Einen besonderen Stellenwert bei der geschlechtergerechten Pädagogik – darüber haben wir in diesem Haus bereits viele Male diskutiert – nimmt die Berufsorientierung ein. Die Berufsorientierung von Jungen und Mädchen hat eine besondere Bedeutung. Ich sage einmal, was mich im Moment sehr erschreckt: Wenn ich die öffentliche Darstellung, zum Beispiel über die Missbrauchsfälle in Kirchen, Vereinen, Kindertagesstätten oder Schulen, sehe, findet zu Recht und notwendigerweise eine Enttabuisierung der Fälle von missbrauchten Kindern und Jugendlichen statt. Es ist längst überfällig, dass das diskutiert wird. Einher geht damit aber eine Stellung der Männer unter einen Generalverdacht, der der Situation nicht angemessen ist.
Wir konnten in der letzten Woche lesen, dass auf einmal Forderungen erhoben werden, dass Männer nicht in Zusammenhänge mit kleinen Kindern und Säuglingen gebracht werden. Das ist absolut kontraproduktiv! Wir haben ein gemeinsames Interesse, dass Jungen und Mädchen die Möglichkeit haben, in nicht typischen Berufen ausgebildet zu werden, dass sie sie für ihre Lebensperspektive überhaupt bedenken und in Angriff nehmen. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Wir brauchen Männer in sozialen Berufen, wir brauchen Frauen in gewerblich-technischen Berufen. Ich finde, wir sind gut beraten, wenn wir hier
gemeinsam vorgehen und nicht unterstellen, dass es eine Bildungsdiskriminierung von Jungen zurzeit überflüssig macht, dass hier entsprechende Angebote für Mädchen und Frauen aufgelegt werden. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Gruppe der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1774, Neufassung der Drucksache 17/664, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/1769, Kenntnis.
Damit ist der letzte Tagesordnungspunkt dieser langen Tagesordnung mit über 70 Punkten in den zwei Tagen am Mittwoch und Donnerstag abgearbeitet worden. Es wird nichts der Diskontinuität dieses Parlaments – –.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die letzte halbe Stunde ist eingeläutet. Gestatten Sie mir, noch einige Worte auch zu den ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen zu sagen und auch vielleicht noch ein paar kurze Worte und Sätze zu einem Resümee der 17. Legislaturperiode!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen am Ende der letzten Plenarsitzung in der 17. Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft. Ich möchte es vorbildlich nennen, dass Sie, die Abgeordneten, noch eine Woche vor der Wahl mit großem Engagement und Ehrgeiz in der Sache gearbeitet haben, um alle Tagesordnungspunkte zu erledigen. Es ist sozusagen aufgeräumt für das, was nach dem 22. Mai kommen wird, und es ist gut aufgeräumt worden. Die dafür
Die Parlamente, die parlamentarische Demokratie haben es schwer in der öffentlichen Wahrnehmung. „Von 16 ausgeblasenen Eiern, quasi Dekoration für den Osterstrauß“ schrieb kürzlich die „Süddeutsche Zeitung“. Die Landtage stehen nicht nur in der Konkurrenz zum Regelwerk des Bundes, sondern zunehmend auch zu den Entscheidungsbefugnissen innerhalb der Europäischen Union. Wir haben uns häufiger mit dem Exekutivföderalismus auseinandergesetzt und der Notwendigkeit, den Landtagen mehr Einfluss bei Entscheidungen des Bundesrates zuzusichern. Ich glaube, dass die Bürgerschaft in Kooperation mit dem Senat sich auf einem guten Weg befindet, die Mitwirkung der Abgeordneten zu verbessern. Es bleibt ein stetiges Bohren, meine Damen und Herren, aber nicht mehr von ganz so dicken Brettern.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat immer wieder eine Lanze für landestypische Regelungen, auch abweichende, gebrochen. Seine Einschätzung: Erst wenn sich die veröffentlichte Meinung den pawlowschen Reflex abtrainiert hat, mit dem sie gegenwärtig jeden Versuch einer landeseigenen Regelung niederbellt, erst dann wird sich die bundesstaatliche Ordnung wieder voll entfalten können. Verdient hätte sie es!
