Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Ab 2013 ändern wir das!)

Sie verhindern ja sogar noch Projekte! So konnten wir am Wochenende in der Zeitung lesen, dass das Bauressort 15 Windkraftanlagen, die von Investoren vorbereitet wurden, nicht genehmigt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: So ein Blödsinn! – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist un- wahr! Das stand noch nicht einmal in der Zei- tung! Das ist totaler Blödsinn, was Sie da er- zählen!)

Genau! Blödsinn, richtig! Das werden wir ja sehen! Das muss ja tief treffen!

Auch ein steuerliches Anreizsystem für energetische Gebäudesanierung verhindern Sie. Im Bundesrat stimmen Sie immer wieder gegen den Entwurf der Bundesregierung,

(Beifall bei der CDU)

obwohl Sie wissen – und Herr Gottschalk hat es ja noch einmal bestätigt –, dass gerade im Bereich der energetischen Gebäudesanierung das größte Einsparpotenzial besteht und ein steuerliches Anreizsystem die Sanierungsrate stark heben würde. Erzählen Sie uns also nicht, dass die Bundesregierung ihre Arbeit nicht ordentlich macht, kehren Sie erst einmal vor Ihrer eigenen Haustür!

(Beifall bei der CDU)

Jetzt möchte ich zum Schluss noch auf die Solarförderung eingehen! Rot-Grün hat ja schon vor zwei Jahren den Tod der Solarbranche vorhergesagt, als die Förderung schon einmal abgesenkt wurde. Aber nach diesem vermeintlichen Tod ist es erst so richtig losgegangen. Irgendetwas stimmt dort nicht! So ist in den Jahren 2010/2011 ein Zuwachs an Fotovoltaik von 15 000 Megawatt zu verzeichnen. Die Entwicklung der Fotovoltaik in Deutschland ist eine Erfolgs

geschichte. Allein im Jahr 2011 wurden 15 Milliarden Euro in die Errichtung von Solaranlagen investiert. Zum Vergleich: In der Windindustrie waren es nur 3 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind aber die Marktpreise für Solarmodule um circa 50 Prozent gesunken. Als Folge haben wir in Deutschland eine Überförderung, gerade in der Fotovoltaik. Die Renditen sind also so stark gestiegen, eine Absenkung der Förderung ist daher notwendig und sinnvoll.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Deswegen wollen Sie das jetzt abwarten, das macht ja Sinn!)

Diese Entlastung – und ich spreche gerade in Richtung von Herrn Gottschalk – wollen wir an die Bürger weitergeben und sie über die EEG-Umlage entlasten. Prognosen gehen sogar davon aus, dass ab 2017 erste Anlagetypen bei der Fotovoltaik keiner Förderung mehr bedürfen. Wichtig ist nämlich für uns – und das unterscheidet uns – eine Technologieführerschaft und eine Wertschöpfung in unserer Volkswirtschaft, doch dieser Vorsprung wird nicht auf Dauer durch Subventionen erreicht, sondern mit Innovation und Marktfähigkeit. Das ist nun einmal so.

Die Energiewende ist also nicht, wie Sie behaupten, auf halber Strecke zum Stehen gekommen, vielmehr ist die Energiewende im Bereich der Fotovoltaik so erfolgreich, dass die Förderung gesenkt werden kann. Die Kürzung der Solarförderung ist ein Beleg für den Erfolg der erneuerbaren Energie, denn langsam, aber stetig werden erneuerbare Energien auf dem Markt konkurrenzfähig.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Langsam, aber stetig, das ist das Zau- berwort!)

Das Ziel der EEG ist, Technik marktfähig zu machen, aber es kann nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger die Renditen Einzelner bezahlen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt möchte ich zum Schluss etwas sagen, um einmal weg von der Bundesregierung und wieder zurück nach Bremen zu kommen!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Können Sie jetzt noch einmal die Falschaussage von vorhin korrigieren? Das wäre jetzt die Gelegenheit!)

Ich will in eigener Sache als Vorsitzender eines Sportvereins sprechen, der zwei große Flächen mit Solarmodulen bestücken will, damit gelangen wir nämlich zu dem eigentlichen Problem: Wir versuchen jetzt seit zwei oder drei Jahren, diese Solarmodule

auf unseren Flächen im Sportverein zu vermieten, und da ist nicht die Rendite das Problem, sondern das Problem ist Immobilien Bremen, denn die haben für jede Lösung ein Problem.

(Bürgermeisterin L i n n e r t : Sie sind immer an allem schuld!)

Da brauchen Sie gar nicht zu lachen, das ist eigentlich traurig! Ich kann Ihnen gern einmal den Briefwechsel zeigen. Das ist nämlich das Problem! Dort reden Sie einmal über Behinderung, es ist nicht die Bundesregierung.

