Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Den Erfolg Ihrer Haushaltspolitik haben Sie selbst zu verantworten! Hören Sie damit auf, andauernd mit dem Finger auf andere zu zeigen, das ist unredlich!

(Beifall bei der CDU)

Der Haushaltsentwurf ist neben der völlig unsicheren und aus unserer Sicht überhöhten Einnahmeerwartung natürlich mit weiteren Risiken behaftet. Einige haben Sie, Frau Senatorin, selbst benannt. An erster Stelle steht natürlich die Frage der Tarifpolitik. Wir wissen, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in der derzeitigen Situation eine Tarifanpassung von 6,5 Prozent fordern – Sie haben sich dazu bisher nicht geäußert –, wir wissen aber auch, dass die Arbeitgeber für Bund und Kommunen bisher ein Angebot für zwei Jahre von 3,3 Prozent auf den Tisch gelegt haben.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau, für zwei Jahre!)

Die Erwartungshaltung, dass es unter 3,3 Prozent enden wird, ist also relativ überschaubar. Alle Experten gehen davon aus, dass in der anstehenden Tarifrunde mindestens eine Vier vor dem Komma stehen wird, ob es 4,2, 4,4 oder 4,6 Prozent sein werden, das wird sich noch zeigen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ob es ein Jahr oder zwei Jahre sind, das interessiert Sie doch nicht!)

Eines wissen wir aber jetzt schon, Herr Dr. Güldner, sowohl im Kernhaushalt als auch bei den Zuwendungsempfängern haben Sie mit dem, was Sie in den Haushalt eingestellt haben, diese Vorsorge nicht erfüllt!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wären lustige Tarifverhandlungen, wenn wir die schon eingestellt hätten! Sie sind ja ein Ta- rifverhandlungs-Crack!)

Schon jetzt sind Ihre Ansätze für die Personalkostensteigerung Makulatur, unabhängig davon, dass Sie sich von Ihren eigenen, vollmundig angekündigten Personalabbauforderungen zwischenzeitlich verabschiedet haben. Ich will nur sagen, dass Sie im Wirtschaftsressort noch heute 20 Stellen haben, die nicht finanziert sind, und Sie finanzieren sie auch mit diesem Haushalt wieder nicht. Das ist doch keine nachhaltige Politik, wie sie von den Grünen beansprucht wird, das ist eine desaströse Tagespolitik und eine Zufälligkeit, aber das ist keine Vision, die, mit einer Zweidrittelmehrheit dieses Parlaments unterlegt, für

die Zukunft eine vernünftige Finanzierung der beiden Städte unseres Landes auf den Tisch legt. Es ist desaströs, Herr Dr. Güldner!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: So würden Sie in Tarifverhandlungen gehen?)

Was haben Sie eigentlich selbst für eine Auffassung von sich als Parlamentarier, wenn Sie nicht das in die Haushaltspläne einstellen, womit Sie rechnen, sondern mit niedrigen Haushaltsansätzen pokern? Sie sind Haushaltsgesetzgeber, Herr Dr. Güldner, und kein Tarifverhandlungspartner! Wir haben die Verpflichtung, hier realistische Haushaltsansätze einzustellen und keine Luftbuchungen vorzunehmen, wie Sie es vorschlagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Risikovor- sorge müssen wir betreiben!)

Das zweite große Risiko hat die Senatorin ebenfalls benannt, übrigens auch ohne irgendeine Lösung anzubieten. Es stimmt, wir haben zurzeit den Jahresabschluss des Klinikverbundes GeNo vorliegen. Unabhängig davon, dass wir im Klinikum Bremen-Mitte ein Defizit von rund zehn Millionen Euro erwirtschaftet haben, ist der Gesamtklinikverbund im vergangenen Jahr mit einem Defizit von vier Millionen Euro gegenüber einer Einnahmeerwartung von 1,8 Millionen Euro mit 5,8 Millionen Euro vom Plan abgewichen. Ich sage es einmal ganz ehrlich, da müssen einem doch auch als Finanzsenatorin die Alarmglocken schrillen!

Sich hier hinzustellen und zu sagen, dass alles so bleibt, wie es ist, wenn schon im ersten Jahr der Sanierung das Ziel so nachhaltig verfehlt wird wie bei der GeNo, ist verantwortungslos und führt die Menschen in die Irre.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer hat das denn gemacht?)

So, wie es im Klinikverbund GeNo ist, wird es eben nicht weitergehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Herr Oberschlau, sind Sie auch schon darauf gekommen?)

