Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/887, auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Kenntnis.
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/846, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Herr Bürgermeister Böhrnsen, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Reformstau bei den Pensionen und Übergangsgeldern für Senatsmitglieder“, so lautet der Titel unserer Großen Anfrage, denn wir haben es hier tatsächlich mit einem angewachsenen Reformstau zu tun.
Die Regelungen, über die wir heute sprechen, stammen noch aus dem Jahr 1994, und seit fast 20 Jahren hat keine Regierung eine ordentliche Reform gewagt. Damit ist spätestens seit dem letzten Montag Schluss; das ist gut so, und das halten wir auch für überfällig!
Die ganze Stadt fragt sich nämlich nun, mit welchem Recht sich ausgerechnet die kleine Gruppe der Regierungsmitglieder von jeder Verschlechterung ausnimmt, die sie zum Beispiel für Beamte beschließt.
Zu den Fakten! Mitglieder des Senats können mit 63 Jahren in Pension gehen, und wenn sie länger als vier Jahre im Amt sind, dann verringert sich die Altersgrenze automatisch um ein Jahr. Wer acht Jahre im Senat war, darf dann mit 59 Jahren in Pension gehen. Abschläge wie bei den Beamtinnen und Beamten gibt es nicht. Der zweite sehr großzügige Punkt im Senatsgesetz ist die Mindestamtszeit, denn nach ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
nur zwei Jahren erwerben Senatsmitglieder Ansprüche auf ein Ruhegehalt, das ist eine halbe Legislaturperiode.
Das Versorgungsniveau ist insgesamt zu hoch, das zeigt ein Blick in die Pensionsregelungen anderer Bundesländer. Bremen liegt beispielsweise vor den Flächenländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen und auf Augenhöhe mit Hessen. Das immer wieder von der rot-grünen Koalition vorgebrachte Argument, Bremen müsse seine öffentlichen Ausgaben immer am letzten Platz im Ländervergleich orientieren, trifft bei den Pensionen von ehemaligen Regierungsmitgliedern offensichtlich nicht zu.
Zusätzlich zu den hohen Pensionen gibt es aber auch noch sehr großzügige Übergangsgelder, eine Art Arbeitslosengeld für Senatsmitglieder, die maximal zwei Jahre gezahlt werden. Ich darf an dieser Stelle einmal daran erinnern, dass es mit dem neuen Abgeordnetengesetz überhaupt kein Übergangsgeld mehr für Abgeordnete gibt, nicht einmal mehr für den einen Monat, für den es das vorher gab.
Wie wir alle wissen, gibt es einzelne Fälle, in denen diese großzügigen Versorgungsleistungen dreist ausgenutzt worden sind. Im Jahr 2011, zum Ende der vergangenen Legislaturperiode, gab es bundesweit Negativschlagzeilen, und ich glaube, ich muss diesen Vorgang hier nicht noch einmal beschreiben. Was mich aber schon erstaunt – und damit komme ich zur Überschrift unserer Anfrage zurück –, im Jahr 2011 versprach der Senat nach diesen Negativschlagzeilen öffentlich Besserung, die entsprechenden Stellen im Gesetz sollten schnell geändert werden. Das ist bis heute nicht passiert.
Ich frage mich natürlich, warum das nicht passiert ist. Warum werden in Bremen alle möglichen Gesetze verändert – ich erinnere daran, dass hier vor eineinhalb Jahren die Lebensarbeitszeit für Beamte auf 67 Jahre angehoben wurde, gegen die Stimmen der Opposition –, und an dieser Stelle passiert nichts? Ich habe viel dazu gehört, vor allem solche Sätze wie, man könne nicht allein den Vorstoß machen, Bremen müsse abwarten, was andere Länder machen. Das finden wir falsch. In Hamburg hat zum Beispiel im Januar die Bürgerschaft einstimmig auf eine Initiative der Fraktion DIE LINKE reagiert und das dortige Gesetz verbessert, und der Bundestag hat es schon vor einigen Jahren getan. Es ist also kurzfristig sehr wohl möglich.
