Protokoll der Sitzung vom 20.11.2014

Es gibt einen zweiten wesentlichen Grund, warum aus dem Sektor der Wirtschaft so viel CO2 emittiert wird. Das ist die Kohleverstromung. Auch hier in Bremen haben wir immer noch einen Anteil von rund 40 Prozent der Kohle an den gesamten CO2Emissionen. Die Bundesumweltministerin, Barbara Hendricks, hat vor wenigen Tagen völlig zu Recht gesagt, dass es nicht anders gehen wird, als Kohlekraftwerkskapazitäten abzubauen. Das hat sie auch für den Bund gesagt, und das ist völlig richtig. Von daher war es auch völlig richtig, dass sich die swb vor sieben Jahren entschieden hat, kein weiteres Kohlekraftwerk zu bauen, und es ist richtig, dass das Unternehmen begonnen hat, seine Kohlekraftblöcke schrittweise vom Netz zu nehmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Wie wollen Sie denn bei den erneuerbaren Energien die Netzkontinuität gewährleisten? Das geht eigentlich ohne Kohle gar nicht!)

Wegen der Entwicklung im Bereich der Unternehmen verstärken wir unsere Arbeit mit den Unternehmen. Das tun wir vor allen Dingen durch Anreize, Förderprogramme und Beratungsangebote. Unsere Energieagentur wird sich verstärkt der Effizienzberatung von kleinen und mittelständischen Unternehmen widmen. Vor wenigen Wochen hat man in Bremerhaven mit einem Energieeffizienzstammtisch begonnen, an dem jetzt acht Unternehmen zusammenkommen, um sich über ihre Erfolge und über Strategien auszutauschen. Auch ist es sehr zu begrüßen, dass wir vor Kurzem ein Klimaschutzkonzept für die Überseestadt verabschiedet haben.

Dies alles, meine Damen und Herren, sind richtige Wege, um im Bereich der Unternehmen voranzukommen. Vor allem rechnet sich vieles davon. Das ist mir immer wieder wichtig. Es quält niemanden, kostet kein Geld und rechnet sich häufig schon in relativ kurzer Zeit.

Was die Verkehrsemissionen anbelangt, so können wir diese nur zum Teil von Bremen aus politisch steu

ern. Hinsichtlich der Effizienz der Fahrzeuge und hinsichtlich neuer Kraftstoffe und Antriebe ist es die Aufgabe der Europäischen Union, der Bundesregierung und auch der Industrie selber, für Innovationen zu sorgen. Das, was wir von Bremen aus beeinflussen können, beeinflussen wir auch. Das sind die Mobilitätsmuster, der modale Split, die Stärkung des Umweltverbundes und die Beförderung und Begünstigung umweltfreundlichen Verhaltens, beispielsweise auch durch unsere Mobilitätsberatung, die wir neu ins Leben gerufen haben. All das sind wichtige Schritte, die auch in unserem Verkehrsentwicklungsplan ihren Niederschlag gefunden haben.

Bei den Gebäuden schließlich – das möchte ich noch einmal betonen – gilt auch weiterhin die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand. Das steht auch in dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 der Bundesumweltministerin. Die öffentliche Hand hat die Verantwortung und die Aufgabe, mit energieeffizienten Gebäuden voranzuschreiten und nicht etwa in alte Standards zurückzufallen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

So viel zu unseren Anstrengungen für den Klimaschutz.

Ich möchte jetzt auch noch auf die Klimaanpassung eingehen. Hier in Bremen bedeutet das vor allen Dingen Schutz vor Hochwasser, sowohl von der Weser als auch von der See und vom Hinterland, und es bedeutet Schutz vor Extremwetterereignissen, Starkregen, Stürmen und dergleichen. Hitze und Dürre werden uns hier hoffentlich und aller Voraussicht nach weniger beschäftigen. Bei der Klimaanpassung gibt es keinen Nice-to-have-Bereich, dabei gibt es nichts, was man macht, wenn man noch Zeit hat, sondern es geht um Risikovorsorge, Krisenprävention, die Sicherung von Lebensqualität und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Das ist der Grund, weshalb diese Dinge eine Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge sind, und deswegen müssen wir sie so ernst nehmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir berücksichtigen Dinge in unserer Flächennutzungsplanung, die wir hier demnächst verabschieden wollen. Sie sind berücksichtigt in unserem neuen Landschaftsprogramm. Wir berücksichtigen sie bei der Gestaltung von Straßenräumen wie jetzt der Münchener Straße, wo wir die Lehren aus dem ziehen, was wir in unserem Projekt KLAS, KlimaAnpassungsStrategie, gelernt haben, das wir der Deputation vorgestellt haben. In diesem Projekt haben wir die Starkregenereignisse evaluiert und geschaut, wie wir uns künftig bewegen wollen. Wir berücksichtigen das auch bei der Stadt- und Quartiersentwicklung.

