Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

Nun hat die Medaille ja immer zwei Seiten! Das heißt, wir haben es durchaus mit jungen Leuten zu tun, die auf eine Ausbildung nicht optimal vorbereitet sind. Die Bremer Vereinbarung hat Maßnahmen beschrieben, von denen einige umgesetzt worden sind. Wir haben den Sekundarstufen I eine Richtlinie zur Berufsorientierung an die Hand gegeben, die genau da ansetzt: Die Jugendlichen erhalten im Hinblick auf ihre berufliche Perspektive weitergehende Informationen und werden entsprechend vorbereitet.

Wir erleben aber auch, dass bei diesem Auswahlsystem die Schwächsten der Schwachen hinten herunterfallen. Sie haben keine Chance, nicht nur weil die Betriebe sie nicht wollen, sondern weil die Betriebe auch an ganz vielen Stellen mit der Ausbildung von Jugendlichen überfordert sind. Wenn ich einmal nach Bremerhaven schaue: Karstadt hatte vor zehn Jahren eine wunderbare Ausbildungsabteilung, eine exzellente Ausbildung war an der Tagesordnung.

Wie sieht es heute in den Betrieben aus? Mein Kollege Reinken hat sich bei den Ausbilderinnen und Ausbildern bedankt, das finde ich völlig richtig. Unter den heutigen Bedingungen ist es aber auch deutlich schwerer geworden auszubilden, weil ganz häufig in den Unternehmen der Raum für eine qualitativ anspruchsvolle Ausbildung gar nicht zur Verfügung gestellt wird. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es absolut notwendig, dass wir zum einen die Unternehmen darin unterstützen auszubilden, weil sie mit ihrem originären Auftrag, nämlich wirtschaftlich zu arbeiten und dabei auch die Ausbildung qualitativ hochwertig durchzuführen, ganz häufig an Grenzen kommen, und dass zum anderen aber auch die Jugendlichen begleitet werden, wenn sie ein bestimmtes Alter haben.

Wenn Sie, so wie ich, Kinder in dem Alter erlebt haben, wissen Sie, dass die Jugendlichen heute häufig eine stärkere Begleitung brauchen. Wenn Konflikte zwischen Jugendlichen und Ausbilderinnen und Ausbildern auftreten, dann erledigt sich das nicht unbedingt von selbst. Die Betreuung und Begleitung von Jugendlichen, insbesondere vielleicht auch der schwächeren Jugendlichen, muss deutlich verbessert werden. Wenn wir uns das so geschmähte Übergangssystem anschauen, haben wir es ganz häufig mit Maßnahmen zu tun, die eine Vorbereitung auf eine Ausbildung darstellen, die es gerade den Schwächeren ermöglicht, über die Berufsfachschule ein Jahr vor

zuschalten, damit dann im nächsten Schritt die Ausbildung auch erfolgreich sein kann.

Ich finde, solche Modelle sind durchaus in Ordnung. Das man vielleicht auch für eine Ausbildung etwas länger braucht als gemeinhin üblich, ist völlig in Ordnung. Allerdings finde ich auch, dass man in solche Maßnahmen eine Anerkennung generieren muss. Es kann nicht sein, dass für Maßnahmen Geld gegeben wird, damit die Jugendlichen für die Betriebe ausbildungsfähig sind, die Betriebe ihrerseits aber keine Übernahme- oder Ausbildungsgarantie abgeben. Ich finde, auch da muss man in das Gespräch miteinander kommen, wie man hier im gegenseitigen Einvernehmen die Situation verbessert.

Ich möchte auch noch einmal auf die Berufsschulen eingehen. Unsere Berufsschulen sind hervorragend, das ist überhaupt gar keine Frage, und im Vergleich zu Niedersachsen, Frau Häsler, bieten sie noch mehr an. Das hat die Statistik, die wir im Unterausschuss abgefragt haben, ja gezeigt. Trotzdem haben wir festgestellt, dass durchschnittlich nicht der volle Unterricht erteilt wird. Wenn wir von zwölf Stunden Unterricht reden, die nötig sind, dann ist das ja auch nur die halbe Wahrheit. Es müssten eigentlich auch noch Förderstunden erteilt werden, weil die Heterogenität der Berufsschulklassen vor dem Hintergrund der engen Finanzen heute eine deutlich andere ist als vor zehn Jahren.

