Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir weisen noch darauf hin, dass natürlich in dieser Gesamtanlage der Fördervorgaben des Bundes auch Taschenspielertricks angewandt werden. Das Programm „Soziale Stadt“ soll weiter geschwächt werden, insbesondere auch durch solche Maßnahmen. Es soll keine Deckungsfähigkeit mehr mit anderen Programmmitteln geben, und das hat ganz konkrete Auswirkungen für die Arbeit vor Ort.

Deshalb, glaube ich, ist es wichtig, dass sich dies verändern muss. Ich bin ganz sicher, wenn wir in zwei Jahren eine neue Bundesregierung gewählt haben – meine feste Überzeugung ist, dass sie von Rot und Grün gestellt wird –,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

dann wird es eine der ersten entscheidenden Aufgaben sein, dies wieder zurückzuführen. Diese Politik muss dann im Interesse der Kommunen und der Länder und insbesondere der Menschen vor Ort verändert werden.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus hat die Antwort auch aufgezeigt, was wir hier in Bremen gemacht haben und was wir auch weiterhin machen werden. Das ist unser Landesprogramm „Wohnen in Nachbarschaften“. In den Jahren 2006 bis 2011 haben wir fast neun Millionen Euro hierfür in den Haushalt eingestellt, und wir werden, das hat die Koalitionsvereinbarung festgelegt, auch weiterhin Mittel für „Wohnen in Nachbarschaften“ jährlich von nicht nur 1,5 Millionen Euro, sondern von 1,75 Millionen Euro einstellen. Ich glaube, das ist eine klare, deutliche Botschaft, dass wir gesagt haben, wir wollen hier mit unseren Landesmitteln als rot-grüne Koalition diesen Weg weiter beschreiten. Wir wollen eine Planungssicherheit, und wir können hier auch in dieser Parlamentsdebatte sagen, dafür stehen wir, und dafür werden wir uns auch einsetzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Gehen Sie noch einmal ein Stück mit, dies gilt auch für die Vertreter der CDU hier im Haus, für den Bundesbauminister, für diese Bundesregierung! Wer hier die Axt an die Städtebauförderung legt, gefährdet den sozialen Frieden und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Kettensäge!)

Deshalb, Herr Strohmann, appelliere ich sehr eindringlich, hier auch entsprechend die Interessen Bremens, der Stadtteile und der Menschen vor Ort wahrzunehmen und sich auch für diese Politik mit einzusetzen. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Pohlmann, ich bin immer wieder fasziniert,

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Nicht wahr? Wir auch!)

wie man aus Nichts so eine Sprechblase produzieren kann. Jetzt kommen wir aber einmal zum Thema Städtebauförderung. Ich glaube schon, und da sind wir uns alle einig, Städtebauförderung ist ein wich

tiges Instrument, und es ist eine wichtige Förderung für nachhaltige Stadtentwicklung. So weit, so gut!

Jetzt einmal konkret zu Bremen und zu Ihren Kürzungsvorwürfen: Ja, es ist richtig, es wurde gekürzt, keine Frage. Wir reden aber hier im Vergleich zu 2010 über knapp 600 000 Euro. Das nur zum Thema Ballon aufblasen! Sie vermitteln den Bürgern und Bürgerinnen, dass diese Kürzung der Städtebauförderung der Untergang der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Zusammenhangs sei. Wir reden hier immer noch über nicht einmal 600 000 Euro. Ich könnte jetzt natürlich genau Ihrer Rhetorik folgen und dann anfangen, ja, aber von 2011 zu 2012 ist es ja wieder von 28 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro gestiegen, das will ich aber nicht machen, weil ich nicht denke, dass dies die Grundfrage ist.

Einem möchte ich allerdings widersprechen, und dort bleiben Sie bitte bei der Wahrheit: Es ist mitnichten so, dass die Städtebauförderung in der Gesamtheit, was wir dort machen wollen, gekürzt wurde, das ist falsch. Die Förderung für den Städtebau wird 2012 im Vergleich zu 2010 sogar noch einmal deutlich erhöht. Sie dürfen nämlich die 92 Millionen Euro für energetische Gebäudesanierungen nicht vergessen. Die müssen Sie nämlich noch mit dazu addieren. Ganz zu schweigen von den 1,5 Milliarden Euro, die für zinslose Sanierungskredite zur Verfügung gestellt werden! Ist das nichts?

