Protokoll der Sitzung vom 29.09.2011

Dieser Punkt ist überflüssig!

Sie schreiben: „Öffentlich geförderte Beschäftigung muss die Ausnahme bleiben und auf denjenigen Personenkreis beschränkt bleiben, der wegen besonderer Vermittlungsschwierigkeiten nicht unmittelbar in den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt integriert werden kann“. Ja, da haben Sie recht! Nur, wie soll das gehen, wenn die Zusätzlichkeit, die Ihre Frau von der Leyen dort beschließt, nur noch zusätzlich und nicht in Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt stehen darf? Gerade der Weg zum ersten Arbeitsmarkt und deshalb auch das Einbringen an Maßnahmen am ersten Arbeitsmarkt ist der Weg, der dahin führen kann. Ferne, abgekoppelte und unter Wattebäuschchen beschützte Arbeitsgelegenheiten nützen uns nichts, und das sieht die Bundesregierung in diesem Fall nicht ein. Ihren Antrag lehnen wir ab und bitten um Unterstützung für unseren Antrag! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin schon ein wenig überrascht – ich will den Begriff erschüttert nicht in den Mund nehmen –, wie undifferenziert die Red––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ner der Koalition ihren Antrag, in dem nicht sehr viel steht, hier heute begründet haben.

Herr Reinken, ich würde Ihnen sogar recht geben, dass die Stellungnahme des Städtetags nicht ideologisch motiviert war. Bei Ihren beiden Reden muss ich feststellen, trifft dies nicht zu. Es war reine Ideologie und undifferenziertes Kritisieren der Bundesregierung, damit werden Sie der Problematik, die Sie hier zu Recht angesprochen haben, in keiner Weise gerecht. (Beifall bei der CDU)

Monokausale Zusammenhänge und Argumentationsstränge helfen uns dort nicht weiter.

Ich möchte einmal zwei Zahlen nennen, vielleicht wird Ihnen dann auch deutlich, dass das, was Sie hier gerade produziert haben, ein Sturm im Wasserglas ist. Wie hoch waren – und das ist ja einer der großen Problembereiche, der überhaupt nicht negiert wird – die steuerfinanzierten Ausgaben für die Empfänger von Arbeitslosengeld-II-Mitteln, die in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden sollen? Das waren 3,1 Milliarden Euro im Jahr 2005, zu rot-grüner Zeit.

Diese Mittel sind bis zum Jahr 2009 auf 5,1 Milliarden Euro aufgestockt worden. Da kann doch keiner ernsthaft sagen, Herr Willmann, dass dieses Thema überhaupt nicht auf dem Schirm ist. Dass Sie sich dann hier hinstellen, Herr Willmann, als Vertreter von Rot-Grün, und jetzt spreche ich Sie genauso an, wie Sie uns gerade angesprochen haben zu unserer Frau von der Leyen! Ich weiß, dass bei einer solch erfolgreichen Ministerin ein bisschen Neid mitschwingt, Sie hätten sie sicherlich auch gern in Ihren Reihen an der Stelle.

(Beifall bei der CDU – Unruhe beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Das und jegliche Kritik aus dieser Richtung des Hauses verbietet sich angesichts dieser Zahl von Rot-Grün im Jahre 2005, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch eine zweite Zahl nennen, Herr Willmann, an der Sie ablesen können, dass man mit undifferenzierter Sichtweise, mit monokausalen Argumentationsweisen bei der Problemlösung hinsichtlich der Langzeitarbeitslosen keinen Schritt weiterkommt: Wir haben im letzten Jahr 700 000 Menschen in diesen sogenannten Ein-Job-Verfahren,

(Abg. Frau W e n d l a n d [Bündnis 90/Die Grünen]: Ein-Euro-Jobs!)

