Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Herr Dr. Kuhn, Sie wissen es auch, innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss eines Projekts oder Abschluss einer Förderung muss eine Abrechnung vorgelegt werden. Innerhalb von einem weiteren Jahr muss diese Abrechnung geprüft werden. Wenn wir jetzt aber in diesem Jahr den Bericht aus dem Jahr 2009 bekommen, und es sind dort Abrechnungen in der Höhe von insgesamt 38 Millionen Euro noch nicht erfolgt, dann verstehe ich das nicht, und das hat für mich nichts mehr mit verantwortlicher Haushaltspolitik zu tun!

(Beifall bei der CDU)

Wenn der Senat es nicht schafft, seine Ausgaben endlich in den Griff zu bekommen, dann werden wir

nie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Die Negativliste ist lang: 1,1 Millionen Euro für die Sanierung des Schauspielhauses, obwohl das nicht zum Erhalt des Gebäudes notwendig ist.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber für die Zuschauer!)

Ich habe bereits die 1,6 Millionen Euro für die elektronische Schülerakte genannt, ohne dass ein schlüssiges Konzept für die Umsetzung vorliegt. Ein 26Millionen-Euro-Kontrakt für das Theater ohne Eigenanstrengungen zur Haushaltskonsolidierung, außerdem immerhin drei Millionen Euro mehr als zuvor. Auf ältere Projekte will ich hier gar nicht zu sprechen kommen,

(Abg. S e n k a l [SPD]: Machen Sie ein- mal, das wird interessant!)

aber ich erwähne einige kurz: 20 Millionen Euro für den Concordia-Tunnel, der dann zum teuersten Parkplatz Deutschlands wird –

(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das ist die schlechteste Haushaltsrede seit 2003!)

das ist unangenehm, ja sicher! –, 500 000 Euro für den Rückbau von Bushaltestellen und drei Ampeln an der Kurfürstenallee, das hat selbst den Zorn des Bundes der Steuerzahler hervorgerufen,

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Holt Dr. Schrörs zurück! Das ist ja nicht auszuhalten!)

unkalkulierbare Kosten bei der Rekommunalisierung der Netze. Kostensteigerungen allenthalben, ob das nun das Stadthaus Vegesack, die Kaiserschleuse oder das Siemens-Hochhaus ist! Auch die Kosten für das Personal, das ist mehrfach angesprochen worden, haben Sie nicht in den Griff bekommen. Der geplante Personalabbau wird um die Hälfte zurückgenommen.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ja, was denn nun? Mehr Polizei oder weniger Poli- zei? Mehr Lehrer oder weniger?)

Es ist alles die Frage der richtigen Schwerpunktsetzung. (Beifall bei der CDU)

Wenn Sie einmal richtig zuhören, dann sagen wir, dass dieser Haushalt die falschen Schwerpunkte setzt. Was die CDU will, ist nicht, mehr Geld auszugeben, sondern andere und die richtigen Schwerpunkte zu setzen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Welche denn?)

Welche das sind, das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt! Wenn Sie aber immer dazwischenreden, Herr Dr. Kuhn, hören Sie mir natürlich auch nicht mehr zu!

(Beifall bei der CDU)

Der geplante Personalabbau wurde um die Hälfte zurückgenommen. Während in einigen Bereichen ein echter Personalnotstand herrscht –

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

ja, auch das ist der Fall, auch das sehen wir! –, sind in anderen Bereichen Personalabbaukonzepte trotz mehrfacher Anmahnung im Haushalts- und Finanzausschuss immer noch nicht vorgelegt worden. Die Personalzielzahlen 2011 wurden wieder um 169 Vollzeitbeschäftigte überschritten.

(Abg. S e n k a l [SPD]: Also wollen Sie, dass sie abgebaut werden!)

Schon das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung – das ist ja immerhin keine unbekannte Adresse – sagt, dass man dem Bremer Haushalt einen Sparwillen nicht ansehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich fasse zusammen! Eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bremerinnen und Bremer werden Sie durch diesen Haushalt ebenso wenig erreichen wie eine wirksame Begrenzung der Ausgaben. Dieser Haushalt ist und bleibt ein einziger ungedeckter Scheck. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst der Tradition meiner Vorrednerinnen und Vorredner folgen und mich bei allen bedanken, die die technischinhaltliche Abwicklung dieses Haushalts ermöglicht haben. Mein ausdrücklicher Dank geht auch an die konstruktive Zusammenarbeit mit anderen Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn der Streit in der Sache immer hart ist! Was viel wichtiger ist, ich bin relativ sicher, dass Bremen einen der interessantesten und transparentesten Haushalte hat, die ein Land haben kann. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage auch, warum!

Wenn man den Finanzplan 2011 bis 2016 liest, wird sehr deutlich, dass dieser Sanierungspfad gescheitert ist. Das haben wir in unserem Antrag geschrieben, das steht darin, wenn man ihn liest. Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich auch für diese Berichte, die uns eine ausgezeichnete Oppositionsarbeit möglich machen!

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und jetzt noch eine Begründung!)

Keine Hast!

