Es wäre naiv zu behaupten, dass sexistische Werbung, Medien und Produkte keinen Einfluss auf die Gesellschaft hätten, im Gegenteil, Werbung dringt mittels bewusster und unbewusster Wahrnehmung, Bilder und Vorstellungen in die Köpfe der Menschen ein. Sie ist fast überall anzutreffen, und gerade durch die Plakatierung im öffentlichen Raum und in den Me
Sexistische Werbung umfasst eine große Bandbreite an Darstellungen und reicht von sexualisierten Bildern über Gewaltverherrlichung bis zu klischeehaften Rollen von Frauen und Männern. Sie ist teilweise sehr offensiv und auf den ersten Blick erkennbar, wie etwa Alkoholwerbung, die mit leicht oder nicht bekleideten Frauen wirbt. Ferner werden auch Frauen mit ihren Körpern überproportional sowie nicht wahrheitsgemäß dargestellt, so zum Beispiel in einer Werbung vom Media Markt. Auf öffentlichen Werbeflächen, an denen tagtäglich auch Kinder und Jugendliche vorbeilaufen, wurde für das Geschäft auf folgende Weise geworben: eine leicht bekleidete Frau, auf vier Beinen posiert, die unter ihrem Büstenhalter mit drei Busen dargestellt wird, darunter steht die Aufschrift: „mehr drin, als man glaubt“. Ja, was soll man da noch sagen? Viele behaupten, dass solche Werbung lustig sei und dass man solche Werbung ironisch betrachten sollte. Nein, diese Werbungen sind nicht lustig, liebe Kolleginnen und Kollegen, und sie sind nicht zu dulden!
Das sogenannte Lustige an der Werbung ist oft auch, dass Frauen nichts können, außer Schuhe und Schminke zu kaufen, und ganz natürlich klar die Message: Du musst unerreichbar gut aussehen, um überhaupt etwas im Leben darzustellen. Menschen verinnerlichen solche Klischees, ob gewollt oder nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sexualisierte Darstellungen haben vor allem für die Psyche von Kindern und jungen Mädchen negative Konsequenzen, denn sie beeinträchtigen insbesondere das Selbstbild, das Selbstbewusstsein und die psychische Gesundheit. So wissen wir, dass sehr viele Mädchen und junge Frauen in Deutschland unter Essstörungen leiden. Teils ist die sexistische Werbung subtiler, wenn etwa in der Werbung für Haushaltsartikel Mutter und Tochter in der Küche arbeiten, während Vater und Sohn von gemeinsamen Outdooraktivitäten Schmutz und Appetit mit ins traute Heim bringen und sich dann umsorgen lassen.
Sexistische Werbung kann sowohl Frauen als auch Männer betreffen. Tatsächlich werden aber meist Frauen in sexualisierter, klischeehafter oder abwertender Weise dargestellt. Das beginnt mittlerweile im immer früheren Alter. Wenn den Mädchen kontinuierlich suggeriert wird, dass sie außer pink, Puppen und Prinzessin spielen nichts zu interessieren hat, ist das eine sich selbsterfüllende Prophezeiung. Ferner zeigt sich Sexismus auch daran, wenn etwas totgeschwiegen wird, so zum Beispiel die Frauenfußballmeisterschaft in Schweden. Wie viele von uns haben das tatsächlich mitbekommen? Es schreiben wenige Leute darüber, das mediale Interesse ist zurückhaltend, während eine Männerfußballeuropameisterschaft schon immer Monate vorher gefeiert wird und
Die Tatsache, dass Frauen und Mädchen nach wie vor gegenüber Männern und Jungen benachteiligt sind, hat auch mit den gesellschaftlich verankerten Frauen- und Männerbildern zu tun. Diese Bilder werden durch sexistische Werbung mit erzeugt, verankert und verfestigt, liebe Kolleginnen und Kollegen. In Deutschland ist sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung zwar verboten, dennoch lässt sich solche Werbung auch in Deutschland nicht vermeiden. Gerade deshalb sehen wir, die SPD-Bürgerschaftsfraktion, unseren Antrag als ein wichtiges Signal in die richtige Richtung, um sexistische Werbung möglichst gar nicht erst öffentlich werden zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb möchten wir erreichen, dass das Land Bremen seine Stadtgemeinden und die Gesellschaften im öffentlichen Anteilsbesitz sowie Zuwendungsempfänger und Vertragspartner des Landes und der Kommunen alle Möglichkeiten der Verhinderung sexistischer und diskriminierender Werbung nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir würden uns auf eine mehrheitliche Zustimmung sehr freuen, um dieses Signal zu bestärken. Dem Antrag der Fraktion der LINKEN werden wir ebenfalls zustimmen, da dieser unseren Antrag positiv bestärkt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gegen Einfachheit und Klischees und Dummheit kann man juristisch wenig machen, deshalb besteht der Antrag unserer Koalition in erster Linie aus einer ganzen Reihe von Appellen. Die sind aber nicht falsch, wenn es um die Verwaltungen und Einrichtungen Bremens und ihre Sensibilisierung gegen Sexismus geht.
