Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Über schmerzliche Einschnitte beim Personal habe ich bereits einiges gesagt. Wenn die Ausgaben über Jahre nahezu stabil gehalten werden müssen, erfordert es erhebliche Sparanstrengungen auf allen Ebenen. Anders als von vielen gewünscht, ist es nicht mit viel Rauch und Getöse verbunden. Die Mühen der Ebene zu gestalten, ist selten spektakulär, dafür aber nicht weniger effektiv. Zahlreiche Projekte zur Effizienzsteigerung der Verwaltung sind begonnen und auch schon abgeschlossen worden oder in Planung. Dazu gehört ebenso die Zusammenlegung von Stadtgrün mit den Bremer Entsorgungsbetrieben wie beispielsweise auch die Einführung eines digitalen Liegenschafts- und Katasterinformationswesens, das hilft, Personal einzusparen.

Der Kontrakt mit der BSAG sieht vor, dass der Verlustausgleich von 54,4 Millionen Euro im Jahr 2011 kontinuierlich auf 40,4 Millionen Euro im Jahr 2020

sinkt. Der zentrale ökofaire Einkauf wird weiter ausgedehnt, und damit werden die Beschaffungskosten gesenkt. Wo es sinnvoll ist, werden wir Kooperationen mit anderen Bundesländern eingehen beziehungsweise die vorhandene Zusammenarbeit erweitern. Die Bremer Finanzkassen wurden zusammengefasst, die Zahl der Finanzämter soll von sechs auf vier gesenkt werden. Ein neuer Vertrag über Telefondienstleistungen wird voraussichtlich eine Viertelmillion Euro jährlich einsparen.

Neben den notwendigen Sparanstrengungen müssen wir auch immer wieder prüfen, ob wir unsere begrenzten Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung im Bereich der Steuern und Abgaben auch nutzen. Bremen hat bereits die Vergnügungssteuer erhöht. Es war die bewusste Entscheidung für einen vergleichsweise hohen Steuersatz. Es gibt keinen Grund, warum der Staat möglichst attraktive Bedingungen für den Betrieb von Spielhallen schaffen sollte.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zum 1. April 2012 wird die Citytax eingeführt. Mit dieser Abgabe stärken wir die kulturelle und touristische Infrastruktur, davon profitieren auch die Hotels und ihre Gäste. Wir prüfen aktuell, ob die Gewerbesteuer erhöht werden soll. Dabei vergleichen wir die aktuelle Bremer Situation mit der in anderen Kommunen ähnlicher Größenordnung und haben die Situation in unseren Nachbargemeinden im Blick. Geprüft wird auch die Einführung einer Straßenreinigungsgebühr.

Neben dem Haushalt 2012 und 2013 liegt Ihnen heute auch der Finanzplan für die Jahre 2011 bis 2016 vor. Er erfasst den gesamten Stadtstaat, also das Land und die Stadtgemeinde Bremen sowie Bremerhaven. Der Finanzplan erfüllt die Vorgaben der Schuldenbremse und des Stabilitätsabkommens. Er enthält die wesentlichen Richtwerte zur Gestaltung künftiger Haushalte. In Bremen wird der Anstieg der Primärausgaben deutlich geringer ausfallen müssen als in anderen Bundesländern. Bremen muss in dem gesamten Zeitraum weiter erhebliche Sparanstrengungen unternehmen. Die Ausgaben des Stadtstaats wachsen jährlich minimal um 0,7 Prozent, von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 4,7 Milliarden Euro im Jahr 2016. Das ist ein ehrgeiziger Plan angesichts kostentreibender Faktoren wie zum Beispiel steigende Energiepreise und wachsende Zins- und Pensionslasten.

Auch bei erfolgreicher Konsolidierung wird Bremens Schuldenberg weiter von 18,4 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 20,2 Milliarden Euro im Jahr 2016 anwachsen. Mehr Sparen als geplant geht nicht. Sollten die Steuereinnahmen einbrechen oder staatliche Aufgaben vom Bund auf Länder und Kommunen verlagert werden, ist das, das sage ich hier ausdrücklich, für Bremen nicht verkraftbar. Wir brauchen

steigende Einnahmen, um unsere Aufgaben erfüllen zu können. Deshalb wird Bremen auch weiterhin im Bundesrat Steuersenkungen konsequent ablehnen und sich für die Anhebung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer einsetzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir halten das für einen wichtigen Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Sicherung der Einnahmebasis des Staates.

