Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

Ich möchte nur noch einen Aspekt ansprechen! Das eine ist das Gesetz, das, glaube ich, eine gute Grundlage bildet. Ich fand übrigens, dass auch schon das alte Weiterbildungsgesetz eine gute Grundlage war, so sehr revolutionär ist es ja nicht, was wir hier überarbeitet haben. Wichtiger ist aber, wie es mit Leben erfüllt wird. Das wird dann sehr davon abhängen, welche Angebote auch von den Weiterbildungsträgern gemacht werden und wie dies von den Menschen, die angesprochen werden wollen, angenommen wird.

Ich glaube, Frau Schön hat es schon angesprochen: Wir wollen insbesondere die Menschen erreichen, die sonst zu den sogenannten bildungsfernen Schichten gehören. Wir haben immer wieder das Problem, dass wir feststellen, dass wir Menschen, die schon in ihrem Schulleben und dann später und auch in ihrem Elternhaus ohnehin nicht so viel mit Bildung in Berührung gekommen sind, auch viel schlechter in der Weiterbildung erreichen. Insofern würde mir sehr viel daran liegen, dass hier die Anbieter von Weiterbildung attraktive Angebote machen und auch befähigt werden, die Menschen mit Bildungsangeboten zu erreichen, die sonst an so etwas nicht teilnehmen können. Wir wissen, die typischen Teilnehmer der Kurse in Volkshochschulen, in Sprachkursen und eben auch bei den Kammern kommen normalerweise aus der saturierten Mittelschicht, und wir sehen sehr wenige sogenannte Bildungsbenachteiligte. Daher finde ich es wichtig, dass in diesem Weiterbildungsgesetz weiterhin Wert darauf gelegt wird, dass hier insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bildungsangebote und Möglichkeiten lebenslangen Lernens geschaffen werden.

Zum Schluss noch zu Ihnen, Herr Dr. Buhlert! Daran, ein solches Gesetz dann auch mit Leben zu erfüllen, hängt natürlich auch ganz wesentlich die Finanzierung. Insofern finde ich es schon wichtig, dass dieses Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen vorsehen, dass in der Finanzierung differenziert wird: Welches sind denn die Angebote, von denen wir meinen, dass sie in besonderer Weise gefördert und unterstützt werden müssen, auch finanziell und im Sinne der Ziele, die wir erreichen wollen? Welche Angebote sind diejenigen, die dann demjenigen, der sie wahrnimmt, in vielen Bereichen der beruflichen Bildung letztlich einen so großen materiellen Nutzen bringen, dass sie finanziert werden können, oder die vielleicht mehr in Richtung Wohlfühlkurse oder Ähnliches gehen?

Insofern finde ich es sehr richtig, dass diese Differenzierung im Gesetz gemacht wird. Es wird natürlich im Einzelfall immer wieder den Streit darum geben, was nun öffentliches Interesse ist. Es geht hier

aber wohlgemerkt nicht darum, inhaltlich zu definieren, was im öffentlichen Interesse ist, sondern zu sagen, was Angebote sind, die wir in besonderer Weise fördern müssen, weil sie sonst nicht in dem Maße vorkommen oder wahrgenommen werden können, wie wir uns das wünschen.

Alles in allem ist es schön, dass wir das mit dem Weiterbildungsgesetz jetzt in dieser Legislaturperiode noch geschafft haben. Es bietet eine gute Grundlage. Es muss gelebt werden, und dafür sind jetzt alle Möglichkeiten gegeben. Auch in diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetz. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Nestler.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen versprechen, ich werde mich erstens kurz fassen und zweitens etwas anders auf das Thema eingehen. Als ich diesen Tagesordnungspunkt zur Kenntnis genommen habe, habe ich mich zuerst einmal ernsthaft gefragt, was denn der Anlass hier heute für eine Debatte ist.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Thema wurde bereits in der Bildungsdeputation in mehreren öffentlichen Sitzungen vielseitig diskutiert, und dort wurde eine breite Übereinstimmung erzielt, und die Beschlusslage war am Ende einstimmig. Wir haben dann das Gesetz zur Änderung des Weiterbildungsgesetzes hier im Parlament in der ersten Lesung auch einstimmig beschlossen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ohne Debatte!)

