Protokoll der Sitzung vom 21.11.2007

Wenn wir dieses Recht ernst nehmen wollen, müssen wir es den Bürgerinnen und den Bürgern so leicht wie möglich machen, es auszuüben. Dafür ist die Online-Petition ein gutes und wichtiges Mittel. Mit der rasanten Verbreitung des Internets erweist sich die Online-Petition als ein unkompliziertes und kaum Kosten verursachendes Instrument, einem politischen Anliegen Ausdruck zu verleihen. Wie kein anderes Medium hat das weltweite Netz ein demokratisches Potenzial, das ausgeschöpft werden muss.

Dabei sollen wir uns nicht, wie auch meine Kollegin Frau Motschmann schon gesagt hat, von den Bedenken abschrecken lassen, dass dieses Instrument für unangemessene Initiativen missbraucht werden könnte. Andere Volksvertretungen wie einige Landtage und der Bundestag haben bereits gute Erfahrungen damit gemacht. Sicherlich zeigen die Forderungen, die dort eingehen, ein breites Spektrum. Nicht alle Ansinnen erscheinen gut durchdacht oder seriös. Sie reichen von der Legalisierung von Cannabis bis zur Forderung, eine bestimmte Fernsehserie zu wiederholen.

Insgesamt gesehen jedoch sind die Erfahrungen zum Beispiel im Bundestag gut. Die Beschwerden und Wünsche sind nicht weniger vernünftig als die schriftlich vorgebrachten, heißt es dort auf Nachfrage. Seit September 2005 schon gibt es die Online-Petition im Bundestag, und ein Großteil aller Petition kommt bereits über das Netz. Das wird in Bremen ähnlich sein. Gerade in der Freien Hansestadt Bremen mit ihrer jahrhundertelangen republikanischen Geschichte ist Bürgernähe ein hoher Wert. Mit der Online-Petition kann die Bürgerschaft diesem Wert zeitgemäß Ausdruck verleihen. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Eine Petition ist die Eingabe, Bitte oder Beschwerde an eine zuständige Behörde oder auch an uns als Volksvertretung. Meist

handelt es sich um Sorgen oder um Nöte von Bürgerinnen und Bürger zum Verwaltungshandeln oder um Bitten, beispielsweise Gesetze zu ändern. Soweit ist es allen Anwesenden hier auch bekannt.

Die Stärkung der Bürgerrechte ist ein Kernanliegen linker Politik. Das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den bremischen Petitionsausschuss zu wenden, ist eines der wenigen verfassungsgemäß garantierten Beteiligungsrechte der Bremer Bürgerinnen und Bürger. Gegen Demokratieverdruss, meine sehr verehrten Damen und Herren, hilft doch nur mehr Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger müssen als Souverän ernst genommen werden, und sie müssen sich ernst genommen fühlen. Mehr Demokratie kann deshalb heißen: Vereinfachung des Petitionsrechts in Bremen, Einführung von Online-Petitionen. Damit würden vor allem die Rechte der Petentinnen und Petenten gestärkt.

Unter allen Bürgerschaftsfraktionen herrscht Einigkeit über diesen Antrag. Das freut mich, und das freut die Fraktion Die Linke, und genau deshalb erlaube ich mir einige Anmerkungen, worauf wir achten müssen, wenn es um die Umsetzung der Online-Petitionen geht.

Erstens: Wir wollen eine Umsetzung, die für die Bürgerinnen und Bürger transparent, nachvollziehbar und somit handhabbar ist. Bei den Erläuterungen und Anweisungen ist auf eine einfache und allgemein verständliche Sprache zu achten, die es jeder Petentin und jedem Petenten ermöglicht, ohne große Anstrengung ihr oder sein Anliegen per Mail mitzuteilen, eine Sprache, die sich vom sogenannten Amtsdeutsch unterscheidet, eine Sprache, die verstanden wird.

Zweitens: Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden hinsichtlich der Übermittlung von Personendaten eingehalten. Um Datenmissbrauch vorzubeugen, sind diese Daten zu verschlüsseln. Das ist aber auch angedacht.

Drittens: Die Linke fordert, dass eine barrierearme zugängliche Nutzung der Seite als auch des zur Verfügung gestellten Formulars ermöglicht wird. Das Internetangebot muss von allen Nutzern unabhängig von körperlichen und/oder technischen Möglichkeiten uneingeschränkt genutzt werden können. Dies schließt sowohl Menschen mit und ohne Behinderungen als auch Benutzer mit technischen oder altersbedingten Einschränkungen ein.

