Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

Ehrlich gesagt, was in Syrien passiert, macht mir

Angst, das macht mir insofern Angst, als ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, wie man hinter dem Schild „Glauben“ solche Gewalttaten ausüben kann. Ich bin froh, dass sich die muslimischen Gemeinden in Deutschland ausdrücklich von dieser Art des Islams distanziert haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn man also an der Stelle die Glaubensfrage

stellt, dann glaube ich nicht, dass diejenigen, die in Syrien Terror ausüben, wahre Gläubige sind. In meinem Verständnis sind das hoch kriminelle Ter roristen, die den Weltfrieden bedrohen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Ich habe das deswegen erwähnt, weil wir in den

Nachrichten ständig von diesen terroristischen Got teskämpfern hören, und ich bin ganz sicher, dass nicht nur mich diese Art verunsichert, sondern auch innerhalb unserer Bevölkerung zu Ängsten führt. Ich glaube, deswegen ist eine Trennschärfe bezüglich des islamischen Glaubens und des Terrorismus notwen dig. Ich bin daher froh, dass sich die muslimischen

Gemeinden von sich aus kürzlich in Berlin von dieser Art des „Glaubens“ abgegrenzt haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Aufklärungsarbeit benötigen, weil die Ängste, die diesbezüglich auch in Deutschland bestehen, ungerechtfertigt sind.

Der nächste Punkt ist, dass es eine sehr schmale

Grenze zwischen Ängsten, über die man diskutieren kann, und Rassismus, den man bekämpfen muss, gibt. Ich erlebe die Bürgerversammlungen in dieser Stadt gelegentlich so, dass sich auch hinter der angeblichen Angst mitunter ganz banaler Rassismus verbirgt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diesen Rassismus zu enthüllen und bloßzustellen,

ist die eine Aufgabe.

Die andere Aufgabe ist, berechtigte Ängste ernst

zu nehmen und die Ängste so offen, so ehrlich, so transparent zu diskutieren, wie es irgend geht. Was wir in den Stadtteilen brauchen, ist eine Akzeptanz der Bewohnerinnen und Bewohner, dafür sind Ver sammlungen und öffentliche Diskussionen notwendig, dafür sind als Scharnier die Beiräte ganz wichtig. Ich habe die Diskussionen häufig so erlebt, dass der größte Teil der jeweiligen Versammlung eine eher offene Haltung gegenüber diesen Flüchtlingen hat.

Was wir zusätzlich brauchen, ist natürlich eine

Betreuung, eine Begleitung, eine Hilfe für diese Flüchtlinge. Niemand soll glauben, dass man aus Syrien ohne traumatische Beeinflussung flieht, und ich glaube, dass wir deswegen sehr sorgfältig mit diesen Menschen umgehen müssen, die hierher kommen, weil sie erstens aus einer Situation kommen, die ich mir nicht vorstellen mag, und weil es zweitens ein Gebot der Humanität ist, diesen Menschen Hilfe zu geben, damit sie sich in unserer Gesellschaft zurechtfinden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das sind die Anforderungen an das Hilfesystem. Ich

bin der festen Überzeugung – und Matthias Güldner hat das angesprochen –, dass wir nicht über längere Zeiträume Einrichtungen vorhalten können, wenn sie nicht gebraucht werden. Jetzt werden sie aber relativ schnell und zügig gebraucht. Das macht gele gentlich das konkrete Problem aus: Woher bekommt das Sozialressort kurzfristig und schnell Unterbrin gungsmöglichkeiten? Manchmal ist das schade, weil es auf Kosten einer breiten und längeren Diskussion geht, aber ehrlich gesagt bin ich froh, dass wir in Bremen keine Zelte aufgestellt haben, und ich bin froh, dass wir die Flüchtlinge, wie ich finde, bisher jedenfalls ordentlich untergebracht haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn wir darüber reden, dass Containerdörfer

aufgestellt werden, dann hatte man früher vielleicht die Vorstellung, dass das diese Stahlkästen sind, die auf Schiffe verladen werden. Containerdörfer heutzutage sind, wie ich finde, akzeptable, moderne, übrigens auch gut isolierte Einrichtungen, in denen man zumindest zeitweise ganz gut untergebracht ist. An der Stelle sollte man eher schauen, dass wir vielleicht doch das eine oder andere mehr brauchen.

