Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

durch die Rekommunalisierung der Müllentsorgung weitere Kosten produzieren. Daher ist der Haushalt mit den Risiken, die ich gerade nur angerissen habe, heute schon Makulatur, und Sie haben ihn nicht mehr im Griff. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich einleitend – vielleicht außerhalb meiner Rede zeit – beim Vorstand der Bremischen Bürgerschaft bedanken, dass er uns mit dem Schriftzug immer daran erinnert, wo wir hier sind, nämlich in einem Parlament.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist ganz hilfreich, und dazu gehört auch, finde

ich, dass man über den Tagesordnungspunkt redet, der aufgerufen worden ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das will ich jetzt tun.

Nach den Regeln, nach denen der Stabilitätsrat

seine Kontrollaufgaben wahrnimmt, legt das Land Bremen ihm im Herbst eines jeden Jahres zwei Berichte vor, einen Bericht, den nach Paragraf 3 alle Länder und der Bund vorzulegen haben, in dem ganz allgemein die Haushaltslage geschildert wird, und einen zweiten Bericht, in dem es um die Umsetzung des Sanierungsprogramms in Bremen zur Einhaltung der Konsolidierungsbemühungen geht. Das heißt, Jahr für Jahr geht es dann am Ende um 300 Millionen Euro oder eben nicht, und es geht darum, ob und wie wir den Weg bis zum Jahr 2020 weiter erfolgreich beschreiten können.

Ich möchte die Kernaussagen des erstgenannten

Berichtes noch einmal hervorheben, und zwar wirklich

für Berliner wie für Bremer Ohren gleichermaßen. Bremen befindet sich nach wie vor in einer extremen Haushaltsnotlage, und zwar im Übrigen seit zwei Jahrzehnten. Wenn Sie das vielleicht irgendwie so suggeriert haben, wir hätten uns da jetzt hineinbe geben, das ist ein sehr langer Zeitraum, leider!

Der Stabilitätsrat hat dafür keine eigenen Kri

terien ausgearbeitet, aber nach den Urteilen der Verfassungsgerichte in Karlsruhe und Bremen ist es eindeutig: Wir müssen einfach viel zu viel von unseren Steuereinnahmen für Zinsen ausgeben. In der Tat liegt die Pro-Kopf-Verschuldung weit ober halb des Durchschnitts, und sie steigt gegenwärtig noch weiter an, weil wir für die Zahlung der Zinsen neue Schulden aufnehmen müssen, allerdings ha ben wir nicht immer mehr Neuschulden, wie Sie fälschlicherweise behauptet haben, sondern Gott sei Dank Jahr für Jahr weniger Neuschulden, aber immer noch neue Schulden.

Die zweite Kernaussage ist, dass wir große Eigen

anstrengungen unternehmen, die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben selbst zu schließen. Im Haushaltsausschuss ist uns am vergangenen Freitag noch einmal eindrucksvoll aufgezeigt worden, wie überdeutlich die Ausgabensteigerung der letzten zehn Jahre in Bremen unter der Steigerungsrate aller anderen Länder lag, und zwar ganz deutlich darunter. Eine tragfähige Sanierung der bremischen Haushalte, die uns in die Lage versetzt, unsere von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben adäquat wahrzunehmen, ist in der Tat nur durch eine ge samtstaatliche Lösung der Altschuldenproblematik möglich, auch das wurde uns am Freitag von den Experten noch einmal eindrucksvoll belegt und begründet. Das wird auch ein ganz zentraler Punkt in der Mitwirkung Bremens bei den gegenwärtigen Verhandlungen sein müssen, und das ist es von unserer Seite auch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die andere Seite ist aber, es wäre natürlich für

