Protokoll der Sitzung vom 07.04.2011

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

also für alle eine Verhandlung zu führen – –. Herr Kollege Dr. Kuhn, halten Sie das für völlig unmög

lich? Dann sind Sie falsch in der Regierung! Wenn Sie das für unmöglich halten, dann dürfen Sie in diesem Land nicht regieren!

(Beifall bei der CDU)

Es muss möglich sein, und das ist auch möglich, dass der Senat für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, also Tarifbeschäftigte, Beamte, Richter, alle möglichen, einen Besoldungsabschluss, einen Tarifabschluss hinbekommt und dabei aber trotzdem die Dinge, die hier im Raum stehen, als notwendige Veränderungen mit einbezieht. Es gibt an ganz vielen Stellen Sparmaßnahmen, die vom Senat beschlossen werden – Herr Kollege Dr. Kuhn hat soeben davon gesprochen, dass die zwölf Millionen Euro auch noch über den Personalhaushalt eingespart werden müssen –, aber alles das ist doch völlig untransparent. Wichtig ist doch an der Stelle, dass gleichzeitig mit solch einem Vertrag Regelungen zu weiteren Möglichkeiten der Verbesserung von Arbeitsbedingungen, der Effektivität des öffentlichen Dienstes, Mobilität und Flexibilität sowie Aus- und Fortbildung geschaffen werden,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, da verstehen wir uns!)

also das gesamte Paket dessen, was Sie als Senat und auch Sie, zumindest in Teilen, als Rot-Grün hier permanent fordern, als wichtiges Instrument, im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir das ausführlich diskutiert, das kann – –. Dann sollte es wirklich in einen Topf passen und nicht auf drei verschiedenen Herden gekocht werden.

(Beifall bei der CDU)

Frau Bürgermeisterin, Sie haben gestern in der Bürgerschaft selbst gesagt, dass die Strukturen im öffentlichen Dienst verändert werden müssen. Das haben Sie gestern auch nicht zum ersten Mal gesagt. Gleichwohl sind Sie offensichtlich nicht bereit oder in der Lage, diese Strukturveränderungen zu einem gemeinsamen Vertragsgegenstand Einkommen und Strukturveränderungen zu machen. Wir sind der Meinung, der Senat hat diese Chance fahrlässig vertan, und die Koalition leistet aus wahltaktischen Gründen keinen Widerstand.

Den Antrag der LINKEN werden wir ablehnen, dazu komme ich später vielleicht noch einmal wieder. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal wirklich in aller Deutlichkeit sagen: Wir sind der Meinung, dass es eine Unmöglichkeit ist, es ist im Grunde genommen eine Schande, wenn ich mir vorstelle, am kommenden 1. Mai wird die SPD wieder mit dem DGB gemeinsam, auch mit uns, auf dem Marktplatz stehen –

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das ist doch keine Schande!)

nein, das ist keine Schande! –, und dann werden Sie wieder die Schilder hochhalten, auf denen steht: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Das ist eine Uraltforderung der Sozialdemokratien, und nur für Ihre eigenen Beamten hier im Lande wollen Sie die nicht einhalten. Da sage ich einmal, das finde ich eine Affenschande!

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist Veräppelung, so veräppelt man einfach Leute, indem man sagt, hier fordern wir und fordern wir, und da, wo man es tun kann, wo man die politische Verantwortung hat, das zu tun, da macht man es nicht. Man kann darüber streiten, ob man ein Berufsbeamtentum braucht. Darüber kann man auch mit uns streiten, man braucht es an vielen Stellen bestimmt nicht, da sind auch wir als LINKE der Meinung, aber wenn man es doch hat, wenn man Polizei, Feuerwehr, Richter, Lehrer hat – das sind doch im Grunde genommen die tragenden Säulen unseres Staates –, und dann sagt man denen, nein, die Angestellten sollen eher das Geld bekommen, und ihr als Beamte bekommt das nicht, das finde ich einfach unmöglich. So kann das nicht sein, so kann man mit den Staatsdienern nicht umgehen, das ist ein Skandal!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage auch, es zeigt sich ja durchaus, dass nicht alle Länder das so übernommen haben, aber eine ganze Reihe von Ländern hat das direkt übernommen, Niedersachsen zum Beispiel. Es mag sein, Frau Busch, dass es stimmt, dass aufgrund der Zulagen und anderer Ausgangsbedingungen – –.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das mag nicht sein, das ist so!)

