Es ist wichtig, dass wir dafür arbeiten, dass das Thema enttabuisiert wird. Gewalt ist ein Thema, über das nicht gern gesprochen wird. Über häusliche Beziehungsgewalt wird oft ein Mantel des Schweigens gelegt, wenn sie passiert. Es ist aber gut, dass die Bürgerschaft genau hinschaut, und dabei hilft auch der Bericht.
Aus meiner Sicht will ich einen Punkt ansprechen, bei dem ich hier an das Haus appelliere, genau hinzuschauen: die Gewinnabschöpfung! Über die Gewinnabschöpfung haben wir in der Fragestunde auch schon gesprochen, und zwar über die Gewinnabschöpfung bei den Prozessen, wenn es um Zwangsprostitution und Menschenhandel geht. Aus meiner Sicht muss das Geld, das dort abgeschöpft wird, gerade Frauen- und Beratungsprojekten zur Verfügung gestellt werden. Das ist wichtig, und zwar nicht zu einem kleinen Teil, sondern zu einem großen Teil, um diese wichtige Arbeit abzusichern. Das sind Prozesse, bei denen Frauen Opfer geworden sind.
Das Geld, das der Staat dort einnimmt, muss zur Verfügung gestellt werden, um Frauen zu schützen und besser zu beraten. Dafür möchte ich mit Ihnen gern Sorge tragen. Dort müssen wir aus meiner Sicht weg vom Katzentisch, und die Bürgerschaft muss sich auch einmischen. Das ist eine ganz wichtige Diskussion, die wir miteinander führen müssen. – Danke schön!
Wer dem Antrag des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau mit der Drucksachen-Nummer 18/658, Neufassung der Drucksache 18/652, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/489, und von dem Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau, Drucksache 18/658, Neufassung der Drucksache 18/652, Kenntnis.
Bremen: das Armenhaus der Bundesrepublik Deutschland? Konsequenzen aus den vom Bundesamt für Statistik vorgelegten Zahlen zur Armutsgefährdungsquote im Land Bremen ziehen
Konsequenzen aus den Zahlen zur Armutsgefährdung ziehen – armutsbekämpfende Programme in ihrem Umfang erhalten
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/706, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Stahmann, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.
Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im September 2012 stellte das Statistische Bundesamt seine Zahlen aus der Mikrozensusbefragung aus dem Jahr 2011 vor und legte eine Auswertung speziell auch für Bremen zur Armut und zur Armutsgefährdung vor. Die Ergebnisse, die dabei herausgekommen sind, sind bestürzend.
Das Land Bremen ist mit einer Quote von 29 Prozent das Bundesland mit dem zweithöchsten Prozentsatz bei Kindern und Jugendlichen, die von staatlichen Transferleistungen leben müssen. Das Land Bremen hat die höchste Quote aller Bundesländer bei den überschuldeten Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Bremen hat bundesweit den größten Anteil bei den Alleinerziehenden, die Hartz IV beziehen, in der Regel Frauen, Bremen hat bundesweit den größten Anteil bei der Leiharbeit und der prekären Beschäftigung. Das alles war uns teilweise bekannt, aber es ist doch einigermaßen erschütternd, wenn man das wieder einmal erneut sieht.
Ein besonderes negatives „statistisches Highlight“ ist die sogenannte Armutsgefährdungsquote. Dabei ist auch hier wieder vom Statistischen Bundesamt festgestellt worden, dass die Hansestadt Bremen mit 22,1 Prozent auf dem letzten Platz des Länderrankings steht, dass Bremen damit im Jahr 2011 wieder auf dem gleichen Niveau steht wie im Jahr 2005, es gab zwischendurch einmal eine kleine Besserung. Wenn das Niveau des Jahres 2011 dem des Jahres 2005 entspricht, dann muss man ja eigentlich zu dem Schluss kommen, dass das auch dem zweiten Koalitionsvertrag vorangestellte Motto, dass die Koalition der sozialen Spaltung in dieser Stadt entgegenwirken will, gescheitert ist, denn wenn das Niveau des Jahres 2011 dem des Jahres 2005 entspricht, dann hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert.
Man kann jetzt natürlich auch sagen, immerhin ist es gleichgeblieben und dass das aufgrund der internationalen Bankenkrise und der anderen Dinge vielleicht auch schon ein Ergebnis ist, über das man froh sein muss, aber ich glaube, auch da sind wir uns alle einig, das ist kein gutes Ergebnis.
Daraufhin hat sich DIE LINKE gesagt, wenn das so ist, dann wollen wir noch einmal genau nachfragen und eine Große Anfrage einreichen, in der wir fragen, welche Konsequenzen der Senat aus dieser aktuellen Zahlenlage zieht und welche Maßnahmen der Senat in Zukunft für besonders wirkungsvoll und auch sinnvoll hält, um die Armut in unserem Land ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
zu bekämpfen. Deshalb haben wir die Große Anfrage eingereicht. Der Senat hat die Große Anfrage beantwortet, und die Antwort entält umfangreiches Zahlenmaterial. Das will ich Ihnen hier ersparen, ich glaube, das kann jeder selbst nachlesen.
