Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Abgeordnetengesetzes, des Bremischen Wahlgesetzes und des Gesetzes über die Deputationen, Drucksache 18/160, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses Kenntnis.

Damit treten wir in die Mittagspause ein.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.48 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Besucher des Integrationsbeirats aus Syke, eine Gruppe des THW Niedersachsen – Bremen, Auszubildende Fachlageristen der DEKRA-Akademie sowie Studentinnen und Studenten der Hochschule für Öffentliche Verwaltung – Fachbereich Polizei.

Herzlich willkommen!

(Beifall)

Steuerliches Anreizsystem für energetische Gebäudesanierung unterstützen

Antrag der Fraktion der CDU vom 29. November 2011 (Drucksache 18/141)

Wir verbinden hiermit:

Nationales Aktionsprogramm zur Gebäudesanierung

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 13. Dezember 2011 (Drucksache 18/173)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen hier einen Antrag vorgelegt, und ich glaube, dass wir uns im Ergebnis, dass wir etwas machen müssen, eigentlich einig sind. Die entscheidende Frage, worüber wir diskutieren, ist: Wie ist der richtige Weg dorthin? Wie konsequent muss man das eine oder das andere machen, und was ist es uns letztlich wert? Ansonsten ist das, glaube ich, aber Konsens.

Die Bundesregierung hat ein Gesetz vorgelegt, mit dem ein weiterer Schritt gegen den Klimawandel gegangen werden soll, es geht um energetische Gebäudesanierung. Ich glaube, dass dort noch der größte Spielraum für den CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ist und die größten Einsparpotenziale sind, wie man eigentlich schnell ohne größere Probleme Energie effizient einsparen kann. Eine Seite ist die Umwandlung, wie wir produzieren, aber alles, was wir einsparen, brauchen wir nicht mehr zu produzieren. Somit ist es das Beste.

Nun waren wir ehrlich gesagt ein bisschen überrascht, dass die rot-grüne Landesregierung, der Senat, diesen Gesetzentwurf im Bundesrat mit abgelehnt hat. Die Begründung von Bremen war, es würden durch diese steuerlichen Anreizsysteme hier Steuereinnahmen verloren gehen. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht so richtig, dass das jetzt nicht gemacht wird, wenn ich mir überlege, dass wir uns doch alle hier in den Diskussionen immer einig darüber waren, auch einmal Geld ausgeben zu müssen, um Energie einzusparen und den Ausstoß von CO2 zu reduzieren. Wenn ich mir überlege, was wir hier gerade auch in Bremen für Geld ausgeben, um genau diesem Ziel näher zu kommen, so bei der der direkten Sanierung, aber auch in dem Schaffen von Bewusstsein, wenn ich sehe, wie die Grünen auch immer für den autofreien Sonntag kämpfen: Man kann darüber denken, wie man will, aber auch dort wird immer argumentiert, dass es gut investiertes Geld ist, um den Menschen ein Bewusstsein zu vermitteln, dass es auch einmal ohne Auto geht. Da werden ein paar Hunderttausend Euro ausgegeben.

Frau Linnert hat gestern noch bei der Sanierung des Siemens-Hochhauses erläutert, dass das zusätzliche Geld, das es gekostet hat, sinnvoll angelegt ist. Ich will jetzt nicht wieder die Umweltzone bemüßigen, ob das jetzt sinnvoll ist oder nicht, das ist jetzt

nicht die Frage. Wie Sie aber gestern mit Vehemenz dafür gestritten haben, dass man auch Einnahmeausfälle akzeptieren muss, weil das hehre Ziel der CO2Einsparung über allem steht, umso weniger können wir verstehen, dass Sie diesem Antrag im Bundesrat nicht gefolgt sind. Vielleicht ist es auch ein Kommunikationsfehler.

Wenn wir hier heute als Parlament das beschließen, können wir auch den Senat dazu zwingen, dies dann zu machen. Frau Dr. Schierenbeck schüttelt leider mit dem Kopf. Ich bin tief enttäuscht, ich finde es nicht in Ordnung, weil ich schon glaube –

(Zuruf: Oh!)

nein, ich bin fest überzeugt –, dass es ein guter Vorschlag der Bundesregierung ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wäre der erste!)

Darüber können wir ja noch einmal streiten! Nichtsdestoweniger ist es ein sehr guter Vorschlag, es ist ein sehr guter Weg.

Sie können aber einerseits nicht – da komme ich jetzt auch zur Kritik an die Koalition – immer mehr Geld für Städtebauförderung, für Straßensanierung und für dieses und jenes verlangen. Sie fordern jetzt in Ihrem Dringlichkeitsantrag sogar die Erhöhung der Fördermittel für energetische Gebäudesanierung. Ehrlicherweise muss man dazu sagen, dass die Bundesregierung in der Städtebauförderung gerade noch 92 Millionen Euro für energetische Sanierung hinzugefügt hat, und Sie müssen mir dann auch fiskalisch einmal den Unterschied erklären.

