Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Deswegen ma- chen wir das ja auch!)

Das reicht bis hin zu Fragen wie: Brauchen wir Töpfe für öffentliche Kofinanzierung, damit sich Organisationen in Bremen leichter damit tun, EU-Mittel zu akquirieren? All das ist ein bisschen mehr, als dass es, wie es in der Antwort heißt, bei den Bevollmächtigten einen Ansprechpartner gibt, der E-Mails beantwortet. Auch das bedeutet für mich öffentliche EUFähigkeit.

Viertens. Wie wird gewährleistet, dass auch die Öffentlichkeit rechtzeitig von Vorhaben in der EU erfährt, auf die sie vielleicht zivilgesellschaftlichen Einfluss nehmen möchte? Mir ist klar, dass das auch eine Aufgabe der Parteien ist. Die EU-Fähigkeit der Parteien ist an diesem Punkt sicher auch ein eigenständiges Thema. Aber gibt in der deutschen Verwaltung auch eine Verpflichtung und einen Anspruch, dass die öffentliche Verwaltung über ihre Vorhaben informiert und Beteiligungsprozesse organisiert.

Was gibt es dementsprechend bei Vorhaben auf EU-Ebene? Wie wird gewährleistet, dass die Öffentlichkeit von diesen Vorhaben nicht erst hinterher erfährt? Das ist einer der Gründe, warum die Öffentlichkeit die EU oft als bürokratisch erfährt, weil man das Gefühl hat, alles nur vorgesetzt zu bekommen, wenn es schon beschlossen ist oder wenn es irgendwann konkrete Folgen für einen selbst hat.

Ich will noch einmal unterstreichen: Ich finde die Maßnahmen, die in der Antwort aufgeführt worden sind, gut und nützlich. Ich halte es aber für zweifelhaft, ob das schon dafür ausreichend ist, die bremische Verwaltung wirklich EU-fähig zu machen.

(Glocke)

Damit – ich komme gleich zum Schluss – werden wir uns vermutlich noch ein paar Mal befassen müssen. Die EU ist Realität, wir müssen uns darauf einstellen. Aber wir müssen uns auch so klar und systematisch darauf einstellen, wie wir das mit den anderen Rechtsebenen auch machen. Da scheint mir noch ein Stück zu fehlen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Dr. Kuhn, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei Frau Kollegin Mahnke für die Initiative, die uns die Möglichkeit gibt, einmal über einen besonderen, aber wesentlichen Punkt der Zukunftsfähigkeit unserer bremischen Verwaltung zu sprechen.

Ich stelle meinem Beitrag ein Zitat aus der Antwort des Senats voran, weil das da sehr gut zusammengefasst ist. Ich darf zitieren:

„Als Bundesland muss die Bremer Verwaltung in vielen Politikfeldern europäische Gesetzgebung umsetzen und anwenden, die sich auf den Alltag der Bürgerinnen/Bürger auswirkt. Für die politische Diskussion auf europäischer Ebene ist im Vorfeld von konkreten Gesetzgebungsinitiativen eine frühzeitige Bewertung und Reaktion im Sinne der bremischen Interessen unabdingbar. Zudem gibt es zahlreiche europäische Förderprogramme, von denen bremische

Einrichtungen, Unternehmen und Initiativen profitieren... bei der Einwerbung von Fördermitteln bedarf es guter Kenntnisse. Um die dargestellten Herausforderungen bewältigen zu können, ist der Erhalt und die Stärkung der Europafähigkeit der Bremer Verwaltung einer der europapolitischen Schwerpunkte des Senats.“

Das ist richtig! Diese Auffassung teilen wir, aber ich werde Ihnen darlegen, dass wir auch der Auffassung sind, dass das in wesentlichen Punkten bereits sehr gut gelöst ist.

Ich komme auf die Fragen des Kollegen Tuncel zurück, sage aber gleich: Das Lesen der Antwort hätte die Urteilsbildung in diesem Punkt auch erleichtert.