Noch einmal zum Abschluss: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Haustür! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder eine Freude, diese Debatte zu verfolgen, vor allem wenn versucht wird, Dinge zu erklären, die offensichtlich unsinnig sind, nämlich die Kürzung der Solarförderung. Es erstaunt dann schon immer wieder, welche Logik da entwickelt wird, zum Beispiel die Logik, wenn man möglichst wenig fördert, dann sprießt es aus dem Boden, wie der Kollege Herr Strohmann gerade gesagt hat. Sie haben gerade behauptet, nach dem ersten Mal, als die Solarförderung gekürzt wurde, ist es zu einem Aufblühen gekommen.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ja, das ist so!)

Das stimmt! Es gibt aber zwischen diesen beiden Dingen keinen ursächlichen Zusammenhang, wie Sie vermutet haben oder wie Sie uns hier glauben machen wollten, und dann zu begründen, wenn wir jetzt noch einmal kürzen, dann sprießt es erst recht – –.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das stimmt ja gar nicht so!)

Sie haben gesagt, es sprießt, und die Fotovoltaikbetriebe machen jede Menge Gewinn. Das Gegenteil ist der Fall! Nachdem jetzt diese weitere Kürzung beschlossen worden ist, hat es sofort Kreditausfälle, Stornierungen und Ähnliches gegeben. Sie gefährden insbesondere in Ostdeutschland Hunderttausende Arbeitsplätze mit dieser Form der Ankündigung und der Kürzung der Solarförderung.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU]) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Man kann möglicherweise sagen, da ist etwas überfördert. Es gibt ein einfaches Instrument, eine Überförderung auch zu überprüfen, und es gibt ein einfaches Instrument, soziale Ungleichheiten, dass also manche Leute die Solarförderung mitbezahlen müssen und andere nicht, relativ einfach auszugleichen. Besteuern Sie die Gewinne von Energieerzeugern! Es gibt diese Form der Überförderung möglicherweise an einer bestimmten Stelle. Da, wo sie dann tatsächlich auftritt, können Sie sie über Steuern wieder abschöpfen. Wenn Sie diejenigen besteuert hätten, die sich momentan und auch in den letzten 20 Jahren nicht an der Energiewende beteiligt haben, aber Milliarden und Abermilliarden Euro Gewinne eingestrichen haben, nämlich diejenigen, die auf Atomkraft und Kohle gesetzt haben, dann hätten Sie überhaupt kein Problem, eine Energiewende zu finanzieren. (Beifall bei der LINKEN)

Nun zu der konkreten Frage, ob es eigentlich sinnvoll ist, die Förderung der Fotovoltaik zurückzunehmen oder nicht! Ich meine ganz deutlich Nein, das Gegenteil ist der Fall, man muss die Förderung aufrechterhalten, und vor allem muss man sie verstetigen.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Bleibt ja auch oft so!)

Die Menschen, die sich auf so etwas einlassen, müssen sich sicher sein, dass es nicht in einem oder einem halben Jahr anders wird, sondern sie müssen Verträge bekommen, die vernünftig, auf Dauer und mit Gewährleistung ausgestattet sind.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ist doch so! Sind doch sicher!)

Wir haben jetzt die ganze Zeit auch darüber gesprochen, ob wir eigentlich einen Atomausstieg haben. Vor einem Jahr haben wir hier debattiert, und vor einem Jahr war in diesem Haus in der Tat eine überwältigende Mehrheit dafür, dass man aus der Atomkraft aussteigen muss. Jetzt gibt es den Beschluss, bis zum Jahr 2022 sollen die Atomkraftwerke stillgelegt werden. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir damit nur den Fokus auf die Atomkraftwerke legen. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung über Hermes-Bürgschaften an dem Bau eines Atomkraftwerks in Brasilien mit zweifelhaften Sicherheitsstandards beteiligt ist.

Ich mache darauf aufmerksam, dass in Gronau und Lingen auch in den nächsten Jahren und auf absehbare Zeit immer in einer Größenordnung von 35 Atomkraftwerken Brennelemente produziert werden. Die Anreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen sind nicht Teil des Atomausstiegs, und das wird auch im Jahr 2022 nicht aufhören. Sie haben jetzt erst auf eine Kapazität ausge

baut, mit der sie die ganze Welt mit Brennelementen beliefern können. Das, finden wir, ist nicht gerade ein Zeichen eines vernünftigen Atomausstiegs. Die damit zusammenhängenden Transporte bleiben, und die Frage von Endlagern ist nach wie vor nicht geklärt.

Jetzt zu glauben, wir sind schon einen guten Schritt weiter mit dem Atomausstieg, ist ein bisschen verfrüht. Ich denke, der größte Teil der Aufgabe liegt noch vor uns, nämlich einerseits auszusteigen und andererseits in der Tat eine Energiewende hinzubekommen.