Sie reden ja immer in Richtung Darlehenswesen, keine Zuschüsse mehr, mehr auf Darlehen, das ist ja Ihre Politik hier in Bremen. Jetzt können Sie das aber nicht negieren! Daher ist diese Behauptung falsch. Natürlich kann mehr immer besser helfen, aber was Sie hier anbringen, glaube ich, ist schon ziemlich erbärmlich. So geht es nicht! Sie können nicht so tun, bei nicht einmal 600 000 Euro – gestern haben wir noch für die neue Werbeaktion für das Stadtticket 550 000 Euro mehr beschlossen, das ist gar kein Problem –, als wenn jetzt wirklich alles zusammenbrechen würde. Hätte ich an dieser Stelle – es tut mir leid! – das gesagt, was Frau Bernhard gesagt hat, hätten Sie mich wieder als zynisch gescholten. Sie müssen sich jetzt endlich einmal auch an die eigene Nase fassen. Was ist Ihr Beitrag?

Wenn ich mir überlege, welchen Umfang unser Sozialhaushalt hier im Lande Bremen hat, dann müssen Sie sich einmal fragen: Was machen Sie? Dann bringt es nämlich nichts, einfach daraufzuschlagen. Die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ sind von der Bundesregierung gekürzt worden, das ist ganz schrecklich und furchtbar, das ist ärgerlich und auch nicht schön. Ich hätte auch gern, dass dort mehr vorhanden ist, sodass eben nicht nur die Freiwillige Feuerwehr in der Neustadt eine neue Schließanlage bekommt, sondern auch noch jemand anders. Es gibt viele gute Projekte, viele sind auch nicht so gut, darüber kann man reden.

Hier aber bei 600 000 Euro so zu tun, als wenn alles zusammenbrechen würde, das ist eine üble Vertu

schung Ihrer Politik, denn eines ist nachweislich auch klar: Noch nie war diese Stadt so sozial gespalten wie heute!

(Beifall bei der CDU)

Dies ist in den letzten Jahren nicht so verstärkt worden wie unter Ihrer rot-grünen Regierung!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie verstärken das mit Ihrer Rhetorik noch mehr!)

Ja, schauen Sie sich die Zahlen an! Das können Sie jetzt so abtun. Gehen Sie in die Stadtteile, schauen Sie sich das an! Es ist ein Armutszeugnis Ihrer sozialen Rhetorik, weil es nämlich nur Rhetorik ist. Sie haben nichts getan, Sie haben nicht gehandelt, Sie lassen die Menschen vor Ort im Stich! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Strohmann, Sie machen jetzt wieder eines der beliebten Zahlenspiele: Hier ist es ein bisschen herauf-, und dort ist es ein bisschen heruntergegangen. Was Sie wollen oder jedenfalls die Bundesregierung will, ist doch eine qualitative Änderung der Städtebauförderung. Das ist doch jedenfalls eindeutig. Wir hatten das Thema gestern schon einmal in der Stadtbürgerschaft. Wir haben gestern kurz von Fantasie gesprochen als notwendiger Zutat zu einer sozialen und integrierten ressortübergreifenden Stadtentwicklung. Notwendig ist dies nicht nur wegen knapper finanzieller Mittel, sondern auch, weil Fantasie und Wissen Triebmittel einer Bürgerbeteiligung sind und schon beim Planen und Entwickeln in der Ideenphase beginnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie wollen etwas anderes: Sie wollen keine gegenseitige Deckung der Projekte mehr und nur noch rein investive Maßnahmen fördern. Sie lassen das Programm „Altengerecht Umbauen“ auslaufen. Dort haben Sie es geschafft, dass nicht nur die Bauminister, die Herr Pohlmann zitiert hat, sondern auch die Arbeits- und Sozialminister kollektiv gegen die Bundesregierung Sturm laufen. Wir halten das genau wie sie für kurzsichtig und unsozial. Perspektivisch sind es genau die Elemente der Stadtentwicklung, die Sie gefährden: die die Bürger beteiligen, die impulsgebend sind und sozialinteraktiv wirken könnten. Es ist seit Jahrzehnten klar, dass eine sozial verankerte ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

und eine sozial orientierte Segregation und Armut begrenzende, Bürger beteiligende und die Quartiere stabilisierende Stadtentwicklung hilft, die Identifikation mit der gebauten Stadt zu fördern und somit Vandalismus, Vermüllung und Verwahrlosung in öffentlichen Räumen zu bremsen.