Es ist meinetwegen auch so, dass die Kolleginnen und Kollegen in Niedersachsen trotzdem ein wenig mehr verdienen als die Kolleginnen und Kollegen in Bremen, aber das macht es doch nicht besser, wenn Sie sagen, wir machen die Angleichung trotzdem ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

später. An der Situation ändert sich dann doch nichts, die bekommen ein bisschen weniger, wir bekommen ein bisschen mehr, aber das ist doch kein Grund, dass man sagt, Tarifergebnisse werden nicht übernommen. So etwas geht nicht, es ist einfach unredlich!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte auch noch sagen: Wenn so ein Argument kommt, dass Sie nur 0,9 Prozent pro Jahr in den Haushalt eingestellt haben, was ist das dann für eine Haushalterei? Man weiß doch, dass es Tarifverhandlungen gibt, und dass Tarifverhandlungen nicht zu 0,9 Prozent führen, das war absehbar. Wenn man trotzdem für die Beamten nur die 0,9 Prozent einstellt, dann muss man sich nicht wundern, wenn es nachher nicht aufgeht. Man kann doch nicht sagen, das tun wir nicht!

Noch ein kurzes Wort zum Streikrecht! Wenn man sieht, wie Sie sich permanent verhalten, dann kann man sagen: Liebe Kollegen, die da oben sitzen, und die Beamten, die da sitzen, Sie müssen endlich etwas tun, damit Sie das Streikrecht bekommen. Ihr müsst endlich ein Streikrecht bekommen, damit ihr in solchen Situationen auch sagen könnt: Nein, mit uns geht so etwas nicht! Das finde ich dann in Ordnung! Das Zweite ist: Sie haben vorhin davon geredet, dass es Verhandlungen gegeben hat. Wir haben uns informiert, wir haben die Kollegen befragt, und sie haben alle ziemlich klar und deutlich gesagt: Ja, es gab Verhandlungen, es gab schöne Verhandlungen mit den Grünen, wie ein Kollege sich ausgedrückt hat, in einer guten Atmosphäre, aber im Endeffekt wurde klar gesagt, dass man nicht dazu bereit ist, den Tarifabschluss zu übernehmen, ganz klar. Da kann man sagen, das sind schöne Verhandlungen, aber das sind aus meiner Sicht keine Verhandlungen, so sehen Verhandlungen nicht aus, das sind Scheinverhandlungen. Dementsprechend versuchen Sie auch, dieses Gesetz hier – wir haben das schon zu Anfang kritisiert – innerhalb eines Tages durchzupeitschen. Ich verstehe das nicht: Welche Eile hat man dafür? Man kann ein solches Gesetz doch, wenn Sie es so wollen, in erster Lesung verabschieden, und danach macht man noch eine Anhörung und stellt noch einmal fest, ob es noch andere Möglichkeiten gibt, ob wir andere Möglichkeiten haben, ob es andere Möglichkeiten des Konsenses gibt. Das kann doch nicht so schwer sein!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie wissen, dass Bayern und das Saar- land eine Nullrunde machen, Herr Erlanson?)

Lassen Sie mich ausreden!

Mir fällt es manchmal schwer, hier Seite an Seite mit Herrn Hinners zu stehen, aber in dem Fall hat er doch ausnahmsweise einmal recht. Man kann

doch durchaus sagen, wir nehmen uns einmal eine Auszeit und versuchen, auch andere Möglichkeiten zu eruieren, ob man das nicht anders hinbekommt. Das, finde ich, ist ein richtiges Vorgehen, und das ist kein Durchpeitschen an einem Tag, wie Sie es jetzt machen.

