Zweitens: Wie viele Teilnehmer an bremischen Substitutionsprogrammen dürfen die ausgegebenen Ersatzdrogen wie zum Beispiel das Präparat Methaddict zu Hause verwenden, und wie hat sich die Zahl dieser Berechtigten in den letzten drei Jahren entwickelt?
Drittens: In welchem Umfang sind Methadon und andere Drogenersatzstoffe, die an Teilnehmer von Substitutionsprogrammen im Land Bremen ausgegeben wurden, nach den Erkenntnissen des Senats auf dem Schwarzmarkt auch außerhalb des Gebiets der Freien Hansestadt Bremen angeboten worden?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Irrtümlicherweise wird in den Fragen von „entsprechenden Substitutionsprogrammen“ ausgegangen. Richtig ist jedoch, dass die Substitutionsbehandlung zu circa 85 Prozent, circa 1 600 Personen, durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und nicht in Substitutionsprogrammen durchgeführt wird. Die Ärzteschaft ist nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung gehalten, den Hilfebedarf im Rahmen der psychosozialen Betreuung durch eine Drogenberatungsstelle ermitteln zu lassen. Die entsprechende Hilfe wird dann von der Drogenberatungsstelle angeboten oder vermittelt.
Die drei Substitutionsprogramme – Frauen, Altfixer, Überbrückungssubstitution –, in denen die medizinische Behandlung integriert mit substitutionsbegleitenden Hilfen jeweils an einem Ort stattfinden, versorgen in Bremen circa 130 Personen. Circa 150 Inhaftierte werden in der JVA substituiert. Laut Substitutionsregister wurden im Land Bremen zum Stichtag 1. Oktober 2011 insgesamt 1 877 Personen substituiert.
Soweit im Rahmen vereinbarter Verfahren bereits zentrale Daten erfasst wurden, sind den Jugendämtern Bremen und Bremerhaven, Stichtag 1. Februar 2012, bisher 77 Haushalte bekannt, in denen Kinder leben. Eine Meldepflicht substituierender Ärzte über Patientinnen oder Patienten mit minderjährigen Kindern im Haushalt gegenüber der öffentlichen Kinderund Jugendhilfe besteht nicht, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt.
Zu Frage 2: Zu diesem Sachverhalt liegen keine Daten vor, da in Paragraf 5 a Absatz 2 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung, BtMVV, für die Dokumentation lediglich festgelegt ist, welches Substitutionsmittel eingesetzt wird, und nicht, ob es in der Praxis unter Sicht vergeben oder als Take-Home verordnet wird. Unabhängig hiervon fordert die Kassenärztliche Vereinigung Bremen ab dem 1. Januar 2012 von den verordnenden Ärztinnen und Ärzten eine gesonderte Kennzeichnung der Take-Home-Verordnungen.
Zu Frage 3: Konkrete Zahlen im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik liegen zu diesem Deliktfeld nicht vor, da der Handel mit Drogenersatzstoffen nicht explizit erfasst wird. Nach Erkenntnissen der Polizei in Bremen wurde im Jahr 2011 in zwei Fällen der Handel mit geringen Mengen von Drogenersatzstoffen nachgewiesen. In Bremerhaven liegen dazu keine Erkenntnisse vor. – Soweit die Antwort des Senats!
Anlass meiner Frage war ja der traurige Fall der elfjährigen Chantal in Hamburg, die bei offensichtlich drogenabhängigen Pflegeeltern untergebracht war. Welche Vorkehrungen trifft denn der
Das geht zwar deutlich über die Anfrage hinaus, ich kann Ihnen aber gern sagen, wir haben ein ausgefeiltes Kinder- und Jugendschutzsystem hier in Bremen, indem wir gerade in Bezug auf Pflegeeltern eine eingehende Prüfung über den Träger PiB, Pflegekinder in Bremen, vornehmen lassen. Damit kann zwar sicherlich nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden, dass auch Pflegeeltern das Amt belügen, wir haben aber da keinen Anlass zu vermuten, dass dies systematisch passiert. Damit ist eine gute Kontrolle und Unterstützung der Pflegeeltern hier in Bremen gewährleistet.
Die neunte Anfrage in der Fragestunde befasst sich mit dem Thema „Beratungstätigkeit der Verbraucherzentralen steuerbegünstigt stellen“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Frau Ryglewski, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Wie begründet der Senat seine Zustimmung auf der Finanzministerkonferenz im September 2010 zu der Regelung, dass ab dem Jahr 2012 entgeltliche Einzelberatungen der Verbraucherzentralen mit dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent statt wie bisher mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent belegt werden sollen?