Das Petitionsrecht wird stets als ausdrücklich wünschenswertes, demokratisches und politisches Beteiligungsrecht gewürdigt. Manchmal wird die Bedeutung, Ausübung und Effektivität dieses Rechts aber im Parlament unterschätzt. Während in der Regel die Meinung besteht, dass die Interessen der Einreicher geschützt werden müssen, sind die Petentinnen und Petenten häufig anderer Meinung. Die Linke meint, Transparenz und Bürgernähe sind möglich, wo Öffentlichkeit herrscht.

(Glocke)

Entschuldigung, dass ich Sie jetzt unterbreche, aber der Kollege Frehe möchte eine Frage an Sie stellen, wenn Sie gestatten!

Entschuldigung, das hatte ich nicht gesehen! Ja, bitte!

Bitte, Herr Frehe!

Frau Kollegin Nitz, Sie haben soeben von einer barrierearmen Zugänglichkeit gesprochen. Was meinen Sie damit?

Wir werden nie erreichen können, dass ein völlig barrierefreier Zugang im Internet möglich ist. Ich kann beispielsweise nicht vorschreiben, dass es Blinden generell möglich ist, dass sie alles lesen können, ohne eine Diskriminierung vornehmen zu wollen. Deswegen wird bei ITVeröffentlichungen eher von Barrierearmut gesprochen als von Barrierefreiheit.

Frau Abgeordnete Nitz, gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Frehe?

Bitte!

Bitte, Herr Frehe!

Ist Ihnen bekannt, dass in Bremen zur Ausführung des Landesgleichstellungsgesetzes Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung von Internetseiten der Bremischen Bürgerschaft unter anderem und auch aller öffentlichrechtlichen Körperschaften geregelt sind?

Ja, Herr Frehe, auch das ist mir bekannt. Ich hielt es aber für notwendig, gerade weil wir hier über Bürgerrechte und Beteiligungsrechte sprechen, genau auf diesen Aspekt noch einmal das Augenmerk zu lenken.

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Danke schön!)

Ich komme auch gleich zum Schluss! Die Linke meint, Transparenz und Bürgernähe sind möglich, wo Öffentlichkeit herrscht, und – das Einverständnis der Petenten vorausgesetzt – es sollten Petitionen zukünftig überwiegend öffentlich behandelt werden, aber darüber, meine Damen und Herren, können wir hoffentlich an gleicher Stelle demnächst ebenso konstruktiv wie heute diskutieren und dann gemeinsam einer noch zukunftsweisenderen Änderung des Petitionsrechts zustimmen. (Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Herrn Dr. Buhlert das Wort erteile, möchte ich Ihnen jetzt schon mitteilen, dass interfraktionell

die Vereinbarung getroffen worden ist, dass wir noch vor der Mittagspause – wir haben ungefähr eine knappe halbe Stunde Zeit – den Tagesordnungspunkt 16 aufrufen. Es handelt sich hierbei um die „Überprüfung der Abgeordneten auf Tätigkeiten für das frühere Ministerium für Staatssicherheit“. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, das ist natürlich gegeben!

Nun gebe ich das Wort dem Abgeordneten Herrn Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP ist eine Partei, die sich für mehr Demokratie und mehr Bürgerrechte einsetzt, eine Partei, die die Rechte der Bürger ernst nimmt. Jeder Bürger hat heute schon das Recht, sich mit Wünschen und Anregungen an das Parlament zu wenden. So kennt es unser Petitionsrecht, so ist unser Petitionsrecht, und so soll es bleiben. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um einen weiteren, einen neuen Weg. Diesen Weg zu eröffnen ist eine einfache Sache, nämlich das Internet dafür zu öffnen, das ist modern, das ist der richtige Weg.

Man sollte das auch nicht überhöhen, aber man sollte auch nicht verwundert sein, dass die Bürgerrechtspartei FDP für dieses Recht eintritt und deswegen auch dabei ist. Frau Motschmann, ich sage das bewusst, weil Sie sich verwundert zeigten, aber Sie lernen auch noch dazu, insofern nehmen Sie das bitte mit!

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. F o c k e [CDU])

Die nächste Geschichte war die anklingende Diskussion über öffentliche Diskussionen von Petitionen. Auch darüber muss man diskutieren. Hier geht es um den Schutz von Persönlichkeitsrechten, und da muss man genau abwägen, aber hier wird sicherlich eine kluge Regelung gefunden werden, wo die Grenze zu ziehen ist und wie sie auch mit den Petenten und in deren Interesse jeweils gezogen wird und gezogen werden muss. Ich glaube, wir werden in diesem Haus auch dazu einen Kompromiss finden.

In diesem Sinne wünsche ich, dass wir viele Bürger finden, die auch von den Rechten Gebrauch machen, denn mit diesen Rechten geht ja auch immer die Chance einher, für sich und für andere etwas zu erreichen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bremische

Bürgerschaft, Drucksache 17/135, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, es wurde interfraktionell vereinbart, Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung vorzunehmen. Ich lasse deshalb darüber abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen.

Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.