Wir sehen, dass Bremen im Bundesdurchschnitt 3 500 Euro für die Berufsschulen ausgibt, der Bundesdurchschnitt liegt bei 3 900 Euro. Im Vergleich mit Niedersachsen bekommen wir das immer noch gut hin, finde ich. Daraus resultiert aber die Situation, dass Berufe und Jahrgänge zusammengelegt werden, wir also eine Heterogenität in dem Bereich organisieren, die nicht selbstverständlich einmal eben so erledigt wird. Die Lehrkräfte müssen genauso geschult werden wie im Bereich der Sekundarstufe I und der Primarstufe, in der wir mit einer großen Heterogenität umzugehen haben, und da muss sichergestellt sein, dass – denn wir haben ja zentrale Abschlussprüfungen – hier alle zu ihrem Recht kommen.

In der Großen Anfrage ist auf die Themen beruflicher Aufstieg und ausländische Abschlüsse eingegangen worden. Ich werde es dabei bewenden lassen. Wir haben da viel getan, aber trotzdem gibt es natürlich immer noch sehr viel zu tun. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erst einmal freut es mich, dass zumindest bei einem Teil des Hauses die Fülle der

Antworten und das, was wir Ihnen in der Antwort zur beruflichen Bildung vorgetragen haben, auf Zustimmung stößt und uns dann vielleicht auch gemeinsam erleichtert, einen Aktionsplan bis zum Jahr 2020 auszuarbeiten, weil wir, glaube ich, auf viele Maßnahmen und erfolgreiche Programme aufbauen können. Deshalb, denke ich, ist manches, was auch Frau Häsler hier gesagt hat, ein Zerrbild dessen, was die berufliche Bildung in Bremen zu bieten hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich will mich hier gar nicht auf die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ beziehen, ich bin mit dieser Vereinigung sehr vorsichtig, denn sie hat ausschließlich Indikatoren gebildet. Frau Häsler, vielleicht haben Sie es ja auch registriert, es hat dort im Gegensatz zu den bundesweiten Vergleichen keine Leistungsuntersuchungen gegeben. Das würde unter Umständen dann auch noch einmal ein anderes Bild ergeben, als wenn man Indikatoren sammelt und mit anderen Bundesländern vergleicht. In der beruflichen Bildung gibt es das nicht.

Wir haben bei den Indikatoren, insbesondere bei der hohen Anzahl betrieblicher Ausbildungsplätze, gut abgeschnitten, auch wenn wir jetzt kritisieren, dass es noch mehr sein könnten. So ist erst einmal im Bundesvergleich festzustellen, dass wir eine hohe Anzahl betrieblicher Ausbildungsplätze haben, und da, denke ich, ist auch der Bremer Vereinbarung zu danken, über die wir das ja regelmäßig beobachten und uns auch selbst Zielzahlen setzen, und das ist, glaube ich, außerordentlich erfolgreich.

Der zweite Indikator ist die gute Quote im Hinblick auf die bestandenen Abschlussprüfungen, die auch bundesweit zu diesem dritten Platz geführt hat. Es ist erwähnt worden, dass dennoch Probleme vorhanden sind. Das hängt damit zusammen, dass wir Schülerinnen und Schüler haben, die aus benachteiligten Systemen kommen, und das hört nicht mit einem Mal auf, wenn man von Klasse zehn in die berufliche Bildung wechselt.