(Abg. S t r o h m a n n (CDU): Da haben Sie recht!)

Ein sozial gemischtes Umfeld schafft soziales Verständnis und sozialen Zusammenhalt. Die wohnortnahe Versorgung mit möglichst allen Bedarfen des Alltags stärkt auch wiederum die Identifikation mit dem Quartier und ist ökologisch besonders effektiv, weil sie auf das Auto zum Einkaufen und als Kinderverkehrsmittel Nummer eins weitgehend verzichten kann. Übrigens ist Wohlfühlen im Lebensumfeld auch schlichtweg gesund.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wenn man bauliche, soziale und kulturelle, bildungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zusammen denkt, miteinander entwickelt, nur dann können sie auch zusammen wirken. In Bremen ergänzt das kommunale Programm „Wohnen in Nachbarschaften“, „WiN“, die bisherigen Projekte des Programms „Soziale Stadt“ mit Beteiligungsformaten, Bürgerforen und Workshops mit kulturellen Impulsen und Interventionen. Dabei dient Bürgerbeteiligung vor allem auch dazu, frühzeitig bei den Bürgern den Blick für das große Ganze zu schärfen und Belange der jeweils anderen wahrzunehmen, einzuschätzen und abzuwägen. Wir brauchen weiterhin vom Bund Programme und Projekte, wo diese erworbene und übrigens ganz besondere Bremer Kompetenz auch andocken kann. Wir waren zusammen in Nürnberg in dem Projekt „Koopstadt“, Herr Strohmann, und sind dort dafür gelobt worden, was wir hier in Bremen können, was die anderen noch von uns lernen wollen. Wir können dort, glaube ich, auch einiges lernen, und deswegen fände ich es wichtig, auch solche Projekte weiter fortzusetzen. Da sind die Signale vom Bund auch noch nicht ganz so klar.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zum Wohnen sagen! Wohngebiete und Stadtteile mit besonderem Sanierungs-, Umbau- und Förderbedarf können auch mit der Förderung von sozial gemischtem und bezahlbarem Wohnraum gestärkt werden und der sozialen Entmischung der Stadtgesellschaft ebenfalls entgegenwirken. Generell müssen wir in Bremen noch mehr Wohnraum schaffen, als das derzeit der Fall ist. Das wissen wir alle. Uns Grünen ist dabei wichtig, dass dabei auch mehr Möglichkeiten altengerechten Wohnens geschaffen werden, um den Anforderungen der demografischen Entwicklung gerecht zu werden, damit wir alle, nicht nur wir, aber auch wir alle, das Alter

nicht in Heimen, sondern in lebendigen Quartieren erleben dürfen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weil sie die soziale Stadtentwicklung und wohnortnahe Versorgung stützen, sollten gemeinschaftliches und genossenschaftliches Bauen und Wohnen sowie die Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten gestärkt werden, ganz gleich, ob das Wohnungsbaufirmen machen, private Baugemeinschaften oder ganz individuelle Bauvorhaben sind. Wer Wohnraum schafft, hilft der Stadt weiter, und wenn der Wohnungsbau dann noch altersgerecht, ökologisch und energetisch sinnvoll angelegt ist, dann hilft das ganz besonders.

Wir wollen in der rot-grünen Koalition deshalb eine Strategie für individuellen Wohnungsbau und sozial gemischten bezahlbaren Wohnraum erarbeiten. Dort geht es dann vielleicht auch nicht mehr nur um Sanierungsgebiete oder soziale Schieflagen, dort müssen wir auch über Gebäudebrachen in der City sprechen, in denen wieder gewohnt werden soll und könnte. Weil Herr Rupp ja recht hat, wenn er gestern nicht nur Walle für alle, sondern auch Schwachhausen für alle gefordert hat, finde ich, müsste auch gelten, Bahnhofsvorstadt für alle.