Das alles kann man ja fordern, das steht außer Frage, da bin ich auf Ihrer Seite und würde Sie sogar dabei unterstützen zu sagen, 92 Millionen Euro sind zu wenig, wir wollen 200 Millionen Euro. Dabei bin ich ganz auf Ihrer Seite. Sie müssen mir aber andererseits bitte erklären, was jetzt der Unterschied ist zwischen Mehrausgaben – das sind ja auch Steuermittel – und weniger Einnahmen, die man dann hätte, wie Sie es suggerieren. Ich glaube schon, dass steuerliche Anreizsysteme oft besser sind als solche Förderprogramme. Deswegen glaube ich nach wie vor, das ist ein guter Antrag, es ist ein guter Weg.

Wenn man betrachtet, wie Menschen nun einmal reagieren, dann ist es ja auch eine Bewusstseinsfrage. Gerade im Bereich der Einfamilienhäuser oder des Eigentums ist es für viele ältere Menschen – ich rede jetzt nicht von 70- oder 80-Jährigen, aber von denen, die kurz vor der Rente sind, die ihr Haus abbezahlt haben – wirklich eine Frage der betriebswirtschaftlichen Betrachtung: Wenn wir jetzt noch einmal einige Zigtausend Euro in die Sanierung investieren, bekommen wir ja nicht das erwirtschaftet wie die Kinder und Enkel. Gerade für diese Men

schen wäre ein steuerliches Anreizsystem bedeutend besser, als sie in die Fördersystematik hineinzuschicken, weil sie das alle nicht wollen. Sie wollen keine Formulare ausfüllen und das nicht erläutern, aber Geld beim Finanzamt zu sparen, ist ein Instrument, das bei den Menschen immer funktioniert.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Ja, natürlich, müssen sie etwas ausfüllen, aber es ist bedeutend einfacher, als Förderanträge zu stellen, wenn man bestimmte Kosten gegenrechnen kann.

Ich sage Ihnen auch noch einmal: Sie können nicht so tun und uns immer wieder vorhalten, wir hätten viel zu lange an der Atomenergie festgehalten. Das können Sie machen,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das stimmt auch!)

aber ich glaube, aber es ist scheinheilig, was Sie da tun. Eines ist klar: Wir haben alle gemeinsam beschlossen, diesen Weg zu gehen, und das ist auch gut so, keine Frage, aber wir müssen jedes Instrument ausnutzen. Das, was Sie hier machen, ist wirklich ideologisch und politisch besetzt, weil nichts dagegen spricht. Es ist fiskalisch gar kein Problem, es widerspricht auch nicht dem, was davor gesprochen wurde.

Wir werden Ihren Antrag deswegen auch ablehnen, weil es ein Effekt ist, dass Sie der Bundesregierung diesen Antrag nicht gönnen. Wir glauben, es ist ein gutes Instrument. Vielleicht besinnen Sie sich ja noch und stimmen dem Antrag zu! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es besteht eine große Einigkeit darüber, dass die energetische Sanierung unseres Gebäudebestandes eine der ganz zentralen Herausforderungen ist, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es besteht auch eine weitgehende Einigkeit darüber, dass diese energetische Sanierung eine wesentliche Aufgabe ist, um die überproportional steigenden Nebenkosten zu senken und damit insbesondere Haushalten mit niedrigem Einkommen zu helfen. Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

denke, wir sind uns auch alle einig, dass es dazu einer massiven staatlichen Förderung bedarf. So weit sind wir uns einig, aber diese staatliche Förderung kann nicht so aussehen, wie es sich die Bundesregierung vorstellt, und sie kann nicht so aussehen, wie es die CDU hier leider ohne eigene intellektuelle Anstrengung unterstützt.

Der Ansatz dieser Förderung – das sollte man hier zumindest auch einmal vorstellen – sieht vor, dass man über einen Zeitraum von zehn Jahren bis zu zehn Prozent jährlich von Sanierungsmaßnahmen zur Energieeffizienz im Gebäudebestand abschreiben kann. Aus unserer Sicht ist dieses Konzept gleich aus zwei Gründen verfehlt.

Der erste Punkt ist: Diese steuerliche Förderung begünstigt vornehmlich Bezieher von hohen Einkommen und erreicht wesentliche Teile der Wohnungseigentümer überhaupt nicht. Herr Strohmann, Sie rechnen gern, deshalb auch drei Berechnungen für Sie: Wer eine Luxusvilla mit 200 000 Euro Aufwand im Jahr saniert und einen Grenzsteuersatz von 40 Prozent hat, bekommt eine Förderung von 80 000 Euro. Wer ein mittleres Haus hat mit einem Grenzsteuersatz von vielleicht 30 Prozent, bekommt 15 000 Euro Förderung, und wer keine Steuern bezahlt – und das sind auch viele von den Rentnern, die Sie gerade angesprochen haben –, der bekommt überhaupt nichts.