Es nützen auch keine Treueschwüre auf das Sanierungsprogramm und darauf, dass wir alles eins zu eins so umsetzen müssen, wie es vor Jahren einmal geplant worden ist. Nein, wir müssen sofort über die Planung hinweggehen, um die Risiken für den Haushalt zu deckeln, und wir müssen auch sicherstellen, dass wir die Arbeitsplätze im Klinikverbund nicht

durch Treueschwüre, sondern durch politisches Handeln sichern.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Toller Kerl!)

Neben den Risiken, für die nicht ausreichend Vorsorge getroffen worden ist, und den überhöhten Einnahmeerwartungen lehnen wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion den Haushaltsentwurf natürlich auch ab, weil er die falschen politischen Schwerpunkte setzt!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ach so!)

Sie profitieren mit Ihren hohen Steuereinnahmen zurzeit von einer im Übrigen auch von einer Zweidrittelmehrheit in diesem Parlament getragenen Sanierungsstrategie für unser Bundesland. Wir haben in den Zeiten der Großen Koalition mit dem Programm „Sparen und Investieren“ –

(Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

wir gemeinsam, da schaue ich einmal in diesen Teil des Hauses! – wichtige Akzente dafür gesetzt, indem wir wegfallende Arbeitsplätze ersetzen, Steuerkraft nachhaltig generieren und Menschen in Bremen und Bremerhaven eine Perspektive auf dem regionalen Arbeitsmarkt geben konnten. Ich gebe zu, dass wir dabei Fehler gemacht haben, Herr Dr. Güldner, wir haben aber auch eine Menge richtig gemacht, von dem wir in Bremen insgesamt heute noch profitieren. (Beifall bei der CDU)

Der Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur, das größte Großprojekt der rot-schwarzen Regierungskoalition in Bremen, die Investitionen in die Hafenentwicklung mit den Großbauvorhaben CT III, CT IIIa, CT IV und Kaiserschleuse, die Entwicklung von Gewerbegebieten und die Förderung des Tourismus mit dem Auswandererhaus, dem Klimahaus und dem Universum, all das ist die Voraussetzung dafür gewesen, dass Sie heute überhaupt diese Steuereinnahmen haben, von denen Sie glauben, sie freihändig verteilen zu können. Ohne diese nachhaltige Wirtschaftsstrukturpolitik, Herr Dr. Güldner, stünde Bremen heute viel schlechter da! Das war eine Vision, die von einer sehr breiten Mehrheit im Parlament getragen wurde. (Beifall bei der CDU)

Wo ist eigentlich Ihre wirtschaftspolitische Vision?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Kinderbetreuung und Bildung, das ist es!)

Ist es eigentlich im Sinne grüner Politik nachhaltig, das gesamte staatliche Ausgabevolumen immer mehr auf den Konsum zu konzentrieren und immer weniger in die Zukunft der beiden Städte unseres Landes zu investieren? Nein, das ist falsch! Sie verspielen die Einnahmen zukünftiger Generationen durch investitionspolitische Untätigkeit, und das ist verantwortungslos!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Kinder und Bildung!)

Wir müssen natürlich noch in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit investieren. Was ist eigentlich mit der Verkehrsinfrastruktur? Ist es eigentlich wirklich richtig, dass der Verkehrssenator nur auf Fußgänger und Radfahrer setzt? Für das Lebensgefühl ist es sicherlich wichtig, aber was sagen Sie den Menschen, die ihren Arbeitsplatz im GVZ haben, die jeden Tag in den Hafen fahren, um am Umschlag teilzunehmen, und den vielen, die bei Speditionen, Stauereien und in den Lagereien tätig sind?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dass wir die Autobahn zu Ende bauen, im Gegensatz zu Ihnen! Eine Auto- bahn rund um Bremen!)

Sie sind vom Einkommen ihrer Arbeit abhängig und können erwarten, dass aus ihren Steuern eine Verkehrsinfrastruktur hergestellt wird, die den Ansprüchen moderner Wirtschaftspolitik gerecht wird, und nicht Gigaliner und Umschlag verteufelt werden, und nicht, dass überall nur gesagt wird, was nicht geht. Die Menschen haben einen Anspruch zu erfahren, was geht und wie ihre Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven gesichert werden, und dazu erfahren sie von dieser Regierung nichts.

(Beifall bei der CDU)

Über die Investitionen in die Bildung werden wir im Zuge der weiteren Beratungen noch nachhaltig zu reden haben. Wir haben mit dem Bildungskonsens eine Antwort auf die Strukturfrage gefunden, aber wir wissen seit Beginn des letzten Schuljahrs, dass es durch die Zuweisung von Unterrichtsstunden zu erheblichen Ungleichgewichten kommt, die den Erfolg des Bildungskonsenses gefährden können. Deswegen ist es aus Sicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion wichtig, dass wir in den weiteren Beratungen nicht darüber reden, ob wir die Anforderungen der Inklusion umsetzen, sondern wie und in welchem zeitlichen Rahmen wir sie umsetzen.

