Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

Die Fachfrau für diese Unterstützung rund um die Schwangerschaft, Geburt und auch die Zeit danach ist die Hebamme. Ihre Tätigkeit ist nicht nur medizinisch, sondern auch präventiv, sie hat einen gro

ßen Anteil psychosozialer Aspekte, die Hebamme berät die Familien, führt körperliche Untersuchungen durch und begleitet auch die Geburt eigenverantwortlich. Daneben wissen wir, wie wichtig sie für die Beziehung zwischen Eltern und dem neugeborenen Kind ist. Das wissen wir nicht erst seit dem Fall Kevin, sondern das ist ganz klar eine wichtige Aufgabe der Hebammen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Obwohl überall lautstark die zurückgehende Zahl der Geburten beklagt wird und alle beteuern, wie wichtig es ist, dass mehr Kinder geboren werden, zahlen wir den Hebammen weniger Geld als den Mindestlohn, und da sage ich ganz deutlich: Das ist ein Skandal!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist auch leider schon sehr lange so. Bereits die letzte rot-grüne Bundesregierung stellte die Notwendigkeit einer Erhöhung der Löhne fest und vereinbarte, dass die Gebühren um 20 Prozent erhöht werden. Diese Anhebung des Lohnniveaus sollte in drei Schritten erfolgen, aber leider wurde im Jahr 2006 nur der erste Schritt vollzogen, nämlich eine Anhebung der Gebühren um 6,5 Prozent. Die Schritte zwei und drei, die dann nach dem Regierungswechsel hätten stattfinden sollen, sind bis heute nicht erfolgt. Seitdem sind die Gebühren auf diesem niedrigen Niveau geblieben, aber die Kosten, das wissen Sie genauso wie ich, sind deutlich gestiegen.

Die Benzinkosten zum Beispiel – eine Hebamme fährt zu den Betreffenden nach Hause, sie macht Hausbesuche – sind exorbitant gestiegen. Außerdem gibt es elektronische Anforderungen, heute müssen Abrechnungsprogramme angeschafft werden, es gibt, natürlich auch zu Recht, eine Fortbildungspflicht, und in der letzten Zeit hat sehr häufig in der Presse gestanden, dass die Prämien für die Haftpflichtversicherungen sehr stark angestiegen sind. Alles das bildet das Ausgabenvolumen der Hebammen. Ihre Vergütung ist deutlich zu gering, und auch, wenn überwiegend, sage ich einmal, dieser Beitrag für die Haftpflichtversicherung im Gespräch war, stellt er nicht das größte oder alleinige Problem dar – das ist mittlerweile auch gelöst –, sondern es geht um eine angemessene Vergütung.

Eine Entbindung und das Wochenbett im Krankenhaus kosten die Krankenkassen 1 300 Euro. Wenn eine Hebamme eine Frau im Wochenbett zu Hause betreut, dann wird sie mit 27 Euro brutto abgespeist. Deshalb ist aus unserer Sicht eine Anhebung des Betrags um 30 Prozent, wie die Hebammen es fordern, durchaus gerechtfertigt und absolut notwendig.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich sage auch ganz deutlich, dass das keine Überforderung der Beitragszahlerinnen und -zahler ist, denn der Anteil der Hebammenleistung liegt aktuell bei 0,5 Prozent des Gesamtbudgets der Krankenkassen. Es gäbe vieles, wo man genauer hinschauen könnte, aber ganz sicher nicht an dieser Stelle. Leider brachte aber nun auch das jüngste Spitzengespräch am 11. September 2012 keine Einigung, für die Hebammen eine angemessene Vergütung zu organisieren. Deshalb sage ich noch einmal ganz deutlich: Die Arbeit der Hebammen ist ein wichtiger Bestandteil der Frauen- und Kindergesundheit und muss als solche nicht nur anerkannt, sondern auch honoriert werden. Hebammen müssen von ihrem Beruf leben können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn wir wollen, dass Frauen auch zukünftig frei über den Ort ihrer Entbindung entscheiden können, also ob sie in ein Geburtshaus, in ein Krankenhaus oder in einen hebammengeleiteten Kreißsaal gehen möchten, dann geht das nur, wenn wir dafür sorgen, dass die Hebammen angemessen bezahlt werden. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hebammen leisten vor, während und nach der Geburt einen unverzichtbaren Beitrag bei der Betreuung und Beratung werdender Mütter und auch Väter.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie tragen wesentlich dazu bei, die Bindung zwischen Eltern und Kind zu stärken, und sie sind präventiv tätig. Besonders ihren salutogenetischer Betreuungsansatz – ich übersetze das einmal kurz, das heißt, sie gehen davon aus, dass Schwangerschaft keine Krankheit ist – unterstützen wir. Diese Sichtweise finden wir richtig,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und zwar deshalb, weil sie eine Alternative zu dem eher krankheitsorientierten Modell von Schwanger––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

schaft, Geburt und Wochenbett ist, das die Schwangerschaft häufig als solche ansieht.