Das, was wir im allgemeinbildenden Bereich unter „Risikofaktoren“ für gute Lernergebnisse und damit auch als gute Abschlüsse beschreiben, geht natürlich in der beruflichen Bildung weiter. Es sind die gleichen Schüler. Insofern wundert es uns nicht, dass wir eine hohe Übergangsquote haben, die allerdings bei 40 Prozent auch zu denken gibt. Wir haben uns in der Bremer Vereinbarung überlegt, ob man hier deutlich mehr Riegel vorschieben muss. Die eine Seite der Medaille ist, dass es auch für diese Jugendlichen Weiterqualifizierungen geben muss. Wir können sie schließlich nicht auf der Straße stehen lassen. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist: Ist das, was dort gemacht wird, sinnvoll, und lässt es sich sogar zertifizieren – dann ist es hilfreich – oder sind es sogenannte Warteschleifen, die wenig produktiv sind?

Wir haben deshalb gesagt, jeder Jugendliche muss sich auf einen solchen Platz bewerben. Er muss uns darlegen, ob er sich auch schon für das betriebliche System beworben hat. Wir wollen es etwas schwerer machen, in dieses System hineinzukommen, weil wir bei der erwähnten Untersuchung in Bremen-Nord festgestellt haben, dass Schülerinnen und Schüler eher zum schulischen System neigen und Sorge haben, in die betriebliche Ausbildung zu gehen und sich, sagen wir einmal, der betrieblichen Realität und völlig anderen Menschen, die auch anders denken als sie, zu stellen. Daher macht es, glaube ich, Sinn, dass wir genau schauen, wie viel Prozent wir eigentlich in diesem Übergangssystem haben wollen. Mein Ziel ist es schon, diese Quote zu verringern. Ich hoffe, dass wir das auch schaffen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Gleichzeitig muss das Ziel sein, die betriebliche Quote noch weiter zu erhöhen. Ich glaube, jeder Betrieb in Bremen und der ganzen Bundesrepublik ist gut beraten, wenn er sich jetzt endlich dem Thema Ausbildung widmet, denn nur so kann man junge Leute an sich binden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das wird in nächster Zeit das Thema werden, und ich denke, die Altbewerber werden für uns auch staatlich ein riesiges Thema sein. Wir müssen Stück für Stück versuchen, sie weiterzuqualifizieren, sodass sie den Weg in die Ausbildung finden.

Wir diskutieren die Jugendarbeitslosigkeit und die Probleme dieser Jugendlichen auf hohem Niveau. Wenn man sich einmal die Jugendarbeitslosigkeitsrate im Vergleich zu den OECD-Staaten oder gar im Vergleich zu Europa anschaut, dann hinkt es leider in den Zahlen immer etwas hinterher. Im Jahr 2008 lag die Jugendarbeitslosenrate in Deutschland bei 10,4 Prozent, in der EU waren es 15,6 Prozent, und im Durchschnitt der OECD-Staaten waren es 12,4 Prozent. Wir liegen hier also relativ gut, und das hat etwas mit unserem dualen System zu tun, weil wir die Anschlussfähigkeit beim Übergang von den allgemeinbildenden Schulen über die Berufsschulen in die Ausbildung besser geregelt haben als viele andere Staaten.

Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist ja ein riesiges Thema für das gesamte europäische Programm des gemeinsamen Zusammenwachsens. Es ist eine Schande, wenn man sich die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, Portugal oder Griechenland im Augenblick ansieht. Ich denke, wir sind zum Glück auf einem ganz anderen Niveau. Wir müssen aber europäisch auch etwas tun, damit junge Leute in ganz Europa eine gute Chance haben.