Meine Damen und Herren, Landtage sind unverzichtbare Institutionen des deutschen Föderalismus und der parlamentarischen Demokratie. Es liegt in den Händen von uns Abgeordneten selbst, das Gewicht der Landtage im föderalen Gefüge zu wahren, ja, zu stärken. Die uns als gewählten Volksvertretern übertragenen Kompetenzen müssen wir unbedingt nutzen. Wo der Wille ist, ist auch ein Weg. Ein Mehr an Demokratie, Transparenz und Bürgernähe, so könnte man den Leitfaden nennen, der sich durch vier Jahre Parlamentsarbeit spinnt.
Wir haben dafür gesorgt, dass die Ausschüsse und Deputationen öffentlich tagen, eine kleine Revolution, wie der Abgeordnete Dr. Güldner dazu bemerkte. Die Volksgesetzgebung wurde in zentralen Punkten vereinfacht. Die Bürgerschaft verabschiedete ein neues Beirätegesetz, das die Rechte des Kommunalparlaments ausbaut. Die Bürgerschaft hat die Grundlage dafür geschaffen, dass schon 16-jährige über die Zusammensetzung des Landtags mitbestimmen dürfen. Damit nimmt Bremen eine Vorreiterrolle ein. Wegweisendes beim Beschwerderecht der Bürgerinnen und Bürger: Petitionen können auch in elektronischer Form an den zuständigen Ausschuss übermittelt werden, zusätzlich wurde das Instrument der öffentlichen
Verabschiedet wurde ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine, ein neues Vergabegesetz soll gewährleisten, dass bei öffentlichen Aufträgen die geltenden Tarifbestimmungen eingehalten werden. Wir haben die Landesverfassung geändert, um nicht nur die Ehe, sondern auch andere, gleichgeschlechtliche Partnerschaften unter staatlichen Schutz zu stellen. Schließlich hat Bremen als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, das eine Obduktion vorschreibt, wenn Kinder unter sechs Jahren zu Tode kommen. Nicht zu vergessen: Wir reformierten das Abgeordnetengesetz, damit geht einher ein grundsätzlicher Wechsel im System der Bezahlung der Parlamentarier sowie eine Lockerung der Inkompatibilitätsregeln. Dieser Kraftakt brachte uns – oh Wunder! – durchaus Anerkennung in der öffentlichen Meinung ein, eingeschlossen der Bund der Steuerzahler.
Gesetze, Gesetzesänderungen, Verordnungen, 82 an der Zahl, waren es im Landtag in der 17. Legislaturperiode, 51 in der Stadtbürgerschaft. Viele kluge Überlegungen stecken dahinter, Fleiß, Umsicht und Beharrungsvermögen, das hat alle Achtung verdient, auch in der Kenntnis, dass nicht jede Entscheidung von allen für richtig befunden wird, aber das Organisieren von Mehrheiten ist nun einmal das Lebenselixier innerhalb einer parlamentarischen Demokratie.
Meine Damen und Herren, ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, an dem es heißt, Abschied zu nehmen, Abschied von Kolleginnen und Kollegen, die für die bevorstehende Wahl zur Bürgerschaft am 22. Mai nicht wieder kandidieren. Um es gerecht zu machen, gehe ich nach Fraktionen vor, und das in alphabetischer Reihenfolge!