Zentral für die Wahrnehmung der Aufgabe, wie beschrieben, ist die Europaabteilung bei der Bevollmächtigten und hier vor allen Dingen die Landesvertretung in Brüssel. Damit will ich auch hier beginnen, und ich will den Satz zitieren, den ich bei dem Besuch von 25 Landtagsabgeordneten aus Bremen Ende Januar in Brüssel bei dem Empfang in der Bremer Vertretung gesagt habe, nämlich zusammenfassend: Das Team unseres Brüsseler Büros verdient Bestnoten und einfach ein ganz dickes Lob hier von diesem Haus!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Das sage ich auch als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses hier im Parlament und als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen. Die intensive Arbeit Bremens im Ausschuss der Regionen und die Präsenz Bremens im Herzen Europas wären ohne unser Büro undenkbar. Ich weiß aus vielerlei Erfahrungen und Diskussionen, in welch hohem Maße die Stimme Bremens in Brüssel von anderen gehört und auch wertgeschätzt wird.

Über die personalpolitischen Instrumente und Maßnahmen zur Verbesserung der Europafähigkeit hat Frau Mahnke schon gesprochen. Es wird in der Antwort des Senats angedeutet, dass viele Angebote gut nachgefragt werden, dass aber bei der möglichen Abordnung nationaler Sachverständiger und bei der Wahrnehmung von Mandaten in EU-Gremien wie auch bei längerfristigen Hospitationen noch Luft nach oben ist. Ich verstehe ja, dass es für die Ressorts immer ein Kraftakt ist, jemanden abzugeben. Aber es lohnt sich einfach, weil da gilt: Wenn man vor Ort in Brüssel gearbeitet hat, ist das einfach ein Quantensprung im Verständnis europäischer Politik und für die Umsetzung dann hier in Bremen.

Wir brauchen und wir haben auch in Bremen die Fähigkeit der Verwaltung, nicht nur die Gelder der großen Programme zuverlässig und innovativ auszugeben. Das kann man ja auch an den riesengroßen Programmen, also der Strukturfonds EFRE und ESF, sehen. Also die Frage: Wie machen die das eigent

lich? Schauen Sie doch einmal an, was die da machen, gehen Sie einmal auf die entsprechenden Seiten im Netz, unter anderem efre-bremen.de oder esfbremen. Da sehen Sie doch, was sie machen und dass die Verwaltung in der Lage ist, dieses Geld sinnvoll und sehr innovativ auszugeben! Das gilt übrigens auch für die Bereiche Wissenschaft und Umwelt, die das seit Jahren mit großem Erfolg machen, auch für die nächste Förderperiode sehr gut vorbereitet sind und schon die ersten Anträge eingereicht haben oder jetzt vorbereiten. Also, Sie sehen daran die Fähigkeit der Verwaltung. Wenn Ihnen das ein Rätsel ist, wie das gemacht wird: Gehen Sie einfach einmal dahin und lassen Sie sich das erklären!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich vertrete seit sechs Jahren Bremen im Ausschuss der Regionen, und ich mache jetzt die Erfahrung, dass sich in den Ressorts herumgesprochen hat und auch zunehmend als interessant empfunden wird, dass Bremen auf Europa nicht nur über den Bundesrat Einfluss nehmen kann – das ist traditionell so-, sondern auch direkt in Brüssel durch wirksame Lobbyarbeit vor Ort über das Büro und durch unsere Arbeit im Ausschuss der Regionen. Ich nenne Ihnen einmal ein paar Themen: Energie, Beihilferegelungen, die neuen Energieziele, Raumfahrtprogramme, Nordseekooperation – alles Dinge, die wir dort vor Ort im Ausschuss der Regionen für bremische Interessen befördern können! Das sind jetzt nur meine Themen, Frau Hiller wird aus ihren Ausschüssen andere nennen, also da können wir einfach was machen.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist: Die Kommission lädt regelmäßig vor der Entscheidung über wichtige Vorschläge zu sogenannten Konsultationen ein. Zum Beispiel vor den neuen Initiativen zur Reinhaltung der Luft hat sie staatliche und nicht staatliche Stellen um Fragen und um Ideen gebeten. Die deutschen Länder zieren sich immer noch, daran teilzunehmen, weil sie glauben, über den Bundesrat läuft das schon alles. Ich glaube, das ist falsch. Ich glaube, es macht Sinn, wenn die Ressorts sich an solchen Konsultationen frühzeitig beteiligen, das macht zwar ein bisschen Arbeit, aber es schärft das Problembewusstsein auch für die Politik in Bremen, und wir nehmen eben Einfluss von Anfang an, und das müsste ja unser Ziel auch sein.

