Protokoll der Sitzung vom 13.09.2012

Der Antrag sagt aus, dass Mobilität organisiert werden muss. Wir wissen, dass sie organisiert werden muss, aber wir wissen auch, dass jedermann sie sich leisten können muss, sie muss bezahlbar sein und bleiben. Daher ist es gut, wenn man als Neubürger hierherzieht, dass man frühzeitig erfahren kann, wie man die Wege, die man zurücklegen will und muss, zurücklegen kann.

Der Text sagt aus, was wir wollen. Der Senat wird ein Konzept erstellen und uns berichten. Wer nach Bremen und Bremerhaven kommt, soll sich hier bei uns wohlfühlen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dazu gehören Informationen zur Mobilität. Unser Angebot im ÖPNV kann sich in unserem Land sehen lassen. Wir haben überdurchschnittliche Fahrradverkehre, wenn man das mit anderen Städten vergleicht.

(Beifall bei der SPD)

Auch der einfache Fußgänger hat gute Möglichkeiten, sich in unseren Städten zu bewegen. Wir haben Carsharing, wir haben Taxisysteme, und man kann das alles schön miteinander verbinden.

Ich sage aber auch, dass sich nicht nur Radfahrer und Fußgänger wohlfühlen sollen, sondern auch Autofahrer.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das fehlt hier noch!)

Deswegen haben wir in die Mobilitätsberatung auch die Berufsverkehre mit aufgenommen. Manch einer ist aus Berufsgründen auf den Pkw angewiesen. Der Klempner muss eben seine Werkzeugkiste, sein Werkzeug und sein Material mitnehmen, wenn er zum Kunden fährt, und er muss sich dann auch sagen können, wenn ich nach Bremen ziehe und meinem Beruf nachgehe, habe ich noch ein paar Straßen, auf denen ich dann auch hin- und herfahren und zum Kunden hin- und zurückfahren kann, und ich kann nicht alles mit dem Fahrrad machen, das geht nun einmal nicht.

Wir wollen auch auf unsere Freizeitaktivitäten hinweisen, also einige touristische Tipps geben. Es kann im Übrigen nicht schaden, wenn die Bremer einmal nach Bremerhaven fahren und sich das schöne Bremerhaven anschauen, da gibt es viele schöne Dinge zu sehen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Viele Bremer waren überhaupt noch nie da. Umgekehrt soll es aber auch so sein, dass man auch in Bremen schöne Dinge anschauen kann. Wir wollen also mit berücksichtigen, dass man touristisch doch einiges zu bieten hat. Bremen und Bremerhaven haben eine nette, freundliche Bevölkerung, mit der wir dann auch die Neubürger begrüßen, damit sie so werden, wie wir sind. Ich bitte um Zustimmung! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das mit den Sehenswürdigkeiten in Bremerhaven kann ich unterstreichen, bei dem Rest muss man einmal schauen. Herr Jägers, ich bin übrigens regelmäßig in Bremerhaven, mindestens zwei-, dreimal im Monat, und besichtige auch die Sehenswürdigkeiten. Ich bin treuer Besucher des Fischereihafens und auch des Zoos am Meer.

Herr Saxe, ehrlicherweise geht es nicht mehr darum, was einem Spaß macht, sondern was sinnvoll ist, und ich glaube schon, es ist viel wichtiger, überhaupt wieder eine attraktive Stadt zu werden

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Das ist aber eine Unterstellung!)

und dass immer mehr Menschen nicht nur innerhalb der Stadt umziehen, sondern auch von außerhalb in diese Stadt kommen! Wir werden diesen Antrag nicht mitmachen. Dies zu bündeln, ist vom Ansatz her nicht falsch, aber das gibt es schon. Also, ich weiß, dass man im Stadtamt als Neubürger eine Broschüre und Informationsmaterial bekommt, das kann man dann da mit hineinstecken.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Aber nicht zur Mobilität!)

Es gibt ja die Firmen – die BSAG oder dergleichen –, die Broschüren haben, wo man dann auch einen Plan hineinlegen kann; dafür brauchen wir nicht noch einmal extra eine Mobilitätsberatung. Sie haben in dem Antrag auch keine Ausführungen zu der Finan

zierung gemacht. Wahrscheinlich wird das dann wieder über Wettmittel irgendwo laufen, aber ich glaube, der ADFC und die Organisationen werden schon finanziell gut ausgestattet über Wettmittel, und die Flyer sind, glaube ich, auch noch mit enthalten, sodass man die im Stadtamt mit abgeben kann.