Noch einmal zum Abschluss: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das ist ein uraltes Prinzip der Arbeiterbewegung, und ich finde, das muss auch in einer sozialdemokratischen Partei von heute noch gelten. Da das so ist, haben wir gesagt, wir werden namentliche Abstimmung beantragen, weil wir der Meinung sind, dass es in der SPD noch genügend Gewerkschafter gibt, und ich würde gern wissen, wie diese sich eigentlich dazu verhalten. – Danke sehr!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal zu Herrn Erlanson, ich komme aber danach, da er zu Recht gesagt hat, dass es die gleiche Linie ist wie bei Herrn Hinners, zu Herrn Hinners! Erst einmal: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, ja, das ist richtig, aber Sie wissen doch alle, dass dies heute nicht der Fall ist. Wir haben doch heute keine Situation, in der es so der Fall wäre, dass Angestellte die gleichen Lohn- und Gehaltsverhältnisse hätten wie ihre verbeamteten Kollegen

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das wäre schön!)

und wir das jetzt ändern würden. Das Gegenteil ist der Fall, sprechen Sie einmal mit Lehrerinnen und Lehrern, die nur Angestellte sind!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Genau das!)

Die wissen sehr gut, wie die Unterschiede sind, und deswegen wollen sie alle Beamtinnen und Beamte werden. Da gibt es die Unterschiede, und die kann man nicht einfach wegreden. Wir haben den Gleichheitsgrundsatz jetzt nicht umgesetzt, und deswegen kann man das mit diesem Argument nicht erzwingen wollen. Das Zweite ist das Streikrecht. Da kann man der Meinung sein, und wir sind auch der Auffassung, dass diese Institution Beamtentum in diese Richtung geändert werden müsste, aber man muss nicht glauben, dass man nur etwas bekommt, man verliert auch etwas. Wenn man bereit ist, das einzugestehen, dann kann man auch über Veränderungen reden. Man muss aber das Ganze sehen, und wenn man das Streikrecht bekommt, dann hat man andere Dinge nicht mehr.

Damit komme ich zu Herrn Hinners! Falls jemand den Widerspruch nicht gemerkt haben sollte, Herr Hinners, möchte ich ihn noch einmal erläutern: Sie attackieren uns dafür, wir würden eine unsoziale Politik machen, weil wir das nicht allen Beamten zum gleichen Zeitpunkt, auch den Bessergestellten, sofort gleich übertragen, das sei unsozial.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, richtig!)

Aber ein Notlagentarifvertrag, den Sie sich doch wohl so vorstellen, dass er erheblich niedriger ausfällt als das, was wir jetzt abgeschlossen haben, das ist sozial? Donnerwetter, Herr Hinners, zu dieser Logik herzlichen Glückwunsch!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das nennt man Solidargemeinschaft! Sie spielen die Leute gegeneinander aus!)