Zweitens: Wie bewertet der Senat die Gefahr, dass durch die Anwendung des Regelsteuersatzes von 19 Prozent es zu einem Anstieg der Beratungskosten führen könnte und dadurch der Zugang zu Beratungsleistungen, insbesondere für Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringen Einkommen, deutlich erschwert werden würde?
Drittens: Wie bewertet der Senat die Möglichkeiten, dass die Verbraucherzentralen mit ihrer Beratungstätigkeit in den Katalog der privilegierten Zweckbetriebe gemäß Paragraf 68 Abgabenordnung aufgenommen werden und dadurch weiterhin für sie der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent angewendet wird oder die Beratungsleistungen der Verbraucherzentralen in den Katalog der gemäß Paragraf 4 Umsatzsteuergesetz von der Umsatzsteuer befreiten Leistungen aufgenommen werden könnten?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Die Finanzminister haben auf ihrer Konferenz am 30. September 2010 in Berlin keine Regelung beschlossen, dass ab dem Jahr 2012 entgeltliche Einzelberatungen neu dem Regelumsatzsteuersatz von 19 Prozent unterliegen, da die Besteuerung derartiger Leistungen mit dem Regelumsatzsteuersatz bereits vor 2012 dem geltenden Recht entspricht.
Die Finanzminister haben es aus Billigkeitsgründen den Verbraucherzentralen bis zum 31. Dezember 2011 gestattet, entsprechend der bisherigen Praxis die entgeltliche Vertretung von Einzelinteressen als sogenannten Zweckbetrieb zu behandeln. Damit haben die Finanzminister zugunsten der Verbraucherzentralen für die Vergangenheit auf eine Umsatzbesteuerung in Höhe der Differenz zwischen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent und dem Regelsteuersatz von 19 Prozent verzichtet.
Verbraucherzentralen verfolgen bundesweit den Zweck der Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz, sind daher als gemeinnützig anerkannt nach den Paragrafen 51 folgende der Abgabenordnung und unterliegen damit zunächst einmal nicht der Besteuerung. Die entgeltliche Vertretung von Einzelinteressen einschließlich der individuellen Rechtsberatung durch gemeinnützige Verbraucherzentralen ist insoweit als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen und unterliegt damit dem Regelumsatzsteuersatz.
Bislang hatten die Verbraucherzentralen ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Zweckbetrieb angesehen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen des hier einschlägigen Paragrafen 65 Abgabenordnung nicht vorlagen. Die Einordnung als Zweckbetrieb hat – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent zur Konsequenz.
Zu Frage 2: Wenn die Verbraucherzentralen die Umsatzsteuer voll auf die Verbraucher überwälzen, würden sich die Beratungskosten rechnerisch um 11,2 Prozent erhöhen. Dadurch könnte dann im Einzelfall auch der Zugang zu Beratungsleistungen für Verbraucher mit geringem Einkommen erschwert sein.
Angesichts der niedrigen, nicht kostendeckenden Entgelte für Grundberatungsleistungen der Verbraucherzentralen wäre eine solche Kostenerhöhung letztendlich aber immer noch maßvoll. Im Übrigen richten Verbraucherzentralen ihr Beratungsangebot nicht gezielt an finanziell bedürftige Personen, sondern grundsätzlich an jedermann. Bestimmte Beratungsangebote, zum Beispiel Geldanlage, Baufinanzierung, richten sich sogar von der Natur der Sache her gerade nicht an bedürftige Verbraucher. Die Verbraucherzentralen können hier gegebenenfalls bei der Preisgestaltung für ihre Dienstleistungen gegensteuern.
Zu Frage 3: Die Möglichkeit, die Beratungstätigkeit in den Katalog der Zweckbetriebe in Paragraf 68 Abgabenordnung aufzunehmen, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken und tangiert Fragen des europäischen Beihilferechts. Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wäre daher zum einen wenig erfolgversprechend und würde zum anderen für die Verbraucherzentralen auch keine auf Dauer gesicherte Rechtsposition schaffen.
Die Verbraucherzentralen stehen mit ihren Leistungen im tatsächlichen und potenziellen Wettbewerb zu nicht begünstigten Anbietern. Damit wäre hier der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung als Ausprägung des aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, Artikel 3 Grundgesetz, folgenden verfassungsrechtlichen Gebots der gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt.