Was Ihnen offenbar enorme Schmerzen bereitet, haben wir gestern getan: Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für mehr Gerechtigkeit bei den Pensionen für Senatsmitglieder sorgen soll. Der Entwurf liegt vor, und wir haben ganz bewusst darauf verzichtet, ihn als Dringlichkeitsantrag einzureichen, weil wir ihn in Ruhe debattieren möchten. Wir würden das auch gern an den entsprechenden Ausschuss überweisen, das ist vermutlich der Haushalts- und Finanzausschuss, und ich hoffe da auch auf eine
konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen. Wir fordern in diesem Gesetzentwurf nicht mehr und nicht weniger als eine Absenkung der Bezüge, eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf die gesetzliche Grenze, eine Verlängerung der Mindestamtszeit und eine Halbierung der Übergangsgelder.
Es wurde hier schon öfter von der einen oder anderen Seite gesagt, wir würden eine Neiddebatte führen, aber das weise ich an dieser Stelle einmal ganz scharf zurück, mit einer Neiddebatte hat das wenig zu tun! Natürlich müssen Mitglieder des Senats angemessen bezahlt werden und auch eine in unseren Augen angemessene Pension bekommen, weil sie einen Job machen, der zuweilen auch hart ist. Das wollen wir überhaupt nicht in Abrede stellen, da ist sich die Bürgerschaft an dieser Stelle auch sicher einig, und ich glaube, das ist auch nach unserem Gesetzentwurf noch so.
Wir machen Ihnen hier an dieser Stelle folgenden Vorschlag: Das Parlament ist Gesetzgeber des Landes Bremen. Wir warten nicht länger auf eine Gesetzesvorlage der Regierung, sondern wir nehmen das selbst in die Hand. Wir als Gesetzgeber machen unsere Hausaufgaben und erarbeiten gemeinsam ein vernünftiges Gesetz zur Veränderung der Senatspensionen und der Übergangsgelder. DIE LINKE, das kann ich hier sagen, ist an diesem Punkt selbstverständlich bereit, konstruktiv mitzuarbeiten. Lassen Sie uns einen Konsens finden und zeigen Sie sich gesprächsbereit! – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Politische Ämter werden in unserer Demokratie immer auf Zeit vergeben. Bezahlt Politik zu gestalten habe ich persönlich allein schon wegen des Inhalts immer als Privileg betrachtet. Das ist ein Privileg auf Zeit, in Bremen muss man sich zumindest alle vier Jahre den eigenen Parteien oder den Wählern stellen. Man muss feststellen, dass das Ende der Amtszeit als Senator oder auch als Abgeordneter im Regelfall nicht wie in anderen Arbeitsverhältnissen mit einem Nachlassen der Arbeitsleistung zu begründen ist, sondern es ist allein dadurch zu begründen, dass man die politischen Mehrheiten für seine eigene Person oder für seine Partei verliert, aber auch nur dann, wenn man sie verliert, wird dieses Amt beendet. Das ist eine völlig andere Situation als in der normalen Erwerbsbiografie.
Ich glaube zutiefst, das haben wir in der letzten Legislaturperiode bei der Reform des Abgeordnetenrechts unter Beweis gestellt, dass man bei dieser besonderen Situation von Demokratiearbeitern, die auf der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
einen Seite privilegiert sind – und das kann man an dieser Stelle sagen, auch privilegiert in der Entlohnung –, auf der anderen Seite aber natürlich auch besonderen Regeln unterliegen, die mit Arbeitnehmerschutzrechten nämlich nichts mehr zu tun haben, eine vernünftige Abwägung von Rechten und Pflichten vornehmen muss. Bei dieser Angelegenheit – Frau Vogt, Sie haben eben die Altersversorgung hier thematisiert – muss man, glaube ich, jeweils im Spiegel der Zeit und der gesellschaftlichen Entwicklung angemessene Lösungen finden.
