Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Haben Sie schon einmal die Schlagworte „Verbundausbildung“ und „Bremen“ in eine der einschlägigen Suchmaschi––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
nen eingegeben? Wenn nicht, ist es nicht so schlimm, denn Sie haben nicht viel verpasst, denn das, was einem dort als Treffer angegeben wird, ist leider überhaupt nicht zufriedenstellend. Der einzige Treffer ist der Ausbildungsverbund Bremerhaven, und man merkt schnell, dass das Thema der heutigen Debatte leider in Bremen ein recht totes Thema ist.
Man kann dies aus politischer Sicht bedauern, da die Grundidee eines Ausbildungsverbunds – das haben meine Kollegen jetzt auch schon zur Genüge dargestellt – eine sehr gute Möglichkeit darstellt, kleinen oder unerfahrenen Unternehmen eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen und, noch wichtiger, diese Betriebe für die Berufsausbildung zu motivieren.
Besonders das Modell des freiwilligen Ausbildungsverbunds – das ist jetzt noch gar nicht so zur Sprache gekommen –, bei dem es von den Qualifikationen des Betriebes her gar nicht zwingend notwendig ist, überhaupt einen solchen Zusammenschluss zu machen, ist auch eine sehr gute Variante, zum Beispiel für eine vielfältige, qualitative und umfassende Berufsausbildung, und gerade in Zukunft wird das Thema aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels immer wichtiger.
Dies scheint in unserem Bundesland dennoch kaum berufliche Realität zu sein, obwohl diese wirtschaftlich und ausbildungstechnisch wichtige Möglichkeit, wie gesagt, bereits seit dem Jahr 2005 durch das Berufsbildungsgesetz und dessen Novellierung besteht. Daher halte ich es nicht nur für besonders wichtig, sich mit dem Thema zu befassen – keine Frage! –, da es eben dieses immense Potenzial für ein breit gefächertes Ausbildungsangebot liefert, sondern ich halte es auch für wichtig, vom Senat einen ausführlichen Bericht und eine differenzierte Prüfung hinsichtlich der Bremer Situation, insbesondere der Möglichkeiten hinsichtlich der Verbundausbildung, zu verlangen. Deshalb – heute ist der Nachmittag der Konsense – kann ich Ihnen vorab auch unsere Zustimmung zu diesem Antrag verkünden.
Dennoch habe ich auch noch ein bisschen Kritik, bei mir ist es ja nie nur reine Harmonie. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Ausbildungsverbünde in unserem Bundesland eine Randerscheinung sind und auch immer waren. Trotzdem sie in der Vergangenheit staatlich gefördert wurden und objektive Vorteile bieten, sind sie eine Randerscheinung.
Dort, wo sie bestehen, müssen wir sie definitiv politisch unterstützten, das ist keine Frage, sonst würden
wir nicht zustimmen. Es ist aber ebenso wichtig, dass die Politik durch Gesetze wie das Berufsbildungsgesetz neue Impulse und Rahmenbedingungen gibt, sodass die Wirtschaft adäquat ausbilden kann.
Trotzdem – und das ist jetzt der Punkt – muss man eben auch akzeptieren, dass die Verbundausbildung bei den Bremer Betrieben nicht unbedingt das beliebteste und das gängigste Modell ist. Das hat zum Teil seine Gründe, und ich möchte dafür werben, sie auch zu respektieren. Wenn man mit den entsprechenden Vertretern spricht – ich habe das getan, gerade mit den Kammern –, hört man, dass die Unternehmen in Bremen auch ohne die Ausbildungsverbünde bereits eine adäquate Ausbildung liefern und sich diesbezüglich zum großen Teil auch selbst ausreichend regulieren können.
Die Debatte, die wir heute im Parlament führen, hat in der Wirtschaft längst nicht diesen hohen Stellenwert oder diese Bedeutung. Das erkennt man auch in Ihrem Antrag, und das möchte ich an dieser Stelle gern kritisieren. Der Antrag weist in manchen Punkten einfach die typische rot-grüne Symbol- und Klientelpolitik auf.
In der Debatte hat es sich gar nicht so ergeben, aber besonders Punkt 4 des Antrags hat mich geärgert. Ich finde es extrem schwierig, irgendeine spezifische Unternehmergruppe so explizit hervorzuheben, da es unserer Ansicht nach genauso wichtig ist, sehr junge, weibliche oder unerfahrene Unternehmer zu fördern. Ich weiß nicht, ob es an dieser Stelle angebracht ist, immer wieder Unternehmer mit Migrationshintergrund oder Ähnliche besonders herauszustellen, denn alle anderen Unternehmer, zum Beispiel gerade junge oder unerfahrene, sind unserer Meinung nach genauso wichtig. Wir als Politiker haben die Aufgabe, alle ausbildungswilligen Unternehmen bei der Ausbildung einzubeziehen und zu unterstützen.
Daher sind Ihre ständigen Ausdifferenzierungen, die einem irgendwann auch wirklich zum Hals heraushängen, muss ich ganz ehrlich sagen – –.
