, nachdem ich – das muss man, glaube ich, fairerweise sagen, Herr Brumma – ganz am Anfang in unserer Beratung der Deputation doch den Eindruck hatte, dass vielen Kolleginnen und Kollegen die Tragweite der Regelung, die hier getroffen werden soll, gar nicht so wirklich bewusst war. Insofern hat sich aus meiner Sicht die Debatte über dieses Thema gelohnt, und einige Veränderungen sind ja durchaus auch noch vorgenommen worden.

Gleichwohl ist es am Ende einer solchen Anhörung nun einmal so, dass vielleicht nicht unbedingt die Frage ist, ob eine Mehrheit der Sachverständigen diese Gesetzesänderung positiv findet, zumal jede Fraktion im Grunde beliebig viele Sachverständige dort auch benennen konnte. Für die Anhörung ist das sicherlich allein kein Indikator. Für uns Liberale ist hier mehr wesentlich, ob der Eingriff des Staats, der durch solch eine Gesetzesänderung vorgenommen werden würde, tatsächlich verhältnismäßig ist.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe bereits in der ersten Lesung zu dem Gesetzentwurf ausgeführt, dass wir der Auffassung sind, dass es unverhältnismäßige Belastungen mit sich bringen würde, insbesondere für die trauernden Eltern. Das ist ja auch vom Verein Verwaiste Eltern und Geschwister noch einmal sehr plastisch in der Anhörung deutlich gemacht worden, dass sie solch eine Regelung nicht begrüßen würden.

Für uns ist das an dieser Stelle auch maßgeblich für unsere Entscheidung. Wir werden dem Änderungsantrag beziehungsweise dem Gesetzesvorschlag zur Änderung des Leichengesetzes als FDP in der Bürgerschaft nicht zustimmen. Wir haben auch erhebliche Zweifel daran, dass diese Änderung, die Sie vornehmen wollen, dem Kinderschutz tatsächlich am Ende dienlich sein kann. Wir glauben, dass die Prioritäten hier auch falsch gesetzt werden.

Wir haben bereits jetzt im Land Bremen eine Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft entsprechend eine Obduktion veranlassen kann. Wir glauben auch, dass es sachgerecht ist, es dabei zu belassen. Wir glauben aber auch, dass es viele andere Maßnahmen gibt, die mit Priorität angegangen werden sollten, zum Beispiel Maßnahmen der Jugendhilfe, weil gerade die Fälle, die Sie auch angesprochen haben, Herr Kollege Brumma, natürlich oftmals Familien sind, die unter sehr schwierigen Bedingungen leben, wo oftmals in der Nachbetrachtung auch eine Überforderung der Eltern zu konstatieren ist. Ich glaube, darum sollte man sich zunächst einmal kümmern. Dementsprechend gilt für uns, Prävention muss Vorrang vor solchen restriktiven Regelungen haben, wie sie hier ergriffen werden sollen.

Frau Troedel, es ist richtig, Eltern haben ein Recht auf Klarheit. Deshalb haben wir auch vorgeschlagen, dass man, wenn die Eltern dies wünschen, das selbstverständlich auch machen soll. Die Frage ist aber, ob es dazu einer solchen Vorschrift bedarf. Da haben wir nach wie vor unsere Zweifel, zumal wir die bisherige Regelung für durchaus ausreichend erachten.

Auch der Kinderschutzbund hat sich nach der Anhörung noch einmal sehr deutlich gegen diese Gesetzesänderung ausgesprochen. Dementsprechend wird die FDP heute den Vorschlägen nicht zustimmen. Wir glauben, dass es dieser im Augenblick zumindest nicht bedarf, dass es andere, mildere Mittel gibt, die angemessener sind, um das Ziel zu erreichen, das Sie angesprochen haben. Ich habe das bereits in der ersten Lesung hier sehr ausführlich und deutlich gemacht.

