Protokoll der Sitzung vom 20.11.2014

Ich bezweifele, dass wir mit den Anstrengungen, die wir bisher leisten, schnell genug sind. Meine Befürchtung ist, dass die Situation schneller schlimmer wird, als wir dagegen ankämpfen. Ich befürchte auch, dass bei der Frage: Was machen wir?, die Frage des Geldes eine Entscheidende ist und wir möglicherweise gar nicht die investiven Mittel haben, uns ein Stück weit auf die sichere Seite zu legen, sondern wir nur das Notwendigste tun können und hoffen, dass es schon gutgeht. Das ist eine Strategie, die langfristig nicht aufgeht.

Ich sage Folgendes an dieser Stelle noch einmal, weil es mich umtreibt: Möglicherweise danken uns unsere Kinder einmal, dass wir in Bremen einen ausgeglichenen Haushalt haben. Aber möglicherweise werden sie sich darüber beschweren, dass sie nasse Füße bekommen. Das kann nicht die Alternative sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen den Schutz vor den Folgen des Klimawandels so ernst nehmen, dass wir ihm auch gesellschaftlich und mit entsprechenden Maßnahmen begegnen. Ich weiß – das habe ich beim Studium der Antwort auf die Anfrage gesehen –, Abwehrstrategien sind eher unterentwickelt. Alle Studien, die zitiert werden, sagen: Wir müssen noch daran arbeiten. Man bekennt sich dazu, dass man jetzt dringend und schleunigst und überhaupt etwas tun muss. Auch da habe ich den Eindruck: Die Information, dass es in Zukunft Folgen des Klimawandels gibt, haben wir schon länger. Ich befürchte, wir haben eine ganze Weile lang nicht richtig hingesehen. Sonst wären die Antworten auf die Fragen, welche Formen von Strategien es schon gibt, vielleicht etwas deutlicher ausgefallen.

Ich werbe dafür, die beiden Antworten auf die Anfragen, über die wir gerade diskutiert haben, die zum Öl und die zum Klimawandel, in diesem Haus sehr ernst nehmen und genau hinschauen, ob wir schnell genug sind, die Folgen, die beide Antworten skizzieren, zu überwinden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ohne Frage: Der Klimawandel geht uns alle an. Klimaschutz ist eine der großen Herausforderungen unserer Menschheit. Das Thema debattieren wir hier sein ein paar Jahren. Wir debattieren eigentlich ganz einig. Es ist auch gut so, dass sich dieses Haus dieser Gemeinschaftsaufgabe so bewusst ist. Gegenmaßnahmen müssen daher gemeinsam mit allen Akteuren auf Landes- – wie wir hier –, auf Bundes- und auf internationaler Ebene eingeleitet werden. Dabei sieht man immer wieder, dass es auf internationaler Ebene am schwierigsten ist. Die Klimaerwärmung wird nachweislich erheblichen Einfluss auf unser Leben haben. Unwetter werden dabei wohl eine sehr große und präsente Rolle spielen. Als Landwirt beobachte ich das Wetter ziemlich genau. Wenn man sieht, dass hier in Bremen Ende Juli der letzte große Regen war, wir jetzt Anfang November wieder einmal ein paar Regentage gehabt haben, weiß man, dass da einfach zu wenig Regen kam. Davor gab es nur Starkregenereignisse. Das ist nicht normal. Das sind die schon heute spürbaren Auswirkungen des Klimawandels. Damit müssen wir alle leben. Bremen und Bremerhaven sind mit dem Meer eng verbunden. Küstenschutz ist daher für uns ganz wichtig und trägt zur Sicherheit der beiden Städte bei. Deswegen müssen wir vorbereitet sein. Nicht ohne Grund arbeiten wir seit ein paar Jahren gemeinsam an dem Generalplan Küstenschutz. Herr Rupp, Sie sagen, wir dürften uns nicht kaputtsparen. Bremen bezahlt über 100 Millionen Euro in den Generalplan Küstenschutz. Das ist ein Anfang, die Deiche sicher zu machen. Das ist eine Mammutaufgabe, die wir mit Mitteln des Bundes und Bremer Mitteln stemmen.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Die Frage ist, ob es reicht!)

Die Frage diskutieren wir hier aber in 20 Jahren noch. Der eine sagt immer, das Glas ist halb voll, der andere, es ist halb leer. Diese Unterschiede gibt es. Sie sind normal. Aus meiner Sicht muss noch viel mehr darauf geachtet werden, dass in Überschwemmungsgebieten in Bremen nicht gebaut wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, ja. Ich weiß, warum die Grünen jetzt klatschen. Wir kommen wieder auf Bucht Huchting zu sprechen. Bucht Huchting ist kein Überschwemmungsgebiet. Sie tun immer nur so, als sei es ein Überschwemmungsgebiet. Nachweislich liegt es höher als Schwachhausen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Das ist fachlich ein- fach richtig! – Weitere Zurufe)

Entscheidungen aus reinem Profitinteresse, in Überschwemmungsgebieten zu bauen, sind für uns deswegen nicht tragbar. Auch wenn wir hier mehrere Jahre kein heftiges Hochwasser mehr hatten, dürfen wir diese Gefahr nicht aus dem Auge verlieren. Erst die Nikolausflut im vergangenen Jahr hat uns dies noch einmal ins Gedächtnis gerufen.