Es macht doch keinen Sinn, dass wir ehrgeizige und durch Ausgabendisziplin gedeckelte Anstrengungen unternehmen, behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam zu unterrichten, wenn es uns nicht einmal

gelingt, den Regelunterricht, der über die Schulabschlüsse unserer Kinder entscheidet, am Ende sicher garantieren zu können. Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit! Die Inklusion darf die Schulabschlusschancen unserer Kinder nicht durch übertriebenen Ehrgeiz gefährden. Es muss dann eben wie in anderen Ländern ein bisschen langsamer und dafür gründlicher gehen. Wir lassen aber nicht zu, dass Unterricht ausfällt, nur weil sich dieser Senat auf die Fahnen geschrieben hat, bei der Umsetzung der Inklusion der Erste zu sein. Das können wir uns als Haushaltsnotlageland in dieser Geschwindigkeit vielleicht nicht leisten. (Beifall bei der CDU)

Deswegen geht es an dieser Stelle nicht darum, ob wir mehr Geld ausgeben – ich höre Sie ja schon sagen, die CDU sagt, wo man überall mehr machen muss –, sondern es geht darum, wie wir Geld ausgeben. Dafür ist, das will ich abschließend sagen, das Programm Umbau der Verwaltung und Infrastruktur – UVI – übrigens ein gutes Beispiel. Ich habe vorhin die drei Herausforderungen geschildert: Wir müssen die Krise am Arbeitsmarkt bewältigen, eine solide Bildung unserer Kinder gewährleisten – einschließlich einer bedarfsgerechten Versorgung mit Plätzen für unter Dreijährige – und natürlich auch die wirtschaftliche Infrastruktur in unserem Bundesland leistungsfähig erhalten, damit die Arbeitsplätze auch in Bremen und Bremerhaven sozialversicherungspflichtig erhalten bleiben. Was machen Sie mit Ihrem UVI-Programm? Sie investieren ausschließlich in die Verwaltung, Sie investieren in den Abbau von Theatersitzplätzen anstatt in den Ausbau der Betreuung von unter Dreijährigen, und das ist ein Armutszeugnis sozialer Politik!

(Beifall bei der CDU – Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das UVI-Programm wird dem Anspruch nicht gerecht, Anreize dafür zu schaffen, dass wir in Zukunft mit den Ausgaben disziplinierter umgehen, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Deswegen sage ich, dass der von Ihnen vorgelegt Haushaltsentwurf nicht die an Sie selbst gestellten Erwartungen erfüllt, weil Sie vieles von dem, was Sie versprochen haben, zurücknehmen. Er erfüllt nicht die Erwartungen der Menschen, die Ihnen das Vertrauen für Ihre Regierungspolitik gegeben haben, und er erfüllt im Übrigen auch nicht die Anforderungen an eine solide und auch Risiken umfassende Haushaltspolitik. Die Geschichte unseres Landes und anderer Länder hat gezeigt, dass immer dann, wenn es große Mehrheiten gibt, auch die Gelegenheit vorhanden ist, große Entscheidungen zu treffen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Der Space Park zum Beispiel!)

Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf tun Sie das Gegenteil, Sie sind zaghaft, Sie haben keine Vision von unserem Bundesland,

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Und der Laden läuft!)

und Sie versuchen nur, irgendwie über die Runden zu kommen und die Verantwortung auf andere zu schieben. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird Ihrem Haushalt die Zustimmung nicht erteilen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Röwekamp, ich habe mich während Ihrer Rede gefragt, wie ich Ihr Oppositionshandeln eigentlich werten soll, das Sie hier dargeboten haben. Ich bin hinreichend erschüttert. Für mich ergibt sich dabei eigentlich nur eine einzige Bewertung: Hier hat der Barmixer des Saftladens gerührt und geschüttelt, herausgekommen ist nichts Hundertprozentiges, sondern ausschließlich Lebertran.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. K n ä p p e r [CDU]: Das sind doch Sprüche!)

Wir befinden uns im zweiten Jahr der Konsolidierungsvereinbarung. Trotz aller Unkenrufe im Vorfeld ist es der Koalition gelungen, erneut einen Haushaltsentwurf vorzulegen, der alle Bedingungen des Konsolidierungspfades erfüllt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Scheint nicht jeder mit- bekommen zu haben!)