Selbst in Ihrem Antragstext – das ist es ja – weisen Sie auf neuartige Branchen hin, sind dann aber total inkonsequent in Ihren Antragspunkten und vergessen beispielsweise in Punkt 4 erneut, die Kreativbranche zu erwähnen, die Sie im Antragstext stehen haben! Daher kann ich es an manchen Stellen nicht so ganz nachvollziehen, aber Ihre Forderungen sind ins
gesamt nicht so schlecht, dass man den Antrag ablehnen muss, da es sich lediglich um Prüfaufträge und nicht um konkrete Handlungsanweisungen handelt.
Ja, ich finde es auch sehr großzügig! Um als letzten Punkt noch einmal auf die unbefriedigende Recherche zu diesem Thema zurückzukommen: Der Senat sollte meiner Meinung nach auch an dem zunehmenden Marketingproblem arbeiten. Vielleicht könnte man da über ein Internetportal oder Ähnliches nachdenken, wo sich beispielweise Betriebe informieren können, welche Betriebe schon an einer solchen Verbundausbildung beteiligt sind, oder wo sich Jugendliche über die Betriebe informieren können, die zur Verfügung stehen. Ich glaube, dass das zum Beispiel eine wünschenswerte Maßnahme wäre, um Synergieeffekte zu erzeugen und das Marketingproblem zu lösen. Darüber könnte man einmal nachdenken.
Wenn wir diesem Antrag heute zustimmen, dann erwarten wir zusammenfassend nicht nur einen Bericht über die Situation in Bremen, sondern ganz besonders auch ein Konzept – das liegt mir hierbei besonders am Herzen –, dass man zum Beispiel auch Möglichkeiten einer bundesländerübergreifenden oder vielleicht sogar transnationalen Ausbildungskooperation prüft und gegebenenfalls anstößt.
Die Voraussetzung hierfür ist – das ist mir auch sehr wichtig –, dass in den jeweiligen Branchen auch tatsächlicher Handlungsbedarf und vor allem der Wunsch aus den Branchen selbst heraus besteht, die Verbundausbildung zu nutzen. Insoweit muss man die Selbstregulierung und die Eigenständigkeit der bremischen Betriebe mindestens respektieren, und dann kann aus einer reinen Symbolpolitik auch eine erfolgreiche pragmatische Politik werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Handlungsbedarf haben wir, das ist klar. Wir wissen alle, dass 43 Prozent aller dualen Ausbildungsplätze an Jugendliche aus dem Bremer Umland gehen und wir eine große Anzahl Bremer Jugendlicher gerade migrantischer Herkunft haben, die unversorgt sind. Ob man dabei aber mit transnationalen Ausbildungsverbünden weiterkommt, weiß ich nicht. Das steht hier aber auch nicht zur Diskussion.
Wie auch meine Vorredner der Koalition gehe ich davon aus, dass Ausbildungsverbünde tatsächlich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
einen wichtigen Beitrag leisten können, um die Ausbildungssituation zu verbessern, denn Ausbildungsverbünde sind keineswegs nur ein Notnagel. Kleine Betriebe können oft allein gar nicht ausbilden. Ausbildungsverbünde haben wichtige Vorteile.
In einer Studie der Universität Bremen ist darauf hingewiesen worden, dass die Ausbildung im Handwerk historisch aus der Wanderung kommt, also von den wandernden Gesellen, wo sich auch mehrere Betriebe zusammengeschlossen haben und dies ein Teil der Qualität war, auch der fachlichen. Das ist durch den heutigen Trend, die Ausbildung immer passgenauer zu gestalten und die Ausbildung auf die Bedürfnisse eines einzelnen Betriebs auszurichten, leider verloren gegangen.
Hinzu kommt, dass sich Berufsbilder heute extrem schnell entwickeln und Kenntnisse und Fertigkeiten oft leider nur eine kurze Halbwertzeit haben. Wer sich zum Beispiel einmal daran erinnert, mit welcher Geschwindigkeit sich der Beruf der Druckvorlagenherstellerin und des Druckvorlagenherstellers verändert hat und wie viele unterschiedliche Ausbildungen es gab, die innerhalb von fünf Jahren schon überhaupt nicht mehr aktuell waren, der weiß, wovon ich rede.
Ich denke, in diesem Sinne sind Ausbildungen im Verbund eine Chance, über die Möglichkeiten eines einzelnen Betriebs hinauszugehen. Daher finden wir diesen Vorstoß hier richtig. Vor diesem Hintergrund sind mir allerdings Gespräche mit den Kammern eine etwas zu dürftige Konsequenz. Man kann nicht sagen, dass die bisherigen Gespräche und unverbindlichen Vereinbarungen das Ausbildungsproblem in Bremen lösen konnten. Gerade bei der Ausbildung im Verbund stellt sich die Frage, wie die Verbundausbildung zukünftig gefördert werden soll. Das steht bei vielen Bundesländern im Mittelpunkt, und das fehlt mir hier völlig.