Wir müssen der Tendenz zu Parallelgesellschaften in unseren Städten auch beim Wohnen und Bauen etwas entgegensetzen. Dabei könnte eine intelligente Städtebauförderung helfen, die es zulässt, dass man auch denkt, dass man diskutiert und entwickelt und eben nicht nur einfach baut und sich darum, wie und warum man baut und wer baut, keine Gedanken macht, denn das geht nicht ohne Diskussion, das geht nicht ohne Konflikte. Dafür sind kluge, moderierte, manchmal auch experimentierende Formate und Programme in der Stadtentwicklung meiner Ansicht nach wichtig. Da weiß ich nicht, Frau Bernhard, woher Sie die Zahlen haben, dass wir die Bremer Komplementärmittel kürzen wollen. In den Haushaltsentwürfen sind sie teilweise gleich geblieben, teilweise steigen sie etwas an. Netto sind sie noch ein bisschen höher, weil wir die Quartiersmanager aus den Komplementärmitteln in das WiN-Programm verlagern und dieses wiederum stärken und auch nicht kürzen. Also, wo Sie kürzen wollen, wo Sie Kürzungen sehen, müssen Sie vielleicht noch einmal genauer erläutern!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir wollen die Bremer Erfahrungen und den reichen Bremer Erfahrungsschatz schützen und erhalten. Wir wollen die Erfolge von Projekten in Osterholz-Tenever, Gröpelingen, Huchting, Huckelriede oder Lüssum absichern, die mit viel Engagement, mit viel intensiver Bürgerbeteiligung und auch einem hohen Mitteleinsatz vom Bund und aus Bremen nach

haltig entwickelt wurden. Wir wollen, dass das nicht abbricht, sondern weiterentwickelt wird. Gerade im Bremer Westen, nicht nur dort, stehen wir vor riesigen Herausforderungen, dies haben wir gestern besprochen. Ich glaube, wir können für Bremen relativ selbstbewusst sagen, eben im Rahmen so eines Projektes wie „Koopstadt“ zum Beispiel, mit Stadtentwicklern aus Nürnberg und Leipzig, was wir hier schaffen, was wir hier tun, was wir entwickeln kann beispielgebend auch für die Städtebauförderung in ganz Deutschland sein. Die zeitgemäßen Ideen muss man dann auch zeitgemäß umsetzen. Auf diese Arbeit freue ich mich, und ich danke Ihnen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pohlmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Bernhard, Sie haben die Auswirkungen der jetzt auch im Haushaltsaufstellungsverfahren beschlossenen Kürzungen der Bundesregierung im Bereich Wohnungsbauförderung, insbesondere des Projekts „Soziale Stadt“ angesprochen. Eine umfassende Antwort ist in der Beantwortung durch den Senat gegeben worden. Man muss zur Kenntnis nehmen, und das haben wir ja auch in der Fachdeputation für Bau und Umwelt gemeinsam mit allen sehr intensiv diskutiert, dass es in den Programmen fünf Jahresraten gibt und dass wir wirklich – und das ist die Realität – in den nächsten zwei Jahren relativ gut damit durchkommen. Das muss man sehen, das ist auch in der Antwort des Senats so geschrieben.

Es gehört zur Realität, dass im Jahr 2012, dann schwieriger werdend im Jahr 2013, im Großen und Ganzen auch die Projekte und Maßnahmen, die in den einzelnen Quartieren diskutiert worden sind, was dort auch abgestimmt worden ist, auch weiterhin laufen können. Es gehört aber dazu, dass danach die Kürzungen der Bundesregierung und die Umschichtungen im Programm dann unmittelbare Auswirkungen für unsere Arbeit in all den Quartieren haben.

Es ist richtig, wir haben elf Fördergebiete. Dann stellt sich die Frage der Evaluierung, im Herbst steht sie sowieso an. Der Bausenator hat uns bekanntgegeben, dass dieses jetzt schon in Auftrag gegeben werden soll. Wir werden also in eine intensive, inhaltliche Diskussion, unabhängig von den Finanzrahmenbedingungen kommen, wie wir die Programme weiterhin verstetigen und führen können. Dies noch einmal zu der Frage! Darum hatte ich gesagt, dass es nicht nur, Herr Strohmann, vielleicht für Sie, aber auf jeden Fall für mich eine zutiefst inhaltliche Frage ist. Deshalb brauchen wir einen Politik- und Regierungswechsel in zwei Jahren in Berlin.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dann wird es den Menschen in Deutschland so gut gehen wie in Bremen!)