Wer den Spiegelstrichen 1 bis 9 und 11 des Antrags seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den restlichen Spiegelstrichen des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/1395 zu.
Frau Senatorin, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz: Die Anfrage ist durch eine ganz interessante Situation zustande gekommen. Ich war im Bundestagswahlkampf an einer Schule in Bremerhaven und bin anschließend von diversen Schülerinnen angesprochen worden, die selbst Mobbing erlebt hatten oder bereit waren, sich zu engagieren, oder sich bereits engagiert haben, um anderen Mitschülerinnen und Mitschülern zu helfen. Wir haben uns dann im November getroffen und diese Anfrage im Grunde gemeinsam formuliert und vorbereitet. Die Diskussion mit den Schülerinnen war äußerst interessant und für mich auch äußerst hilfreich.
Ich kann vorweg sagen, ich finde die Antwort des Senats sehr ernsthaft und sehr differenziert, und ich habe mich auch gefreut, dass dem Thema vonseiten der senatorischen Behörde so viel Aufmerksamkeit gewidmet worden ist. Mobbing an Schulen ist nämlich inzwischen ein sehr viel stärker beachtetes Thema. Dazu hat leider auch der Selbstmord der kanadischen Schülerin Amanda Todd vor eineinhalb Jahren beigetragen, die ihre Geschichte über das Mobbing auf handgemalten Schildern im Internet gezeigt hatte.
Es hat mich daher bei der Vorbereitung der Anfrage überrascht, dass es zum Thema Mobbing an Schulen verhältnismäßig wenige empirische Studien und Untersuchungen gibt, viel weniger zum Beispiel als zu Mobbing am Arbeitsplatz. Es gibt eine etwas ältere Studie aus Schleswig-Holstein, eine aus Baden-Württemberg, eine bundesländerübergreifende und eine etwas jüngere Langzeitstudie der Universität München, aber insgesamt doch eher wenig empirisches Material. Auch der Senat verweist in seiner Antwort darauf, dass eine systematische Aufarbeitung von Mobbing an Schulen erst seit Kurzem begonnen wurde.
Dabei ist es eigentlich relativ wichtig aufzuarbeiten; denn Mobbing an Schulen verläuft anders als zum Beispiel Mobbing am Arbeitsplatz.
Die Senatsantwort weist darauf hin, dass für Schülerinnen und Schüler praktisch gar keine sinnvolle Einteilung in Cybermobbing oder Mobbing im realen Leben möglich ist, man ist nämlich als Schülerin und Schüler ständig online. Schule ist meistens ein umfassenderes Lebensumfeld als zum Beispiel der Arbeitsplatz, weil auch die allermeisten sozialen Beziehungen und Freundschaften im schulischen Raum entstehen.
Es gibt einerseits Hinweise aus den genannten Untersuchungen, dass Mobbing an Schulen häufiger stattfindet als im Arbeitsleben, andererseits kommt es aber auch nicht selten vor, dass Schülerinnen und Schüler, die gemobbt werden, irgendwann dann nicht mehr gemobbt werden, ohne dass irgendeine Person interveniert. Das gibt es wiederum im Berufsleben weniger. Die Position des Klassenlehrers oder der Klassenlehrerin ist einfach wesentlich präsenter und dadurch stärker als die eines Arbeitsgebers, jedoch gibt es auch da die Abwägung der Lehrkräfte, einmischen oder nicht, Intervention oder nicht. Diese Abwägung ist zum Teil sehr schwierig.
Die Antwort auf unsere Anfrage beinhaltet als wichtige Erkenntnis, dass das Verhältnis zwischen Schulreform und Mobbingrisiko widersprüchlich ist. Gemeinsames Lernen und Ganztagsunterricht sind einerseits eigentlich positive Faktoren für eine wertschätzende Schulkultur, andererseits sind es auch, wie es hier ganz richtig heißt, zusätzliche Herausforderungen an die sozialen Kompetenzen, weil die Schülerinnen und Schüler nämlich einen Großteil ihres Tages zusammen verbringen.
Es gibt weniger soziale Ausgleichsräume außerhalb der Schule, man muss auch mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Leistungsständen untereinander umgehen können. Das ist eine wichtige Beobachtung, und das war auch den Schülerinnen, mit denen ich in Bremerhaven gesprochen habe, eigentlich der wichtigste Punkt. Sie haben gesagt, die Politik möchte mehr Ganztagsschulen, wir wollen das nicht, denn wenn wir gemobbt werden, kommen wir da nicht heraus, das ist ein Problem. Sie haben zwar die politische und bildungspolitische Debatte verfolgt und gesagt, ja, aus bildungspolitischen Gründen ist das sinnvoll, aber für uns, die von Mobbing betroffen sind, ist es eine Katastrophe. Das heißt, wir müssen hier nacharbeiten, nachsteuern und Möglichkeiten finden, Schülerinnen und Schüler im Ganztagsschulbetrieb zu schützen.