Wichtig für die Konsolidierung war der Abschluss der Sanierungsvereinbarung zwischen Bremen und Bremerhaven. Nur gemeinsam können wir es schaffen! Exakt 10,4 Prozent des Defizitabbaus der bremischen Haushalte, das sind rund 12,6 Millionen Euro jährlich, entfallen auf die Stadt Bremerhaven. Gleichzeitig wird die Seestadt mit jährlich gut 31 Millionen Euro an den Konsolidierungshilfen von Bund und Ländern beteiligt. Diese Erleichterung für den Haushalt der Seestadt ist angesichts der problematischen Einnahmen- und Ausgabenstruktur Bremerhavens unstrittig. Das Land Bremen hat sicher darüber hinaus verpflichtet, den Ausbau der Bremerhavener Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder mit je vier Millionen Euro in den Jahren 2012 und 2013 zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will nicht ausschließen, dass sich die Verteilung der zu leistenden Sanierungsbeiträge zwischen den bremischen Gebietskörperschaften noch ändern kann. Unter Umständen wird das bei der anstehenden Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs ein Thema sein. Die Gespräche über den neuen kommunalen Finanzausgleich werden auf Grundlage detaillierter Analysen und differenzierter Berechnungen stattfinden. Dabei ist es notwendig, die Ausgangslagen und Perspektiven beider bremischen Städte zu betrachten und hierbei nicht nur den Vergleich untereinander, sondern auch mit Städten vergleichbarer Größenordnung im Bundesgebiet anzustellen.

Von der kommunalen Ebene zur Bundesebene! Die Schuldenbremse schreibt vor, dass die Länder ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen dürfen, der Länderfinanzausgleich endet 2019. Es wird darauf ankommen, die anstehenden Verhandlungen über die Gestaltung der bundesstaatlichen Finanzordnung mit einer Lösung der Altschuldenproblematik zu verknüpfen und eine aufgabenadäquate Finanzausstattung des Stadtstaats Bremen zu erreichen. Zur notwendigen Bestandsaufnahme gehören auch die regional ungleich in die Länder verteilten milliardenschweren Finanzierungen des Bundes für Verkehrsinfrastruktur und Forschung. Das werden keine leichten Verhandlungen.

In unschöner Regelmäßigkeit verkünden südliche Regierungsvertreter, mit dem für ihre Länder angeblich ungerechten Finanzausgleich müsse endlich Schluss sein, verknüpft mit der Ankündigung, man werde sonst vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Der Senat hat Grund, dieser Drohung gelassen entgegenzusehen. Auch meine südlichen Kollegen wissen oder könnten wissen, dass der Länderfinanzausgleich Grundlage für die gemeinsam vereinbarte Schuldenbremse ist und bis 2019 gilt. Auch hier muss gelten: Konsolidierung braucht Kontinuität und Verlässlichkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Verhandlungen um die zukünftige Struktur des Länderfinanzausgleichs werden wir selbstbewusst führen. Das Bundesverfassungsgericht hat Bremen bescheinigt, dass Bremen ohne eigenes Verschulden in die Haushaltsnotlage geraten ist. Bremen hat im Ländervergleich das zweitgrößte Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, über unsere Häfen exportiert Deutschland in alle Welt, an unseren Hochschulen werden Studierende aller Bundesländer ausgebildet. Wir leisten viel für Deutschland! Nur wer sich selbst hilft, dem wird geholfen, das ist die Grundidee der Konsolidierungshilfen für Bremen in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Euro.

Wir alle wissen, dass ein schwieriger Weg vor uns liegt. Lassen Sie uns gemeinsam über die dabei zu überwindenden Probleme und deren Lösung streiten! Wir haben nicht für alles eine fertige Lösung parat, aber wir verfallen auch nicht in eine Schockstarre, sondern arbeiten die Herausforderungen Schritt für Schritt ab. Der vorgelegte Haushalt erfüllt alle Anforderungen: Bremen wird seine zweimal 300 Millionen Euro in diesen beiden Jahren erhalten und damit vor dem gestrengen Stabilitätsrat bestehen können! Der Senat wird auch künftig im Sinne einer nachhaltigen, sozialen und generationengerechten Politik Kurs halten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Haushaltsplan so etwas ist wie in Zahlen gegossene Politik, dann ist der uns heute zur Beratung vorliegende Haushaltsplan für die Jahre 2012 und 2013 und der Finanzplan bis zum Jahr 2016 so etwas wie die Eröffnungsbilanz der wiedergewählten rot-grünen Landesregierung.