Ursula Arnold-Cramer, SPD: Sie ist seit 1999 Mitglied der Bürgerschaft, acht Jahre lang stand sie dem Vorstand der Bremischen Bürgerschaft mit Rat und Tat zur Seite. Ursula Arnold-Cramer kenne ich als engagierte Frauenpolitikerin, als Kämpferin für die Belange von Behinderten, als streitbare Nordbremerin, die sich mit ganzer Kraft für ihre Heimat Blumenthal einsetzt. Wenn ich das sagen darf, UAC, wie ihr Kürzel ist, hat einen besonderen tiefsinnigen Blick auf die Welt und die Gesellschaft. Das hängt mit persönlichen Erfahrungen und Schicksalsschlägen zusammen, aber auch mit ihrem Faible für Fotografie. Dort geht sie inzwischen ebenso professionell und produktiv vor wie in der Politik. Ich wünsche Ihnen alles Gute! (Beifall)
Sirvan-Latifah Cakici, SPD: Sie kam 2007 als jüngste Abgeordnete in die Bürgerschaft, damals noch für eine andere Partei. Anfangs wurde ihr Name oft zur Stolperfalle, auch auf meiner Zunge, aber die junge Frau hat sich sehr schnell Respekt verschafft. Ich danke ihr für vier Jahre konstruktive Zusammenarbeit im
Vorstand der Bürgerschaft, dem sie als Schriftführerin angehörte. Ihre großen Themen sind Integration, Kinder- und Jugendpolitik. Einer Zeitung sagte sie einmal: Ich bin mit Rosen aufgewachsen. Nun, Frau Cakici war nicht immer auf Rosen gebettet, die vier Jahre verliefen turbulent. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute! (Beifall)
Thomas Ehmke, SPD: Er sitzt seit nunmehr mehr als zehn Jahren in der Bürgerschaft. Nun scheidet er als relativ junger Mann aus, der schon über einen reichen parlamentarischen Erfahrungsschatz verfügt. In wesentlichen Funktionen, unter anderem als Sprecher der Innendeputation, ist er eine wesentliche Stütze seiner Fraktion. Bekannt ist seine unmissverständliche, nachhaltige Stimme gegen Rechtsradikalismus. Er sah sich so mancher Frotzelei ausgesetzt, wie der vom ewigen Studenten, dabei hatte er es mit seinen Talenten allen gezeigt. Er nutzte unser Halbtagsparlament, um in der anderen Hälfte noch Jurist zu werden, um etwas „Anständiges“ zu lernen. 1999 schritt er als Jugendlicher in einem viel zu großen Anzug in die Bürgerschaft, inzwischen passt er ihm gut, und ich gehe davon aus, dass es sich bei seinem Abschied lediglich um eine politische Pause handelt. Alles Gute, Herr Ehmke, auf Ihrem beruflichen Weg!
Karin Kauertz, SPD: Sie arbeitet seit 1999 als Bürgerschaftsabgeordnete, eine aufrechte Sozialdemokratin, der die Bürgernähe Freude und Verpflichtung zugleich ist. Deshalb engagiert sie sich auch vorwiegend im Petitionsausschuss. Sie will Stimme sein für die, die ihre Stimme nicht erheben, das vor allem auch in der Sozial- und Bildungspolitik. Karin Kauertz, der die Vahr so sehr am Herzen liegt und die sich vehement für den Erhalt des Schlossparkbades einsetzte, muss nicht mit großen Worten im Vordergrund stehen. Sie will etwas bewegen, wenn auch im Kleinen, weil ihr der notwendige Spardruck in Bremen in all den Jahren nur zu bewusst geworden ist. Auch ihr alles erdenklich Gute für die Zukunft!
Uta Kummer, SPD: Sie gehört seit beinahe zwölf Jahren der Bremischen Bürgerschaft an. Sie ist eine sachverständige, gestalterische Kraft auf vielen Gebieten. Sie hat den Blick für das Wesentliche und gleichzeitig den nötigen Biss, Dinge voranzutreiben. Als Ingenieurin und Statikerin ist sie die prädestinierte Baupolitikerin, zudem eine exzellente Fachfrau für Haushalt und Finanzen. Sie verbindet ihr Verständnis für Zahlen mit akribischer Sorgfalt, einer klaren Haltung und hohem politischen Anspruch. Uta Kummer kam bei der Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismuskommission eine maßgebliche Rolle zu, ein Hauptgewinn für die SPD-Fraktion! Alles Gute!
Marlies Marken, SPD: Dieser Name wird in einem Atemzug mit Bremerhaven genannt und umgedreht Bremerhaven mit Marlies Marken. In dieser Person steckt fast ein viertel Jahrhundert parlamentarischen Know-hows. Liebe Frau Marken, wenn Sie ein Mann wären, würde ich vom Schlachtross Marken sprechen. Stattdessen sage ich, was die gleiche Wirkung hat: die Grande Dame der Bürgerschaft, die sich leidenschaftlich der Politik verschrieben hat, und zwar der pragmatischen Politik. Ihr Engagement richtet sie vorzugsweise auf die Innenpolitik. Gegenüber dem Parlament und der Fraktion übt sie eine Loyalität aus, die ihresgleichen sucht. Ihre Geradlinigkeit ist bewundernswert. Dem Bürgerschaftsvorstand gehörte sie insgesamt 13 Jahre an. Marken, das steht auch für markant. Von 1995 bis 1999 saß gleich die Familie Marken in der Bürgerschaft, Ehemann Albert für eine andere Partei als Marlies, und sie, Marlies Marken, demonstrierte ihr unerschütterliches SPD-Bekenntnis auch optisch, wenn ich mich recht erinnere, erschien sie fortan mit rotem Haarschopf in der Öffentlichkeit. Eine unverwechselbare Politikerin vom guten alten Schlag. Frau Marken, ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!