Die Frage ist aber, was bei der Antwort des Senats auffällt. Dabei fällt der Punkt auf, dass er – aus unserer Sicht auch zu Recht – sagt: Es gibt viele Probleme, die sich leider nur auf Bundesebene regeln lassen. Da müssen wir sagen, ja, das ist so, man kann sagen, wir schreiben das Jahr 2013, wir haben in diesem Jahr Bundestagswahlen, vielleicht kann man da ja etwas ändern. Das ist die eine Seite.
Dann gibt es natürlich auf der anderen Seite, auch das will ich hier unumwunden sagen, durchaus Erfolge – um hier ein Beispiel zu nennen, ohne die Zahlen dazu vorzutragen –: Es ist der Sozialsenatorin und in dem besonderen Fall, denke ich, auch ihrem Staatsrat, Herrn Frehe, gelungen, dass die Schuldnerberatung in Bremen weiterhin stattfindet. Das ist schon als Erfolg zu werten, und das werten wir auch als einen Erfolg, und wir sagen, das ist eine gute Sache.
Interessant an dieser Antwort der Koalition auf unsere Große Anfrage ist natürlich auch, dass immer wieder gesagt wurde, es seien eine ganze Reihe von sozialraumbezogenen Förderprogrammen vorhanden, die wir in Bremen umsetzen, dazu gehören „Wohnen in Nachbarschaften“, „Soziale Stadt Bremen“, „Lokales Kapital für soziale Zwecke“, und „Gute Arbeit für Alleinerziehende“. Es gibt dort einige Programme. Allerdings fängt da schon wieder das Problem an, weil wir einfach feststellen müssen – nehmen wir einmal das Programm „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ –, dass dieses Programm zum Beispiel ausläuft. Die Frage ist: Läuft es denn weiter? Soweit es uns bekannt ist, ist das bisher noch nicht entschieden. Wir wissen auch, dass diese mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds, mit Bundesmitteln und auch komplementär mit Landesmitteln unterlegten Förderprogramme auslaufen.
Deshalb haben wir gesagt, wir glauben auch, dass dies wichtige Programme sind, und deshalb haben wir uns nach der Großen Anfrage dazu entschlossen, einen Antrag einzubringen, um sicherzustellen, dass diese wichtigen kommunalen Förderprogramme, die die Armut wenigstens auf dem gleichen Level halten, auch in Zukunft weiter fortgeführt werden.
Die LINKE, das muss man auch sagen, sieht natürlich die Gefahr, wenn man einen solchen Beschluss vielleicht nicht fasst, dass diese Projekte aufgrund der Haushaltsnotlage und der Schuldenbremse einfach nicht weitergeführt werden. Das wäre schlecht für dieses Land und für diese Stadt, genauso wie für Bremerhaven. Deshalb haben wir den Antrag gestellt,
Das ist das Ziel unseres Antrags, und ich bitte um Zustimmung in diesem Hause. Ich glaube, zumindest die Koalition müsste dem Antrag eigentlich gut zustimmen können. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einmal versuchen, mich dem Thema von einer etwas anderen Seite zu nähern. Sie sagen, Armenhaus Bremen! Das wirft für mich unmittelbar die Frage auf: Wie geht es eigentlich der Bremer Wirtschaft? Da stelle ich fest, dass die Wirtschaft in Bremen ziemlich gut aufgestellt ist. Ich stelle fest, dass sich die Bremer Wirtschaft selbst in der Krise als durchaus robust und krisenresistent erwiesen hat und dass es deswegen so ist, weil es eine ziemlich gute Wirtschaftsstruktur aus Mittelstand und Industrie in Bremen gibt.
Dann stelle ich weiter fest, dass aber das, was die Stärke der Bremer Wirtschaft ausmacht, unten – mit „unten“ meine ich, bei den armutsgefährdeten Menschen in Bremen – nicht ankommt. Da frage ich mich: Wie kann man das ändern? Ein ganz gewaltiger Schritt in diese Richtung ist tatsächlich der Mindestlohn. Bremen hat das, was Bremen in dieser Frage tun kann, komplett ausgeschöpft.
Dass es Lücken und Nischen im System gibt, hat damit zu tun, dass wir kein bundeseinheitliches Mindestlohngesetz haben, dafür treten wir aber auch hier ein. Das, glaube ich, ist eine der ganz entscheidenden und wichtigen Fragen. Man kann also die Armutsfrage – aus meiner Sicht jedenfalls – nicht losgelöst von der Entwicklung der Wirtschaft diskutieren. Ich sehe deswegen auch die Wirtschaft in Bremen in hoher Verantwortung, und ich glaube, dass man nicht immer einfach nur sagen kann, die Politik müsse das lösen. Richtige, faire und gute Löhne müssen in der Wirtschaft gezahlt werden.
Wir können nur sehr begrenzt, nämlich mit dem gesetzlichen Mindestlohn, darauf Einfluss ausüben, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.