Ohne Debatte! Hätten Sie also noch Redebedarf gehabt, wäre das der richtige Zeitpunkt gewesen, unter Umständen auch ausführlich darüber zu sprechen.

Mir ist aber nicht bekannt, dass es zwischenzeitlich irgendwelche Änderungen gegeben hätte, die dann die heutige Debatte erforderlich gemacht hätten. Also habe ich noch einmal heute aufmerksam Ihren Beiträgen gelauscht, um eventuell doch noch einen Grund zu erfahren, der jetzt diese Debatte erforderlich macht. Leider kann ich jedoch auch nach Ihrem Beitrag nicht erkennen, warum Sie hier und heute über diese Vorlage sprechen. Der einzige Grund kann also sein, dass sich jeder noch einmal ein wenig auf die Schulter klopfen möchte. Genau das, meine Damen und Herren, sollten wir uns eigentlich ersparen.

Wir haben zu diesem Punkt immer noch einige Sachen, bei denen wir Einwände erheben, und wir sollten nicht vergessenen, insbesondere die Betroffenen darauf hinzuweisen, dass die Gesetzesnovelle einen grundlegenden Systemwechsel in der Förderung nach sich zieht, nämlich indem die Förderung durch die öffentliche Hand abgestuft wird, und zwar in Bezug auf das Ausmaß des öffentlichen Interesses. Das heißt: großes öffentliches Interesse gleich mehr Förderung, geringes öffentliches Interesse gleich weniger Förderung. In diesem Zusammenhang erwarten wir, dass das neue Modell auch in dem Sinne begleitet wird und dass die Wirksamkeit und die Auswirkungen eventuell evaluiert werden. Das alle drei Jahre von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft zu erstellende Konzept für lebenslanges Lernen sollte deshalb wirklich zu einer Bestandsaufnahme, aus der auch Konsequenzen gezogen werden, genutzt werden.

Wir sehen aber auch, dass dieses Gesetz jetzt auf den Weg gebracht werden muss, weil es grundsätzlich den richtigen Weg aufzeigt. Da sich unsere Meinung hierzu zwischenzeitlich nicht geändert hat, werden wir genau wie in der ersten Lesung verfahren: Wir werden diesem Gesetz zustimmen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Nestler, wir müssen nicht diskutieren, dass man ein Gesetz auch einmal mit Debatte durch die Bürgerschaft gibt.

(Abg. N e s t l e r [CDU]: In der zweiten Lesung!)

Das ist doch die vornehme Funktion des Parlaments, denke ich, sodass wir auch ein Gesetz debattieren dürfen.

Für mich ist es heute sozusagen die Vollendung der großen Vier – Schulgesetz, Hochschulgesetz, Lehrerbildungsgesetz und Weiterbildungsgesetz – und insofern nicht unbedeutend. Manchmal kommt die Weiterbildung an dieser Stelle ein wenig zu kurz. Insofern, finde ich, ist es richtig, dass wir sie heute auch aufgerufen haben.

Nicht nur das Ziel der Koalition, sondern aller gesellschaftlich relevanten Gruppen ist doch – das kann man, denke ich, hier noch einmal betonen –, dass sich die Weiterbildungsbeteiligung im Land Bremen erhöhen soll. Das ist, denke ich, ein gemeinsames Ziel. Wir haben jetzt im Rahmen des Bundesprogramms „Lernen vor Ort“ rund 2,9 Millionen Euro für eine Verbesserung des kommunalen und lokalen Bildungsmanagements in Gang gesetzt. Wir haben das Bildungsurlaubsgesetz novelliert und das Instrument

flexibler gestaltet, und wir haben die Summe, die für die Förderung anerkannter Weiterbildungseinrichtungen im Land bereitgestellt wird, um 600 000 Euro auf 1,6 Millionen Euro erhöht und die Projektförderung, die darin steckte und sehr schwierig war, herausgenommen.

