Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

Vielen Dank, und ich freue mich, obwohl ich gar nicht weiß, wie DIE LINKE abstimmen wird. Ich hoffe, Sie stimmen nach diesen Erläuterungen dann vielleicht doch zu. Ich freue mich in jedem Fall über das breite Votum dieses Hauses, und bitte den Senat, auch auf dieser Linie dann tätig zu werden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur um unser Abstimmungsverhalten noch einmal zu erläutern: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass das ein Fall ist, wo einfach, wie eben schon erläutert wurde, die Grundlage und die erkennbaren Ziele nicht mit dem zu vereinbaren – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Mobbing! – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Können Sie das einmal zitieren, Herr Rupp?)

Ich zitiere sozusagen aus Ihrem Antrag.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wo haben Sie denn die Zeile gefun- den? Können Sie das einmal erläutern, Herr Rupp?)

Der Abbau von Handelshemmnissen und die Einrichtung von sogenanntem Investorenschutz sind für mich zwei Dinge, die habe ich erläutert. Diese sogenannten Handelshemmnisse sind in den meisten Fällen genau das, was wir uns mühsam erarbeitet haben.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das sind tech- nische Normen!)

Dieses Abkommen heißt ja nicht Transatlantisches Abkommen über die Vereinfachung von technischen Normen und Zöllen, es heißt auch nicht Abkommen zur Vereinheitlichung von Umwelt- und Sozialstandards, es heißt Transatlantisches Freihandels- und

Investitionsabkommen. Mit dem Titel allein ist für uns verbunden, dass diese Form von Verhandlung von einer ganz bestimmten Seite einseitig geführt worden ist, mit einseitigen Zielen, die von vielen kritisiert werden, auch hier im Haus. Ich weiß es zu schätzen, dass hier im Haus die Debatte so weit ist, dass man an vielen Punkten sagt, so kann es nicht gehen. Ich weiß auch zu schätzen, dass dieses Haus sagt, es gibt bestimmte Dinge, die müssen wir einhalten, sonst finden wir dieses Abkommen nicht mehr gut.

Ich habe mich nur gefragt, was ist denn jetzt verhandelbar von den Spiegelstrichen, weil wir vorhin die Debatte um das EEG hatten. Da wurde erläutert, dass man mit bestimmten Positionen in die Verhandlung gegangen ist, man hat ein paar Sachen durchgesetzt, die für Bremen gut sind, andere Sachen nicht, weil die Machtverhältnisse entsprechend waren.

Die Frage, die ich mir stelle, wenn wir jetzt sagen, wir haben so ein paar Spiegelstriche, die sind gut und richtig, ist: Welche von denen sind verhandelbar? Wann ist der Auftrag, den man aufgrund dieses Antrags hat, erfüllt und wann nicht? Ist er dann erfüllt, wenn alle Spiegelstriche – und ich finde, alle Spiegelstriche müssten eigentlich gelten – umgesetzt sind oder verhandeln wir darüber?

Deswegen ist das der zweite oder dritte Grund dafür zu sagen, eigentlich müsste von diesem Haus ein Signal ausgehen, dass diese Form der Verhandlung mit diesen Zielen für uns keine Grundlage für ein transatlantisches Abkommen sind. Es fehlen die sozialen Standards, es fehlen die Umweltstandards,

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Wissen wir doch jetzt gar nicht!)

und die einseitige Orientierung auf den Handel und die Investoren ist einfach zu kurz gedacht und programmiert praktisch die Folgen, die wir befürchten und die anderswo schon eingetreten sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ist in den letzten Monaten zu einem sehr wichtigen politischen Thema geworden. Ich finde diesen Antrag, der hier im Parlament vorliegt, aus Sicht des Wirtschaftsressorts und des Senats sehr gut. Ich muss sagen, da der Abgeordnete Herr Kuhn hier gesagt hat, der Senat möge inzwischen auch tätig werden in diese Richtung, dass wir das bereits tun.