Herr Gottschalk, wir haben das Thema übrigens auch in der Metropolregion mit den regionalen Partnern. Das ist in der schriftlichen Beantwortung viel

leicht nicht so ausführlich dargestellt worden. Aber das Projekt nordwest2050, das Sie angesprochen haben, ist ein Projekt der Metropolregion gewesen, das zu guten Ergebnissen geführt hat. Leider konnte sich der Vorstand der Metropolregion nicht dazu durchringen, gemeinschaftlich den Klimapakt zu unterschreiben, den der Kollege Günthner und ich für den Bremer Senat unterschrieben haben. Dort wird das Thema weitergeführt, beispielsweise in Form von interkommunalem Austausch von Informationen über eine Beratungsstelle, das Lernen voneinander, wie man mit Klimaanpassungsstrategien hier im Nordwesten erfolgreich sein kann.

Es geht darum, dass wir unsere gesellschaftlichen und ökonomischen Systeme einerseits robust halten, dass wir sie schützen, aber dass wir sie andererseits auch reaktionsfähig halten, dass wir auf Veränderungen reagieren können. Um das systematisch zu tun, wollen wir die Anstrengung, die wir schon im Programm, in politischen Beschlüssen haben, über das Klimaschutzgesetz verstetigen, indem wir die Themen, die Ziele, die Programme, die Maßnahmen zum Nachsteuern, die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, die Frage der Stadtentwicklung und der Förderprogramme für Private, die wir unterstützen wollen, gesetzlich festschreiben wollen. Liebe Abgeordnete von der CDU, das Lohse-Gesetz wird nicht teuer, wie ich in der Zeitung lesen konnte. Das ist völliger Blödsinn. Es wird gerade nicht teuer. Teuer wird es dann, wenn wir weiter günstig in überflutungsgefährdeten Bereichen bauen. Teuer wird es dann, wenn die Hochwasser kommen und die Häuser unter Wasser stehen. Teuer wird es, wenn die Keller absaufen. Deswegen müssen wir vorbeugen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie mich noch ein letztes Thema ansprechen, das bei den Vorrednern und Vorrednerinnen ein bisschen weniger erwähnt worden ist. Ich hatte vorgestern hier in Bremerhaven Gelegenheit, ein internationales Symposium zum Thema Klimagerechtigkeit zu eröffnen. Dort sind Menschen aus vier Kontinenten zusammengekommen, um über das Thema zu sprechen: Wie ist es eigentlich mit der globalen Gerechtigkeit im Bereich Klimaschutz? Deutlich angeprangert wurde die Diskrepanz zwischen den Industrienationen des Nordens und in letzter Zeit auch der BRICS-Länder, den Verursachern auf der einen Seite und den Opfern in den Ländern des Südens auf der anderen Seite. Das ist ein eklatantes Missverhältnis. Es wurde auf die Ungleichverteilung des Reichtums zwischen dem Norden und dem Süden hingewiesen. Es wurde auf die Ungleichverteilung der Mittel, die auf der einen Seite in militärische, andere Dinge gehen, und den minimalen Mitteln, die auf der anderen Seite für Klimaanpassung und Klimagerechtigkeit zum Schutz der schwächsten Nationen aus

gegeben werden. Hier haben wir eine globale Verantwortung, die uns in Zukunft noch stärker fordern wird als im Moment.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir reden im Moment darüber, wie wir in Bremen Flüchtlinge unterbringen können. Wir, Kollegin Anja Stahmann und ich, haben in den Stadtteilen Diskussionen mit den Beiräten, wie wir Flüchtlinge in Bremen beherbergen, aufnehmen können, die im Moment aufgrund von Krieg und politischer Verfolgung und bewaffneten Auseinandersetzungen zu uns kommen. Wir wissen, es werden auch Klimaflüchtlinge hinzukommen. Wir werden alles daran setzen müssen, damit nicht unsere eigenen Kinder und Enkel eines Tages zu Klimaflüchtlingen werden. Denn Bremen ist zu 90 Prozent von Hochwasser bedroht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. I m h o f f [CDU]: Das ist ein Horror- szenario!)

Eines ist uns völlig klar: Wir werden hier in Bremen nicht das Weltklima retten. Aber wir müssen aufpassen. Es droht Pessimismus. Dem müssen wir gegensteuern. Es droht Pessimismus oder Fatalismus. Die Welt braucht Vorbilder, meine Damen und Herren. Bremen hat gute Voraussetzungen, ein solches Vorbild zu sein.

Lassen Sie uns hier in Bremen mit dem Klimaschutz und mit Strategien zur Klimaanpassung vorangehen, damit unsere Kinder und Enkel nicht zu Klimaflüchtlingen werden! – Ich danke Ihnen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1573, auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.

Freifunk im Land Bremen – Unterstützung für bürgerschaftliches Engagement

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 29. Juli 2014 (Drucksache 18/1506)

Wir verbinden hiermit:

Bremen und Bremerhaven brauchen kostenfreies, öffentliches WLAN

Antrag der Fraktion der CDU vom 24. September 2014 (Drucksache 18/1563)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Günthner.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen uns kurz über das Thema „Freifunk im Land Bremen – Unterstützung für bürgerschaftliches Engagement“ austauschen. So haben wir unseren Antrag überschrieben.

