Der Bundesrechnungshof bemängelt dies, er sagt Drehtüreffekt. Sie lassen es darin. Das Thema Gründungszuschuss ist angesprochen worden, er wird von einer Pflichtleistung zu einer Ermessensleistung, und die wird dann sozusagen in die Hand des Fallmanagers in der Agentur gegeben. Wir wissen, und darüber sind wir uns vielleicht einig, dass der Weg in die Selbstständigkeit für viele Arbeitslose eine Chance ist, aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszukommen. Wir kofinanzieren das mit landespolitischen Maßnahmen auch immer unter der Voraussetzung, dass die Maßnahmen von den Agenturen und Jobcentern getragen werden. Diese Mittel werden zu einer Ermessensleistung, das heißt, die Frage ist dann nicht mehr, kann ich das einfach machen, sondern als Arbeitsloser muss ich zwei bis drei Wege machen. Zunächst einmal muss ich über das Jobcenter oder die Agentur die Grundlage haben und kann dann weitergehen. Das ist ein völlig falscher Weg, der unnötige bürokratische Hürden aufbaut, dies nur einmal zu dem Thema Entrümpelung und Neustrukturierung, da liegen Sie falsch!
Nun zu dem Thema Geld, dazu muss man ja auch etwas sagen: Natürlich ist es immer richtig, an solche Haushalte auch sparsam heranzugehen, denn letztlich ist das ja Geld, das wir alle in dieser Gesellschaft aufbringen müssen. Ich bitte Sie aber, dann doch einfach einmal einen Blick in die Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen vom Frühjahr dieses Jahres zum Thema Aufstocker zu werfen. Sie werden feststellen, wie viele Menschen ihren kargen Lohn durch ergänzende Leistungen aus ALG II aufstocken müssen. Wenn wir einmal ausrechnen, was passieren würde, wenn wir nur einen gesetzlichen Mindestlohn hätten, dann würden wir deutlich mehr Geld für aufstockende Leistung sparen können, als wir gegenwärtig durch diese unsozialen Maßnahmen, die dort im Bereich von Langzeitarbeitslosigkeit stattfinden, sparen. Das ist einfach so! Dort gibt es riesige Sparpotenziale, die wir einmal gemeinsam heben könnten, wenn sich diese Bundesregierung dazu entschließen würde, in der Frage des Mindestlohns ein bis zwei Schritte weiterzugehen.
Ich habe noch einige Anmerkungen zu Ihrem Antrag. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist das Kernproblem, ich glaube, darüber sind wir uns einig. Der Hinweis darauf, dass das im Bundesgebiet zurückgegangen ist, ändert nichts daran, wenn wir uns als Bremer – und das tun wir ja im Benchmark – auch über die Jobcenter und Arbeitsagenturen mit anderen Räumen vergleichen, dass wir dann nicht schlechter, aber eben auch nicht besser aussehen als die anderen. Sie werden feststellen, dass die Räume, die wir zum Vergleich heranziehen, es eben auch nicht schaffen, mit den einfachen Wegen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauszukommen, da nimmt Bremen überhaupt keine Sonderstellung ein. Wenn Sie aber in den heutigen Bericht der Agentur für Arbeit für Bremen hineinschauen, dann werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Veränderungen in der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahresmonat, und das ist auch ein Ergebnis von guter Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, 5,5 Prozent betragen, das teilt die Agentur für Arbeit heute mit.
Von verfehlter Politik zu sprechen, ist daher auch ein bisschen dünn und weist an dem Problem vorbei: Wir müssen uns um die Langzeitarbeitslosen kümmern!
Zu Ihrem Antrag weitere Bemerkungen! Manche Sachen finde ich dann auch nicht von zu viel Sachkenntnis geprägt. Sie sprechen davon, dass das Thema ABM-Maßnahmen durch Streichung dieser Maßnahmen jetzt endlich vom Tisch sei. In Ihrem Antrag steht, dass auf das Thema ABM jetzt verzichtet wird, es werde nicht fortgeführt. Wissen Sie, was die Realität ist, wie viele Menschen in Bremen und Bremerhaven noch in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt sind? Ich glaube, 35 oder 36 Personen, einer in Bremerhaven und 34 oder 35 in Bremen! Das ist von dem Instrument ABM-Maßnahmen übrig geblieben, aus diesem Grund ist es völlig egal, dass Sie das in – –.