Ich denke, diese Unterstützung ist wichtig für die betroffenen Frauen. Deshalb haben wir uns schon seit Jahren dafür eingesetzt, die wirtschaftliche Existenz der freiberuflichen Hebammen zu verbessern, denn das Problem ist seit Jahren bekannt. Erstens ist grundsätzlich die Vergütung von Hebammenleistungen seitens der Krankenkassen zu niedrig – Frau Böschen hat schon darauf hingewiesen –, und zweitens sind die Prämien für die Berufshaftpflichtversicherungen so dramatisch gestiegen, dass die Hebammen sie kaum noch bezahlen können. Außerdem finden sie kaum noch Versicherungen, die sie versichern, auch das ist noch ein Problem.

Trotz dieser ganzen Probleme ist in den Jahren nicht viel passiert. Im Jahr 2010 gab es eine Petition mit 90 000 Unterschriften, die die Hebammen in ihren Forderungen unterstützt haben. Wir hatten damals auch die Hoffnung, dass die Bundesregierung eine Lösung dafür findet, aber was ist passiert? Das Problem ist nicht gelöst worden. Die Bundesregierung hat gesagt, die Forderungen wären berechtigt, sie sei bereit, nach Lösungen zu suchen – wie gesagt, das war im Jahr 2010 –, aber konkret ist nichts passiert. Doch, der Minister hat gewechselt, das ist passiert, aber die Lösung wurde nicht gefunden, auch danach nicht! Es hat immer wieder Gespräche zwischen Hebammenverbänden und dem Gesundheitsministerium gegeben, wie gesagt, ohne das Problem zu lösen! Das auf Druck von Verbänden erstellte Gutachten zur Versorgungs- und Vergütungssituation der außerklinischen Hebammenhilfe hat auch nicht konkret für Abhilfe gesorgt. Das Bundesministerium für Gesundheit hat es kurz der Presse vorgestellt, und ab damit in die Schublade!

Wir werden nicht nachlassen, die Hebammen bei ihrer Forderung, die wir für richtig und wichtig halten, zu unterstützen. Auch den Vorstoß vom Oktober, jetzt einen Arbeitskreis zwischen dem Bundesund dem Familienministerium einzurichten, werden wir kritisch begleiten. Er sollte noch in diesem Jahr seine Arbeit aufnehmen, es ist jetzt Ende November. Deshalb hoffe ich, dass auch Sie diesen Druck mitmachen und die Hebammen bei ihrer berechtigten Forderung unterstützen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie nicht damit langweilen, das zu wiederholen, was meine Vorrednerinnen zu dem Thema ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

festgestellt haben. Es ist völlig unbestritten, dass der Beruf der Hebamme gnadenlos unterbezahlt ist und auch von seiner gesamten Wertigkeit wirklich eine deutlich andere Bedeutung bekommen müsste.

(Beifall bei der LINKEN)

Mir sind verschiedene Dinge wichtig: Zum einen hat zu diesem Thema in den letzten Jahren wirklich eine unwürdige Auseinandersetzung stattgefunden, und dass an dieser Stelle noch nicht einmal ein Mindestlohn gezahlt wird, ist wirklich traurig. Die Krankenkassen haben den Hebammen ein Angebot von zehn Prozent gemacht, das glücklicherweise abgelehnt wurde. Es gab sogar ein Angebot auf weitere zehn Prozent, allerdings mit Auflagen bezüglich Qualitätssicherung et cetera, die noch nicht einmal transparent gemacht wurden. Ich finde es gut und richtig, dass die Hebammen hier standhaft geblieben sind und sich nicht darauf eingelassen haben. Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass jetzt zumindest im Dezember in dem Gespräch mit Frau DäublerGmelin, die dieser Schiedsstelle vorsitzt, entsprechend Druck gemacht wird, damit sich auf der Ebene auch wirklich etwas bewegt.