Diese Eröffnungsbilanz ist getrübt durch Vorbelastungen. Die erste und größte Vorbelastung ist und

bleibt die unverändert hohe Arbeitslosigkeit in den beiden Städten unseres Landes. Es ist durch die Politik der letzten Jahre in Bremen, anders als in anderen Bundesländern und anders als in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt, nicht gelungen, den wirtschaftlichen Aufschwung zum Abbau der drückenden Arbeitslosigkeit zu nutzen und die sich daraus ergebende folgenschwere dauerhafte Belastung von Bürgerinnen und Bürgern in Bremen und Bremerhaven zu vermindern. Die zweite schwierige Ausgangsbedingung ist der im Ländervergleich und im internationalen Vergleich unverändert schlechte Abschluss von Bremer und Bremerhavener Schülerinnen und Schülern, die damit unter einem erschwerten Zugang zum Ausbildungsund Arbeitsmarkt leiden. Die dritte große Vorbelastung ist über Generationen entstanden. Es ist die drückende Last von mittlerweile mehr als 18 Milliarden Euro Schulden in den beiden Städten unseres Landes und die sich daraus ergebende eingeschränkte Handlungsfähigkeit der bremischen Politik. Weil die Anforderungen an die Politik in Bremen so immens waren, war die Erwartungshaltung an die mit einer großen Mehrheit ausgestattete rot-grüne Koalition und den von ihr getragenen Senat auch außerordentlich hoch. Wer eine breite, große parlamentarische Mehrheit und ein auf viele Wählerinnenund Wählerstimmen gestütztes Vertrauen hat, trägt eine besondere Verantwortung, die Politik in unserem Lande nicht nur zu verwalten, sondern auch zu gestalten. (Beifall bei der CDU)

Gemessen an diesen besonderen Herausforderungen ist der vorgelegte Haushaltsentwurf dieser rotgrünen Landesregierung mehr als enttäuschend.

(Beifall bei der CDU)

Er leistet keinen Beitrag dazu, wie wir es schaffen, den bundespolitischen Rückenwind in der Wirtschaftsund Arbeitsmarktsituation auch in Bremen dazu zu nutzen, dass weniger Menschen arbeitslos und mehr Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen sind. Er leistet keinen Beitrag dazu, einen Weg aufzuzeigen, wie wir dem eigentlichen Kapital, der Ressource unseres Landes, nämlich den Köpfen der jungen Menschen, eine Perspektive auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt schaffen können. Eine Vision, wie wir es bis zum Jahr 2019 schaffen können, ohne neue Schulden für künftige Generationen Politik in Bremen und Bremerhaven zu gestalten, enthält er schon gar nicht.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist diese Eröffnungsbilanz trotz der schwierigen Rahmenbedingungen katastrophal, und

der Senat und die ihn tragenden Fraktionen wirken entmutigt. Dabei, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Linnert, kann es eben nicht darum gehen, wie Sie soeben gesagt haben, dass das Ziel Ihres staatlichen Handelns ist, so viel Geld einzunehmen, wie man ausgeben will. Umgekehrt muss es sein! Sie können nur so viel Geld ausgeben, wie Sie einnehmen, und nicht immer nur an der Einnahmeschraube drehen.