Sie können argumentieren, dass wir mehr im Haushalt sparen müssen, wir könnten nicht anders, aber zu behaupten, das, was wir machen, wäre unsozial, und Sie schlagen einen Tarifvertrag vor, in dem möglicherweise eine Null oder Null Komma soundso steht, weil Sie das so wollen, damit kommen Sie nicht durch. Sie sagen, alles, was wir sonst noch im öffentlichen Dienst machen wollen – und das ist verdammt viel, da haben Sie gut zugehört, was wir hier immer vortragen, angefangen von der kontinuierlichen Ausbildung über die Weiterbildung, das Gesundheitsmanagement, den Ausbau der Beteiligung, die Förderung von Vielfalt sozialer Balance im öffentlichen Dienst – sollten wir nicht nur verabreden, sondern in einen großen Vertrag schreiben. Herr Hinners, schauen Sie sich in der Tariflandschaft doch einmal um! Kennen Sie irgendeine Gewerkschaft, die Manteltarifverträge, Lohntarifverträge, andere betriebliche Abreden, alles in einen Vertrag geschrieben hätte? Mir ist das nicht bekannt. Ich halte das auch für groben Unsinn, das machen zu wollen. So etwas muss man auch flexibel handhaben können, man kann nicht immer nur eine große Runde machen, in der ein Vertragswerk zur Debatte steht. Diese Tradition macht auch Sinn, dass es unterschiedliche Vertragswerke gibt. Dass Sie jetzt anfangen und uns erzählen wollen, Sie wollten einen Tarifvertrag mit Angestellten und Beamten schließen, Donnerwetter, da ist die CDU dann in der Tat plötzlich auf dieser anderen Seite des Hauses, denn das ist so unrealistisch und Wolkenkuckucksheim, dass ich mich schon wundere, dass Sie als gestandener Gewerkschafter auf die Idee kommen. Wir haben die Möglichkeit eines gemeinsamen Vertragswerks mit der Beamten- und Angestelltenvertretung gegenwärtig nicht, das ist die Rechtslage, daran müssen wir uns halten. Wir machen aber – die

Finanzsenatorin führt es aus, wir unterstützen es politisch – mit den Vertretern der Belegschaft dort, wo es geht, Verträge, wo es angesagt ist, wo wir mit Personalvertretungen reden, Verabredungen und Vereinbarungen, die wir betrieblich schließen, so wie es sonst Betriebsräte machen, und sonst sprechen wir mit den Leuten, versuchen, einen Konsens zu bekommen, sie gemeinsam mitzunehmen. Wir haben eine große Aufgabe, und Sie können uns glauben, dass wir wissen, dass wir einen motivierten und gut organisierten öffentlichen Dienst brauchen und haben wollen. Was Sie uns vorschlagen, ist in sich schon so widersprüchlich. Und wenn hier jemand von Wahlkampf redet: Wissen Sie, wenn ich Wahlkampf machen wollte, Herr Hinners, dann würde ich sagen, hurra, und noch ein paar Euro mehr! Das mache ich aber nicht, weil ich Verantwortung trage! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Busch.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, sowohl die CDU als auch die LINKEN wollen sich hier einen weißen Fuß machen, aber leider haben Sie in einen schwarzen Farbeimer getreten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Erlanson, ich würde Ihnen gern sagen, was ich unredlich finde. Ihr Vortrag hier war super, aber in Berlin haben die LINKEN, natürlich zusammen mit der SPD, den Ausstieg aus dem TdL vollzogen, und dann hier so zu reden, wie Sie es getan haben, das finde ich unredlich! Herr Dr. Kuhn hat es auch schon angesprochen. Erst einmal vorangestellt: Wir machen ein Gesetz für alle Beamten, wir reden nicht nur über Lehrerinnen und Lehrer. Es sind die gleichen Lehrerinnen und Lehrer, die sich als Angestellte immer beschweren, dass sie weniger Geld bekommen als die Beamten und dennoch jetzt wieder klagen und möglichst alle Beamte werden wollen. Das ist die Krux, aus der wir irgendwie herauskommen müssen. Wir haben es schon einmal versucht, aber da hatten wir das Problem: Immer wenn wir als Angestellte einstellen wollten, haben sie es doch lieber vorgezogen, Beamte zu werden und wollten nicht nach Bremen kommen. Insofern sind wir aus diesem Konflikt noch nicht wieder herausgekommen.

Herr Hinners, klar plakatieren wir soziale Gerechtigkeit, und das meinen wir auch so!

Glauben Sie im Ernst, dass das soziale Gerechtigkeit ist, was hier vorgeschlagen worden ist? Ein Notlagentarifvertrag, der jetzt nicht nur das erreicht, was eigentlich die Beamten fordern und wenn wir das Geld hätten, was ihnen auch zustünde, sondern auch noch den Angestellten Geld wegnimmt? Da stelle ich mir unter sozialer Gerechtigkeit aber etwas anderes vor.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)