Ich will Ihnen in aller Kürze – das ist ja mehr die Aufgabe von Frau Hiller – ein paar Antworten auf Ihre Fragen geben, Herr Tuncel. Die Einbeziehung der Bürger! Ich habe extra nicht den Europapunkt hier unten gelobt, weil ich mit ihm so eng verknüpft bin, dass alle denken, das ist Eigenlob. Aber hier unten passiert eine unglaublich gute Arbeit nah an den Bürgerinnen. Es ist nicht einfach, sie zu erreichen, das gilt für alle, aber dafür machen sie eine sehr gute Arbeit.

(Glocke)

Es gibt die EU-Informationen, die an alle Dienststellen und in alle Verwaltungen gehen einmal im Monat mit einem Überblick über neue Themen, Hinweise auf neue Förderrichtlinien, auf neue Programme, auf Aufrufe. Das ist doch alles da! Gucken Sie sich das erst einmal an, bevor Sie die Frage stellen, wie das eigentlich funktionieren kann!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Also, das sind kritische Anmerkungen, wenn überhaupt, auf einem sehr hohen Niveau der Arbeit der bremischen Verwaltung in diesem Bereich. Ich bin froh darüber, weil das wirklich ein zentraler Bereich der Zukunftsfähigkeit ist, und restlos froh wäre ich – mein letzter Satz! –, wenn ich dann auch einmal die grüne Bürgerschaftsfraktion zu einer Exkursion nach Brüssel lotsen könnte. Daran arbeite ich noch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Grobien, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den emotionalen Debatten heute Morgen und gerade eben zur Geschäftsordnung ein eher einvernehmliches Thema mit auch etwas höherer Akzeptanz! Der Einfluss der europäischen Gesetzgebung nach der Neuordnung der EU-Verträge sowie mit der Kompetenzerweiterung der EU und mit der stärkeren Einbindung der nationalen Parlamente und Regionen nimmt stetig zu. Damit steigen auch die Anforderungen an die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Bezug auf die benötigte Europakompetenz ständig an. Für die politische Diskussion im Vorfeld von konkreten Gesetzesinitiativen ist eine frühzeitige Bewertung und Reaktion im Sinne bremischer Interessen unabdingbar.

(Beifall bei der CDU)

EU-Richtlinien und -gesetzgebung mit Eingriffen in den spezifischen Fachbereichen, wie zum Beispiel Vergaberecht, Umwelt- und Klimavorgaben oder Beihilfepolitik, kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt ebenso für den Bereich der EU-Förderpolitik, in dem für Mittelakquise und Projektmanagement auch eine hohe Europakompetenz benötigt wird. Hier unser Kompliment an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bremer öffentlichen Verwaltung, die trotz Sparzwängen und Arbeitsverdichtungen diese Anforderungen in ihrer Breite und Tiefe täglich bewältigen! Dem Lob für die Arbeit der Mitarbeiter und Herrn Bruns in der Bremer Landesver

tretung schließen wir uns an, das ist hier ja auch schon zweimal ausgesprochen worden.

(Beifall)

Wie wird diese Fähigkeit aber hier in Bremen weiter gefördert? Das ist der Kern Ihrer Großen Anfrage. Im Wesentlichen lassen sich die Maßnahmen in Bereiche wie Aus- und Fortbildung, Netzwerkarbeit oder auch Entsendungen zusammenfassen.

Aus der Beantwortung der Anfrage geht hervor, dass man in Bremen insbesondere auf Hospitationen und Austauschprogramme zur Weiterqualifizierung setzt. Allerdings wird das Interesse an den einschlägigen Fortbildungen und Programmen zur Vertiefung der Europakenntnisse – ich zitiere – als „zurückhaltend“ wahrgenommen. Zwar werden die kurzzeitigen Hospitationen in der Vertretung Bremens in Brüssel gern besucht und in Anspruch genommen, aber acht bis zehn Aufenthalte pro Jahr sind nun wirklich nicht die Welt: Zwei Beschäftigte der Bremer Verwaltung, die seit 2010, also in den letzten vier Jahren, an dem ERASMUS-Programm for Public Administration teilgenommen haben, eine Bedienstete im Jahr 2012, die an dem NSBW-Programm teilgenommen hat, ein Programm, was direkt innerhalb der Kommission abläuft und deshalb besonders wertvoll und von hohem Nutzen ist, auch das hatten wir heute schon.

