Protokoll der Sitzung vom 17.04.2013

Das macht man nicht, indem man Investitionsquoten weiter senkt, sondern indem man auch wirtschaftspolitische Anstrengungen unternimmt, nicht nur in Bremerhaven, sondern auch in der Stadtgemeinde Bremen, um steuerliches Wachstum und steuerliche Einnahmen zu generieren, anstatt Investoren zu verschrecken. (Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich am Schluss dieser Runde sagen: Sehr geehrte Frau Finanzsenatorin, Sie haben diesem Parlament und auch öffentlich einmal gesagt, in Ihrem nächsten Leben möchten Sie gern Prinzessin

sein. Wenn man im Wörterbuch einmal nachschlägt, dann findet man dort, dass eine Prinzessin eine nicht regierende, in der Regel weibliche Nachfahrin einer Monarchenfamilie ist. Ich finde, die Beschlüsse des Senats über die Eckwerte belegen, dass Sie erstens nicht die Bereitschaft haben zu regieren, sondern einfach nur zu verwalten, und dass Sie es zweitens nicht im Dialog mit den Menschen in dieser Stadt tun, sondern durch Verordnung in monarchischer Weise.

(Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ihren Wunsch, Prinzessin zu werden, Frau Senatorin Linnert, brauchen Sie nicht auf Ihr nächstes Leben zu vertagen, den haben Sie schon in diesem Jahr erfüllt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, ob die Opposition schwadroniert und ob sie immer mit den falschen Zahlen zur falschen Zeit und mit der falschen Detailtreue zum falschen Zeitpunkt kommt, ist beantwortet. Das ist immer so. Die Opposition hat schon per se nicht recht, sie schwadroniert per Definition, und per se kommt sie mit den falschen Zahlen und mit den falschen Anträgen zur falschen Zeit.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das stimmt nicht!)

Es ist Ihr Recht, sich als Regierungsfraktion so zu äußern, die Wahrheit ist das meines Erachtens nicht.

Nur damit das klar ist: Wir setzen uns mit der Frage des Konsolidierungspfades nicht auseinander, weil wir es für den richtigen Weg halten, einen Haushalt zu sanieren, sondern weil das hier Ihre Ankündigung als Chance für Bremen ist. Deswegen müssen wir uns damit auseinandersetzen, und deswegen prüfe ich diesen Finanzrahmen, ob er nach wie vor ein Indiz dafür ist, dass die Konsolidierung eine Chance, etwas Gutes, etwas Zukunftweisendes ist oder etwas, das Bremen auf Dauer, ich sage einmal, deutlich vom bundesweiten Standard abhängt und viele Menschen über Gebühr belastet, in diesem Land Armut nicht bekämpft und hier das Lohn- und Gehaltsniveau sinken lässt. Diese Fragen prüfe ich, weil es von Ihnen postulierte Politik ist, und diese Fragen habe ich vorhin zum Teil beantwortet, und zwar deswegen nicht mit einzelnen Zahlen in diesem und im nächsten Jahr, sondern mit Sicht auf das Jahr 2020.

Wenn Sie sich diese selbst verstellen, weil Sie sagen, hier haben wir jetzt ein bisschen mehr und dort ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

auch: nicht dass ich das geringschätze! Ich weiß, es werden in diesem Jahr ungefähr 100 Millionen Euro mehr ausgegeben, als ursprünglich einmal geplant. Diese Ausgaben sind in den meisten Fällen dringend nötig, aber weil sie so dringend nötig sind, gehe ich davon aus, dass die Annahmen, die es vorher einmal gegeben hat, eben nicht richtig sind und dass diese Notwendigkeit auch im Nachhinein besteht und diese 100 Millionen Euro – so viel es sein mag! – nach meiner Wahrnehmung, nach dem was wir einschätzen, eben nicht ausreichen, und zwar schon deswegen nicht, weil Sie gezwungen sind, den Beamtinnen und Beamten 25 Millionen Euro vorzuenthalten. Das ist ein Indiz dafür, dass selbst diese 100 Millionen Euro nicht ausreichen.