Ein Grundsatz ist auch ehrlicherweise, wir sollten jetzt einmal aufhören, immer die Verwaltung mit irgendwelchen Aufträgen, Prüfauftragen und dergleichen zu befassen. Wir sollten es einfach machen. Wer in diese Stadt kommt, bekommt im Stadtamt schon jetzt die Broschüre in die Hand, was in dieser Stadt passiert. Da steckt man noch einige Flyer mit hinein, dafür brauchen wir keine zusätzliche Institution und noch einen Bericht und noch einen Bericht. Wir sollten die Verwaltung einmal arbeiten lassen und sie nicht immer mit Berichtswünschen überhäufen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt ein Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vor, Neubürgerinnen und Neubürger zu beraten, wie man sich am besten umweltschonend und effektiv in Bremen bewegt. Dazu soll es ein Konzept geben zur Mobilitätsberatung von Neubürgerinnen und Neubürgern, und bis Ende des Jahres soll dazu ein Bericht in der Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr und Stadtentwicklung vorliegen.

Ich frage mich, nachdem ich das gelesen habe: Wieso gibt es das eigentlich nicht? Vor allen Dingen, wieso muss man das jetzt für Neubürgerinnen und Neubürger neu erfinden? Die Notwendigkeit von Mobilitätsberatung ist unbestritten. Wir haben jetzt in relativ langen Ausführungen, vom Beginn aller Zeiten bis heute, gehört, warum das wichtig und notwendig ist, das wird überhaupt nicht bestritten. Die interessante Frage ist: Warum gibt es das nicht? Wenn es das nicht gibt, dann brauchen wir selbstverständlich eine gezielte Mobilitätsberatung für Bürgerinnen und Bürger in Bremen

(Abg. J ä g e r s [SPD]: Genau!)

und meines Erachtens eben nicht nur für Neubürgerinnen und Neubürger. Der Kollege Saxe hat angedeutet, dass das Konzept irgendwann einmal auch weiterentwickelt werden soll.

Ich kann aber den Unterschied nicht so richtig erkennen. Wenn man jetzt sagt, wir haben eine Mobi––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

litätsberatung, die beinhaltet die Verkehrswege, die Verkehrsmittel, die Attraktivität, wie man wohin kommt, wie man das schöne Bremerhaven sehen kann und so weiter, dann muss man das doch nicht für einen Neubürger anders machen als für jemanden, der schon in Bremen wohnt. Möglicherweise vermittelt man ihm ein paar Informationen, die er schon kennt, aber gerade wenn man lange in Bremen ist, hat man auch eine Neigung, nur in bestimmten Gegenden zu leben, und man weiß teilweise gar nicht, wo es schön ist. Ich glaube, es gibt gar keine Begründung, das zu unterscheiden. Ich würde vorschlagen: Entwickeln wir ein Konzept zur Mobilitätsberatung von Bürgerinnen und Bürgern in Bremen, dann haben wir es für Neubürgerinnen und Neubürger auch gleich organisiert!

In meiner Wahrnehmung gibt es einen Personenkreis, der auch eine unmittelbar dringend notwendige Beratung braucht, das sind die Pendlerinnen und Pendler, die sind weder Neu- noch Altbürgerinnen und Altbürger in Bremen. Ich weiß jetzt nicht so genau, wie man sie erfassen kann, aber sie arbeiten ja irgendwo in Bremen. Möglicherweise kann man, wenn man jetzt darüber nachdenkt, Mobilitätsberatung zu entwickeln, einmal einen Fokus auf die Pendlerinnen und Pendler richten und denen einmal sagen, es ist gar nicht nötig, dass sie jeden Morgen eine halbe Stunde im Stau stehen, sie können auch mit der Straßenbahn oder mit der Bahn hereinkommen.

Wir werden dem Antrag zustimmen, wir werben aber dafür, dass man sich jetzt nicht einseitig auf die Neubürgerinnen und Neubürger fokussiert, weil ich glaube, dass man mit einem ähnlichen oder gleichen Aufwand Bürgerinnen und Bürgern in Bremen und auch Pendlerinnen und Pendlern Mobilitätsberatung angedeihen lassen kann. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Strohmann, ich muss Ihnen heute ausnahmsweise einmal entschieden widersprechen. Gestern waren wir uns noch weitgehend einig. Sie haben gesagt, Bremen soll wieder eine attraktive Stadt werden, das hat mich schockiert! Bremen ist eine attraktive Stadt!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bremen ist aus ganz bestimmten Gründen eine attraktive Stadt, und das konnten Sie der Glücksstudie der Deutschen Post entnehmen, die vorgestern veröffentlicht worden ist. Dort können Sie sehen, dass Bremen überdurchschnittliche Zufriedenheit bei sei