Ich wollte kurz zu den Kolleginnen und Kollegen von der CDU sagen, dass ich es ausgesprochen wichtig gefunden hätte, und es wäre auch ein respektvoller Umgang mit diesem Haushalt, wenn Sie bei Ihren teilweise berechtigten, teilweise unverständlichen Vorschlägen zu diesem Haushalt tatsächlich auch einmal den Mut gehabt hätten, sie in Einzelanträge zu gießen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das macht Arbeit, damit macht man sich manchmal auch nicht beliebt. Man wird von der Regierung gescholten, dass das alles unmöglich sei und Quatsch ist. Ich finde, als Opposition muss man das aushalten, und man muss konkret sagen, was man will.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage auch noch einmal, warum das keine schlechte Idee ist. Wir haben 39 Anträge zu unterschiedlichen Themen vorgelegt, wir haben uns für unterschiedliche Sachen kritisieren lassen, aber in drei oder vier Punkten hat die Koalition unsere Anträge aufgegriffen und ähnliche Anträge eingebracht. Das haben sie selbstverständlich auch von sich aus gemacht und brauchten dafür unsere Anträge nicht, das ist schon klar!

(Abg. S e n k a l [SPD]: Na klar!)

Das zeigt aber, dass man, wenn man konkret wird, auch eigene Vorstellungen einbringen kann, wenn man nicht regiert.

Ich will grundsätzlich sagen, warum wir ein anderes Herangehen an den Haushalt haben. Der Kollege Dr. Kuhn hat gesagt, die erste Frage ist, ob wir dem Sanierungskurs genügen. Ich bin vollständig anderer Meinung! Die erste Frage in Bremen ist, ob wir genug Geld haben, um unsere Beschäftigten anständig zu

bezahlen. Haben sie anständige Arbeitsbedingungen, haben wir einen öffentlichen Dienst und eine Daseinsfürsorge, die für die Bürgerinnen und Bürger da ist, haben wir eine gute Bildung, haben wir eine gute Kultur, haben wir heile Straße, haben wir einen Hafen, der langfristig funktioniert? Das sind die ersten Fragen, die man sich stellen muss.

Wenn man dann bei der Prüfung vieler Einzelfragen feststellt, dass wir mittlerweile an einem Punkt angelangt sind, an dem diese Fragen in den meisten Fällen nicht mehr mit Ja beantwortet werden können, haben wir ein Ausgabenproblem, dann geben wir nicht genug Geld aus, so absurd und widersinnig das zunächst scheint. Es ist so, dass wir in einer Situation sind, in der Kürzen, das Verfolgen dieses Sanierungspfads ein echtes Problem für Bremen wird.

Ich will auch ganz deutlich sagen, was wir in unseren Generalantrag hineingeschrieben haben. Wir haben nicht gesagt, dass der Konsolidierungspfad unter finanztechnischen Gesichtspunkten gescheitert sei. Das hat gut geklappt! Bremen hat genug gekürzt, aber ein Versprechen in Bremen war, dass diese Kürzung geschieht, wir trotzdem Armut bekämpfen und eine gute Bildung und eine gute Kultur haben. Diese Sanierungsvereinbarungen, diese Konsolidierungsvereinbarungen, die Sie mit Ihren Wählerinnen und Wählern getroffen haben, sind gescheitert.

(Beifall bei der LINKEN)

Konkret heißt das – ich habe auch noch einmal in den Personalbericht 2011 geschaut –, dass Bremen vor zehn Jahren 19 Feuerwehrleute, 113 Polizisten und 219 Lehrer mehr hatte. Vor zehn Jahren arbeiteten in der Kernverwaltung circa 2 000 Beschäftigte mehr. Die Frage ist doch, ob die Arbeit weniger geworden ist. Meiner Meinung nach nein! Sind die Beschäftigten jünger geworden? Meiner Meinung nach nein, da klafft eine Lücke bei den Beschäftigten! Sind genug Nachwuchskräfte vorhanden? Nein! Deswegen ist es ausgesprochen interessant zu hören, dass mittlerweile auch die Koalition über eine Abschaffung oder über eine Änderung der PEP-Quote nachdenkt, weil das Verfolgen dieser PEP-Quote langfristig in den nächsten Jahren die Handlungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zerstört.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Sanierungskurs kalkuliert nach wie vor mit einem Reallohnverlust. Eine Lohn- und Gehaltssteigerung von 0,9 Prozent ist angepeilt. Bei einer zweiprozentigen Inflation bedeutet das, dass immer mehr Menschen für immer weniger Geld arbeiten. Ich frage mich, womit die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die Angestellten in der Verwaltung, die Lehrerinnen und Lehrer, die Beschäftigten der Kitas das verdient haben! Ich meine, diese Abkopplung von Lohn und Gehalt vom Bundestrend und von der wirtschaft

lichen Entwicklung muss aufhören! Gute Arbeit verdient gute Löhne, das darf man nicht nur auf Plakate schreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Sanierung bedingt auch, dass das, was an sogenannten Zuwendungen an Initiativen, Vereine, Institutionen und sonst irgendjemandem gezahlt wird, auf lange Sicht eingefroren wird. Dieses Einfrieren bedeutet eine Kürzung. 100 Euro heute sind im Jahr 2016 noch 90 Euro wert. Was ist denn dann? Machen dann 90 Menschen die Arbeit von 100? Bekommen die Kinder in den Kitas noch 90 Prozent so viel zu essen wie heute? Bekommen die Beschäftigten zehn Prozent mehr Lohn? Auch da gilt es, zumindest sicherzustellen, dass ein Inflationsausgleich geschieht. Das macht der Haushalt nicht!