Wir haben immer eine Debatte, ob die LINKEN Spaß am Geldausgeben haben. Für mich persönlich kann ich sagen, manchmal macht es mir Spaß, mein selbst verdientes Geld auszugeben, aber das ist doch nicht die Frage! Es ist eine Irreführung, immer zu behaupten, wir würden die Frage der Finanzierung Bremens von dieser Seite aufzäumen. Wir zäumen sie von der Frage der Notwendigkeiten und des Bedarfs her auf: Wie viele Lehrerinnen und Lehrer, wie viele Polizisten und wie viele Feuerwehrleute brauchen wir? Das sind die Maßstäbe,

(Beifall bei der LINKEN)

und wenn diese Zahlen nicht eingehalten werden, dann gibt es einen Bedarf, denn es ist nicht die Frage des Spaßes, sondern eine Frage der Notwendigkeit, Geld auszugeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf die Frage, ob es gerecht ist, Menschen mit höherem Einkommen Gehaltserhöhungen vorzuhalten, hat die Gewerkschaft eine einfache Antwort. Das machen sie aus solchen Gründen eigentlich nie, weil sie genau wissen, dass sie dann die Belegschaft spalten und dann eher dazu kommen und sagen, wir haben für bestimmte Bereiche Sockelbeträge, um bestimmte Scheren zu vermeiden, und sie diskutieren auch, wer eigentlich wie viel verdienen muss. Bestimmten einzelnen Leuten aber eine Gehaltserhöhung vorzuenthalten heißt, ihre Arbeit zu diskreditieren.

In einer Frage gebe ich dem Kollegen Röwekamp vollständig recht: Dieselbe Frage stellt sich im nächsten und im übernächsten Jahr, sie stellt sich jedes Jahr bis zum Jahr 2020.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, absolut! Es hat auch keiner et- was anderes gesagt!)

Jedes Mal werden Sie dann wieder sagen, wir alle müssten uns anstrengen, die Beamten müssen sich

anstrengen, die Zuwendungsempfänger müssen sich anstrengen, alle müssen sich anstrengen, mit immer weniger Geld immer mehr Arbeit zu leisten, und das ist ein Weg, der nicht gangbar ist, es ist ein Irrtum, dass das eine Chance für Bremen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage deutlich, ich will diese Debatte auch gern noch einmal nutzen, um etwas aufzugreifen, das mittlerweile in diesem Hause immer deutlicher erkennbar wird: Immer mehr wächst die Erkenntnis, dass wir das aus eigener Kraft nicht schaffen, der Kollege Dr. Kuhn hat die Altschulden angesprochen. Ich mache einen Vorschlag: Diskutieren wir dies vor dem Hintergrund der zunehmenden sozialen Schwierigkeiten und Probleme in diesem Land und des möglichen Scheiterns des Konsolidierungskurses, diskutieren wir öffentlich, auf welche Weise Bremen geholfen werden kann! Ich mache den Vorschlag: Fordern wir eine Vermögensabgabe für die Altschuldenregelung, und fordern wir eine Vermögensteuer zur langfristigen Tilgung, weil ich finde, wir können sowohl soziale als auch finanzielle Schulden nicht der nächsten Generation überlassen! Ich finde, die Schulden von heute können auch die Reichen von heute bezahlen, und deswegen lassen Sie uns dafür streiten, dass wir eine Vermögensabgabe erheben, die diese Altschuldenproblematik deutlich erleichtert! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, und das zeigt sich auch wieder an dieser Debatte, ist es eine sehr schwierige Übung, den Kurs, den wir als Koalition verfolgen, der aber meines Erachtens auch verfolgt werden sollte, darzustellen und zu diskutieren, weil wir Zumutungen, Einsparungen, Schrumpfen des Haushalts vertreten müssen, um von dieser extremen Schuldenlast herunterzukommen, und dies auch tun, gleichzeitig aber durch unsere Schwerpunktsetzung, durch die Investitionen in soziale Dinge wie die Kinderbetreuung, in Bildung und anderes an anderer Stelle im gleichen Haushalt auch deutlich mehr Geld ausgeben. Das macht es so schwer, eine einheitliche, auf eine kurze Formel gebrachte Botschaft zu verkünden, und ich bekenne aufrichtig, dass wir gemeinsam in der Koalition auch noch zusätzlich einiges zur Verwirrung beigetragen haben.