Problematisch finde ich in der Antwort die doch sehr starke Orientierung auf die Klassenlehrer als normale Ansprechpartner, das ist auch in dem Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern deutlich geworden. Da war die Tendenz eher, schwierig, geht meistens nicht, die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer ist nicht die Person, bei der ich meine Verletzbarkeit oder meine Schwäche zeigen will; zum einen, weil ich im Alltag in der Schule bestehen muss, und zum anderen gab und gibt es auch Situationen, in denen Lehrkräfte auch dazu neigen, das in vermeintlich harmlosen Bereichen eher zu ignorieren oder vielleicht auch manchmal mitzumachen, weil sie ihrerseits darauf angewiesen sind, als Lehrkraft von der ganzen Klasse akzeptiert und in die Gruppe sozusagen integriert zu werden.
Deshalb kommt unseres Erachtens den Schulsozialarbeitern und der Schulsozialarbeit insgesamt eine wichtige Rolle zu. In der Regel sind sie für Schüle
rinnen und Schüler die Ansprechpartnerinnen der Wahl für die Konflikte, die entstehen, Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen sind nämlich außerhalb des Kontextes Unterricht, Leistungen und Bewertungen ansprechbar. Dasselbe gilt für Schülerinnen und Schüler, die als geschulte Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Solche Anlaufstellen sind wichtige Voraussetzungen, um Mobbing an Schulen zu verhindern, um Mobbingfälle früh zu erkennen und sie auch bearbeiten zu können.
Die Schülerinnen und Schüler, mit denen ich gesprochen habe, erhoffen sich von der Politik sehr starke Unterstützung und erwarten auch, dass wir helfen, eine Schülerselbstorganisation zu unterstützen und dass wir auch die Möglichkeiten dafür bereitstellen. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es wird bei diesem Thema schnell deutlich, dass es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt und die Schulen nicht alles allein leisten können, vor allem im Bereich des Cybermobbings.
Wichtig ist, dass Mobbing in Schulen möglichst keinen Raum findet. Das heißt in einem ersten Schritt, dass es zentrale Aufgabe der Schulen ist, die Werte der sozialen Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit zu vermitteln. Wichtig ist es, dass in der Schule eine Kultur herrscht, wo nicht weggesehen wird und wo man sich gegen Diskriminierung wendet und Unterdrückung abwehrt.
Die Schulen haben in ihrem Schulprogramm Leitbilder und Ziele für das gemeinsame Miteinander definiert, sodass Konflikte früher erkannt und nachhaltig bearbeitet werden können. Diese Programme sind aber auch immer nur so gut, wie sie auch umgesetzt und mit Leben gefüllt werden.
Mobbing ist ein wichtiges Thema an den Schulen. Die Übergänge sind fließend. Mobbing zu erkennen, setzt einen aufmerksamen Blick und vertrauenswürdiges Umgehen mit den Schülerinnen und Schülern voraus. Man spricht von Mobbing, wenn einzelne Schülerinnen und Schüler regelmäßig über einen längeren Zeitraum ausgegrenzt, gedemütigt, ausgelacht, schlechtgemacht und geschlagen werden.
Wichtig ist, dass bei der Lösung dieses Problems alle relevanten Personen einbezogen werden, nämlich die Klassenkameraden, die Eltern und das Kollegium. In schweren Fällen ist es sogar gut, wenn die ReBUZ auch dort unterstützen können.
Klar muss auch sein, dass die Schulen dies nicht alles allein leisten können; denn dass dies ein grundsätzliches Problem ist – das habe ich eben bereits gesagt –, zeigt auch das sogenannte Cybermobbing. Diese beiden Formen des Mobbings lassen sich nicht voneinander trennen, und damit wird der Einflussbereich der Schule durch die Form des Mobbings räumlich und zeitlich außerhalb der Schule komplizierter und geringer.