nen Einwohnerinnen und Einwohnern hat, insbesondere in folgenden Feldern Wasserqualität, Luftqualität und Verkehrsqualität!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn ich Ihrem wirtschaftspolitischen Sprecher heute Morgen richtig zugehört habe, dann verfolgt er das Ziel, Bremen noch attraktiver zu machen, indem die Schadstoffwerte bei Feinstäuben und Stickoxiden wieder steigen. Dem werden wir nicht folgen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bremen hat auch eine Willkommenskultur, die ich selbst erleben durfte. Ich bin vor 15 Monaten Neubürger dieser Stadt geworden, und Bremen hat mich so freundlich aufgenommen, das können Sie jedes Mal beobachten, dass ich bald so geworden bin wie Sie! (Heiterkeit bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das liegt aber an der SPD!)

Also, auch das funktioniert! Es gibt – und da gebe ich Ihnen jetzt auch einmal recht, Herr Strohmann – eine Neubürgerbroschüre, die ich auch erhalten habe. Sie ist sehr aufschlussreich, und man kann sie sicher noch verbessern. Ich verstehe diesen Antrag so, dass man genau dieses Begrüßungspaket, das man künftig den Neubürgerinnen und Neubürgern in die Hand drückt, in der Weise anreichert, dass es diese Mobilitätsberatung enthält.

Dafür gibt es gute Gründe, Herr Rupp! Sie haben die Frage gestellt: Warum denn für Neubürger? Da gibt es eine ganz einfache Erklärung. Ich will Ihnen das einmal aus der Verkehrswissenschaft erklären. Man stellt fest, dass das Mobilitätsverhalten von Menschen, wenn sie ihren Wohnort ändern, innerhalb der ersten vier Wochen so nachhaltig geprägt wird, dass sie es meistens die nächsten 25 Jahre nicht mehr ändern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das heißt, wer nach Bremen zieht und nicht innerhalb kurzer Zeit versteht, wie er mit öffentlichen Verkehrsmitteln stressfrei zur Arbeit kommt oder sich zum Hauptbahnhof oder wohin auch immer bewegt, der nutzt sein Auto und fährt dann damit. Es muss deswegen möglich sein, dass man schnell und gezielt herangeführt wird. Das funktioniert – dafür gibt es Beispiele aus anderen Städten –, indem man den Menschen in dieser weichen Phase, wenn sich Verhaltensmuster neu prägen, weil man noch nicht die eingeschliffenen Verhaltensweisen hat, die Informationen näherbringt.

Das sage ich hier auch noch einmal sehr deutlich: Ich bin jetzt seit 15 Monaten hier, ich habe immer noch Schwierigkeiten, das Bremer Busliniennetz zu verstehen. Ich habe überhaupt keine Schwierigkeiten, das Straßenbahnnetz zu verstehen. Eine Straßenbahn ist viel besser selbsterklärend, man kommt viel schneller zur Straßenbahn und weiß, die fährt dahin, wohin man will.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Jawohl! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das hat auch die Mehrheit gemacht!)

Deswegen ist es richtig, dieses Neubürgerinformationspaket zu machen. Es gibt noch einen letzten Punkt, und da kann ich nur bestätigen, was einzelne schon ahnen oder vermuten. Wir denken im Ressort nicht nur darüber nach, sondern wir haben auch schon damit begonnen, Gespräche zu führen mit der BSAG, dem VBN, dem ADFC, aber auch Carsharing-Anbietern. Da gibt es eine gute Botschaft zur Finanzierung, und das sollte auch die Partei der Marktwirtschaft verstehen: Für viele dieser Akteure ist das reine Kundenakquise. Sie sind auch bereit, dafür Geld auszugeben. Das heißt, es muss hier keine öffentlichen Mittel kosten. Wenn nämlich die BSAG selbst an der Kundenakquise Interesse hat und merkt, hier erreiche ich Kunden, die ich relativ leicht gewinnen kann, weil sie neu sind und sich in ihrem Verhalten noch ändern wollen oder erst einmal Verhaltensweisen entwickeln müssen, dann ist das aus unternehmerischer Sicht gut ausgegebenes Geld. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass auch die CDU diesem Antrag zustimmen wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/419 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!