die bremischen Einflussmöglichkeiten äußerst kon traproduktiv, wenn Bremen im Bericht über das Sanierungsprogramm mit leeren Händen dastehen würde, das ist aber auch nicht der Fall, im Gegen teil! Der dafür zentrale Satz steht auf Seite 5 des zweiten Berichts, den wir heute diskutieren, Zitat: „Nach aktueller Entwicklung und Einschätzung ist die Einhaltung der Obergrenzen nach Paragraf 2 der Vereinbarung“ – das sind diese 30 Millionen Euro – „in der Freien Hansestadt Bremen nicht ge fährdet.“ Der sogenannte Sicherheitsabstand ist, mit Stand von heute, mit 185 Millionen Euro für das Jahr 2016 geplant, das ist ganz ordentlich, aber man muss dabei immer sagen, diese Zahl hat sich schon öfter geändert.

Ich weiß jetzt nicht, wie die Debatte weitergeht,

aber für diejenigen, die aus dieser Zahl schließen

möchten, es sei doch genug Geld für weitere Aus gaben da, möchte ich aus dem Bericht noch einen anderen Satz zitieren: „Die Abstände zur Obergrenze der zulässigen Neuverschuldung müssen ausreichen, um auch den Abbaupfad in den Restjahren der Sanie rung bis 2020 erfolgreich zu bewältigen.“ Das, meine Damen und Herren, ist für uns der entscheidende Punkt, denn wir wollen in dieser Koalition mit dieser Finanzsenatorin die Konsolidierung auch erfolgreich zu Ende bringen und nicht mittendrin aufhören.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deshalb wird der Senat in der kommenden Woche

ein Konzept zur Lösung der Haushaltsprobleme vor legen, das zunächst einmal auf strikte Ausgabendis ziplin der Ressorts setzt und für die unumgänglichen Ausgabensteigerungen bei den Sozialleistungen und bei der Beamtenbesoldung Einsparungen bei den Zinsen heranziehen wird, nicht aber die höheren Steuereinnahmen, weil wir das zugesagt haben, und das ist unsere feste Absicht. Deshalb weist der Senat in seinem Bericht auch auf unsere Beschlüsse zur Steigerung der Einnahmen des Landes hin, übrigens auch erfolgreich über steigende Einwohnerzahlen seit Kurzem, aber gleichzeitig auch auf deren Grenzen und auf die Notwendigkeit, zu gesamtstaatlichen Lösungen für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen und Länder zu kommen.

Deshalb, der letzte Punkt: Der Senat teilt uns und

Berlin deshalb mit dem Blick weit über das Jahr 2015 hinaus auch ein Programm mit, mit den in Fortset zung der erfolgreichen Maßnahmen „Umbau der Verwaltung und Infrastruktur“ ein Bündel von 33 Projekten zur Neuordnung der Aufgabenwahrneh mung auf den Weg gebracht wird. Das wird, falls das einige erwarten, wieder nicht der große Knall einer immer sogenannten Strukturreform sein, die immer so leicht daher gesagt wird, sondern das ist der einzig mögliche mühsame Weg der Modernisierung der Verwaltung in vielen Einzelteilen, in vielen kleinen Schritten, die uns und dann vor allen Dingen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in Zukunft in die Lage versetzen soll, unsere staatlichen Auf gaben ordentlich zu erfüllen. Das ist ein mühsamer Weg, wir werden ihn mit Konsequenz und Ausdauer weitergehen. Diese beiden Berichte, die der Senat heute dem Stabilitätsrat vorlegt, sind ein Ausweis dafür, dass diese Koalition diesen Weg erfolgreich geht. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr ge

ehrten Damen und Herren! Mittlerweile werden die

Berichte an den Stabilitätsrat und über die Umsetzung des Sanierungsprogramms zu einer gewissen Routine, und stets gilt, dass wir nachzuweisen haben, den an uns gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Am Ende wird auch bewertet, ob wir ihnen gerecht geworden sind, und das alles mit der Zielsetzung, dass wir die Konsolidierungshilfen von 300 Millio nen Euro aufgrund der extremen Haushaltsnotlage auch weiterhin bekommen. Beide Berichte machen deutlich, dass wir diese Ansprüche zu Recht haben und auch selbst die notwendigen Eigenanstrengun gen unternehmen, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, den Konsolidierungspfad auch zum Ende der Periode 2019 wirklich erreichen und dann vielleicht auch mit der Schuldenbremse – dar auf werde ich noch kommen – umgehen zu können.