Wir haben gestern bei der Debatte um die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher gesehen, dass immer dann, wenn wir einmal das eine, beim nächsten Mal das andere und dann wieder doch das eine beschließen und verkünden, daraus ganz schwer eine ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Botschaft wird, die draußen verstanden wird. Das ist auch in den hier angesprochenen Punkten so. Es ist vor allem so, wenn man es jetzt positiv wenden würden, würde man sagen, das verwirrt die Opposition, wenn man einmal unterstellt, dass Sie sich ganz gut auskennen in der Politik, Herr Rupp und Herr Röwekamp, dann könnte man sagen, Sie nutzen das ein bisschen aus, das führt dazu, dass mit falschen Botschaften gearbeitet wird.

Wenn Sie sagen, Herr Rupp, es gibt immer weniger Lehrer, dann kann man sich die Zahlen der Jahre 2007 bis 2012 anschauen: 4 314, 4 320, 4 333, 4 412, 4 468, 4 512. Diese Zahlen sind nachweisbar, und sie passen einfach nicht zu der Aussage, dass es immer weniger Lehrer gibt. Es ist einfach die falsche Aussage, die Sie hier machen, es werden nämlich immer mehr.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wer glaubt, dass die Erhöhung der Zahl der Betreuung von unter Dreijährigen von 5 Prozent auf über 40 Prozent innerhalb weniger Jahre mit immer weniger Erzieherinnen und Erziehern machbar wäre, der ist nicht ganz bei Trost. Das ist nur mit sehr viel mehr Erzieherinnen und Erziehern jedes Jahr möglich. Sie werden auch bezahlt, sie sind finanziert, und sie werden auch im Haushaltsentwurf in den Eckwerten für 2014/2015 finanziert, und das ist die Wahrheit, alles andere nicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Personaldecke wird ausgedünnt, das haben Sie auch wörtlich gesagt, Herr Rupp. Das ist zum Beispiel bei Zuwendungsempfängern so, weil wir nicht nur die Zuwendungen einfrieren, sondern im konsumtiven Bereich bei diesen Eckwertevorschlägen in der Tat auch um 1,5 Prozent kürzen. Das heißt also, dass bei allen, die die Zuwendungen bekommen, in der Tat die Tarifsteigerungen in den letzten Jahren nicht übernommen wurden und dass wir es hier mit Menschen in sehr vielen Projekten zu tun haben, die wirklich sehr wenig verdienen. Wenn wir heute eine soziale Frage daraus machen, ob sozusagen der obere Teil der Verwaltung nun seinen Beitrag leistet, wenn er verbeamtet ist, dann würde ich einmal sagen, schauen wir erst einmal auf die vielen kleinen Initiativen und Projekte, auf die vielen Institutionen, die in unserer Stadt auch unser soziales und gesellschaftliches Leben am Laufen erhalten und die über Jahre hinweg gar keine Tarifsteigerung und keine Zuwächse bekommen haben. Ich finde, hier kann man in der Tat eine soziale Frage stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei den Beamten, finde ich, kann man das so nicht, und ich habe es nicht verstanden, wenn man sagt,

das sei jetzt ein Beitrag zur sozialen Spaltung, das sei sozial ungerecht. Wäre es denn sozial gerechter, wenn man den unteren Besoldungsgruppen alles wegnimmt und den oberen mehr gibt? Welcher Vorschlag ist denn eigentlich gemacht worden?

(Widerspruch bei der CDU)

Der Kollege Dr. Kuhn hat natürlich nicht gesagt, dass wir in der Zukunft komplett wieder alles übernehmen werden, weil wir das heute gar nicht sagen könnten,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber die Be- gründung ändert sich doch!)

sondern er hat nur vollkommen zu Recht gesagt, eine sozial gestaffelte Regelung kann man nur in seltenen Ausnahmen machen. Dieses Mal hat der Senat sie vorgeschlagen, aber da sie das gesamte Besoldungsgefüge sozusagen erheblich verschiebt und durcheinanderbringt, kann man diese Art des Umgangs mit der Übernahme des Tarifabschlusses – das ist gemeint gewesen! – in der Tat jetzt nur in diesen beiden Jahren machen, und man muss dann wieder überlegen, wie man mit diesen Abschlüssen anders umgeht.