(Beifall bei der SPD)

Die Kultusministerkonferenz erklärt in ihrem Beschluss vom 10. Dezember 2009, dass das System der dualen Berufsausbildung die Grundlage zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses der deutschen Wirtschaft bildet. Dual ausgebildete Fachkräfte verfügen über hohe berufliche Handlungskompetenz und berufliche Mobilität. Darüber hinaus sind sie in der Lage, auf technologische Entwicklungen flexibel zu reagieren. Ich glaube, das macht unser System für viele, die aus Asien und anderen Teilen der Welt kommen, so attraktiv zu schauen, wie wir das geregelt haben. Dass bei dem Erfolgsmodell berufliche Ausbildung im dualen System, denke ich, auch noch Verbesserungsbedarfe bestehen, werden wir sicherlich aufzeigen und auch mit dem Aktionsplan gemeinsam zu bearbeiten haben. Ich schlage vor, dass wir uns dabei nicht nur auf die berufliche Bildung konzentrieren, sondern zugleich auch noch die Weiterbildung einbeziehen. Ich glaube, es ist nicht mehr im Sinne einer modernen Entwicklung, dass man das getrennt sieht, sondern man muss gerade auch Bausteine aufeinandersetzen und Module diskutieren, gerade für Schwächere, die auch nur über Zertifizierungen ein Stück weiterkommen. Dass in vielen Berufen eine Durchlässigkeit notwendig ist, um sie attraktiver zu machen – nehmen Sie einmal die Pflegeberufe! –, liegt, glaube ich, inzwischen auf der Hand, und das haben wir auch hier schon hinreichend diskutiert. Lassen Sie mich noch einen Satz zur Unterrichtssituation sagen, weil es ja offensichtlich große Freude macht, alle Themen durcheinanderzumischen! Es ist tatsächlich so, Frau Häsler, auch wenn Sie es hier anders darstellen, dass die berufsbildenden Schulen an dieser Stelle ganz gut dastehen, und Sie werden, glaube ich, keinen Schulleiter finden, der eine große berufsbildende Schule leitet und sagt, er möchte das System wechseln. Er hat nämlich durch das Budget eine hohe Flexibilität und kann sich dadurch auch auf dem Arbeitsmarkt, der ohne Frage in der ganzen Republik im Hinblick auf berufsbildende Lehrkräfte schwierig ist, flexibel bewegen. Wenn Sie vergleichen – und da bin ich ganz erstaunt, dass Niedersachsen als Beispiel angeführt wird –, wie die Unterrichtsversorgung aussieht – –.

(Abg. Frau H ä s l e r [CDU]: In der Wis- senschaftspolitik! Anscheinend haben Sie sich gar nicht damit auseinandergesetzt!)

Kümmern Sie sich doch erst einmal darum, und dann reden Sie!

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sich diesen Vergleich ansehen, dann liegen die berufsbildenden Schulen bei der Unterrichts

versorgung über dem Bundesdurchschnitt. Darauf wollen wir uns gar nicht ausruhen, sondern das muss weiter gut ausgestaltet werden, aber Sie können auch nicht verhehlen, dass es eine Realität neben den zwölf Wochenstunden gibt. Das ist übrigens das niedersächsische Problem, weil es da noch mehr in der Fläche ist als hier in der Stadt. Viele Betriebe sind froh, wenn sie ihren Auszubildenden im Betrieb haben. Ich sage einmal, das ist ein Dualismus, der sich auch aus diesem System ergibt. Ich erinnere mich an Diskussionen, ob zum Beispiel der Sport in der Berufsschule überhaupt nötig ist. Der Sportunterricht war ja auch ein Teil der zwölf Wochenstunden. Viele Betriebe wollen ihre Auszubildenden im Betrieb haben, und dann legt man nicht immer den ganz großen Wert darauf, dass auch wirklich die zwölf Wochenstunden unterrichtet werden. Die berufsbildenden Schulen stellen sich auch als Partner häufig darauf ein. Das heißt nicht, dass das rechtlich in Ordnung ist, es ist aber Realität. Daher, denke ich, wird man die zwölf Wochenstunden selten vollständig erreichen. Ich kenne jedenfalls kein Bundesland, in dem das im Augenblick der Fall ist. Es geht in der Debatte immer um den zweiten Berufsschultag, das wissen Sie genauso gut wie ich. Der Schulweg ist in Bremen leichter zu bewältigen als in manchem Flächenland, dennoch ist er auch hier ein Thema. Ich freue mich darauf, wenn wir gemeinsam den Aktionsplan 2020 mit der Erweiterung erarbeiten, die ich hier vorgeschlagen habe. Wir werden die Bremer Vereinbarung fortschreiben. Ich denke, und das haben alle Partner unisono beim letzten Mal erklärt, die Bremer Vereinbarung ist ein Erfolgsmodell der gemeinsamen Arbeit gerade zu diesem Thema, weil hier Partnerschaft einfach nötig ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/556, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Lese- und Schreibkompetenzen als Schlüssel für schulischen Erfolg Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 29. August 2012 (Drucksache 18/553)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 2. Oktober 2012 (Drucksache 18/586)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Frau Senatorin Jürgens-Pieper, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD nicht mündlich wiederholen möchten. – Ich sehe, das ist der Fall.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.