Gleichwohl will auch ich mich sehr herzlich bei allen Sachverständigen bedanken, die uns in der Anhörung fachkundig beraten haben. Ich glaube, das kann ich auch für alle Kolleginnen und Kollegen, die daran teilgenommen haben, sagen. Das war sehr bereichernd, das war auch sehr informativ. Sehr viele Gesichtspunkte sind auch wirklich gewürdigt worden, und es zeigt auch – das darf ich an dieser Stelle auch sagen –, dass es richtig ist, dass auch vonseiten der Opposition in diesem Haus manchmal solche Debatten und auch Anhörungen dann auf den Weg gebracht werden. Ich glaube, es ist auch in der breiteren Öffentlichkeit ausdrücklich positiv angekommen, dass dieses Haus sich die Mühe gemacht hat und sich dem Aufwand unterzogen hat, hier auch wirklich eine fachlich breit aufgestellte

Anhörung durchzuführen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man schätzt, dass etwa die Hälfte der Tötungsdelikte bei Kindern unter sechs Jahren unentdeckt bleiben. Auch in Bremen kommen immer wieder unklare Todesursachen vor, und wir alle kennen die Problemfälle, Eltern schütteln, schlagen oder ersticken ihre Kinder, oft nicht in einer Tötungsabsicht, sondern weil sie schlicht überfordert sind. Wir müssen uns daher die Frage stellen, was wir tun können, um diese Fälle zu vermeiden und Geschwisterkinder zu schützen.

Es wurde schon angesprochen, zunächst ist natürlich Prävention gefragt, damit es gar nicht erst soweit kommt. Wenn aber alle Beratungsangebote und Hilfsangebote nichts nützen und hilflose Eltern zu Misshandlungen greifen, muss der Staat Regelungen bieten, die solche Misshandlungen aufdecken, oder er muss zumindest vermitteln, dass das Fehlverhalten der Betroffenen aufgedeckt wird und strafrechtliche Folgen hat.

In dieser Situation macht es Sinn, ein Projekt zu testen, das die Obduktion von Kindern unter sechs Jahren dann verbindlich vorschreibt, wenn die Todesursache unklar ist. Auf diese Weise schaffen wir einen Automatismus zur Klärung des Falls, der nicht von vornherein eine Vorverurteilung der Eltern oder der Angehörigen ist. Der Rechtsausschuss – auch das wurde schon erwähnt – hat sich nicht leicht getan mit dieser Empfehlung. Wir haben in einer Anhörung viele Ärzte, Institutionen und Betroffene angehört, sind aber auf eine breite Zustimmung gestoßen im Sinne von Klarheit für die Eltern und im Sinne von Prävention für die Geschwister. Herr Frehe hat das bereits alles vorgetragen, und wir unterstützen sehr, was dort gesagt worden ist.

Ein Punkt wurde allerdings immer wieder angesprochen, und zwar ist das die Art und Weise der Obduktion von Kindern. Es war daher das besondere Anliegen der CDU-Fraktion, wenigstens die Obduktion so vorzunehmen, dass sich Eltern von ihren Kindern verabschieden können, ohne durch Verunstaltung zusätzlich geschockt zu werden. Der Senat hat zugesagt, dies entsprechend zu regeln.

Ein weiterer Punkt betraf die Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz. In aller Regel wird in Bremen bei einem unklaren Todesfall die Kripo hinzugezogen, die dann alles Weitere veranlasst. Das wollen wir bei unklaren Todesfällen von Kindern unter sechs Jahren gerade nicht. Wir wollen verhindern, dass die Polizei mit aller Öffentlichkeitswirkung

hinzugezogen wird. Das Gesundheitsressort hat uns zugesichert, dass es Handlungsanleitungen geben wird, wonach allein der Amtsarzt einzuschalten ist.

Wir werden im Übrigen in der Gesundheitsdeputation diese Durchführungsverordnung vorgelegt bekommen. Ich denke, wir werden dort noch die Gelegenheit haben, über den einen oder anderen Punkt zu diskutieren. Das soll uns aber heute nicht hindern, diesem Gesetz insgesamt zuzustimmen.

