Protokoll der Sitzung vom 18.06.2014

Insgesamt werden wir Ihren Antrag daher ablehnen, weil er, wie gesagt, eine falsche Haltung zugrunde legt. Es sind ein paar wichtige Sachen erwähnt, aber die Forderung, jugendliche unbegleitete Flüchtlinge vom Drogenmilieu fernzuhalten, über repressive Maßnahmen zu lösen, können wir nicht mittragen. Ich sehe dies aber trotzdem als einen Beitrag zur Debatte, was wir noch alles machen müssen, weil wir bei der Verbesserung der Situation noch lange nicht am Ende angekommen sind und die Zahlen nach wie vor hoch sind. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ohne Zweifel handelt es sich um eine riesige Herkulesaufgabe – das habe ich hier auch schon einmal gesagt –, die wir im Augenblick bewältigen, und zwar nicht nur mein Haus allein, sondern alle Ressorts in Bremen, und ich glaube, es ist auch eine Leistung, die wir in den letzten zwei Jahren vollbracht haben, dass der Senat ein wirklich sehr gut abgestimmtes Handlungskonzept vorgelegt hat, das auch den Punkt, der heute hier angesprochen wird, mit im Blick hat, aber auch weitere Themenfelder bearbeitet.

200 000 Menschen kommen nach Deutschland, davon werden 2 000 Menschen – Erwachsene und Familien – hier in Bremen und Bremerhaven ihre Heimat suchen und auch finden. Wir haben im Augenblick 276 Jugendliche in Bremen und Bremerhaven, Jugendliche, die alle eine eigene Geschichte haben und von denen die meisten eben nicht im Kontakt zum Drogenumfeld stehen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

aber natürlich gibt es unter ihnen solche, wie auch bei deutschen Jugendlichen, die Probleme haben durch Traumatisierung oder auch durch Dinge, die angesprochen worden sind, wie Schleuserkriminalität, das Problem der Integration oder das lange Warten auf Ausbildungsplätze. Jetzt ist Frau Bürgermeisterin Linnert gerade nicht hier, aber ich möchte einmal sagen, Bremen ist das erste Bundesland, das Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und junge Erwachsene schafft, und das hat Vorbildcharakter.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das sind doch die Maßnahmen, die wir brauchen, um jungen Menschen und auch Erwachsenen hier ein Ankommen in der Gesellschaft zu ermöglichen: Bildung, Ausbildung, ein eigenes Einkommen, eine eigene Wohnung, der Spracherwerb, die Unterstützung.

Ein riesiges Dankeschön an die Pflegefamilien, die wir gefunden haben!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mittlerweile haben circa 20 Familien so einen jungen Menschen aufgenommen, und das sind eben nicht die 16-Jährigen, die bei einigen von uns hier auch zu Hause wohnen, mit denen man diskutiert, wie man von Bremen-Nord in die Innenstadt kommt und welche Fahrkarte man in der Straßenbahn lösen muss,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

das sind junge Menschen, die sich allein auf den Weg gemacht haben, von einem anderen Kontinent über Grenzen hinweg hierher, ohne Essen, unter Gewalt, Vergewaltigung, sie haben Mord gesehen, sie haben ihre Verwandten sterben sehen. Hier kommen junge Menschen an, die wirklich schwierige Dinge hinter sich haben, und ihnen hier ein Ankommen zu ermöglichen, ist und bleibt eine sehr große Aufgabe! Ich glaube auch, dass wir uns dieser Aufgabe hier im Bundesland Bremen richtig gut gestellt haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Frau Grönert hat ja einige Punkte aufgezählt, und in jeder Sitzung der Deputation berichten wir auch über das Ankommen und darüber, wo Menschen untergebracht werden, aber wir reden auch über die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Wir haben bei uns im Haus die Punkte und Fragen, die hier im Antrag aufgeworfen werden, auch noch einmal kritisch durchgesprochen, haben in unseren ressortübergreifenden Arbeitsgruppen zusammengesessen, und es gibt hierbei keinen Punkt und auch keinen Aspekt, Frau Grönert, von dem ich sagen könnte, Dinge befänden sich noch nicht in der Umsetzung oder würden nicht diskutiert.

Wir haben ein abgestimmtes Verfahren mit der Polizei, wenn es zu Straftaten kommt. Da gibt es Meldungen, da finden Absprachen statt. Einen Jugendermittlungsdienst gibt es nicht mehr, aber es gibt Beamte bei der Polizei, die dafür geschult sind. Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden nicht in gesonderten Statistiken geführt, aber es gibt da ein Rücksprachesystem mit dem Amt für Soziale Dienste und auch mit den Vormündern.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Also, so schlecht ist der Antrag nicht!)

