Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Ich rechne tendenziell mit rückläufigen Quecksilberemissionen aufgrund der Tatsache, dass die Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin rückläufig ist und sich viele Menschen ihre Amalgamfüllungen im Laufe des Lebens durch andere Materialien ersetzen lassen. Das hat ja auch einen Gesundheitsaspekt. Deswegen glaube ich, dass wir hier weiter hinschauen müssen.

Wir haben uns vom Ressort aus dazu bereiterklärt, dass wir diese Stichprobenmessungen regelmäßiger durchführen wollen – einige lagen ja doch schon etliche Jahre zurück –, damit wir auch weiterhin sicher sind, dass diese Krematorien in vertretbarer Weise betrieben werden. Ich glaube aber, dass wir hier unbesorgt sein können, und Verhältnisse wie in England, wo eine Anlage über zehn Kilogramm Quecksilber pro Jahr emittiert, haben wir hier nicht.

Auch ich bin der Meinung, dass wir immer wieder schauen sollten, dass wir das Bestattungswesen zeit

gemäß ausgestalten und an die Bedürfnisse der trauernden Menschen und den Willen der Verstorbenen anpassen. Insbesondere eine Liberalisierung des gültigen Friedhofszwangs wäre hier zu diskutieren. Warum soll bei uns die Aushändigung der Asche des Verstorbenen an Angehörige kategorisch ausgeschlossen sein, wenn dies dem ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen und der Angehörigen entspricht?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Frankreich, England oder den Niederlanden ist das möglich. Wenn durch die Lockerung des Friedhofszwangs das Recht eines Einzelnen auf seine individuelle Trauer gewahrt ist und einer späteren Überführung, beispielsweise in einen Friedwald, nichts entgegensteht, spricht zumindest aus meiner Sicht nichts dagegen. Dazu bedürfte es allerdings einer Novellierung des Friedhofs- und Bestattungsrechts, und das wäre dann wiederum ein Thema für dieses Haus, sich mit der Frage zu beschäftigen.

Meine Damen und Herren, sowohl das Recht und die Möglichkeit auf eine individuelle und ganz persönliche Trauer als auch die ständige Aufmerksamkeit in Bezug auf die verschiedenen Umweltaspekte sollten uns im Umgang mit diesem Thema wichtig sein. Lassen Sie uns diese Fragen auch weiterhin mit der gebotenen Sensibilität behandeln! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/308, auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Energetische Gebäudesanierung

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 14. Februar 2012 (Drucksache 18/236)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 17. April 2012

(Drucksache 18/340)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/340, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Bürgermeisterin Linnert, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Frak

tion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie der Senat in seiner Antwort auf unsere Große Anfrage richtig feststellt, spielt die energetische Gebäudesanierung bei der Energiewende eine große Rolle und hat eine große Bedeutung, denn jeder nicht verbrauchte Liter Öl und jede nicht verbrauchte Kilowattstunde Strom hilft bei der Energiewende. Daher liegt gerade im Bereich der energetischen Gebäudesanierung das größte Potenzial, denn nur auf diese Weise kann Energie effektiv eingespart werden.

Durch die Sanierung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kommen jedoch sowohl auf die öffentliche Hand als auch auf die einzelnen Bürger erhebliche Kosten zu. Viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich daher, ob es sich lohnt, das Geld auszugeben, und ob sich die Ausgaben eines Tages rentieren. Aufgrund dieser Überlegungen entscheiden sich heute noch viele gegen Sanierungsmaßnahmen an ihrem Haus. Das muss sich dringend ändern! Dafür bedarf es jeder Art der Förderung, sowohl ein KfWProgramm als auch steuerliche Anreizsysteme. Gerade in Bremen gibt es sehr viele Eigenheimbesitzer, und der Altbaubestand ist relativ hoch. Das von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz über ein steuerliches Anreizsystem wäre für diese vielen Hausbesitzer in Bremen daher äußerst sinnvoll.

Bremen verhindert im Moment diesen Gesetzentwurf immer noch, beziehungsweise der Gesetzentwurf ist noch im Vermittlungsausschuss des Bundesrats. Der Antwort des Senats entnehme ich dafür zwei Gründe, erstens würden durch ein steuerliches Anreizmodell vor allem Hausbesitzer gefördert, und das würde eine soziale Ungerechtigkeit bedeuten, denn so würden vor allem Besserverdienende davon profitieren. Zweitens kann sich Bremen diese geschätzten 8,6 Millionen Euro Steuerausfälle nicht leisten.

Beide Begründungen, finde ich, sind ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, denn bei der ersten Begründung frage ich mich, was daran unsozial sein soll, dass gerade auch Familien aus dem Mittelstand gefördert werden, die ein bisschen besser verdienen. Es sind hauptsächlich Familien, die in Eigenheimen leben und davon natürlich stark profitieren würden. Was ist daran eigentlich sozial ungerecht?