Ich will den Ansatz einmal ein bisschen weiter wählen, als Sie ihn eben gewählt haben. Es gibt in Deutschland im Grundsatz drei Altersversorgungssysteme: Das eine ist die gesetzliche Rentenversicherung, das andere ist das System der Beamtenversorgung, und das dritte ist das System der freiberuflichen selbstständigen Vorsorge. Allen drei Systemen ist allerdings gemein, dass dort dann der volle Anspruch ausgezahlt wird, wenn man 67 Jahre alt ist. Ich glaube, es eint dieses Haus auch, dass im Grundsatz die Altersregelung dann auch für Senatorinnen und Senatoren auf 67 Jahre angehoben werden muss. Das ist ein überfälliger Schritt.
Lassen Sie mich dann noch darauf eingehen, welches System man denn eigentlich wählt! Zum System der Rentenversicherung! Ich bin ein großer Fan davon, dass eigentlich alle Menschen in diesem Land in ein einheitliches Alterssicherungssystem einzahlen sollten,
aber die Welt ist leider nicht so, wie Herr Tschöpe sie sich wünscht. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung ist völlig ungeeignet für die Versorgung der Senatoren oder auch für die Abgeordneten, weil allein das, was dort an Höchstgrenzen für die Einzahlungspflichten geregelt ist, in keiner Weise die Altersversorgung von Senatoren und Abgeordneten abdecken kann. Das mag man bedauern, aber so sind die Systeme, die wir im Rahmen des Drei-SäulenSystems in Deutschland haben; das heißt, dieses System fällt weg, solange es keine einheitliche Altersversorgung in Deutschland gibt.
Die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft haben sich in der letzten Legislaturperiode dazu entschieden, sich dem freiberuflichen Versorgungssystem als Altersversorgungssystem anzunähern beziehungsweise es für die neuen Abgeordneten auch vollständig zu übernehmen. Das finde ich richtig und gut, und ich glaube, dass das ein Fortschritt war, aber ist dieses System übertragbar auf Minister und Senatoren? Man kann lange darüber spekulieren, ob das
nicht vielleicht auch richtig wäre, Herr Zentgraf hat heute so etwas angedeutet. Ich glaube, dass Bremen sich gut beraten fühlt, dann das zu machen, was andere Bundesländer machen und was der Bund macht, und die orientieren sich alle an der Versorgung für Beamte. Das ist deutschlandweit einheitlich. Ich glaube, wenn man eine solche Veränderung möchte, wie Herr Zentgraf sie angedeutet hat, dann muss es andere Länder geben, die da vorangehen, nicht das kleinste Bundesland.
Jetzt müssen wir einmal schauen, was unterscheidet denn eigentlich die Versorgung von Senatorinnen und Senatoren von der Beamtenversorgung? Frau Vogt, Sie können es sich natürlich relativ einfach machen und sagen, der Unterschied ist, dass die Senatorenversorgung viel üppiger ausfällt und für Beamte alles schlecht ist. So kann man argumentieren, aber ich finde das unredlich, und ich sage Ihnen auch, warum!
Die Alimentation von Beamten ist darauf ausgelegt, dass man vom Diensteintritt an bis zum Dienstende lebenslang versorgt wird. Dies ist auch richtig, weil man im Regelfall nach seinem Eintritt in den Dienst auch bis zur Altersgrenze arbeiten muss. Die Versorgung eines berufspolitisch Engagierten hat eine völlig andere Voraussetzung. Sie ist nämlich nicht darauf angelegt, dass die Person irgendwann einmal in den Senat gewählt wird und dann bis zum Erreichen der Altersgrenze von 67 Jahren dort bleibt – das finde ich demokratietheoretisch übrigens auch eine schreckliche Version –, sondern sie ist darauf gerichtet, dass die Personen, die wir zu Ministerinnen und Ministern machen, alle vier Jahre wieder über ihre Partei vor das Volk treten müssen und dann entschieden wird, ob sie weitermachen sollen oder nicht. Naturgegeben muss es dort Modifikationen zur Beamtenversorgung geben.