Der zweite Punkt ist, ich bin fest davon überzeugt,

dass wir perspektivisch ein Wohnungsbauprogramm entwickeln müssen, das diesen Menschen dann, wenn sie aus den Einrichtungen heraus können, sollen und wollen, entsprechenden Wohnraum zur Verfügung stellt. Auch da gibt es Engpässe.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, ich

bin eigentlich der Meinung, dass dieses Parlament in Gänze gemeinsam einen Beschluss hätte fassen sollen, der besagt, wir wollen, wir sollen, und wir werden die Flüchtlinge so gut aufnehmen, wie wir irgend können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die unterschiedlichen Anträge, insbesondere der

von der CDU, sind eigentlich nur an der Frage des Asylkompromisses auf Bundesebene gescheitert. Ich bedauere das an dieser Stelle ganz deutlich, aber das muss man respektieren, ansonsten, muss ich sagen, gefällt mir der Antrag der CDU im Wesentlichen sehr gut, weil die Anteile dieses Antrags eigentlich weitestgehend dem entsprechen, was meine Fraktion und ich auch so einschätzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein bisschen anders stellt sich das bei der LIN

KEN dar. Das stellt sich deswegen anders bei der LINKEN dar, weil die Frage der Probleme mit den hoch aggressiven, hoch kriminellen Jugendlichen, wie ich finde, bedenklich gelöst wird, indem man sagt, sie brauchen Therapien, und dann ist es gut. Niemand, auch ich nicht, hat gesagt, die muss man wegsperren und fertig, überhaupt nicht, aber wir müssen eine robuste Heimunterbringung erreichen, um sie überhaupt therapiefähig zu machen. Es ist doch nicht so, dass diese Jugendlichen, die hoch aggressiv sind und im Übrigen auch Schaden für die gesamte Diskussion über die Flüchtlinge bringen, zurzeit in irgendeiner Weise ansprechbar wären.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich habe auch noch von keinem Therapeuten

gehört, dass es so eine Art Zwangstherapie geben könnte, sondern die Therapie funktioniert nur, wenn

der oder die Betreffende sich freiwillig dieser Be handlung unterzieht, damit ihm oder ihr geholfen werden kann. Davon sind diese Jugendlichen aber weit entfernt. Es ist so schade, weil es von den über 300 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen tat sächlich nur eine ganz kleine Minderheit ist, aber diese kleine Minderheit richtet mit dieser hoch ag gressiven, hoch kriminellen Verhaltensweise sehr viel Schaden in der Diskussion darüber an, wie wir mit unseren Flüchtlingen umgehen. Deswegen glaube ich, wir dürfen es nicht zulassen, dass unser Rechtsstaat an die Grenzen dessen stößt, was wir verantworten können.

Ansonsten ist der Antrag der LINKEN eigentlich

nur mehr vom Selben, noch mehr Casemanager, noch mehr Sozialpädagogen, noch mehr hiervon, noch mehr davon. Wir haben es hier aber mit einem speziellen, wie ich finde, in der extremen Form noch nie dagewesenen Problem zu tun, und deswegen müssen wir mit dieser Problematik – und ich sage ausdrücklich und noch einmal ganz deutlich, es geht mir um diese 20 oder wie viel auch immer hoch kriminellen, hoch aggressiven Jugendlichen, es geht mir nicht um den Rest der Flüchtlinge – anders umgehen, als wir uns das bisher haben vorstellen können. Ich habe bisher immer geglaubt, das Gute im Menschen kann man irgendwie wachküssen, ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das an der Stelle so einfach noch machbar ist.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Vielleicht solltest nicht du sie wachküssen!)

Deswegen glaube ich, dass DIE LINKE mit ihrem

Änderungsantrag auf einem falschen Weg ist. Es ist der Glaube, irgendwie kann man das mit The rapie beseitigen, und da glaube ich, dass Therapie, wie gesagt, erst dann funktioniert, wenn man diese Menschen therapiefähig gemacht hat.

Ich möchte es jetzt auch erst einmal im ersten

Beitrag hierbei belassen, wir werden ja sehen, wie die Diskussion weitergeht. Ich möchte dennoch an dieses Haus appellieren, bei allen Unterschieden in den Anträgen an dem gemeinsamen Ziel einer vernünftigen Flüchtlingspolitik festzuhalten! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren! An das, was Herr Möhle eben am Ende gesagt hat, möchte ich anschließen, wir alle haben, glaube ich, an der Stelle ein gemeinsames Ziel, und deswegen wollen wir auch dieses gemeinsame Ziel und die damit verbundenen Probleme hier intensiv diskutieren.

Herr Dr. Güldner hat schon darauf hingewiesen,