Letzte Bemerkung zum Thema Zuschnitt der Arbeitsagenturen! Auch dies zeigt so ein bisschen, dass da der Blick fehlt, was wirklich Realität ist und womit man sich auseinandersetzen muss. Die Agenturen für Arbeit in Bremen und Bremerhaven nachher zusammenzulegen oder nicht, darüber kann sich man lange streiten. Dazu gibt es eine Position, der Senator hat sich dazu geäußert, was auch völlig richtig war. Das Kernproblem ist aber doch, in der Arbeitsagentur Bremerhaven werden knapp über 1 000 Arbeitslose verwaltet, mit Wesermünde und Umgebung ist, sind es vielleicht 1 600. Die Arbeitsagenturen sind doch gar nicht der Kern des Problems, das ist doch Augenwischerei, das ist doch sozusagen ein Vorbei
gehen an dem Kernproblem. Die Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen werden von den Jobcentern verwaltet, dort ist das Problem, denn dort findet überhaupt keine Strukturänderung statt. Daher muss man da jetzt nicht „Haltet den Dieb!“ rufen und sagen, das Problem lösen wir unter anderem dadurch, dass wir die Neugliederung der Arbeitsagenturen anders machen, das ist nicht das Kernproblem.
Unser Kernproblem ist die Langzeitarbeitslosigkeit, und ich sage Ihnen – dazu haben wir im Koalitionsvertrag eine Reihe von Vereinbarungen getroffen –, egal, was Berlin dort nun gerade macht, wir werden diesen Weg der Integration in den ersten Arbeitsmarkt natürlich konsequent und effektiv weitergehen, aber wir verlangen auch, dass er mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wird. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie stellen sich hier vermessen hin und sagen, hier in Bremen ist erfolgreiche Wirtschaftspolitik betrieben worden, da schauen Sie sich doch bitte einmal die Arbeitslosenstatistik auch im Vergleich zu anderen Bundesländern an, in der Bremen zurückliegt. Wir sind das absolute Schlusslicht unter den westdeutschen Bundesländern und werden auch noch von Berlin überholt, da können Sie doch nicht von guter Wirtschaftspolitik sprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich will einmal einen Punkt aufnehmen, Herr Kottisch hat sich auch schon gemeldet, er wird es sicherlich gleich in rosaroten Worten wieder bestens darstellen: Sie haben den Gründungszuschuss, um nur einen Punkt einmal zu erwähnen, angesprochen, Pflicht oder Ermessen. Ja, ich bin davon überzeugt, dass die Ermessensentscheidung die richtige und die bessere ist.
Es kann doch nicht – und da müssen wir einmal ehrlich sein! – jede Gründungsidee automatisch eine Erfolg versprechende Gründungsidee sein. Daher muss es an der Stelle einen Ermessensspielraum geben, ob diese Mittel sinnvoll eingesetzt sind, weil die Betroffenen doch sonst wieder in einer Sackgasse landen. An vielen Stellen der Arbeitsmarktförderung ist es eben das Problem, dass hier und dort doch Sackgas––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sen entstehen und man deswegen differenzieren muss, auch was die öffentliche Beschäftigung angeht. Man kann dabei nicht pauschal in die eine oder andere Richtung gehen, so wie Herr Reinken das macht, entweder oder, schwarz oder weiß, nein, die Welt sieht ein bisschen differenzierter aus.
Ich betone die Notwendigkeit, sich die Instrumente sehr detailliert und differenziert anzuschauen, um dann zu entsprechenden sachgerechten Ergebnissen zu kommen. Das, was Sie hier machen, ist einfach plumpes Handeln, Maßnahmenträger schützen, Betroffene sind egal, und so kommen wir nicht weiter! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute haben wir ein wenig Zeit, und ich denke, deswegen sollten wir uns diesem wichtigen Thema auch etwas ausführlicher widmen, als es vielleicht sonst möglich gewesen wäre.