Wenn man dies seriös macht, dann muss man sich doch einmal anschauen, wie es in anderen Bundesländern ist. Man kann es natürlich so verkürzt darstellen, wie Sie es hier getan haben, und sagen, im Bund müssen sie ihr Amt vier Jahre lang ausüben, und in Bremen haben die Personen schon nach zwei Jahren einen Pensionsanspruch. Sie wissen aber auch, Frau Vogt, dass diese Darstellung, ich sage einmal, verkürzt ist. Was passiert denn im Bund, wenn man nach drei Jahren und elf Monaten aus dem Amt als Bundesminister ausscheidet, Frau Vogt? Es passiert dann Folgendes: Der Bundesminister a. D. wird vollumfänglich in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, und es werden dann sehr hohe Einmalbeträge an die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt, für die übrigens auch nicht die Höchsteinzahlungsbegrenzungen gelten.
Dann sagen Sie, in einem Flächenland wie Niedersachsen wird erst nach drei Jahren eine Pension gezahlt, es wäre ja ein Skandal, dass sie in Bremen schon nach zwei Jahren gezahlt wird. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in Niedersachsen im Regelfall alle
Länderminister Abgeordnete sind, die Abgeordnetenversorgung dort ab dem ersten Amtstag viel üppiger ist und zusätzlich zu der Versorgung gewährt wird, die man als Regierungsmitglied bekommt.
Dann muss man sich anschauen, wie die Bremer Regelung ist. Nach der Bremer Regelung hat man nach zwei Jahren einen Anspruch auf Altersversorgung erworben. Wenn man allerdings nach einem Jahr, elf Monaten und 28 Tagen ausscheidet, dann hat man Pech gehabt, dann bekommt man nichts und wird nicht einmal nachversichert. Man kann darüber reden, ob dies vernünftig ist, aber wir haben in der Bremer Geschichte durchaus auch einige Senatoren gehabt, die unter diese Regelung gefallen sind, zum Beispiel Herr Gloystein von der CDU und Herr Sakuth von der SPD, und wahrscheinlich würden mir noch einige mehr einfallen. Diese Personen bekommen keine öffentliche Altersversorgung. Das kann man richtig oder falsch finden, aber ich glaube, allein diese Beispiele machen schon deutlich, dass es so einfach, wie Sie es dargestellt haben, nicht ist.
Sie haben gestern einen Gesetzesantrag eingereicht, wir werden ihn selbstverständlich prüfen. Der Senat hat für Juni einen Gesetzesvorschlag angekündigt, und auch diesen werden wir prüfen. Wir werden sehr genau hinschauen, ob im Vergleich der verschiedenen Bundesländer in der bisherigen Regelung, die wir haben, wirklich die Bremer Senatoren bessergestellt sind als andere Länderminister. Wir werden uns anschauen, ob dafür unangemessen hohe öffentliche Mittel aufgewandt werden, und wir werden dies zu einem Reformwerk zusammenfassen – das sage ich Ihnen zu –, worin Bremen eine angemessene Versorgung der Regierungsmitglieder sicherstellt, so wie in allen anderen Bundesländern auch.
Ich komme gleich zum Schluss! An der Überarbeitung des Abgeordnetenrechts haben wir alle gemeinsam gearbeitet, wir haben alle Kompromisse gemacht und, wie ich glaube, eine sehr vernünftige Reform geschaffen. Kurz vor dem Ende der Reform des Abgeordnetenrechts ist eine Fraktion ausgestiegen und hat gesagt, wir wollen uns eigentlich gar nicht reformieren, sondern wir wollen den anderen nur den Schwarzen Peter zuweisen, dass sie den Griff in die öffentliche Kasse machen.
Frau Vogt, ich frage Sie ehrlich: Wollen Sie mit uns gemeinsam einen Reformprozess machen – dann blei