Es ist richtig, dass die Laufzeit dieses Projekts bis Ende des Jahres 2013 verlängert wird. Ich glaube, sonst wäre die Frist zur Evaluierung zu kurz gewesen. Insofern stimmen wir auch diesem Antrag zu.

Das Projekt ist in Deutschland neu. Wir sind mit dieser Regelung Vorreiter. Die anderen Bundesländer werden genau beobachten, wie sich dieses Gesetz bei uns bewährt. Es wäre sehr erfreulich, wenn mit diesem Gesetz der Tod von kleinen Kindern durch Misshandlungen von Eltern verhindert werden könnte. Sehr geehrte FDP, wenn mit diesem Automatismus auch nur ein Kinderleben gerettet würde, dann hätte sich dieses Gesetz schon gelohnt. – Danke!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Frehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte aus der Sicht unserer Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, gern noch einmal den Gesetzentwurf und unsere Zustimmung begründen. Wenn ein kleines Kind stirbt, ist das für die Eltern ein traumatisches Erlebnis, das sie in einen Ausnahmezustand versetzt, in dem sie nur schwer wichtige Entscheidungen treffen können. Ist die Ursache des Kindstods ungeklärt, wird heute von ihnen erwartet, dass sie ihre Einwilligung in eine Obduktion geben, um der Ursache auf den Grund gehen zu können. Noch dramatischer ist die Situation der Eltern, wenn ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, bei dem der Verdacht im Raum steht, die Eltern hätten den Tod des Kindes vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt.

Neben der Trauer müssen sich die Eltern dann einerseits mit dem Verdacht auseinandersetzen, Schuld an dem Tod ihres Kindes zu sein. Andererseits kann zum Beispiel ein Schütteltrauma, das zu einer Hirnblutung führt, nur durch eine Obduktion erkannt werden. Auch zur Feststellung ärztlicher Behandlungsfehler ist eine Leichenöffnung häufig erforderlich. Von den Eltern in dieser Ausnahmesituation eine Einwilligung in die Obduktion abzufordern, ist eine nahezu unmenschliche Überforderung.

Im Übrigen berichtete der Rechtsmediziner Dr. Sperhake in der Anhörung des Rechtsausschusses von einer Untersuchung, die Eltern befragte, deren

Kinder wegen eines ungeklärten Kindstods obduziert wurden, dass die durch die Obduktion erfolgte Klärung der Todesursache im Nachhinein von diesen als Trauerhilfe, also positiv von den Eltern erfahren wurde. Damit wurde in der Anhörung deutlich, dass die große Mehrheit der professionell und mit dem plötzlichen Tod von Kindern befassten Mediziner, Seelsorger und Kriminologen aus ihrer Erfahrung eine verpflichtende, verdachtsunabhängige Obduktion als Entlastung der Eltern, aber auch als Entlastung der Ärzte, die vor Ort den Todesschein ausfüllen müssen, begreifen. Wie Prof. Huppertz von der Bremer Kinderklinik in der Anhörung überzeugend darlegte, dient die Obduktion auch zur Überprüfung der vorher angewandten Therapie und könnte wichtige Ergebnisse auch über Veranlagungen der Geschwisterkinder erbringen und so ihrem gesundheitlichen Schutz dienen.

Zudem sei es schwierig, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient mit dem impliziten Verdacht gegen die Eltern durch die Angabe „ungeklärter Kindstod“ zu bescheinigen, obwohl die Ursachen des Todes nicht wirklich geklärt seien. Dadurch werden nach Aussage des Kriminologen Dr. Egg viele Tötungsdelikte nicht aufgedeckt. Kinder sind doppelt so häufig wie ältere Personen von Tötungsdelikten betroffen, wie Frau Winther schon angeführt hat. Mit der nun im Leichengesetz zu verankernden verdachtsunabhängigen Obduktionspflicht werden die Eltern von der notwendigen Einwilligung entlastet und das Aufklärungsinteresse gleichermaßen befriedigt. Es bedarf nicht mehr eines hinreichenden Tatverdachts für das Einschreiten der Staatsanwaltschaft, um die Leichenöffnung vorzunehmen, ohne Eltern mit einem solchen Verdacht zu überziehen. Durch das Einschalten der Staatsanwaltschaft kann nun quasi als Regelfall der Tod des Kindes geklärt werden.