Sexualisierte Werbung betrifft, glaube ich, sehr wohl auch Männer. Männer machen nämlich diese Werbung zu großen Teilen, und auch Jungen und junge Männer nehmen diese Klischees auf, leben und lernen sie und verbreiten sie irgendwann weiter. Werbung prägt unsere Wahrnehmung der Welt und der Gesellschaft immens – nicht nur als marktwirtschaft
liches und konsum- und wachstumsorientiertes System, sondern auch ganz konkret, weil sich Werbung kultureller Bilder und Zeichen bedient und kulturelle und gesellschaftliche Klischees immer weiterverbreitet.
Klischees und vereinfachte Bilder von Rollen- und Geschlechtervorstellungen können oft genug verletzend sein, können Menschen verstören, weil sie sie nicht verstehen – da fängt es schon an! – oder weil sie sich wirklich herabgesetzt fühlen. Die Kollegin hat das beschrieben. Das umso mehr, als Werbung im öffentlichen Raum stattfindet und man ihr eigentlich nicht wirklich entgehen kann! Ich kann nicht daran vorbeigehen und vorbeisehen. Kinder können Werbung vielleicht nicht einmal als solche identifizieren und entsprechend relativieren. So kann Werbung auf jeden Fall dazu beitragen, falsche, abwertende Rollenklischees zu verfestigen. Diskriminierende, sexistische und frauenfeindliche Werbung, die Menschen auf einen Objekt- und Funktionsstatus reduziert, Werbung, die damit schon allein Menschen abwertend darstellt, gehört nicht in den öffentlichen Raum,
und natürlich und schon gar nicht gehört sie in staatliche oder öffentlich geförderte Publikationen.
Grundsätzlich gilt sowohl für den öffentlichen Raum als auch für öffentliche Publikationen das Verbot von sexistischer und diskriminierender Werbung. Das ist Bestandteil und Grundlage der entsprechenden Verträge über Werberechte im öffentlichen Raum, die die Stadt Bremen Marketingfirmen wie der Deutschen Telekom überlässt. Aber es ist dabei klar – auch bei unseren Antrag –: Die Wahrnehmung, wann ein Motiv sexistisch, diskriminierend ist, wann sich jemand als Frau, als Kind, als einer Gruppe Zugehöriger von Werbung diskriminiert und betroffen fühlt, kann natürlich für jede Betrachterin und jeden Betrachter unterschiedlich sein.
Eine genaue theoretische Definition von sexistischen und diskriminierenden Motiven gibt es nicht. Die ist immer schwierig bis zu dem Zeitpunkt, zu dem man sie sieht, und dann sind sie in der Regel auch schon öffentlich. Es gibt dazu auch keine klaren gesetzlichen Regelungen, wann der Punkt erreicht ist, wo etwas nicht veröffentlicht werden darf. Wir müssen deshalb in dem Fall trennen: erst wahrnehmen, dann beim Deutschen Werberat oder, wie wir das beantragen, auch bei den Bremer Behörden beschweren! Diese Stellen können dann Einfluss auf die Urheber nehmen. Die können oder müssen die Werbung manchmal zurückziehen. Aber auch dann ist sie erst einmal dagewesen. Bei den Werbemaßnahmen der Stadt selber und den Publikationen bremischer Einrichtungen sind dem Staat natürlich alle Gestaltungsmöglichkeiten gegeben.
kriminierender Werbung angemessen umzugehen, da, wo sie ist, als auch die städtischen Stellen und Einrichtungen sensibilisieren, solche Werbung zu vermeiden. Deshalb sollen die Stellen, bei denen man sich beschweren kann, viel deutlicher als bisher erkennbar und bekannt gemacht werden, am besten natürlich direkt in Verbindung mit der Werbung da, wo sie im öffentlichen Raum angebracht wird.