Nun wollen wir den Schritt weitergehen und die Fördervoraussetzung anpassen. Das ist soeben diskutiert worden. Dabei haben wir uns von dem nach wie vor geltenden Grundsatz leiten lassen, dass die Weiterbildung eben berufliche, allgemeine und auch politische Weiterbildung umfasst. Die Erfahrungen zeigen nämlich, dass sowohl die Motive als auch die Motivation zur Weiterbildung sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Vorrangig werden insbesondere von Männern Bildungsmaßnahmen gewählt, die ein berufliches Fortkommen in Aussicht stellen. Politische Themen werden leider weniger häufig angewählt. Außerdem hat sich gezeigt, dass Menschen sich umso häufiger weiterbilden, je qualifizierter sie sind. Das heißt, wir erreichen nach wie vor bildungsferne Menschen schwerer, und wir können sie schwerer motivieren, sich weiterzubilden.

Wir haben deshalb ein gestuftes Fördermodell – das ist soeben schon gesagt worden – oder eine Differenzierung eingebaut, die sich am starken öffentlichen Interesse orientiert. Dort wird dann mehr gefördert, als wenn es privates Interesse an Weiterbildung gibt. Deshalb werden auch politische Bildungsmaßnahmen stärker bezuschusst als berufliche. Weiterbildungsveranstaltungen, bei denen ein starkes individuelles Interesse der Teilnehmer vorausgesetzt wird, werden weniger gefördert als Veranstaltungen, bei denen das individuelle Interesse erfahrungsgemäß geringer ist. Wir wollen also auch hier versuchen, durch die Differenzierung zu einer besseren Austarierung zu kommen.

Nach diesen Kriterien schafft das Gesetz die Voraussetzung für eine klare Zuordnung von Weiterbildungsveranstaltungen zu den vier Förderstufen. Das ist soeben schon erwähnt worden. Wir haben jetzt eine Doppelförderung ausgeschlossen, das wird auch nicht mehr gehen. Wir haben eine wichtige Neuerung eingebaut, nämlich die Orientierung am europäischen Qualifikationsrahmen. Darüber hinaus wird es in der Tat eine Durchführungsverordnung geben, die noch erstellt werden muss. Diese Aufgabe ist aber insofern schon durch die Eckpfosten vorstrukturiert, die im Gesetz eingeschlagen sind. Erstmals wird es auf der Verordnungsebene eine Grundlage für die Steuerung über Zielvereinbarungen geben. Ich denke, zukunftsweisend ist auch die Förderung von Kooperationsprojekten in Stadtteilen, also dieser dezentrale Ansatz, den ich soeben schon genannt habe, der im Bundesprogramm „Lernen vor Ort“ verfolgt wird.

Das vorgelegte Gesetz schafft also Voraussetzungen für eine flexible und zukünftige Entwicklung der Weiterbildung, und ich hoffe, wir erhöhen dabei auch

die Weiterbildungsquote und das Interesse. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Weiterbildungsgesetzes, Drucksache 17/1682, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abg. M ü l l e r [parteilos] und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen FDP)

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland Mitteilung des Senats vom 9. Juni 2009 (Drucksache 17/819) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz über die Änderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts Antrag der ehemaligen Fraktion der FDP vom 1. September 2009 (Neufassung der Drucksache 17/892 vom 18. August 2009) (Drucksache 17/913) 1. Lesung

u n d

Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland – Mitteilung des Senats vom 9. Juni 2009 (Drucksache 17/819) Gesetz über die Veränderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts – Antrag der FDP vom 1. September 2009 (Drucksache 17/913) Bericht und Antrag des Rechtsausschusses vom 20. April 2011 (Drucksache 17/1753)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Prof. Stauch.

Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) hat in ihrer 52. Sitzung am 1. Oktober 2009 jeweils die erste Lesung der Gesetzesanträge des Senats, Drucksache 17/819, und der ehemaligen Fraktion der FDP, Drucksache 17/913, Neufassung der Drucksache 17/892, unterbrochen und zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss überwiesen. Der Rechtsausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 17/1753 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir setzen die erste Lesung der Gesetzesanträge fort.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Peters-Rehwinkel als Berichterstatterin.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wie soeben gesagt, liegt mit der Drucksache 17/1753 der Bericht und Antrag des Rechtsausschusses vom 20. April 2011 vor. Dieser Bericht wurde in der Sondersitzung am 14. April 2011 beschlossen. Er beinhaltet das Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland und beinhaltet des Weiteren den Antrag der FDP, das Gesetz über die Veränderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zu prüfen war, ob die Voraussetzungen gegeben sind, den Jehovas Zeugen hier in Bremen das Recht anzuerkennen, Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sein.

Ich möchte zunächst einen kurzen Überblick über das Verfahren geben und sodann anschießend die Empfehlung des Rechtsauschusses mitteilen und auch erläutern. Zum Überblick: Am 9. Juni 2009 hat der Senat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf für die Anerkennung der Jehovas Zeugen zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vorgelegt. In der Sitzung am 1. Oktober 2009 wurde diese Mitteilung des Senats, wie soeben auch schon vorgetragen, nach Unterbrechung der ersten Lesung an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung und zur Berichterstattung überwiesen. Das ist die Gesetzesvorlage Drucksache 17/819. In eben dieser Sitzung wurde auch der soeben genannte Antrag der FDP dorthin verwiesen, Drucksache 17/913.

Am 21. Oktober 2009 sind dann die Beratungen im Rechtsausschuss aufgenommen worden. Es wurden Stellungnahmen des Senators für kirchliche Angelegenheiten eingeholt. Es wurde sich intensiv mit dem Berliner Verfahren auseinandergesetzt. Gegenstand dieses Verfahrens ist: Es gab eine Klage der Jehovas Zeugen auf Erstverleihung des Rechts. Die––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sem Antrag wurde stattgegeben mit dem Ergebnis, dass die meisten Bundesländer daraufhin dann auch den entsprechenden Anträgen der Jehovas Zeugen stattgegeben haben.

Es wurde sich weiterhin mit der Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg auseinandergesetzt, und zwar im September 2010 im Rahmen des Rechtsausschusses. Hinweisen möchte ich darauf, dass ein Unterschied zwischen den anderen Bundesländern, in denen das Thema bisher behandelt wurde, und uns darin besteht, dass dort auf Verwaltungsebene agiert wurde, und hier ist es Sache des Parlaments, weswegen wir dieses Thema jetzt auch hier behandeln.

In Bremen wurde daher folgender Gang der Beratungen durchgeführt, die am 21. Oktober 2009 begannen: Der Senator für kirchliche Angelegenheiten wurde um Stellungnahme gebeten, es wurde dann weiterhin ein Vertreter der Berliner Senatskanzlei im Rahmen des Rechtsausschusses in nicht öffentlicher Sitzung angehört. Im Rahmen dieser Anhörung stellte sich heraus, dass im Berliner Verfahren auf das Stellen von Beweisanträgen verzichtet wurde, weswegen unter anderem zu dem Thema Bluttransfusionen weder ermittelt noch inhaltlich vorgetragen wurde. Es wurde sich mit der baden-württembergischen Stellungnahme auseinandergesetzt, deren Ergebnis war, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden muss. Dies basierte auf Ausführungen oder entsprechenden Erkenntnissen zu den Themen Verfassungstreue und Verletzung der Menschenrechte.