Entschuldigung, Ein-Euro-Jobs, als häufig genutztes Förderinstrument gehabt. Diese Ein-Euro-Jobs haben

eine Milliarde Euro gekostet. Raten Sie einmal, wie viel von dieser einen Milliarde Euro bei den Betroffenen gelandet ist und wie viel bei den Trägern! Dabei wird nämlich deutlich, dass das, was wir in unserem Antrag geschrieben haben, nicht irgendetwas Simples ist, wie Sie es in Ihre Anträge hineinschreiben, sondern dass es hier real ist, sich einmal über diese Punkte Gedanken zu machen. Ein Drittel dieser einen Milliarde Euro ist bei den Betroffenen angekommen, zwei Drittel bei den Trägern der Maßnahmen. Wird Ihnen eigentlich angesichts dieser Zahlen nicht deutlich, meine sehr verehrten Vertreter von Rot-Grün, dass man einmal darüber nachdenken muss, ob der Hinweis auf mehr Effektivität und mehr Effizienz nicht auch im Bundesland Bremen angebracht wäre?

(Zuruf der Abg. Frau K r ü m p f e r [SPD])

Das zeigt, dass Sie, und jetzt bin ich einmal genauso einfach, wie Sie es sich gerade machen, nur aus Sicht der Träger argumentieren und nicht aus Sicht der Betroffenen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wir kommen also mit Sonntagsreden, die ja nicht einmal für den 1. Mai geeignet sind, hier keinen Schritt weiter, sondern wir müssen schauen, wie wir den Menschen helfen können. Dabei haben wir sicherlich ein Problem mit den Langzeitarbeitslosen. Das ist ein sehr bedrückendes Problem, und darüber können wir nicht einfach hinweggehen, deswegen müssen wir auch schauen, wie wir die Erfolgsquote erhöhen können. Wenn nämlich nur eine Erfolgsquote mit weniger als 20 Prozent bei solchen Maßnahmen in diesem Bereich existiert, dann muss man auch einmal hinterfragen: Kann die Quote nicht erhöht werden, muss dort nicht mehr Flexibilität in die Instrumente eingeführt werden? Genau das ist der Ansatz der Bundesregierung. Sicherlich kann man bei den unterschiedlichen beschlossenen Maßnahmen hier und dort auch unterschiedlicher Auffassung sein, was die Wirksamkeit angeht, aber dieses undifferenzierte Nein, das sei alles soziale Spaltung in den Kommunen, in den Städten, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Unsinn und weise ich mit allem Nachdruck zurück!

(Beifall bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund glauben wir auch, dass unser Antrag die differenzierten Probleme, die wir dort haben, aufgreift, dass diese Herangehensweise auch denjenigen Menschen, die sich in Langzeitarbeitslosigkeit befinden, hilft. Wir fordern Sie auf, sich mit den Themen der Effizienz, der Effektivität, des besseren Einsatzes von Mitteln aktiv auseinanderzusetzen!

Wir haben hier im Parlament ja Anfang des Jahres auch diskutiert, wie hoch denn die Verpflichtung

der ESF-Mittel zur Hälfte des Förderzeitraums war, da haben Sie es ja noch nicht einmal geschafft, 50 Prozent der ESF-Mittel zu verpflichten, geschweige denn auszugeben, und dann wollen Sie uns hier erzählen, das sei alles effektive Arbeitsmarktpolitik, was hier in Bremen stattfindet. Das heißt, auch Ihre eigenen Zahlen sprechen eine andere Sprache. Unabhängig davon war es doch klar, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass nach der Beendigung, nach dem Auslaufen der Krise auch die Arbeitsfördermittel reduziert werden. Jeder, der hier etwas anderes behauptet, ist doch politisch naiv und ignoriert die Realität. Dass der Aufschwung leider an Bremen vorbeigeht, ist natürlich auch ein Punkt, der die Menschen in Bremen und Bremerhaven besonders betrifft.

Angesichts dieser Reden können wir wohl nicht erwarten, dass Sie unserem Antrag zustimmen, dennoch werbe ich dafür, sich zumindest einmal in einem stillen Kämmerlein mit dieser Problemstellung auseinanderzusetzen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was völlig richtig ist, das wurde auch schon angesprochen, die Instrumentenreform ist ein Desaster, da kann ich letztendlich Rot-Grün nur zustimmen. Wir haben anlässlich dieser Instrumentenreform verschiedene Nachforschungen auch in den Stadtteilen angestellt: Es ist eine Katastrophe. Das heißt, die soziale Spaltung wird durch diese Reform in einer Weise fortgesetzt, die indiskutabel ist. Den Kollegen Willmann muss ich in einem Punkt korrigieren: Die Deckelung der Pauschalen ist aufgehoben worden, das ist nicht mehr Bestandteil der Instrumentenreform, darauf werde ich gleich noch einmal zurückkommen. Es ist letztendlich eine Art von Politik, die wir auf gar keinen Fall begrüßen können. Es ist wirklich bedenklich, was dort im Bund passiert.