Es wäre zu wünschen, dass diese Stellen, wenn Beschwerden vorliegen, sensibel und annehmend mit Kritik umgehen. Beim Werberat ist es oft tatsächlich so, dass Dinge, die nicht lustig, sondern eigentlich nur doof sind, nicht einmal nur als lustig, sondern tatsächlich auch noch als Satire oder Ironie dargestellt oder verkauft werden; das ist oft Quatsch.
Das A und O zur Einordnung von Eindrücken in einer von Medien geprägten Gesellschaft sind meiner Ansicht nach die Medienkompetenz und die Konsumkompetenz.
Sich zu fragen und zu wissen, wer der Urheber und der Absender von Botschaften ist, was und wen er damit erreichen will und mit welchen Bildern, welchen Tricks, welchen Klischees das geschieht, das kann uns, glaube ich, keiner abnehmen: Das müssen wir unseren Kindern beibringen, das müssen wir in den Schulen lehren und lernen und selbst lebenslang immer weiter üben. Gegen Sexismus und Diskriminierung helfen Achtsamkeit und selbstbewusste klare Haltung. Wenn wir die mit unserem Antrag ein bisschen stärken können, ist, glaube ich, schon viel gewonnen. Deswegen bedanken wir uns bei der Linkspartei für ihren präzisierenden Änderungsantrag und stimmen auch dem gerne zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir diesen Antrag einbringen. Ich bin auch froh, dass Sie ihn unterstützen. Er geht ja zum Teil nicht unwesentlich auf eine Petition zurück, die eingereicht wurde. Der Gleichstellungsausschuss hat sich entsprechend positiv darauf bezogen. Da wurde bezüglich genau dieser Petition nachgefragt. Im Petitionsausschuss gab es einhellig, über alle Fraktionen hinweg, die Meinung, dass man so etwas unterstützen muss.
Es ist richtig, Sexismus in der Werbung ist unausrottbar; mal mehr, mal weniger, aber wir sind ja ständig sozusagen damit konfrontiert. Ich möchte nicht nur darauf hinweisen, dass wir stark mit diesen Körper
formen konfrontiert werden. Die laszive Leichtbekleidete auf der Kühlerhaube ist ja genauso immer wieder mehr oder weniger Objekt dieser Werbung als auch etwas, was völlig unkörperlich daherkommt. Kennen Sie die Schweizer Luxusmarke IWC? Da ist dann so eine große Uhr zu sehen – im sechsstelligen Bereich, nehme ich an! –, und da heißt es dann: „Fast so schön wie eine Frau. Tickt aber richtig.“ Das ist also gar nicht so sehr an den Körper gebunden, aber da wird natürlich sofort klargemacht, wer in welche Ecke zu stellen ist.
Wir haben gesagt, sexistische Werbung fällt nicht vom Himmel. Es ist ja nicht so, dass die Verkaufszahlen in den Keller gingen, wenn man so etwas betriebe. Das Ganze fällt ja innerhalb unserer Gesellschaft auf den fruchtbaren Boden. Da haben wir es ununterbrochen mit den entsprechenden Klischees zu tun. Wenn ich mir dann so etwas wie im „Kurier am Sonntag“ am letzten Wochenende ansehe: Dinner ohne Damen, die Eiswette, wieder einmal nur Männer, muss ich sagen: Auch das ist sexistische Werbung für Bremen. Wir haben hier über das Schaffermahl gesprochen. Das fällt in die typischen antimodernen Rituale, mit denen wir bis heute konfrontiert sind.
Ich möchte auch noch auf einen anderen Zusammenhang hinweisen. Ich habe mir mit Interesse das Buch „150 Jahre Sozialdemokratie“ angesehen. Auf Seite 200 irgendwas gibt es einen Kasten, in dem steht: Die Frauen setzen sich für die Parität ein. Zusammenhang und Hintergrund sind die Kandidatur für den Landesvorsitz. Als Andreas Bovenschulte das dann übernommen hat, gab es ganz starke Unterstützung für eine Frau – Karin Jöns damals –, und in dem Kasten wird aufgeführt: Wir haben männliche Fraktionsvorsitzende, wir haben einen männlichen Bürgerschaftspräsidenten, wir haben männliche Bundestagsabgeordnete und wir haben männliche Landesvorsitzende.