Wir müssen auch einmal überlegen, was kleine oder migrantisch geführte Betriebe daran hindert auszubilden. Was brauchen sie dafür? Ich würde mir tatsächlich einmal eine Erhebung und nicht nur ein Kamingespräch mit den Kammern wünschen.
Dann kommt die zentrale Frage: Was hindert Betriebe daran, Jugendliche aus dem Stadtteil in Ausbildungsplätze zu übernehmen? Wie kann das verbessert werden? Das hängt auch eng mit der schulischen Bildung in den Stadtteilen zusammen. Das müssen wir auch angehen.
Die vierte Frage ist: In welchen Branchen und Bereichen wollen wir Ausbildungsverbünde strategisch aufbauen, weil wir sie für die Zukunftsentwicklung in Bremen brauchen, und welche Unterstützung ist dazu notwendig? Ich denke, wir müssen Ausbildungen viel mehr und noch viel stärker als bisher als Investitionen begreifen.
Die vier Fragen, die ich aufgeworfen habe, müssen wir behandeln, aber ich denke, dafür ist nicht die Bürgerschaft der richtige Ort, sondern die entspre
chenden Deputationen. Dazu passen die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, die Deputation für Bildung und eigentlich auch die Deputation für Soziales, Kinder und Jugend.
Wir stimmen dem Antrag der Koalition zu, weil er in die richtige Richtung geht. Die Frage, wie wir das intensivieren können, sollten wir dann in den Deputationen klären. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal sagen, worum es bei den Ausbildungsverbünden geht. Sie sind bereits im Paragraf 10 des Berufsbildungsgesetzes geregelt und kommen dann in Betracht, wenn ein Betrieb entweder die Qualifikation nicht vollauf bieten kann, die für eine praktische Ausbildung erforderlich ist, oder wenn in den persönlichen Voraussetzungen Ergänzungen nötig sind. Zum Beispiel kann es sein, wenn man besonders schwierige Jugendliche hat, dass sie ein Jahr in einem Betrieb sind, der besonders dafür geeignet ist, solche Jugendliche heranzuführen, und die Folgejahre in einem anderen Betrieb.
Das Thema Qualifikation ist virulent. Wir haben Bereiche, die nicht die ganze Qualifikation eines Lehrberufes abbilden können. Das klassische Beispiel dafür ist die Windenergie, dort haben wir ein sehr spezifisches Qualifikationserfordernis, das im Betrieb vorhanden ist, das durch andere Bereiche ergänzt werden muss. Auch da muss im Verbund ausgebildet werden. Wir haben dort deshalb besonders wenige Ausbildungsplätze, weil das praktisch nicht gewährleistet werden kann. Das muss also mehr werden.
Wir wollen mehr Ausbildungsplätze, damit wir die Langzeitarbeitslosigkeit reduzieren können. Keine Ausbildung gleich Langzeitarbeitslosigkeit, das ist der Zusammenhang! Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze. Jetzt ist die Frage: Mit welchen Instrumenten macht man das? Das erste Instrument sind die Bremer Vereinbarungen, wo wir uns regelmäßig mit den Kammern zusammensetzen. Das Kernziel ist, die Zahl der Ausbildungsplätze auf einem hohen Niveau zu halten. Das gelingt! Auch da ist die Verbundausbildung ein Thema.
Der zweite Bereich ist: Wenn man das erreichen will, muss man näher an die Betriebe heran. Für die Betriebe ist es ein enormer Aufwand, eine Verbundausbildung herzustellen. Sie müssen sich organisatorisch einstellen, sie haben einen erhöhten Wechsel, sie müssen damit leben, dass Auszubildende weggehen. Es geht also nur, wenn die Betriebe das mittragen, sonst schaffen wir die Verbundausbildung überhaupt nicht.
Daher sind das zweite Instrument, das ganz wichtig ist, die betrieblichen Bündnisse, die wir mit dem Bündnis für Windenergie, das wir gerade unterzeichnet haben, begonnen haben. Ich kann Ihnen sagen, dass Verbundausbildung davon ein entscheidender Teil ist. Es gibt zum Teil sehr geringe Ausbildungsquoten in dem Bereich, und die Betriebe sind bereit, sich untereinander abzustimmen. Wir haben mit acht großen und mittelgroßen Unternehmen eine Vereinbarung getroffen, die auch darauf zielt, die Verbundausbildung voranzubringen.
Das geht nur, wenn die Betriebe es mittragen. Es wird auch von den Kammern mit ihren Ausbildungsberatern unterstützt, aber es muss in sehr enger Abstimmung erfolgen.
Der nächste Punkt ist die Förderung. Natürlich fördern wir es, es gibt bereits laufende Projekte für die Windenergie und auch für andere Bereiche. Wo Förderung erforderlich ist, ist das ein zentraler Punkt. Ich glaube, jeder Mensch ist dafür, die Verbundausbildung nach vorn zu bringen. Sie stellt aber erhebliche Anforderungen an die Betriebe, und da müssen wir bei den betrieblichen Bedürfnissen ansetzen und die Betriebe motivieren, davon verstärkt Gebrauch zu machen. – Vielen Dank!