Dr. Iris Spieß, SPD: Sie zog 2003 in die Bürgerschaft ein, eine aufgeschlossene und vielseitige interessierte Fachfrau. Zunehmend entdeckte sie ihr Interesse für Wissenschaft und Kultur, entwickelte eine hohe Kompetenz. Ich erlebe sie als eine disziplinierte, aufrechte Parlamentarierin, die das Zusammengehörigkeitsgefühl sucht und pflegt, und sie ist eine geschätzte Diskussionspartnerin. Gewiss, sie hat inzwischen die Partei gewechselt, aber nicht ihre Überzeugungen und Wertmaßstäbe, das verdient Anerkennung und Respekt. Auch Ihnen wünsche ich alles erdenklich Gute!
Helga Ziegert, SPD: Sie gehört seit 1999 der Bürgerschaft an, sie ist die Expertin für Arbeit und Arbeitsmarktpolitik. Ihre Kompetenz steht völlig außer Frage, wie ihr festes Band in die Arbeitnehmerschaft hinein. Helga Ziegert verkörpert eine bewährte Tradition in ihrer Fraktion, nämlich die enge Verbindung der Gewerkschaftsbewegung mit der SPD. Ich kenne und schätze sie als starke Persönlichkeit und eine wunderbare Läuferin, die bei aller Kooperationsbereitschaft auch immer wieder gern ihrem eigenen inneren Kompass vertraut und folgt. Liebe Frau Ziegert, alles Gute!
Michael Bartels, CDU: Er sitzt seit 2005 in der Bremischen Bürgerschaft. Er ist das beste Beispiel dafür, dass Parteien und Fraktionen gut ausgebildeter und gebildeter Nachwuchs nicht abhanden kommen muss.
Er hat der CDU ein junges, sympathisches Gesicht gegeben, was Aufbruch und Zukunft signalisiert. Was ihn umtreibt, ist die lobenswerte Aufgabe, Jugendliche, die vielfältigen Einflüssen ausgesetzt sind, zu verstehen und für die Gesellschaft zu motivieren. Aber Michael Bartels ist nicht der Berufsjugendliche. Zuletzt hat er sich als Sprecher seiner Fraktion für Soziales und Integration einen hervorragenden Ruf erworben. Nun macht er Karriere bei der swb. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!
Dieter Focke, CDU: Mit ihm, der fast 25 Jahre in der Bürgerschaft ein Mandat innehatte, verlässt ein Urgestein das Hohe Haus. Die Liste seiner Ämter in Deputationen und Ausschüssen ist länger als die der anderen Abgeordneten. Aber das ist Quantität. Es ist die 1-a-Qualitiät, die ein großes Kaliber wie Dieter Focke auszeichnet – insbesondere in der Baupolitik. Seine Rührigkeit auf diesem Gebiet steht nicht nur auf dem Papier; sie ist sichtbar in unserer Stadt geworden. Viele Projekte, die entstanden sind, tragen seine Handschrift mit. Der Mann, der Borgfelder durch und durch ist, hat es immer bestens verstanden, zweigleisig zu fahren. Seine berufliche Tätigkeit im Dienstleistungsgewerbe war die ideale Basis für sein politisches Spektrum. Wer Kundenbetreuer einer großen Bank ist, weiß auch mit den Wünschen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sorgfältig umzugehen. Dieter Focke, ein Mensch mit Ecken und Kanten, ein Vollblutpolitiker, unverwechselbar und von eindringlicher Rhetorik! Sein Weggang ist ein Verlust für die Bürgerschaft. Ihnen, Herr Focke, alles Gute!