Menschen, die nicht so viel Geld im Portemonnaie haben, haben natürlich nicht diese Anreizmodelle und können diese Förderung nicht in Anspruch nehmen. Die meisten dieser Menschen leben nicht in eigenen Häusern, sondern in Mietwohnungen oder in Mietshäusern, sodass es dieses Problem nicht geben wür

de, denn dort könnten gerade die bremischen Wohnungsbaugesellschaften über die KfW-Modellprojekte profitieren, und dann wäre der Effekt der energetischen Sanierung auch vorhanden. Das Entscheidende ist, wenn wir dies nicht machen und den Menschen keine Anreize geben, passiert gar nichts. Ich weiß nicht, ob das unter dem Deckmantel des sozialen Verhaltens vernünftig ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ich muss ehrlich fragen: Wo bleibt Ihr ökologischer Kampfgeist? Ich erwarte gerade von Ihnen dabei mehr Unterstützung! Es ist doch schon irgendwie eine verkehrte Welt, wenn ich hier stehe und weitere CO2-Einsparungen fordere, dafür kämpfe und Sie gleich vielleicht irgendetwas über Sozialromantik erzählen. Aber gut, so ist die Welt, denn letztlich geht es um das gemeinsame Ziel der CO2-Einsparung.

Als nächste Begründung haben Sie angegeben, dass Bremen sich die 8,6 Millionen Euro Steuerausfälle nicht leisten kann und es eine unzumutbare finanzielle Belastung wäre. Da muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen, ich könnte jetzt wirklich eine Menge Ausgaben, die ich nicht für so sinnvoll halte, um nicht zu sagen, für sinnlos halte,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dazu gibt es doch einen bestimm- ten Haushaltsantrag!)

hier noch einmal benennen. Wenn ich mir nur Ihr UVIProgramm anschaue, dort könnte der eine oder andere Euro eingespart werden! Frau Bürgermeisterin hat uns hier ja auch erzählt, wie wichtig es ist, noch einmal zig Millionen Euro in das Siemens-Hochhaus zu investieren.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Zig?)

Ja, zig Millionen Euro! Es war mehr als eine Million Euro, also sind es zig Millionen Euro, um den CO2Wert zu halten!

Wenn ich mir die Ampelanlagen, Shared Space und dergleichen einmal anschaue, dann glaube ich schon, dass wir, wenn wir es wollen, diese 8,6 Millionen Euro Steuerausfälle einerseits verkraften könnten. Andererseits ist es ehrlicherweise auch eine falsche Aussage. Ich möchte Ihre Aussagen der letzten Wochen jetzt noch einmal zitieren. Die Zahlen aus der Städtebauförderung – das geht ja aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung hervor – will ich jetzt nur bedingt, damit es wahrhaftig ist, hinzuziehen. Das machen Sie ja auch immer ganz gern, obwohl diese Summe jetzt, glaube ich, ein bisschen hoch ist. In dieser Studie heißt es: Jeder für die Städtebauförderung eingesetzte Euro zieht acht Euro private Investitionen nach sich. Ich will mich jetzt nicht auf acht Euro festlegen, weil ich das gar nicht darf,

denn beim letzten Mal habe ich moniert, dass es so nicht direkt zutrifft, es sind ja nicht nur private Investitionen.

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nein, da muss man auch ehrlich bleiben, das ist keine Frage, liebe Kollegen!

Nur andererseits, diese 8,6 Millionen Euro, die wir weniger an Steuereinnahmen haben, sind ja investiert worden, und sie lösen zusätzliche Investitionen aus. Wir können uns ja nicht auf diese 8,6 Millionen Euro festlegen. Wenn es viel wäre, wären es maximal zwei oder drei Millionen Euro, und dann sieht die Rechnung ganz anders aus, und das Ziel heiligt, glaube ich, auch hier jeweils die Mittel.

Man muss Prioritäten setzen, wo wir unser Geld einsetzen wollen. Deswegen – und da sind wir uns doch soweit einig – ist aus energiepolitischer Sicht, glaube ich, die energetische Sanierung der richtige Weg. Wir müssen alle Mittel, ich möchte es hier auch noch einmal wiederholen, ob KfW- oder Anreizmodelle, wirklich nutzen, um diesen Weg voranzugehen.

Wir hatten vor kurzem eine Aktuelle Stunde, in der groß gesagt wurde: nicht auf halbem Weg stehen bleiben! Ich kann es hier noch einmal wiederholen: Liebe rot-grüne Regierung, bleiben Sie bei der Energiewende nicht auf halbem Weg stehen,

(Beifall bei der CDU)

lassen Sie es uns gemeinsam machen! Denken Sie bitte noch einmal darüber nach, überlegen Sie noch einmal, wie Sie sich im Vermittlungsausschuss verhalten. Sie schaden nicht nur dem Wirtschaftsstandort, nicht nur den Handwerkern, sondern Sie schaden der Energiewende, und deswegen denken Sie noch einmal darüber nach! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es steht für uns völlig außer Zweifel, dass die energetische Modernisierung des Gebäudebestandes eine zentrale Herausforderung der Energiewende ist, und wir müssen auch konstatieren, dass das, was bislang erreicht worden ist, der Stand, den wir heute haben, unbefriedigend ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Quote sollte bei zwei Prozent liegen. Wir liegen jetzt vielleicht bei 0,8 oder 0,9 Prozent pro Jahr, und

das ist zu wenig! Wir haben hier ein erhebliches Missverhältnis.

Wir können feststellen, dass erneuerbare Energien mit Milliardenaufwand gefördert werden, wobei man über die Verteilungswirkung streiten kann. Vom Grundsatz her halte ich das aber für richtig, weil sich neue Energien gegen etablierte, vermachtete Märkte durchsetzen müssen. Im Vergleich dazu wird aber bislang für die Energieeinsparung entschieden zu wenig getan.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)