Ich weiß – das haben die Kollegen vor mir gesagt –, eine wichtige Frage ist die des Energiesparens. Ich habe mir einmal die Frage gestellt, was eigentlich mit den Energieerzeugern passiert, wenn es tatsächlich gelingt, in den nächsten zwei Jahren 30 Prozent der Energie nicht mehr zu verbrauchen. Wir reduzieren die Umsätze um 30 Prozent. Rentieren sich diese dann nicht mehr? Wird dann wirtschaftlich gesagt, nein, wir müssen sie jetzt schließen?

Das heißt, wir sind in der widersinnigen Situation, dass wir möglicherweise mit der Reduzierung des Energieverbrauchs – wir sparen die Energie nicht, wenn wir sie nicht verbrauchen, können wir sie nicht morgen verwenden – nicht nur vor eine gesellschaftliche oder eine technische Aufgabe gestellt werden, sondern auch vor eine ökonomische Aufgabe. Die Frage ist: Was passiert denn eigentlich, wenn die großen Energieunternehmen ihre Gewinne nicht mehr machen? Darauf gibt es auch die eine oder andere Antwort. Wir sind also in einer Situation, in der wir von der zentralen Energiezeugung weg müssen, zumindest deutlich mehr als bisher.

Deswegen ist es auch interessant, dass bei regenerativen Energien die Frage, wo eigentlich die Windmühlen gebaut werden, nicht unerheblich ist. Kann man eigentlich auf so etwas wie Wüstentechnologie, also Desertec, setzen? Können wir unsere Solaranlagen in der Sahara bauen, den Strom dort erzeugen und dann per Kabel hier herübertransportieren oder dort Wasserstoff erzeugen und den dann hierherbringen? Das ist technisch alles kein Problem. Die Frage ist, unter welchen Strukturen das passiert, wer es finanziert, wer die Gewinne einnimmt und ob es überhaupt passiert.

Im Moment habe ich den Eindruck, dass wir uns in einer Phase befinden, in der sich einige Menschen die Frage gestellt haben, wie wir es eigentlich schaffen können, diesen ärgerlichen Unfall von Fukushima so ein bisschen unter den Tisch zu kehren. Wie können wir es wenigstens schaffen, die letzten neun oder zehn Atomkraftwerke, die wir hier noch haben, zu retten? Wie können wir es noch schaffen, dass sich dieses Virus der Anti-AKW-Bewegung nicht in Europa oder in der Welt ausbreitet?

Da gibt es natürlich eine sehr gute Methode, die wir heute teilweise kennengelernt haben. Man muss

natürlich alternative Energien diskreditieren. Argumente wie, der Hartz-IV-Empfänger finanziert die Solaranlage des Zahnarztes am Starnberger See, sind typische Diskreditierungen. Oder es wird gesagt, wenn solch ein Windrad in der Nähe eines Hauses steht, wird man irgendwann verrückt, weil es andauernd Geräusche macht. Solche Dinge kommen natürlich immer mehr ins Rollen, und man darf sich nicht täuschen, das wirkt!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ist richtig! Das stimmt!)

Deswegen ist das ein wichtiger Bestandteil!

Der zweite wichtige Bestandteil ist, dass man die Entwicklung von alternativen Energien auf administrativer Ebene, so gut es geht, behindert. Das hören wir gerade, wir fahren die Förderungen zurück. Wir geben nicht die notwendigen Mittel aus, um das zu fördern und weiterzuentwickeln. Die dritte Möglichkeit ist, man droht mit Arbeitsplätzen. Die vierte Möglichkeit ist, man malt sozusagen den Teufel eines wirtschaftlichen Niedergangs an die Wand.

Wir sind also in einer Situation, in der es meines Erachtens wirklich darauf ankommt, ob man es durchhält, dass man keine Atomenergie in Deutschland mehr haben will, oder ob man es nicht durchhält. Ich habe den Eindruck, wenn ich jetzt die Debatte und auch die aktuellen Ereignisse verfolge, dass es einige Menschen in der Bundesrepublik gibt, die den Atomausstieg sabotieren wollen. Sie wollen die Energiewende sabotieren. Das fühle ich sehr deutlich, und es ist eine Aufgabe aller, die damit nicht einverstanden sind, diese Sabotage zu verhindern.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Das ist die große Verschwörung!)

Eines ist auch klar: Weder die Energieeinsparung noch die Energieverbrauchsreduzierung, noch alternative Energien sind ein technisches Problem. Die technischen Probleme in diesen Zusammenhängen sind gelöst oder werden in der Zukunft immer besser gelöst werden. Das einzige Problem, das dieses Land hat, ist, ob wir die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen für diese Energiewende schaffen. Das geht auch nicht über den Markt. Das wird sich nicht über die Strompreise lösen lassen. Da bedarf es gesellschaftlichen und politischen Handelns, das muss man wollen, und da darf man nicht am Gängelband der Atomindustrie oder der Großindustrie sitzen, da muss man einen freien politischen Willen haben und das Notwendige dafür tun, damit diese Energiewende stattfindet! – Vielen Dank!