Meine Kollegin Susanne Wendland hat heute Vormittag gesagt: Bremen muss sich erneuern. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch mal drauf hinweisen: Gefühlt regiert die Sozialdemokratie hier seit Menschengedenken,
und sie transportiert auch Rollenklischees. Ja, gut! Trotzdem ist das ein Zusammenhang, den ich wichtig finde. Das heißt, wir können uns hier jetzt nicht
hinstellen und sagen, oh nein, diese eklige sexistische Werbung hätte ich ganz gern abgeschafft, aber unsere gesellschaftlichen Strukturen lassen wir außen vor. Das ist etwas, was uns alle angeht. Ich möchte meine eigene Partei gar nicht ausnehmen. Insofern wäre das unrealistisch. Mir ist es eben gerade an diesem Buch noch einmal aufgefallen, an dem, was da versucht worden ist. Faktisch haben wir ja immer noch die gleiche Situation. Das möchte ich an dieser Stelle einmal zu bedenken geben.
Trotzdem bin ich froh, dass wir diesen Schritt machen, dass es diesen Antrag gibt und dass wir denen weiter auf die Finger klopfen können. Es wird gar nicht so einfach sein, diese Kriterien zu definieren. Aber wir kommen in der Diskussion, und – ich glaube – auch in der Sensibilisierung für das Thema einen Schritt weiter. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Das Gleichstellungsgebot und das Diskriminierungsverbot sind unwiderruflich und fest in unserer Verfassung verankert. Dennoch haben diese höchsten Verfassungswerte, so wie ich sie durchaus nennen möchte, unsere Gesellschaft noch nicht immer vollständig durchdrungen, und Sexismus im Alltag bleibt für viele Frauen und auch Männer eine häufige, unangenehme und unwürdige Erfahrung. In diesem Zusammenhang spielt auch das Thema Werbung eine entscheidende Rolle, wenn diese durch frauen- oder männerfeindliche diskriminierende Motive gekennzeichnet ist.
Mit dem Antrag zur Vermeidung sexistischer, diskriminierender und frauenfeindlicher Werbung soll für dieses Problem vermeintlich einfach Abhilfe geschafft werden, indem sexistische Werbung vom Land Bremen, seinen Vertragspartnerinnen, Vertragspartnern und Eigenbetrieben et cetera von vornherein verhindert werden soll. Hierfür haben Sie sich in dem Antrag ein paar nette Punkte überlegt, wie der Senat dieses Ziel vor allem appellativ und durch Überprüfung bestehender Vertragsverhältnisse umsetzen soll.
Im Kern enthält dieser Antrag absolut kein schlechtes Anliegen – das möchte ich hier ausdrücklich betonen –, aber er berücksichtigt in keiner Weise das schwierige Problem, welches hinsichtlich der Bekämpfung sexistischer und diskriminierender Werbung obligatorisch auftritt. Die Entscheidung darüber, was die Grenze – das wurde von meinen Vorrednern schon bemerkt – zu sexistischer Werbung überschreitet, liegt
primär im individuellen Empfinden der Menschen und ist somit ein streitbarer Gegenstand. Sollte beispielsweise bereits ein Bikinihersteller oder Badehosenhersteller nicht mehr in der Öffentlichkeit mit Models werben, die seine Kleidung tragen? Faktisch existiert diesbezüglich einfach ein Graubereich. Wir haben natürlich auch schon Negativbeispiele gehört, bei denen wir uns wohl auch hier stundenlang streiten könnten, was bereits als sexistische und geschlechterdiskriminierende Werbung bezeichnet werden kann und somit vermieden werden sollte. Bevor man aber so einen Antrag macht, sollte man zumindest versuchen, sich dieser Problematik anzunähern und sich mit ihr auseinanderzusetzen. In dem Antrag wird das Definitionsproblem jedoch einfach ignoriert. Wie so oft und mittlerweile sehr oft wird uns somit ein nicht durchdachter und rein symbolpolitischer Antrag vorgelegt. Allein die Überschrift – das ist auch ganz interessant – des Antrags zeigt, dass sich die rot-grüne Koalition alles andere als angemessen mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat, da Sie ihren Antrag ansonsten nicht nur auf frauenfeindliche Werbung begrenzen würden, sondern auf geschlechterfeindliche Werbung insgesamt ausgedehnt hätten.