Ich komme jetzt noch einmal zu diesem Antrag von Rot-Grün. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen, dafür, dass Sie so lang gebraucht haben, steht herzlich wenig darin. Es ist wirklich richtig, dass das Einzige, was dieser Antrag mehr oder weniger hervorbringt, die Aufforderung ist: Wählt im Jahr 2013 Rot-Grün, dann wird alles besser! Es ist Bundestagswahlkampf, was hierin steht, viel mehr ist es nicht! Es ist richtig, was darin steht, und es ist gleichzeitig zahnlos bis auf die Knochen, weil Sie sich aus der Verantwortung stehlen.

Das tun Sie kontinuierlich seit Jahr und Tag, und hier ist es jetzt wieder in diesen vier Punkten zusammengeführt, dass sich wirklich nur noch die Balken biegen. Sie tun ja gerade so, als ob es verboten wäre, Landesmittel zu verwenden, das ist ja ein Witz!

(Abg. K o t t i s c h [SPD]: Und jetzt zum Thema!)

Andere Bundesländer tun es ja schließlich auch, und nicht nur die, die das Geld erklärtermaßen in größerem Umfang haben als wir, sondern selbstverständlich auch Haushaltsnotlageländer. Berlin zum Beispiel gibt dort 70 Millionen Euro hinein, wahrscheinlich wird es sich in Zukunft ändern, Die Grünen sind ja jetzt dabei, es wird wahrscheinlich auch dort schlechter werden, aber aktuell ist es noch der Fall, es ist möglich. Im Saarland, das habe ich vor zwei Tagen schon erwähnt, wird es verlangt, die SPD dort sagt ganz klar, wir müssen das mit Landesmitteln unterstützen, solange es im Bund so aussieht, wie es aussieht.

Warum gibt es hier nicht diese Verantwortung? Diese Frage muss man doch ganz reell einmal stellen dürfen. Ich meine, selbst der Paritätische Wohlfahrtsverband hat doch festgestellt, dass mit dem Verschieben des Arbeitsmarktressorts zu Wirtschaft und Häfen durchaus, sagen wir einmal, die Sorgenfalten auf der Stirn gepflügt werden können. Es ist doch so, dass unser Wirtschaftssenator tatsächlich Geld für Dinge wie Tauchboote beziehungsweise Stände in Shanghai ausgibt, die wir letztendlich nicht brauchen, aber für Langzeitarbeitslose ist doch kein Geld da.

(Abg. O p p e r m a n n [SPD]: Null Ah- nung!)

Das kann ich leider überhaupt nicht unterstützen, und deswegen muss ich sagen, wir können diesen Antrag, der zwar inhaltlich nicht falsch ist, aber vollkommen an unserem Problem vorbeigeht, nicht unterstützen. Wir werden uns dazu letztendlich enthalten müssen, weil er uns nicht weiterführt. Ich muss sagen, wenn wir da einmal auf den Antrag der CDU schauen, ist dieser zumindest konsistent, das muss man Ihnen immerhin lassen, Sie bleiben Ihrer Linie treu.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Oh, Ihr werdet noch Freunde!)

Ja, es ist ja wahr, dass das, was Sie letztendlich dort verfolgen, der CDU gerecht wird, das kann ich doch nicht bestreiten!

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Ein intensives Werben, Herr Kollege Röwekamp!)

Mit Werben hat dies überhaupt nichts zu tun, denn wenn ich mir das anschaue, würde ich also auf gar keinen Fall sagen, dass die Bundesregierung aner

kennenswerte Politik betreibt, das ist ja wohl nicht wahr!