Herr Kastendiek, ich bin doch ziemlich erstaunt, Sie sprechen hier von Monokausalität, Sie meinen vielleicht Monotonie. Monoton ist Ihre Rede gewesen, monoton in eine Richtung, und Monokausalität kann ich in keiner Weise feststellen, schon gar nicht im Beitrag meines Kollegen Herrn Reinken, der war äußerst ausdifferenziert, an inhaltlichen Aspekten ausgerichtet, und er hat sich mit Instrumenten auseinandergesetzt.
Ich hatte ja bereits vermutet, dass Sie auch auf das Thema Wirtschaftspolitik eingehen, ich möchte aber zunächst ganz kurz auf Ihren Antrag eingehen.
In Ihrem Antrag ist keine Rede von den Menschen. Ihr Antrag spart völlig aus, dass es in Zukunft darum geht, Menschen mit Integrationsproblemen verstärkt einzubeziehen. Ihr Antrag spricht nicht davon, dass es darum geht, die riesigen Potenziale in diesem Land, die beispielsweise in Frauen stecken, stärker auszunutzen. Ich war gestern beispielsweise bei der Verleihung des Existenzgründungspreises von belladonna,
eine ganz wunderbare Veranstaltung im Übrigen. Ich muss sagen, dies ist eine Entwicklung in Richtung Existenzgründung im Land Bremen, die es zu unterstützen gilt, gerade auch das Existenzgründungsnetz––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
werk B.E.G.IN betreffend. Ich wundere mich auch, dass Sie das kritisieren, denn das haben Sie ja seinerzeit auch mitentwickelt, das sind wunderbare Instrumente, um die Wirtschaftskraft dieses Landes zu fördern.
Wenn Sie den „Weser-Kurier“ heute einmal lesen, dann lesen Sie, dass wir in Bremen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt eine überdurchschnittliche Wirtschaftsleistung erzielen. Ich weiß gar nicht, wie Sie überhaupt auf die Idee kommen können, dass hier eine schlechte Wirtschaftspolitik gemacht wird. Ich sehe in Ihren Äußerungen immer das Problem, dass Sie auch die Wirtschaft in Bremen schädigen, indem Sie das Problem der Arbeitslosigkeit immer wieder hervorheben. Ich denke, die Gründe für die Arbeitslosigkeit in diesem Land sind hier bekannt, darüber müssen wir nicht immer wieder sprechen, das sind strukturelle Probleme, die haben gar nichts mit einer schlechten Wirtschaftspolitik zu tun.
Auf eine bestimmte Phase der Wirtschaftspolitik hier im Lande möchte ich gar nicht im Einzelnen eingehen.
Ich finde es schade, dass Sie es verpasst haben, heute in dieser Debatte dieses Thema differenziert zu behandeln. Der einzige differenzierte Beitrag kam aus dem rot-grünen Bereich,
den habe ich sehr genossen. Ein wenig mehr Kausalität würde in der Tat nicht schaden, in jedem Fall weniger Zynismus, das wäre nett. Ich hoffe, dass wir in der Zukunft auf einer etwas anderen Ebene miteinander diskutieren können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bleibe dabei, ich würde trotzdem sehr gern wissen, was nächstes Jahr in Bremen passiert, und nicht einfach, was wir uns letztendlich auf der Metaebene in Bezug auf die Bundesregierung austauschen. Ich meine, wenn es Ihnen ein ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Anliegen ist, warum kümmern Sie sich eigentlich nicht um den VBB-Tarif? Das ist der Beschäftigungstarif der VaDiB, des Verbunds arbeitsmarktpolitischer Dienstleister in Bremen, dort fangen wir bei 1 100 Euro brutto an. Das ist komischerweise Rot-Grün kein Anliegen, das ist auch den Gewerkschaften hier kein Anliegen. Dort wird von Mindestlohn gesprochen, aber das ist vom Mindestlohn so meilenweit entfernt, dass die Menschen dann wieder aufstocken müssen.
Sie haben zu Recht diese Studie angesprochen, es stimmt ja auch, da kommen wir keinen Schritt weiter. 2008 waren wir noch bei 1 000 Euro brutto, wir haben darum gekämpft, dass es ein wenig ansteigt, dass es armutsfest werden soll, existenzsichernd, wir sind immer noch meilenweit davon entfernt.