(Beifall bei der CDU)

Die Haushaltssanierung unseres Bundeslandes ist gelenkt und geleitet durch die Entscheidung –

(Zurufe von der SPD und dem Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie haben doch noch Redezeit, Herr Dr. Güldner! –

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Gott sei Dank!)

des Staatsgerichtshofs, der auf Antrag der CDU mit Gesetzeskraft festgelegt hat, an welchem Rahmen sich in Zukunft die Neuverschuldungsgrenzen in Bremen und Bremerhaven orientieren dürfen. Wie reagiert der Senat? Der Senat plant, diesen Konsolidierungspfad ausschließlich dadurch einzuhalten, dass alle laufenden konsumtiven Ausgaben in den nächsten Jahren weiter steigen, also immer mehr Geld ausgegeben wird – mit Ausnahme der Investitionen –, und gleichzeitig nur bei den Einnahmen überproportionale Steigerungen erzielt werden, indem Sie von 2006 bis 2016 die Einnahmen insgesamt um eine Milliarde Euro steigern wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie selbst begründen diese Einnahmeerwartung, die sogar noch über die letzte Steuerschätzung vom November 2011 hinausgeht, damit, dass Sie darauf hoffen, dass es einen nachhaltigen und lang andauernden konjunkturellen Aufschwung geben wird. Nun will ich gar nicht darüber spekulieren, dass dies schon an Ihrer eigenen Vision scheitern würde, im Jahr 2013 selbst die Bundesregierung stellen zu wollen, denn damit dürfte es sich mit dem bundesweiten Aufschwung erledigt haben. Nein, ich unterstelle sogar, dass Sie es nicht schaffen, ab 2013 die Bundesregierung zu stellen! Selbst dann wäre es unrealistisch, dass die Einnahmen in den nächsten sechs Jahren jährlich um 3,5 Prozent steigen. Eine solche Periode hat es in der deutschen Politik noch nicht gegeben, und es wird sie auch nicht geben. Es ist ein ungedeckter Scheck auf die Zukunft künftiger Generationen, und deswegen ist dieser Haushalt in der Einnahmesituation und in der Einnahmeentwicklung das Unseriöseste, was diesem Parlament jemals vorgelegt worden ist!

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie im Übrigen darauf hoffen, dass es so passiert, dann frage ich mich, warum Sie eigentlich Ihrer Ankündigung in der Regierungserklärung bis heute keine Taten haben folgen lassen.

Wir brauchen endlich auch in Bremen eine in der Landesverfassung verankerte Schuldenbremse, damit die Haushaltskonsolidierung nicht von Ihrer Sprunghaftigkeit, sondern von einem langfristigen Pfad abhängig ist. Die Grundvoraussetzung für Haushaltssanierungen ist die Verabredung auf ein Neuverschuldungsverbot in der Landesverfassung. Sie haben es bisher immer abgelehnt, Sie haben es selbst angekündigt, Sie haben auch ein Jahr nach der letzten Wahl bis heute nichts umgesetzt, und das lässt große Zweifel aufkommen, dass es Ihnen wirklich um die Konsolidierung der Haushalte geht und nicht nur darum, in dieser Legislaturperiode irgendwie über die Runden zu kommen. Wenn Sie es wollen, dann schreiben Sie es endlich in die Landesverfassung!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die gibt es doch so oder so für uns!)

So, wie die Grünen in anderen Ländern es ja auch fordern und machen! Warum machen wir es denn eigentlich nicht in Bremen, Herr Dr. Güldner?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir halten uns doch an die Schul- denbremse!)

Sie wollen die Haushaltskonsolidierung davon abhängig machen, dass es auf der Einnahmeseite zu keinen Veränderungen kommt. Eine solche Garantie kann Ihnen niemand geben, Herr Dr. Güldner!

Ich habe sehr genau gehört, dass die Bürgermeisterin vorhin gesagt hat, wenn die Einnahmeseite wegbricht, dann scheitert die Sanierung. Nein, die Sanierung scheitert an dem Willen dieses Senats, den Haushalt zu konsolidieren oder ihn nicht zu konsolidieren, aber sie scheitert nicht daran, dass die Einnahmesituation durch den Bund in diese oder jene Richtung nachhaltig verändert wird!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Halten wir uns an die Schulden- bremse?)

Sie profitieren zurzeit von der Politik der Bundesregierung,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch Quatsch!)

und wenn diese Einnahmen dann wegbrechen, können Sie nicht sagen, jetzt sind Sie aber schuld.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wo kommen denn die Löcher her?)

Den Erfolg Ihrer Haushaltspolitik haben Sie selbst zu verantworten! Hören Sie damit auf, andauernd mit dem Finger auf andere zu zeigen, das ist unredlich!