Bremen wird also wie bisher die Konsolidierungs

hilfen erhalten. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, das fällt uns manchmal schwer, ich komme darauf nachher noch einmal zurück. Der Stabilitätsrat hat in einem seiner Berichte und einer seiner Stellung nahmen angemerkt, wir würden den Sicherheitsab stand, also die tatsächliche Nettokreditaufnahme im Verhältnis zur maximal möglichen Kreditaufnahme, zu gering halten. Tatsächlich, und das weisen die Berichte aus, werden wir im Jahr 2014 einen Sicher heitsabstand von 162 Millionen Euro haben – Herr Dr. Kuhn hat das eben schon ausgeführt –, im Jahr 2015 sind es 217 Millionen Euro und im Jahr 2016, so weit reicht die mittelfristige Finanzplanung, im merhin noch 186 Millionen Euro.

Wer sich übrigens die Entwicklung dieser Sicher

heitsabstände ansieht und die Mühe macht, die Be richte einzeln durchzusehen, wird feststellen, dass die Sicherheitsabstände variieren. Es ist nicht immer die gleiche Summe, sondern es ist ein dynamisches System, abhängig von den Steuerschätzungen, das bedeutet, dass wir die mildere Zahl, die wir hier zunächst haben, nicht unbedingt in dieser Höhe auch wirklich gesichert rechnen können, sondern wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Rechengrößen sind, die sich dann erst im Ist-Verlauf des Haushalts bestätigen müssen. Es ist jedoch gut, dass wir die Sicherheitsabstände haben, und die Berichte weisen auch auf, warum es gut ist: Wir haben nämlich nach wie vor bestimmte Haushaltsrisiken, dazu gehören in erster Linie die von Bremen eben nicht beein flussbaren Sozialausgaben, die nicht nur in Bremen erheblich steigen, und es kann sein, dass wir den Sicherheitsabstand dafür werden nutzen müssen.

Wir haben heute Morgen eine wichtige Debatte

über die Flüchtlinge geführt, und natürlich kostet es auch Geld, weil der Bund sich nach meiner Überzeu gung in der Verantwortung zum Teil sehr zurückhält.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Eigentlich sollte er mehr beitragen, aber die recht

liche Lage ist im Augenblick so, dass wir dies als Kommune zu leisten haben.

Ich will noch darauf hinweisen, dass wir natürlich

die offene Besoldungsfrage haben, und wir haben die Frage, ob die Zinseffekte tatsächlich dauerhaft so positiv sein können wie derzeit. Das alles sind Dinge, die auch mit einem Sicherheitsabstand abgedeckt werden müssen. Wer sich die Mühe macht und die einzelnen Tabellen in den Vorlagen ansieht, wird feststellen, dass bei der Besoldungsanpassung bisher von einem jährlichen Einsparvolumen von 30 Millio nen Euro ausgegangen wurde, also nicht 74 oder 75 Millionen Euro. Das ist mit Sicherheit aufgrund der Rechtsprechung nicht länger haltbar, der Senat wird dazu noch einmal einen Vorschlag machen, und die Frage wird sein, inwieweit wir den Sicherheitsabstand hierfür in Anspruch nehmen müssen.

Ähnliches gilt auch für die Sozialleistungen. Des

halb ist es für mich verwegen – ich kenne den weite ren Verlauf der Debatte nicht, aber ich kenne ja die oftmals geäußerten Wünsche, die DIE LINKE hier vorgetragen hat –, den Sicherheitsabstand ander weitig zu verplanen. Das ist riskant, und das Risiko können wir nicht eingehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)