Wenn oft gesagt wird, wir haben ja viele Steuermehreinnahmen, dann möchte ich darauf hinweisen, dass wir in diesem Jahr bei den Einnahmen gerade erst den Stand des Jahres 2008 erreichen werden, so tief war also der Abschwung, sie steigen gerade wieder auf das Niveau des Jahres 2008 an, aber uns erreichen jetzt natürlich verstärkt die nachholenden Preis- und Gehaltserhöhungen, und das zeigt, dass es in der Tat schwierig ist. Uns wird vorgeworfen, dass wir so eine Quälnummer – –.
Ja, ich kann das nur bestätigen! Das ist nicht ganz so einfach, es macht auch den Ressorts – wir haben hier in Bremen Ressortverantwortung – oft kein Vergnügen, aber ich finde es richtig, dass wir gemeinsam die Ressorts dazu anhalten, in erster Linie zu schauen, wie sie ihre Probleme in ihrem Ressorthaushalt lösen, und dann erst überlegen, wie es der Senat insgesamt machen kann. So war es auch dieses Mal. Ich glaube, der Weg ist richtig, und er ist auch erfolgreich.
Drittens zeigen die Berichte den Grad der Herausforderung beim Abbau unseres strukturellen Defizits, und dann kommt auch noch die Steuerschätzung von November hinzu, die die Einnahmeerwartung ab dem Jahr 2013 nach unten korrigiert. Der Sicherheitsabstand zu den Sanierungszielen wird also kleiner, er halbiert sich in drei, vier Jahren, es wird für uns eher noch schwieriger. Umso wichtiger ist es, heute nicht den Verlockungen des Augenblicks nachzugeben und zu glauben, da sei jetzt gerade Geld über. Das ist leider nicht der Fall, und schon gar nicht gibt es Raum für Steuererhöhungen. Auch das kann man nicht müde werden immer wieder zu erwähnen und zu betonen, es gibt keinerlei Raum für Steuererhöhungen für wen auch immer.
Viertens dokumentieren die Berichte den politischen Willen, auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen die uns möglichen Eigenbeiträge zur Verringerung der Neuverschuldung zu leisten.
(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Nein, Sie sprachen von Steuererhöhungen! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Freudscher Verspre- cher!)
Ja, man könnte sagen, der Wiener Nervenarzt würde sich freuen, aber hier ist das nicht der Fall! Das ist meiner momentanen mangelnden Konzentrationsfähigkeit geschuldet. Ich entschuldige mich, fange noch einmal von vorn an und sage: Es gibt keinerlei Raum für Steuererleichterungen und für Steuergeschenke!
Man kann sagen, wir haben in der Tat noch nicht alle Dinge abgehaken können, die wir geplant haben, das wird schwierig werden, aber es geht darum, dass wir in die Richtung weiter denken.
Schließlich, wenn ich das noch sagen darf, weisen die Berichte erneut drastisch auf folgende Tatsache hin: Auch wenn wir im Jahr 2020 unser Ziel erreicht haben, werden wir nicht auf Dauer eine Belastung durch Zinsen zahlen können, die zum Teil um ein Vielfaches höher liegen als die Belastung anderer Bundesländer. Das würde nämlich auf Dauer die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse massiv infrage stellen. Deswegen muss nach unserer Auffassung eine verlässliche Altschuldenregelung, die Länder wie Bremen bei der Tilgung der Altschulden unterstützt, ein ganz wesentliches Ergebnis der nächsten Föderalismusreform sein. – Danke für Ihre Geduld!
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich ganz herzlich eine Mädchengruppe der Gewitterziegen e. V. aus der Neustadt begrüßen. – Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat die we––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sentlichen Merkmale der beiden Berichte schon herausgestellt. Er hat betont, dass wir uns nach wie vor – und das ist für uns nichts Neues, es muss aber vielleicht dem Stabilitätsrat immer wieder nahegebracht werden – in einer extremen Haushaltsnotlage befinden.
Der Bericht hat eindrucksvoll dargestellt, dass selbst dann, wenn wir den Weg der Konsolidierung erfolgreich gehen, und wir können im Augenblick feststellen, dass wir ihn erfolgreich gehen, weil wir uns nämlich bei den Kennzahlen, die insgesamt vorgegeben worden sind, den Schwellenwerten immer mehr annähern, und das heißt, schon jetzt haben wir Schritte unternommen, um uns den Schwellenwerten anzunähern – und wir nähern uns diesen Schwellenwerten in einem, wie ich finde, sehr hohen Tempo an, und das bedeutet, dass wir mit dem Sanierungskurs auf dem richtigen Weg sind –, am Ende des Sanierungskurses sich die Frage stellt, was wir am Ende gewonnen haben. Es ist ganz nüchtern zu fragen: Was haben wir am Ende des Kurses gewonnen?
Ich nehme einmal die Bildungsdebatte auf. Erstens, wir haben gewonnen, dass wir uns grundgesetzkonform verhalten werden, und das ist auch nicht ganz wenig. Ich hatte heute bei der Debatte zum Nachtragshaushalt den Eindruck, als ob die Schuldenbremse für Bremen nicht gelten würde. Es ist mir neu, dass wir eine Insel im Rahmen des Grundgesetzes sind und dass sie hier nicht beachtet werden muss. Insofern sind wir auch rechtlich genötigt, den Weg zu gehen.