Im Übrigen sind hier Fragen des Beihilferechts nach Artikel 107 folgende des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV, tangiert.
Es ist nicht möglich, dass die Beratungsleistungen der Verbraucherzentralen in den Katalog des Paragrafen 4 Umsatzsteuergesetz, UStG, aufgenommen werden können. – Soweit die Antwort des Senats!
Der überwiegende Teil der Beratung der Verbraucherzentralen bezieht sich ja nicht auf große Vermögensanlagen, sondern auf den Bereich der privaten Vorsorge, insbesondere der Altersvorsorge. Spätestens seit der Einführung der Riester-Rente wird von staatlicher Seite ja auch eine eindeutige Erwartungshaltung formuliert, privat vorzusorgen, um der Absenkung des Rentenniveaus entgegenzutreten. Teilen Sie meine Auffassung, dass es daher in diesem Sektor eine unabhängige, kostengünstige Beratung geben muss?
Ich teile die Meinung, dass es das geben sollte, deshalb wird die Verbraucherzentrale von der Freien Hansestadt Bremen ja auch mit öffentlichen Mitteln gefördert.
Die Beratung der Verbraucherzentrale dient nicht nur dem Einzelinteresse des Beratenen, sondern ist auch notwendig, damit die Verbraucherzentrale ihre Sensorfunktion erfüllen kann. Eine Vermittlung von Produkten findet dabei ja auch nicht statt. Wo genau sehen Sie die Konkurrenz zu privaten Anbietern?
Wir haben das ja steuerrechtlich intensiv prüfen lassen, und ich habe auch versucht, das in der Antwort des Senats darzulegen. Es ist so, wenn Entgelte für die Beratungstätigkeit erhoben werden, dass damit dann die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, dass ein ermäßigter Umsatzsteuersatz erhoben werden kann, weil die rechtlichen Voraussetzungen, sowohl was das Mehrwertsteuersystem als auch was die Abgabenordnung betrifft, eben nicht eingehalten werden können. Es war ja so, dass die Verbraucherzentralen bis zum Jahr 2008 davon ausgegangen sind – jedenfalls einige, ich glaube, nicht alle –, dass ein ermäßigter Umsatzsteuersatz gilt. Dann ist das in Nordrhein-Westfalen aufgefallen, man hat sich mit dem Fall beschäftigt, und dann ist das mehrfach auf Finanzministerebene und auf Abteilungsleiterebene beraten worden. Man hat dann zweimal die Fristen verlängert, sodass die Verbraucherzentralen unter den alten Bedingungen arbeiten konnten, aber dies ist jetzt einfach ausgereizt. Wir können da wirklich nichts mehr machen. Ich kann es aus Sicht der Verbraucherzentralen verstehen, ich bitte aber zu bedenken, dass wir ja gemeinschaftlich eher daran arbeiten, Ermäßigungstatbestände in der Umsatzsteuer zurückzudrängen, auch weil die Verwaltung das sonst gar nicht mehr schaffen kann.
Das, was da an finanziellen Problemen entsteht, umfasst eine Million Euro für die Verbraucherzentralen in ganz Deutschland, und sich da so große systematische steuerrechtliche und am Ende auch nicht zu gewinnende Probleme einzuhandeln, ist auch unverhältnismäßig. Ich weiß, dass Sie sich darüber ärgern, dass ich Ihnen da keine andere Antwort geben kann, aber wir haben das wirklich noch einmal intensiv geprüft, die rechtlichen Voraussetzungen liegen wirklich nicht vor.
Können Sie mir denn mitteilen, mit welchem Mehrwertsteuersatz die Beratungsleistung privater Vermittler im Bereich der Finanzdienstleistungen belegt ist?
Es geht um das Problem bei der Provision, und da ist es so, wenn zum Beispiel eine Bank berät, dann ist das Teil der Leistungen für den Kreditvertrag. Das ist rechtlich damit nicht zu vergleichen. Wenn es weitere Fragen gibt – ich kapituliere auch, weil ich keine Steuerrechtsexpertin bin, Herr Gottschalk ist ja auch im Haushaltsausschuss –, dann schlage ich vor, dass jemand von den Steuerrechtsexperten dann da noch einmal erläutert, warum das nicht anders geht. Dieser Vergleich mit den Provisionen lässt sich aber leider nicht herstellen, das ist ein anderer Rechtstatbestand.