Die Gründe für die Zurückhaltung liegen wohl in der erforderlichen Bereitschaft zur Mobilität, mangelnden Sprachkenntnissen, in der familiären Situation sowie der Ungewissheit über die weitere berufliche Verwendung, wie in der Senatsvorlage zu lesen ist. Das sind in Teilen allerdings Dinge, denen man als Arbeitgeber begegnen können sollte.

Wichtig wäre aus unserer Perspektive, dass der Senat in dieser Hinsicht eine Gesamtstrategie entwickelt, wie sie in anderen Bundesländern, siehe Berlin, bereits vorliegt. Zwar wird in der im Juli 2012 vom Senat verabschiedeten EU-Strategie des Landes Bremen auch ein Passus der Europafähigkeit der Verwaltung gewidmet, aber eine Gesamtstrategie sieht in unseren Augen anders aus.

(Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: Wie denn?)

Wie in Berlin könnte man eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einsetzen, die sich neben konkreten Fortbildungsmaßnahmen auch mit weiteren Kooperationen beschäftigt, Fragen wie: Was können der Austausch und die Verzahnung im Rahmen einer norddeutschen Zusammenarbeit zur Stärkung der Europafähigkeit der Kommunen beitragen? Vielleicht kann man da von der IHK Nord mit ihrem Europaengagement lernen.

Aber auch Bereiche wie Bildung und Polizei, für die es gesonderte Programme gibt, sind von hohem Interesse für die weitere Vernetzung. Wie viele Lehrer

nutzen die Möglichkeit, an deutschen Schulen im Ausland zu unterrichten, und nehmen Polizisten in Bremen am Programm „Learning Urban Policing in Europe“ teil? All das wäre es wert, genauer betrachtet zu werden. Eine Berichterstattung und Begleitung einer solch fachübergreifenden Arbeitsrunde könnte im Parlamentsausschuss Europa begleitet werden, ein Gedanke, den wir jedenfalls im Ausschuss vielleicht noch einmal aufnehmen sollten. Das Programm aus Berlin habe ich da. Das kann ich Ihnen gerne zur Verfügung stellen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Staatsrätin Hiller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich heute die Möglichkeit habe, in der Bürgerschaft reden zu können. Zunächst möchte ich mich bei den Koalitionsfraktionen für diese parlamentarische Initiative bedanken. Sie gibt uns die Möglichkeit, diesem Thema noch einmal eine größere Aufmerksamkeit zu geben. Ich meine, das hat es auch verdient, wie sich ja auch in den vorherigen Beiträgen gezeigt hat.

Den Dank für das Lob, gerade von Christian Bruns und seinem Team in Brüssel, aber auch hier in Bremen, und – das will ich betonen – in den anderen Ressorts und auch gerade bei den Finanzkollegen – Henning Lühr ist heute auch hier –, immer wieder Dinge zu ermöglichen, die vielleicht von Anfang an nicht so selbstverständlich sind, nehme ich natürlich gerne auf. Ich möchte mich dem Dank auch anschließen; auch den Anregungen – das gleich vorneweg –, was wir noch besser machen können und wo wir vielleicht auch noch Ideen entwickeln können, noch europafähiger zu werden.

Ich möchte mich aber auch bei allen Abgeordneten an dieser Stelle bedanken, die sich im Januar auf den Weg nach Brüssel gemacht haben, um vor Ort – vielleicht auch das erste Mal – unsere Landesvertretung in Brüssel kennenzulernen und einen Tag lang mitzubekommen, was die Arbeit der Kommission in Brüssel auszeichnet. Ich habe mitbekommen, dass es ein anstrengender, aber ein sehr lehrreicher Tag gewesen ist. Es tut uns gut, wenn wir merken: Wir kriegen den Rückenwind aus dem Parlament für unser Engagement in Brüssel für Bremen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dem Senat ist bewusst, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung Schlüssel für das erfolgreiche europapolitische Handeln Bremens sind und dass sie das auch zukünftig sein werden. Der Einfluss Europas ist in allen Bereichen der