Die Eltern können innerhalb von 24 Stunden gegen eine solche Entscheidung Widerspruch einlegen, sodass auch ihre Rechte angemessen gewahrt sind. Die Bedenken des Vereins Verwaiste Eltern und Geschwister bezogen sich neben einer grundsätzlichen Ablehnung der verdachtsunabhängigen Obduktionspflicht vor allem auf das Verfahren der Beschlagnahmung der Leiche, den Umgang mit dem toten Kind und der Trauer der Eltern. Der Rechtsausschuss schlägt daher eine Richtlinie für solche Situationen vor, es wurde soeben auch von Frau Winther dargestellt, das ist auch Teil der Empfehlung des Rechtsausschusses.

Andere Kinderschutzorganisationen wie die Kinderhilfe befürworten das Gesetzgebungsvorhaben. Der Kinderschutzbund hielt dagegen die jetzige Rechtslage für ausreichend. Die Anhörung hat nach Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine wichtige Klärung erbracht. Die eindrucksvollen Beiträge der Sachverständigen in der Anhörung haben die Bedenken gegen die Neuregelung ausgeräumt

und seine Vorteile deutlich gemacht. Zusammen mit der geforderten Richtlinie kann mit der verdachtsunabhängigen Obduktionspflicht bei ungeklärtem Kindstod sowohl dem Aufklärungsbedürfnis als auch den Interessen der Eltern angemessen Rechnung getragen werden. Auch verfassungsrechtliche Bedenken wurden vollständig ausgeräumt. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und dem Antrag des Rechtsausschusses, den Senat aufzufordern, eine solche Richtlinie auszuarbeiten. Ich denke, dass wir mit diesem Änderungsgesetz hier einen wichtigen Schritt vorangekommen sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzesvorschlag legen wir einen weiteren Baustein zur Sicherung des Kindeswohls vor, insbesondere auch im Hinblick auf Geschwisterkinder. Der Gesetzesvorschlag sieht die Einführung einer Obduktionspflicht für Kinder vor Vollendung des sechsten Lebensjahres vor, wenn sie verstorben sind und eine Todesursache nicht erkennbar oder nicht zweifelsfrei bekannt ist.

In bestimmten Fällen – auch das ist hier schon gesagt worden – reicht es bei einem verstorbenen Kleinkind nicht aus, eine äußere Leichenschau vorzunehmen, um die Todesursache einwandfrei feststellen zu können. Dies ist zum Beispiel beim Schütteltrauma der Fall. Hier kann nur durch eine innere Leichenschau definitiv festgestellt werden, ob das Kind eines natürlichen Todes gestorben ist oder ob eine nicht natürliche äußere Einwirkung stattgefunden hat.

Zwar wird heute schon bei dem plötzlichen Tod eines Kindes versucht, die Genehmigung der Eltern zur Obduktion zu erhalten, diese dürfte aber gerade in den Fällen verweigert werden, in denen kein natürlicher Tod vorliegt. Wir gehen daher von einer schwer einzuschätzenden Dunkelziffer von Kindern aus, die durch Gewalteinwirkung sterben, wo dies aber nicht erkannt wird oder erkannt werden kann.

Wenn Eltern ein Kind verlieren, befinden sie sich in einem Schock- und in einem Ausnahmezustand. Das kann, glaube ich, jeder von uns nachfühlen. Für betroffene Eltern kann die verpflichtende Obduktion eine erhebliche zusätzliche Belastung darstellen. Um dies zumindest zu mindern, wird ein sogenannter Richtervorbehalt eingefügt. Das heißt, die Eltern müssen zu der beabsichtigten Obduktion angehört werden und können hierzu Widerspruch einlegen. Über diesen Widerspruch entscheidet dann letztendlich der zuständige Richter.