Ich frage, ob eine Aussprache dazu erfolgen soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dogan.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Wir debattieren unsere Große Anfrage „Lese- und Schreibkompetenzen als Schlüssel für schulischen Erfolg“. Erfolg hängt maßgeblich davon ab, dass Schülerinnen und Schüler sich möglichst frühzeitig grundlegende Lese- und Sprachkompetenzen aneignen. Um erfolgreich im Unterricht sein zu können, ist es wichtig, Texte in ihrer Bedeutung erfassen zu können, verschiedene Texte zueinander in Beziehung zu setzen und sie in einen bestimmten Kontext zu setzen, um daraus wiederum neue Erkenntnisse gewinnen zu können.

Wenn das nicht gelingt, scheitern viele Schülerinnen und Schüler häufig in den verschiedenen Fächern wie Erdkunde, Deutsch, Fremdsprachen oder Biologie. Daher ist es wichtig, dass der Fokus auf diesen Bereich gelegt wird, auf den Personenkreis der sogenannten funktionalen Analphabeten, denn dass in Deutschland 14,5 Prozent aller erwerbsfähigen Deutschen funktionale Analphabeten sind, ist nicht hinnehmbar.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bildung ist unser Rohstoff, unsere Ressource. Es ist daher gut, dass in den letzten Jahren konzeptionelle und strukturelle Maßnahmen ergriffen wurden, um die Literalität der Schülerinnen und Schüler zu sichern. Dabei bilden die Rahmen- und Bildungspläne eine wichtige Hilfe und Orientierung für die Kompetenzen, die in einem bestimmten Alter erreicht sein sollten. Zur Umsetzung dienen die offensiven Bildungsstandards. Die Frage ist, ob eine Ausweitung dieser Initiative in der Sekundarstufe I von den Naturwissenschaften und Mathematik auch auf andere Fächer, in denen die Lesekompetenz einen zentralen Bereich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ausmacht, sinnvoll wäre. Das ist aus Sicht der Grünen wichtig und wäre zu überprüfen.

Auch der Bereich der Mehrsprachigkeit ist aus Sicht der Grünen sehr wichtig. Welche Bedeutung hat es, wenn viele Kinder aus Familien kommen, in denen nicht oder nur wenig Deutsch gesprochen wird? Inwieweit muss das bei der Schreib- und Lesekompetenz noch mehr berücksichtigt werden? So begrüßenswert es ist, dass ein Sprachbildungskonzept, das auf durchgängige Sprachbildung setzt und die Sprachbildung als Aufgabe aller Fächer definiert, derzeit erarbeitet wird, so wichtig ist es, dass es schnell den Schulen zur Verfügung steht.

Wichtig ist, dass die Schulen einen übergreifenden Unterstützungsrahmen haben, der es ermöglicht, dass sie gezielt einzelnen Kindern und Jugendlichen bei der Aneignung der Schreib- und Lesekompetenz helfen können, die Sprachförderung ist nämlich die Aufgabe aller Fächer und aller Jahrgangsstufen. Der Prozess ist nach der Grundschule keineswegs abgeschlossen. Auch in der Sekundarstufe I muss dieser Bereich zentral in den Fokus genommen werden. Nur so können möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu einem höheren Schulabschluss geführt werden.