Um was geht es? Was ist Freifunk? Freifunk sind Netzwerke, die von nicht kommerziellen Vereinen betrieben werden. Dort wird Software erstellt. Diese Software wird auf einen sogenannten Router gespielt. Diesen Router – ein Stück Hardware – kann man in Bremen für kleines Geld, ungefähr 20 Euro, kaufen. Dann kann man das bei sich zu Hause an seinen Internetanschluss anschließen. Wenn man unterwegs ist oder, wie wir jetzt, im Plenum sitzt, können andere Leute über diesen Router WLAN benutzen, entsprechend Datenpakete austauschen und zum Beispiel ins Internet gehen. Das verbirgt sich hinter Freifunk.

Die Idee ist deshalb sehr spannend, weil es von Menschen gemacht wird, die sich freiwillig einbringen – analog zu Wikipedia oder OpenStreetMap –, Menschen, die etwas Gutes für die Gemeinschaft tun. Das sollte man an dieser Stelle einmal loben. Ich möchte mich ausdrücklich bei den Leuten von Freifunk bedanken, die das tun.

Es gibt einige Beispiele. Ich habe eben gesagt, man kann sich als Privatperson so ein Gerät kaufen und Zuhause hinstellen. Man kann solche Geräte aber auch nehmen und zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden aufstellen. In Berlin gibt es seit ungefähr zwei Jahren auf Antrag der dortigen Bezirksversammlung ein Projekt. Dort hat eine örtliche Freifunkinitiative ein solches System im Rathaus in Kreuzberg aufgestellt. Das heißt, wenn Sie dort in der Sitzung lauschen, können Sie über diesen WLAN-Router in das Internet – kostenfrei und anonym.

In Brandenburg hat die Landesmedienanstalt einen Betrag von ungefähr 30 000 Euro bewilligt, um solche Initiativen zu unterstützen, damit solche Geräte aufgebaut werden können.

Aktuell hat hier in Bremen – ich meine, sogar einstimmig – der Beirat Horn vor einigen Wochen entschieden, sie möchten ein solches System auch bei sich im Ortsamt haben. Das finde ich sehr gut. Das kann ein gutes Beispiel sein, wie wir das in ganz Bremen weiterverbreiten.

Es gibt ein Problem, wenn Sie einen WLAN-Zugang mit anderen Leuten teilen möchten. Das Problem heißt Störerhaftung. Darüber haben wir hier schon mehrfach diskutiert. Störerhaftung gibt es, wenn man Europa ansieht, nur in Deutschland. Störerhaftung muss man sich so vorstellen: Sie betreiben eine Autobahn, und wenn irgendjemand auf der Autobahn führe und jemanden besoffen totführe, käme irgendjemand und würde Verkehrssenator Lohse in Haftung nehmen, weil er die Autobahn geplant hat. Das ist Störerhaftung. Das gibt es in diesem Verkehrsnetz nicht. Warum gibt es das im Datenverkehrsnetz? Das Problem Störerhaftung sollte abgeräumt werden. Aktuell wird das im Bund auch diskutiert.

Es gibt eine entsprechende Initiative im Bundesrat. Bremen hat sich dieser Initiative – dafür bin ich sehr dankbar – durch den Senat angeschlossen. Vielen Dank dafür! Von daher ist das ein gutes Ding.

Ich möchte kurz auf den Beschlussteil in unserem Antrag eingehen. Bremen ist Haushaltsnotlageland. Deswegen haben wir in der Fraktion beschlossen, unter Punkt eins zu schreiben: Der Senat möge solche Initiativen ideell unterstützen. Es geht also in erster Linie nicht darum, dass da groß Geld hineinfließt.

Weiter wäre es wunderschön, wenn man für solche Freifunkinitiativen geeignete Standorte in öffentlichen Gebäuden zur Verfügung stellen könnte. Dann bräuchte man nur einen Standort und ein bisschen Strom. Das kostet dann im Jahr vielleicht 10 Euro. Das ist trotz Haushaltsnotlageland leistbar.

Wunderschön wäre, wenn wir solche Systeme an hoch frequentierten – so haben wir es genannt – Orten hätten: Tourismusstandort Bremerhaven, Tourismusstandort Bremen, Marktplatz und was es alles gibt. Toll wäre es auch noch, wenn wir einen Bericht darüber bekommen könnten, was der Senat da plant.

Eine weitere Sache, die die Initiativen gut fänden, ist, wenn es einen Ansprechpartner gäbe, bei dem man anrufen könnte, der solche Sachen klärt wie: Wo darf ein System aufgestellt werden? Darf man ein Loch durch diese Wand bohren? Das sind kleine Sachen, die kein Geld kosten. Das muss aber gelöst werden.

Auf den Antrag der CDU gehe ich in meinem zweiten Redebeitrag an. – Vielen Dank! Ich bitte um breite Unterstützung!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Mustafa Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Hamann hat ja die technischen Details wie immer hervorragend in sehr einfach nachvollziehbaren Beispielen erläutert. Für uns

Grüne heißt das nicht anderes als: Voraussetzung für die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft ist auch ein möglichst barrierefreier Zugang.