Ich habe ja auch nicht gesagt, dass er schlecht ist, ich habe gesagt, wir haben ihn uns angeschaut und gesagt, der Senat hat seine Hausaufgaben gemacht und muss darauf nicht extra aufmerksam gemacht werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist ein wichtiges Thema, dass wir allen Jugendlichen in Bremen das Ankommen ermöglichen. Es ist REFUGIO Bremen angesprochen worden, ein Verein, für den es auch eine finanzielle Aufstockung gegeben hat, denn es gehört auch dazu, das Ankommen zu verbessern. Im Augenblick versorgen wir noch ganz Niedersachsen mit bei der Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen. Ich bin sehr froh, dass mir Frau Rundt jetzt berichtet hat, Hannover wird eine eigene Beratungsstelle initiieren, aber es ist auch notwendig – das möchte ich diesem Hause auch gern

berichten –, dass jedes Bundesland und auch die Kommunen solche Anlaufstellen haben, aber auch die Krankenkassen gehören mit in die Finanzierung hinein – das kann nicht die Sozialsenatorin allein leisten, da handelt es sich auch um Gesundheitsleistungen –, und bei diesem schwierigen Thema brauche ich, wie auch REFUGIO selbst, bitte schön auch noch einmal die kräftige Unterstützung hier aus dem Haus.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. H i n n e r s [CDU]: Das haben wir versucht!)

Ich möchte noch einmal sagen, wir hatten heute Morgen während der Vorbereitung zur Sitzung der Bürgerschaft noch eine Abteilungsleitersitzung. Mir wurde von meinem Abteilungsleiter berichtet, dass jetzt von der Bundesregierung die Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz angekündigt wird, und ich will nicht versäumen, hier auch einmal meiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. Ich bin enttäuscht darüber, dass wir dieses schlechte Gesetz, das Integration verhindert, auch noch in die Verlängerung schicken. Es muss abgeschafft werden, und es gehört für eine bessere Integration endlich in die anderen Sozialgesetze integriert!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Dieses gesonderte Behandeln bringt uns auch nicht voran, das macht auch die Verfahren in den Sozialzentren und die Arbeit in den Jobcentern kompliziert.

Ich möchte aber auch noch einmal sagen – auch wenn jetzt kein Vertreter vom Innenressort da ist, aber Herr Stauch sitzt hier –, Herr Senator Mäurer hat sich auf der Innenministerkonferenz in den letzten Monaten immer wieder darum verdient gemacht, dafür zu kämpfen, dass Jugendliche, die in Deutschland eine Ausbildung beginnen, keinen ungewissen Aufenthaltsstatus haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist auch eine Voraussetzung dafür, Jugendliche vor unsicheren Biografien zu bewahren, indem wir ihnen eine Perspektive geben. Die Jugendlichen kommen hier an, wir heißen sie willkommen, aber viele sind – und das sagen sie auch – mit den Herzen natürlich bei ihren Familien, das ist ein sehr schwieriger Prozess. Manche sagen, ja, ich bin jetzt hier zu Hause, oder ich habe ein zweites Zuhause, aber bis man sagt, ich bin hier wirklich angekommen, wird, glaube ich, ein ganzes Leben vergehen. Manche werden im Herzen immer in den Ländern bleiben, aus denen sie kommen, weil niemand freiwillig von dort weggegangen ist. Manche wurden auch aus Fürsorge von den Eltern weggeschickt, die Eltern haben dafür

Geld zusammengekratzt, und wir haben gehört, dass es dann zurückgezahlt werden muss und die Jugendlichen sich verpflichtet fühlen, die Gelder auch zurückzuzahlen.

Wir arbeiten mit allen Diensten darauf hin, dass wir den Jugendlichen sagen, macht euren Schulabschluss, wir geben euch die Chance, macht eine Ausbildung, und verdient euer eigenes Geld, das ist das Beste, um hier in dieser Gesellschaft anzukommen! Dazu sind solche Bausteine, die wir hier bewerkstelligen mit Ausbildung, mit der Zusammenarbeit mit den Handwerks- und Handelskammern, wichtige Voraussetzungen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Antrag auf Überweisung an die staatliche Deputation für Soziales, Kinder und Jugend abstimmen.

Wer dem Antrag auf Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag selbst abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/1325 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Wie schafft und sichert Wirtschaftsförderung Frauenarbeitsplätze?

Große Anfrage der Fraktion der SPD vom 27. März 2014 (Drucksache 18/1340)