Wir sind in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv tätig geworden. Es hat eine Sitzung im Wirtschaftsministerium gegeben, wo die Staatssekretäre

der 16 Bundesländer gemeinsam mit dem federführenden Staatsrat Dr. Kapferer getagt haben. Wir haben dort die Punkte, die aus unserer Sicht wichtig sind, sehr intensiv diskutiert. Wir, das Wirtschaftsressort mit der Hausspitze, waren in der letzten Woche in Brüssel, haben dort mit dem federführenden deutschen Beamten gesprochen, der das TTIP verhandelt, und haben unsere Position da gut einbringen können. Ich finde mich eigentlich in den meisten Positionen, die hier in dem Antrag dem Parlament vorliegen, sehr gut wieder, und ich glaube, das ist auch die Linie, die wir vertreten.

Ich will drei Punkte, die hier in der Diskussion auch eine Rolle spielen, nennen. Das sind die Punkte der Transparenz, des Investorenschutzabkommens und die Frage der Standards. Zu den Standards kann ich mich im Wesentlichen Herrn Dr. Kuhn anschließen. Dieses Abkommen dient nicht dazu – auch nicht aufseiten der USA –, Standards zu senken. Wir müssen natürlich immer darauf achten, dass es unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen auch zwischen entwickelten Nationen gibt. So ist das Chlorhühnchen das Thema hier in Deutschland, im Gesundheitssystem gibt es zum Teil in den USA viel umfangreichere, rigidere Regelungen, und man muss deswegen zu einem ausgewogenen Verhältnis kommen.

Egal, wer was beabsichtigt, ich kann nur eines ganz deutlich sagen, bei uns ist es klar, aber ich glaube, auch bei der Bundesregierung ist es absolut klar, dass wir keine Standards, die in Deutschland und Europa vorherrschen, aufgeben werden und dieses Abkommen nicht dazu benutzt werden kann und genutzt werden darf, um Standards zu verringern. Darauf werden wir sehr deutlich aufpassen, und das muss gesichert sein.

Die zweite Frage betrifft die Transparenz. Man muss sehr deutlich sagen, dass die mangelnde Transparenz bei diesem Abkommen von Beginn an ein ganz großer Fehler war.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist im Übrigen ein Punkt, der inzwischen nicht nur bei den Vertretern in der Bundesregierung, sondern auch in der Europäischen Kommission durchaus erkannt worden ist; denn nur, weil es diese mangelnde Transparenz gab, weil so vieles im Vagen, im Unklaren gehalten worden ist, entstand dieser große Widerstand, der in den letzten Wochen und Monaten vor allen Dingen in der deutschen Öffentlichkeit aufgekommen ist. Deswegen finde ich es richtig, dass Transparenz hergestellt werden muss, es muss Klarheit bestehen, welches Mandat die Verhandlungskommission hat, und am Ende muss natürlich das, was dann ausgehandelt worden ist, auch öffentlich bewertet und in den Parlamenten beraten werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn ich es ein kleines bisschen einschränken darf, Herr Rupp: Es kann natürlich nicht ganz so sein, man muss ja noch verhandeln können. Zwar haben Sie vermutlich recht, dass die Amerikaner das meiste von dem, was unsere Verhandlungsvertreter dann vorhaben, irgendwie schon kennen, das ist ja nicht völlig abwegig, andererseits sehen wir es auch in vielen Verhandlungen, die wir führen, dass man dem Gegenüber nicht sofort alles offenlegt, das ist Verhandlung. Aber das Mandat muss klar sein, das Ergebnis muss öffentlich transparent diskutierbar sein und in den Parlamenten – aus unserer Sicht sowohl im Europaparlament als auch im Deutschen Bundestag und in den Länderparlamenten – beraten werden.

Das Investitionsschutzabkommen ist ein Thema, das am stärksten umstritten ist. Der Senator für Wirtschaft ist auch der Meinung, dass es keine Paralleljustiz für Konzerne geben muss und wir deswegen keine Investitionsschutzabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika benötigen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Insofern wird das ein ganz wichtiges Thema werden, ob und wie ein solches Investitionsschutzabkommen aufgenommen wird. Die Konzerne können in den USA wie in Deutschland vorhandene Gerichte in Anspruch nehmen, und wir brauchen eigentlich diese Schiedsgerichte in diesem Abkommen nicht. Es gibt 1 400 solcher Investitionsschutzabkommen in den letzten Jahrzehnten. Das erste ist von Deutschland beschlossen worden, und am häufigsten klagen deutsche Unternehmen auf der Grundlage von Schiedsgerichten, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen, wenn wir international diskutieren, es gibt also nicht nur die heile deutsche Welt. Gleichwohl bin ich der festen Überzeugung, dass wir dieses Investitionsschutzabkommen in einem Vertrag zwischen den USA und Europa nicht benötigen.