Cybermobbing tritt in der Regel ergänzend zum Mobbing auf. Das Problem bei Cybermobbing ist die mögliche Anonymität der Täter. Aus Sicht der Grünen ist es gut, dass es bereits zahlreiche Hilfsangebote hier im Land Bremen gibt, so nutzen Schulen und Lehrkräfte die Angebote des LIS. Des Weiteren gibt es viele Unterrichtsmaterialien und Broschüren, um sich selbst im Umgang mit diesem Thema zu sensibilisieren und gleichzeitig auch die Schülerinnen und Schüler im richtigen Umgang beim Erkennen und Unterbinden von Formen des Mobbings zu unterstützen. Bei meinen zahlreichen Schulbesuchen – das haben Sie eben auch gesagt, Frau Vogt – ist dies ein häufiges Thema, und es wird deutlich, dass viele Schulen in diesem Bereich sehr sensibilisiert sind, auch wenn es sich um eine große Herausforderung für die Schulen handelt. Es gibt Vertrauenslehrer und Sozialpädagogen, aber auch die Streitschlichter und Mobbingscouts haben unter den Schülerinnen und Schülern eine wichtige Funktion, so wurde uns von den Schülerinnen und Schülern berichtet.
Aus Sicht der Grünen ist es wichtig, dass alle Gruppen in den Schulen für dieses Thema sensibilisiert werden und niemand wegsieht, und das heißt unter anderem, ein offenes Ohr zu haben, um schon frühzeitig gegenzusteuern. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich im Rahmen meines Studiums Professor Dr. Heinz Leymann, einen vorwiegend in Schweden tätigen Verhaltensforscher und Psychologen, in der ersten Hälfte der Achtzigerjahre kennenlernen durfte, war der von ihm mitgeprägte Begriff Mobbing noch weitgehend unbekannt. Vielen galt er in dieser Zeit als eher akademischer Kunstbegriff für etwas, das man entweder kaum oder mit Schulterzucken zur Kenntnis nahm, zumindest aber tendenziell verharmloste. Dass wir
hierüber heute nicht nur parlamentarisch, sondern gesellschaftlich breit und eben auch mit Bezug auf Schulen diskutieren, beweist, es ist eben ganz und gar keine akademische, sondern im Gegenteil eine höchst lebenspraktische Diskussion über ein Phänomen, das uns alltäglich begegnet oder begegnen kann und sehr wohl „verdient“, auch eine breitere politische Beachtung zu finden.
Meinungsverschiedenheiten – punktuell auch Streit – gehören zum Leben, nicht nur im Parlament, sondern auch an Schulen, systematische Herabwürdigung, Beleidigung, Kränkung, Ausgrenzung, psychischer oder auch physischer Terror aber natürlich nicht. Dieses Phänomen, das wir unter dem Begriff Mobbing zusammenfassen, hat eben viele Gesichter, manchmal sehr subtile und dauerhaft verletzende, und deshalb muss es zum Schulalltag gehören, hier höchst sensibel zu sein und dem entschieden entgegenzutreten, und zwar in jedem Einzelfall, meine Damen und Herren!
Es wird in der Antwort des Senats zu Recht darauf hingewiesen, dass das Thema durch elektronische Medien und Kommunikation in Netzwerken im wahrsten Sinne des Wortes eine zusätzliche Dimension erhalten hat. Es ist ein eigenständiges Thema, wie dieses wirkungsvoller als bisher verhindert werden kann oder wie entsprechende Inhalte zeitnah und möglichst vollständig aus dem Netz entfernt werden können, aber gerade da liegen die wirklichen Herausforderungen. Ein Stichwort ist hier sicher das elektronische Radiergummi, aber viel wichtiger ist: Der Umgang mit elektronischen Medien und Netzwerken muss auch unter diesem Blickwinkel Gegenstand schulischer Bildung und Erziehung sein und insgesamt zu einem fächerübergreifenden Anliegen werden, auch in Kooperation mit den Eltern.
Die Große Anfrage weist zutreffend darauf hin, die Antworten – das sei hier durchaus gesagt – lassen auch erkennen, dass das Phänomen im Senat und in den Behörden ernst genommen wird, Frau Vogt hat ebenfalls darauf hingewiesen. Allerdings stelle ich auch fest, man könnte sich auf drei Ebenen noch Verbesserungen vorstellen, über die Häufigkeit entsprechender Vorfälle wissen wir offenbar wenig, ich sage zu wenig. Man sollte deshalb durchaus über eine generelle Meldepflicht nachdenken, auch unterhalb der Schwelle des sogenannten besonderen Vorkommnisses. Dies verbessert meines Erachtens gegebenenfalls nicht nur die Reaktionsfähigkeit im Einzelfall, sondern wäre auch bei der abschließenden Einschätzung wichtig, wie verbreitet dieses Phänomen an den Schulen eigentlich ist und wie wir besser als bisher präventiv damit umgehen können.
Ein zweiter wichtiger Baustein sollte sein, das Thema im Rahmen der Lehreraus- und Fortbildung weiterzuentwickeln. Auch hier muss man nicht von null anfangen. Die Sensibilisierung und die Behandlung