Was ist mit den Kosten der Unterkunft, die Sie einsparen könnten, wenn Sie auskömmlich sozialversicherungspflichtig bezahlen würden? Nicht einmal diese Einsparung wird dort hineingegeben. Es ist doch alles so sehr mager und ein Offenbarungseid, das spottet doch jeder Beschreibung. Bei den Trägern mit ihren Ein-Euro-Jobs ist es doch so, sie erhalten ihre Pauschalen dafür. Ich meine, letztendlich können sie ihre Infrastruktur restrukturieren, das geht erst einmal, das kann aber doch nicht unser Anliegen sein! Wir können doch nicht sagen, dass diese Menschen letztendlich auf diesem Level am ausgestreckten Arm verhungern. Von den sozialversicherungspflichtigen Resten, genannt Entgeltstellen, haben wir aktuell – gestern haben wir es gehört – noch ungefähr 540 hier in Bremen. Auf die Frage, wie sieht es da im Januar aus, hieß es, nun, es wird drastische Einschnitte geben. Das war die Aussage gestern! Wie ist es im Januar 2012 hier im Land? Auf diese Frage hätte ich gern eine Antwort, und nicht nur ich, sondern all diese Projekt- und Maßnahmeteilnehmer in unseren Stadtteilen. Dazu sollten Sie sich vielleicht durchringen und sich damit beschäftigen, es würde uns einen Schritt weiterbringen! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben über einen Dringlichkeitsantrag der CDU und einen Entschließungsantrag der SPD zu entscheiden. An dem Dringlichkeitsantrag der CDU kann ich nicht richtig sehen, was daran eigentlich wirklich dringlich ist. Er besteht im Wesentlichen aus Versatzstücken von Presseerklärungen der Bundesregierung und aus Begründungsteilen des Gesetzentwurfs. Ich glaube, die Bürgerschaft muss sich doch fragen, ob ein solcher Gesetzentwurf im Interesse des Landes Bremen ist oder nicht. Das ist, glaube ich, die Kernfrage.
Dieser Dringlichkeitsantrag setzt im Wesentlichen darauf, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung
durchgeführt werden soll. Dieser Gesetzentwurf lässt für Bremen drastische Nachteile befürchten. Die Arbeitsmarktmittel in Bremen betragen ungefähr 20 Millionen Euro, das, was der Bund einsetzt, 150 Millionen Euro. Bremen hat also einen Anteil von 14 Prozent, 86 Prozent beträgt der Anteil des Bundes.
Jetzt werden in einem ganz großen Segment die Mittel des Bundes heruntergefahren, das kann Bremen überhaupt nicht in einem beachtlichen Maße kompensieren, das ist ausgeschlossen, vor allen Dingen im Bereich der Langzeitarbeitslosen. Bremen hat einen Anteil von 39 Prozent Langzeitarbeitsloser, das ist nicht so ungewöhnlich, denn Städte wie Duisburg, Dortmund, Essen, Köln und Düsseldorf haben höhere Anteile, 41 bis 45 Prozent. Wir haben die Zahl der Langzeitarbeitslosen hier um 0,3 Prozent reduzieren können, das ist wenig. In anderen Regionen, in Hamburg zum Beispiel, ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen um 4,5 Prozent gestiegen. Auch Hannover hat nur ganz leicht reduzieren können. Das ist ein sehr schwieriger Personenkreis, den darf man nicht abschreiben, das muss man ganz deutlich sagen: Wir dürfen die Langzeitarbeitslosen nicht abschreiben!
Dieser Gesetzentwurf führt aber dazu, dass mit ihm ganz wesentliche Elemente der Förderung von Langzeitarbeitslosen entfallen, das muss man ganz deutlich sagen. Nur der Personenkreis, der nah am Arbeitsmarkt ist, wird im Wesentlichen weiter gefördert werden können. Im Übrigen entfallen im ganz großen Umfang Fördermöglichkeiten. Daher, denke ich, kann man diesem Dringlichkeitsantrag auf gar keinen Fall zustimmen.