Ich möchte auch noch einmal insbesondere auf Punkt 6 zurückkommen. Darin geht es um die Forderung, dass nicht die Träger gefördert werden sollen, sondern dass es um die Menschen geht. Ich finde, das ist ein richtiges Ansinnen. Ich meine, wenn wir uns in diesem Land einmal umschauen, dann müssen Sie doch ganz klar sagen, in unseren Stadtteilen gibt es so etwas wie soziales Kapital, das machen wir doch gerade mutwillig kaputt. Strukturen sind sehr schnell zerschlagen, dazu haben wir sehr viele Beispiele, aufgebaut werden sie sehr langsam.

Ich finde, das ist ein Wert, den wir hier gerade mit Füßen treten. Sie können zu den Betroffenen da doch nicht eiskalt sagen, wartet jetzt einmal bis 2013, dann wird die Welt besser, einmal abgesehen davon, dass sie unter Rot-Grün nicht besser werden wird! Letztendlich ist das doch keine Haltung, die wir vertreten können. Ich finde, das ist ein Appell, den wir ganz ernsthaft meinen und für den wir soziale Verantwortung haben. Ich möchte mich jetzt gar nicht in allen Einzelheiten wiederholen, das habe ich am Dienstag hier auch schon gesagt, aber darauf zu schauen und zu sagen, liebe Leute, wir können jetzt leider nur mit den Schultern zucken, das, muss ich ganz ehrlich sagen, ist niveaulos und dünn. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin ja eigentlich auch immer dafür, dass man sich in der Frage sozusagen ein bisschen über Fachlichkeit auseinandersetzt, deswegen will ich es in diesem Diskussionsbeitrag einmal an einigen Stellen versuchen. Es ist natürlich sinnvoll, wenn es eingefordert wird, sich auch über Instrumente zu unterhalten und nicht nur über die großen Linien, deswegen einmal ein paar Punkte zu den Instrumenten und warum das, was Sie sagen, eben nicht richtig ist.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Sie glau- ben, dass das nicht richtig ist!)

In dem Gesetz wird der sogenannte Vermittlungsgutschein gelassen, das ist ein Zugeständnis an die FDP, die in diesem Haus ja nicht mehr vertreten ist. Der Vermittlungsgutschein wurde mit großem Theaterdonner einmal eingeführt, weil man der Auffassung war, die privaten Arbeitsvermittler können das ja alles viel besser als die Agentur für Arbeit. Dazu gibt es eine Feststellung des Prüfungsamtes des Bundes vom Mai 2011, in der es heißt, das Vermittlungs––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gutscheinverfahren bleibt weiterhin gegenüber Missbrauch und insbesondere Mitnahmeeffekten anfällig. In über einem Drittel der Fälle lagen Anzeichen für Missbrauch oder Mitnahme vor, sagt das Prüfungsamt. Dies bleibt im Gesetz bestehen, und dafür geht ein Haufen Geld, 93,8 Millionen Euro, über den Tisch, den Sie nicht antasten, weil die ideologische Vorstellung, der private Arbeitsvermittler kann das wunderbar, in dieser Koalition eben eine Bestätigung erfahren muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der Bundesrechnungshof bemängelt dies, er sagt Drehtüreffekt. Sie lassen es darin. Das Thema Gründungszuschuss ist angesprochen worden, er wird von einer Pflichtleistung zu einer Ermessensleistung, und die wird dann sozusagen in die Hand des Fallmanagers in der Agentur gegeben. Wir wissen, und darüber sind wir uns vielleicht einig, dass der Weg in die Selbstständigkeit für viele Arbeitslose eine Chance ist, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszukommen. Wir kofinanzieren das mit landespolitischen Maßnahmen auch immer unter der Voraussetzung, dass die Maßnahmen von den Agenturen und Jobcentern getragen werden. Diese Mittel werden zu einer Ermessensleistung, das heißt, die Frage ist dann nicht mehr, kann ich das einfach machen, sondern als Arbeitsloser muss ich zwei bis drei Wege machen. Zunächst einmal muss ich über das Jobcenter oder die Agentur die Grundlage haben und kann dann weitergehen. Das ist ein völlig falscher Weg, der unnötige bürokratische Hürden aufbaut, dies nur einmal zu dem Thema Entrümpelung und Neustrukturierung, da liegen Sie falsch!