Ich habe noch einmal nachgeschaut, es wird ein bisschen scheinheilig mit dieser Frage umgegangen. Alle Angestellten im bremischen öffentlichen Dienst bekommen 5,6 Prozent mehr Gehalt in den nächsten beiden Jahren. 46 Prozent aller Beamten bekommen in den nächsten Jahren auch 5,6 Prozent mehr, weil sie nämlich zu den Gruppen gehören, für die wir den Tarifabschluss komplett übernehmen. Es sind also alle Angestellten und nahezu die Hälfte aller Beamten, für die die vollen Beträge aus dem Tarifvertrag übernommen werden. Außerdem erhalten noch 29 Prozent der Beamten zwei Prozent mehr Gehalt, nämlich jeweils ein Prozent in den Jahren 2013 und 2014, und 25 Prozent der Beamten bekommen in diesen beiden Jahren in der Tat keine Erhöhung ihrer Besoldung, wenn das hier so übernommen wird.

Ich komme zurück zum Beginn meines Beitrags! Das sind Fakten und Tatsachen, die in der Tat sehr schwierig zu diskutieren sind, die draußen auch nicht einfach zu vertreten sind. Wir sind, glaube ich, angetreten – der Senat auf der Pressekonferenz der beiden Bürgermeister und auch die beiden Fraktionen, die das unterstützt haben –, dass wir uns trotzdem auf diesen beschwerlichen Weg machen.

(Glocke)

Ich persönlich werde auch nicht aufhören, immer dort, wo gesagt wird, wir haben heute weniger Polizisten, obwohl wir doch eigentlich mehr haben, weil wir im Moment sehr ausbildungsstarke Jahrgänge bei der Polizei bekommen, wir haben weniger Lehrerinnen und Lehrer, wo wir tatsächlich aber mehr haben, dies auch zu betonen.

Ich kann für die Fraktion der Grünen sagen, dass wir auch schweren Herzens diese Frage der Übernahme des Tarifs auf die Beamten mittragen, mit der darin für mich eingeschlossenen Selbstverständlichkeit, dass wir als Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft uns keineswegs besser stellen wollen als diesen Teil der Beamten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gedacht, eigentlich ist es ja ganz gut, dass es tradierte, vorgeschriebene, eingeübte Verfahren gibt, wenn man sich in Haushaltsberatungen befindet. Diese Verfahren sind so, dass der Senat Eckwertbeschlüsse tätigt – das haben wir gemacht – und dass dann in Deputationen und Ausschüssen die konkrete Umsetzung und Planung in den jeweiligen Ressorts beraten wird. Da kann man schauen, ist es transparent genug, überzeugt es, ist für die Dinge, die einem am wichtigsten sind, ausreichend Geld vorhanden, haben wir realistisch veranschlagt, alles das, was an Ansprüchen und Vorschriften einem Haushalt obliegt, und dann kann dort die Opposition sagen, wo es zu wenig, zu viel, falsch gewichtet ist und so weiter. Am Ende hat das dann, obwohl es ja manchem nicht gefällt, neben den vielen großen Generaldebatten schlicht und einfach auch etwas mit dem Zahlenwerk zu tun.

Diese in den Deputationen und Ausschüssen beratenen, zur Kenntnis genommenen beziehungsweise beschlossenen Haushalte werden vom Senat neu beraten, bewertet und beschlossen, und dann habe ich die Chance, hier für den Senat in einer Einbringungsrede darzustellen: Was haben wir uns dabei gedacht? Welche Probleme sind wir wie angegangen, und haben wir sie gelöst?

Nun soll es also im Rahmen der Aktuellen Stunde dieser große Schlagabtausch sein: Deckungsvorschläge für Forderungen. Genaue Zahlen habe ich ganz wenig gehört, es ist nun so! Wer sich aber nach dem, was im Moment an Kenntnissen über die Haushalte der Jahre 2014/2015 vorliegt und veröffentlicht wurde, hier ein abschließendes Urteil zutraut: Chapeau, so viel Selbstbewusstsein möchte ich gern einmal haben!

Ein Weiteres will ich noch vorwegschicken, ehe ich mich dann doch zu den einzelnen Kritikpunkten äußere: Herr Rupp, man kann das auch in extenso betreiben zu erzählen, dass Prognosen unsicher, unrealistisch sind, vielleicht nicht zutreffen. Natürlich nicht! Je länger der Prognosezeitraum ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Parameter und Annahmen verändern müssen. Das ist ganz normal, das ist auch überall so, man kann sich darüber un