Wenn wir diesen Weg aber gegangen sind, stellt sich letztendlich die Frage, wie wir mit zukünftigen Haushalten umgehen wollen, denn die Altschuldenproblematik ist nicht gelöst. Wenn man die Standardprojektion des Stabilitätsrats anwendet und sich anschaut, was sie bedeuten würde – wir sollen gleichzeitig, wie andere Bundesländer es können, anfangen, die Altschulden abzutragen –, dann würden wir dem Auftrag des Grundgesetzes, tatsächlich gleiche Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik auch hier sicherstellen zu können, überhaupt nicht mehr gerecht werden können. Das heißt, wir müssen den Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, weitergehen, er zeigt Erfolge. Gleichzeitig aber bitten wir den Senat, auf eine Altschuldenregelung hinzuwirken, weil wir nur dann, wenn die Altschuldenproblematik gelöst ist, das hat der Senat auch selbst gesagt, auch über das Jahr 2020 hinaus eine Chance haben.
Ich will auf die Vorlage zur Umsetzung des Sanierungsprogramms hinweisen, da es beim letzten Mal, als der Stabilitätsrat zu den Berichten, die Bremen vorgelegt hat, Stellung genommen hat, angemahnt worden ist, dass der letzte Bericht die notwendige Transparenz vermissen lasse und nicht deutlich gemacht worden sei, welche Anstrengungen Bremen
insgesamt unternommen habe. Aus dieser Vorlage wird deutlich, welche eigenen Schritte Bremen unternommen hat: Dazu zählt die Erhöhung der Grunderwerbssteuer, die Citytax, über die wir heute noch reden werden, die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes, der Versuch, neue Einwohner zu gewinnen, das Programm „Umbau, Verwaltung und Infrastruktur“ und Maßnahmen zur Gegensteuerung beim Anstieg der Sozialausgaben.
Bremen hat deutlich gemacht, welche eigenen Anstrengungen es unternimmt, um das Ziel erreichen zu können, und man kann auch nicht sagen, dass immer ganz angenehme Dinge sind.
Ich will noch hinzufügen, dass das, was wir insgesamt allen zumuten, auch allen Ressorts, kein einfacher Weg ist. Der Begriff ist eben gefallen, es sind manchmal Quälnummern. Das ist schlichtweg so. Es ist nur so, wenn wir uns nicht quälen, wenn wir diesen Weg nicht gehen, dann lassen wir die Anstrengungen vermissen, die nötig sind, um mit dem, was wir haben, auszukommen.
Ich schließe nicht aus, ich habe das schon einmal an dieser Stelle gesagt, wenn diese Wege nicht mehr ausreichen, wenn der Senat den Weg nicht mehr finden kann, über Umschichtungen in einer solchen Situation einen Ausgleich herbeizuführen, dass wir dann über so etwas wie einen Nachtragshaushalt irgendwann einmal reden, aber ich sage: irgendwann einmal! Zunächst müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft sein. Erst wenn die Ressorts und der Senat keinen Ausgleich herstellen können, haben wir die Möglichkeit, über einen Nachtragshaushalt zu reden.
Wir müssen außerdem zur Kenntnis nehmen, dass die Möglichkeit, dies zu tun, jetzt schlechter geworden ist, wenn man die aktuelle Steuerschätzung zugrunde legt. Wir hatten einen Sicherheitsabstand von deutlich über 200 Millionen Euro, die aktuelle Steuerschätzung liegt bei 100 Millionen Euro, und die konjunkturelle Lage ist im Augenblick noch nicht so schlecht. Das bedeutet, dass wir 100 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben.
Der Sicherheitsabstand ist drastisch gesunken. Das bedeutet, dass wir uns umso mehr anstrengen müssen, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Ich kann für meine Fraktion erklären: Wir werden den Senat auf diesem Weg unterstützen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Haushaltslage Bremens ist nun wahrlich kein Grund zum Jubeln. Bremen muss – das sagt auch eine aktuelle PwC-Studie – die größten Anstrengungen aller Bundesländer un
ternehmen, um die Kriterien der Schuldenbremse einzuhalten, und das, obwohl Bremen nach Hamburg das zweithöchste Einnahmeniveau aller Bundesländer hat. Zins- und Versorgungslasten drücken die verfügbare Finanzmasse auf ein Niveau, das zur Finanzierung eines Stadtstaates kaum noch ausreichen dürfte, so jedenfalls heißt es auch in dieser Studie. Die Altschulden hängen, das ist hinreichend bekannt, wie Blei über der Stadt. Circa 29 000 Euro Pro-KopfVerschuldung ist viel zu viel. Zum Vergleich: In Sachsen liegt der Schuldenstand bei 2 196 Euro pro Kopf.