Ich möchte hier noch einmal auf etwas zurückkommen, was nicht direkt mit diesem Antrag zu tun hat. Bei den Frühen Hilfen geht es auch um Familienhebammen. Ich möchte hier auch noch einmal den Appell in diesem Haus bekräftigen, dass der Hebammenverband hier auf Landesebene entsprechend einbezogen wird, was bisher leider nicht geschehen ist. Das brauchen wir, denn ich meine, wir können keine Appelle an den Bund richten, etwas zu tun und zu würdigen, wenn wir es hier auf Landesebene nicht machen. Deswegen möchte ich mich an der Stelle dafür aussprechen, und in der Gesundheitsdeputation würden wir das auch entsprechend unterstützen, damit wir an dem Punkt weiterkommen. Mit Blick darauf, dass wir sagen, wir wollen hier die Anzahl der Kaiserschnitte senken, wäre es dann ja geradezu widersinnig zu sagen, wir möchten an der Stelle nicht auch die Familienhebammen unterstützen. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir das gemeinsam vorantreiben müssen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hebammen im Land Bremen haben alle Fraktionen an ihrer Seite, glaube ich, das haben wir in den letzten Monaten hier wiederholt im Parlament festgestellt. Auch die CDUFraktion sagt, sie sind unterbezahlt, und ihre Arbeit ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wird in der Gesellschaft noch nicht so wertgeschätzt, wie sie es eigentlich verdient hätten.

(Beifall bei der CDU)

Der Feststellung der Lage, wie sie von Frau Böschen und Frau Hoch beschrieben wurde, ist nichts hinzuzufügen. Ja, es geht ihnen schlecht, und dort muss sehr viel nachjustiert werden, und am besten war Ihre Aussage, Frau Hoch, wir bleiben am Ball und schauen, was bei diesem Gesprächskreis unter Führung, Leitung, Moderation von Frau Däubler-Gmelin herauskommt. Dann sage ich Ihnen auch die Unterstützung zu, aber in diesem Antrag heute – lesen Sie ihn sich einmal ganz genau durch! – steht sinngemäß: Es hat sich jemand verabredet, miteinander zu sprechen – nämlich die Familienhebammenverbände, das Bundesgesundheitsministerium und auch noch andere Beteiligte –, und nun soll sich der Senat dafür einsetzen, dass diejenigen, die sich verabredet haben, miteinander zu sprechen, auch tatsächlich miteinander sprechen. Wie das dann in der Praxis aussehen soll, weiß ich nicht!

In der Tendenz ist der Antrag in Ordnung, aber er kommt zu früh und ist unter dem Strich unseriös, und deswegen werden wir ihn heute, so wie er hier gestellt worden ist, ablehnen.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Das ist jetzt aber schwach!)

Das Zweite ist ein Appell: Wenn es schon um die Hebammen geht, dann sorgen Sie doch durch Ihre politischen Möglichkeiten, die wir hier vor Ort haben, dafür, dass sich die Lage der Hebammen verbessert! Wer es mit der Verbesserung der Situation der Familienhebammen wirklich ernst meint, der sollte nicht nur schauen, was der Bund machen kann, sondern er muss sich auch fragen, was er selbst machen kann. Dort fehlt es bei Ihnen an politischem Engagement.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Wenn Sie das ernst meinen, dann stimmen Sie zu, sonst ist das nicht glaubwür- dig!)

Warum haben wir denn in Bremerhaven zu wenig Familienhebammen? Ist das nur eine Frage des Geldes? Sie leisten dort wertvolle Arbeit, aber es fehlt an Familienhebammen in Bremerhaven. Was hat uns denn vor Kurzem am Tag der Sitzung der Gesundheitsdeputation erreicht? Ein Beschwerdebrief der Hebammen, weil sie hier in Bremen vom rot-grünen Senat nicht beteiligt wurden! Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU)

Immer mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, egal worum es geht, ist das eine – das steht Ihnen auch

zu, es ist immer gut, von Eigenversagen abzulenken –, aber noch einmal: Wenn dieses Spitzengespräch auf Bundesebene für die Hebammen nicht so verläuft, wie wir es uns vorstellen, dann haben Sie uns an Ihrer Seite, aber einen populistischen Showantrag ohne Substanz, wie wir ihn heute vorliegen haben, lehnen wir ab. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat das Wort der Abgeordnete Willmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens, es gibt kein Familienhebammenverband, das möchte ich einmal feststellen. Familienhebammen und Hebammen in einen Topf zu werfen, Herr Bensch, wäre etwas völlig Falsches.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Hebammen sind dort zuständig, wo Geburten anstehen, erfolgreich oder nicht erfolgreich, Mehrfachgeburten, Einfachgeburten, alles das, was dazugehört. Familienhebammen sind im Bereich der Frühen Hilfen tätig, nämlich dort, wo Familien und junge Frauen in Schwierigkeiten gekommen sind oder drohen in Schwierigkeiten zu kommen und diese nicht in die Schieflage kommen, haben Familienhebammen ihren Tätigkeitsbereich eher im sozialen Bereich der Jugend- und Kinderhilfe und nicht im Bereich der Geburtshilfe. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.