Wir werden aber andere Themen bekommen, wo sich das auch anders darstellen kann, denn wir haben ein hohes Interesse daran, in nächster Zeit auch zu einem solchen Abkommen möglicherweise mit China zu kommen, und dann stellen sich die Fragen schon ganz anders dar, um die dort verhandelt wird, die USA sind – –. Das wird sicherlich eine Frage zu späteren Zeit sein, aber dann stellen sich die Fragen auch wieder anders dar. Das ändert aber nichts an dem Thema, das wir jetzt hier zum Investitionsschutzabkommen haben.

Ich möchte aber auch noch die bremische Interessenlage ansprechen. Wir sind das Bundesland mit dem mit Abstand höchsten Exportanteil von allen 16 deutschen Ländern, bei 64 Prozent liegt die Exportquote der deutschen Unternehmen. Nicht nur die großen,

sondern auch die kleinen und mittleren Unternehmen sind in den Welthandel eingebettet und haben natürlich ein Interesse daran, auch die Arbeitnehmer, dass sie ihre Waren weltweit verkaufen können. Deswegen gibt es schon ein gewisses Interesse von deutschen Unternehmen an einem solchen Freihandelsabkommen.

Ich gebe der Abgeordneten Ryglewski recht in Bezug auf diese Erwartung, was das Wirtschaftswachstum angeht. Das sind ökonomische Rechnungen, die man glauben kann oder nicht, die helfen uns nicht viel weiter. Wir haben aber zum Beispiel in 22 Bundesstaaten in den USA die „Buy-American“-Klausel, die wir in Europa inzwischen gar nicht mehr kennen. Die europäische Gesetzgebung für Europa ist so, dass wir nicht ausschreiben und sagen dürfen, nur Bremer Unternehmen kommen zum Zuge oder nur italienische in Italien, wir haben hier längst Beschaffungen vereinheitlicht und Rahmenbedingungen geschaffen. Wir haben aber in 22 Staaten in den USA nach wie vor die „Buy-American“-Regelung, nach der europäische Unternehmen überhaupt keine Chance haben, zum Zuge zu kommen, und wir setzen darauf, dass von der europäischen Seite diese „Buy-American“-Klausel in den Beschaffungsprogrammen verschwindet. Das eröffnet europäischen Unternehmen neue Chancen.

Dann haben wir zwei Themen aus dem maritimen Bereich, die gerade für bremische und deutsche Unternehmen auch wichtig sind. Wir gehen davon aus, dass diese seit Jahrzehnten bestehende Regelung, die die Hafenverkehre in den USA nur auf amerikanischen Schiffen zulässt – das ist in Europa schon längst Vergangenheit –, auch aufgehoben wird und somit auch europäische Reeder in amerikanischen Gewässern fahren können.

Ein besonderes Bremer Interesse – wir sind der mit Abstand größte Containerhafen in Europa im Verkehr mit den USA –: Wir haben der Bundesregierung mitgeteilt, dass wir über dieses Abkommen das Vorhaben der Amerikaner, alle Güter, die über die europäischen Häfen in die USA transportiert werden, dem absoluten Containerscannning zu unterziehen, zu Fall gebracht wird, dann hätten wir auch direkt konkrete Interessen für bremische Unternehmen oder für deutsche oder europäische Unternehmen eingebracht.

Alles in allem sollten wir sicherlich keine überzogenen Erwartungen in Bezug auf hohes Wachstum und vieles andere haben, das finde ich falsch. Auf der anderen Seite ist es aber ein richtiger Schritt, und wenn die Punkte der Transparenz, der Beteiligung der Parlamente, des Erhalts der Standards und einer Angleichung nach oben erfüllt werden und kein Investitionsschutzabkommen zustande kommt, dann ist dies ein vernünftiger, richtiger Schritt zwischen Europa und Deutschland – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Ich lasse zuerst über den zehnten Spiegelstrich abstimmen.

Wer dem zehnten Spiegelstrich des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/1395 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE und BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem zehnten Spiegelstrich des Antrags zu.

Nun lasse ich über die restlichen Spiegelstriche des Antrags abstimmen.