Dass es der Finanzsenatorin überhaupt gelungen ist, die Sanierungsziele einzuhalten, hängt allein mit der guten konjunkturellen Entwicklung, mit den sprudelnden Steuereinnahmen zusammen. Aber das ist nicht das Verdienst der Finanzsenatorin, nein, das ist Folge der guten konjunkturellen Entwicklung. Es ist bereits angesprochen worden, dass es so nicht weitergehen wird, denn die aktuellen Steuerschätzungen rechnen durchaus mit sinkenden Steuereinnahmen, im Vergleich zu den bisherigen Schätzungen ein Minus von knapp acht Millionen Euro; weitere negative Effekte kommen auch noch durch die Aussetzung der Bettensteuer hinzu. Mittelfristig drohen – im Vergleich zu bisherigen Schätzungen – weitere Einnahmeausfälle durch rückläufige Steuereinnahmen: 39 Millionen Euro im Jahr 2014, 48 Millionen Euro im Jahr 2015, 58 Millionen Euro im Jahr 2016. Das jedenfalls ergibt sich aus den Schätzungen des Arbeitskreises Steuerschätzung.
Die Rahmenbedingungen des Konsolidierungspfads verschlechtern sich also weiter, und die Gestaltungsspielräume, das wurde bereits angesprochen, werden sich weiter verringern. Wir haben gestern oder vorgestern den kommunalen Finanzausgleich zwischen Bremen und Bremerhaven abgeschlossen, und auch daraus geht hervor, dass die Stadtgemeinden kaum in der Lage sind, den Sanierungspfad einzuhalten, wenn es nicht erhebliche Strukturhilfen des Landes Bremen geben würde. Man hätte also doch gerade in den fetten Jahren, als die Steuereinnahmen gesprudelt sind, alles tun müssen, um zu sparen.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Noch mehr bei den Schulen sparen! – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Opferbe- auftragte!)
Was haben Sie gemacht? Sie haben die zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro gleich wieder in das Programm „Umbau, Verwaltung und Infrastruktur“ investiert, zu dem selbst der Rechnungshof sagt, dass die Wirtschaftlichkeit vieler Maßnahmen überhaupt nicht nachgewiesen ist.
Außerdem: Haushaltsrisiken! Wir haben doch schon bei den Haushaltsberatungen gesagt, diese Haushaltsrisiken hängen wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Gerade in der letzten Woche haben wir lesen können: Kampf gegen Millionenverluste! Gemeint
waren die Kliniken. Ohne Gegensteuerung wird sich im Jahr 2017 ein Fehlbetrag von 100 Millionen Euro ergeben. Schon jetzt droht den Kliniken der GeNo ein Verlust von 35 Millionen Euro, von den Risiken aus der Bürgschaft, falls sie gezogen werden müsste, möchte ich nicht sprechen.
Dem Senat gelingt es auch nicht, die Personalkosten in den Griff zu bekommen. Zielzahlüberschreitung in vielen Bereichen! Im Hinblick auf die Lehrer haben Sie uns bei der Haushaltsaufstellung verschwiegen, wo es zusätzliche Bedarfe gibt, die hätten Sie eigentlich schon zu den Haushaltsberatungen anmelden müssen. Sie hätten sich nur überlegen müssen, an welchen anderen Stellen Sie hätten sparen sollen, aber dazu waren Sie offensichtlich zu feige.
Im Wirtschaftsressort gibt es 28 überzählige Stellen, Sie liebäugeln schon mit einer Zielzahlüberschreitung von 14 Stellen. Wenn ich jetzt Ihren eigenen Controllingbericht zum Produktgruppenhaushalt lese, steht dort ausdrücklich, wie düster die Aussichten sind, ich zitiere: „Die strukturellen Effekte, die sich in einigen Bereichen durch eine konstante Zielzahlüberschreitung ergeben, sowie die bereits beschlossenen Einstellungen/Übernahmen in großen Personalbereichen bergen erhebliche Risiken für die kommenden Haushalte.“
Die Einhaltung der Sanierungsziele im Personalbereich ist auch dadurch gefährdet, dass Sie höhere Tarifabschlüsse nicht in den Haushalt eingestellt haben. Es kommen Haushaltsverstöße im Bereich Siemens-Hochhaus – die Sanierung ist teurer geworden – und Defizite bei den Bremer Bädern in Höhe von 1,9 Millionen Euro hinzu, und der Risikotopf von 8,8 Millionen Euro ist bereits jetzt ausgeschöpft.
Wenn ich jetzt noch einmal auf die PwC-Studie zu sprechen kommen darf, steht darin, dass im Vergleich zu allen anderen Bundesländern Bremen vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2011 die Ausgaben jahresdurchschnittlich um 10,2 Prozent mehr als jedes andere Bundesland erhöht hat. Ohne eine deutliche Reduzierung der Ausgaben wird Bremen langfristig den Sanierungspfad nicht einhalten können. Es ist daher falsch, einseitig auf übersteigerte Einnahmeerwartungen zu setzen, anstatt die Stellschraube auch bei den Ausgaben anzusetzen.
Das bedeutet nicht, mit dem Rasenmäher sparen, sondern da sparen, wo es möglich ist, und sinnvoll in die Zukunft investieren, aber da müssen Sie noch viel lernen, meine Damen und Herren von der Koalition! – Danke!