Neben einer erhöhten Gefahr von Unwettern wird auch der Anstieg des Meeresspiegels – wie schon von meinen Vorrednern angesprochen – in Bremen und in Bremerhaven spürbar werden. Uns ist bewusst, dass wir nicht nur Verantwortung für die heutige Generation haben, sondern eben auch für die nachwachsende. Es steht außer Frage, dass nachhaltiges Wachstum nur im Einklang mit unserer Umwelt möglich ist. Dennoch ist es mir wichtig, dass Umweltschutz zusammen mit den Menschen vorangebracht wird und nicht gegen sie. Klimaschutz darf nicht eine Ansammlung von staatlichen Verboten und Regulierungen werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe Bedenken, dass Sie, wenn von der rotgrünen Regierung ein Klimaschutzgesetz gemacht wird, die Menschen wieder nur mit Verboten und Gesetzen gängeln wollen. Ich sage Ihnen: Das wird nicht funktionieren. Wir werden darauf achten, dass es eben nicht so kommt.

Ich finde es richtig gut, dass wir heute über dieses wichtige Thema reden. Vor allem ist dieses Thema für mich ein internationales Thema.

Erhebliche Anstrengungen sind bei der energetischen Gebäudesanierung notwendig. In der Energieerzeugung setzen wir – das haben wir schon häufiger bewiesen – auf die erneuerbaren Energien. Auf Bundesebene wurden Maßnahmen zum Klimawandel ergriffen. Die Abwrackprämie spielt da auch mit hinein. Man kann auch noch ganz andere Maßnahmen nennen. Das würde hier aber zu weit führen.

Mit den Einsparungen der Treibhausgasemissionen kann das Klima weltweit ebenfalls verbessert werden. Unsere Bundesregierung hat sich hier ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis zum Jahr 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent, bis 2013 um 55 Prozent und bis 2040 um 70 Prozent reduziert

werden. Etwa 80 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland entstehen derzeit energiebedingt. Deshalb sind ein grundlegender Umbau unserer Energieversorgungsstrukturen hin zu erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz der zentrale Schlüssel zur Erreichung unserer Klimaschutzziele. Die Förderung der Windenergie hier in Bremen muss für uns dabei an vorderster Front stehen.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, wir ziehen auch in den nächsten Jahren hier gemeinsam an einem Strang und werden etwas für den Klimawandel tun. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen, wir wollen den Klimawandel so weit wie möglich verhindern. Dennoch dürfen wir in unserer Kommunikation nicht nur Angst und Schrecken verbreiten, sondern auch Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, damit wir eine Bereitschaft zur Veränderung erreichen.

Zu dem Thema Klimaanpassung gab es hier in Bremen und Oldenburg ein umfangreiches Forschungsprojekt nordwest2050, das Anfang des Jahres abgeschlossen wurde und dessen Ergebnisse im Rathaus präsentiert wurden. Für mich war das ein Anlass für diese Anfrage.

Nun weiß man – das wurde hier schon häufiger angesprochen, und das sagt uns auch die Antwort des Senats – noch nicht genau, was in Bremen und in Bremerhaven aufgrund des Klimawandels passiert.

Es ist natürlich auch für Forscherinnen und Forscher schwer, auf eine Situation konkrete Antworten zu geben, von der wir im Detail noch gar nicht wissen, wie sie aussehen wird. Die Ergebnisse, die uns nordwest2050 liefert, sind gar nicht so überraschend:

Erstens. Es wurde untersucht, ob unsere Region besonders verletzlich ist. – Nein, ist sie nicht, jedenfalls nicht im globalen Maßstab, weil nämlich unsere Region über eine große Wirtschaftskraft verfügt und sich daher besser an den Klimawandel anpassen kann als arme Regionen.

Zweitens. Verletzlich sind aber viele Wirtschaftszweige in unserer Region: die Energiewirtschaft, die Logistik, die Landwirtschaft, auch der Handel, weil hier globale Handelsketten eine Rolle spielen.

Drittens. Um widerstandsfähiger und anpassungsfähiger zu werden, werden zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen. Mit innovativer Technik, politischem und unternehmerischem Willen und wissenschaftlichem Know-how kann unsere Region noch fitter für die Zukunft werden und auf die Herausforderungen besser reagieren. Dazu brauchen wir aber vor allem

mehr Flexibilität, und wir brauchen Redundanz. Herr Rupp hat hierauf bereits hingewiesen. Redundanz bedeutet zum Beispiel zwei verschiedene Sachen für eine Technik; das kann teuer werden.

Bleiben wir einmal optimistisch und setzen das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels voraus. Der Meeresspiegel steigt also nur moderat. Dennoch wird das zusammen mit stärkeren Winterstürmen die Häufigkeit von Sturmfluten erhöhen. Im Sommer wird es öfter sehr heiße Tage und Nächte geben, und – hierauf sind die Kollegen schon eingegangen – die Gefahr von Starkregenereignissen steigt ebenfalls. Das Land Bremen reagiert hierauf mit den ersten Anpassungsmaßnahmen. Der Deichbau ist ein naheliegendes Beispiel. Im Bereich der Infrastruktur, insbesondere bei den Häfen und bei der Stadtentwässerung, ist das Problembewusstsein ebenfalls vorhanden, und Lösungen werden entwickelt. Insgesamt zeigt die Antwort des Senats, dass es in Bremen in Politik, Verwaltung, Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft bereits einige Erfahrungen, Modellprojekte und Netzwerke zum Thema Klimaanpassung gibt. Das finde ich gut. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Die Roadmaps, die im Rahmen des nordwest2050-Projekts entwickelt wurden, können hierfür als Leitfaden dienen. Die Ergebnisse darin sollten auch in die Klimaanpassungsstrategie des Senats einfließen, die im Jahr 2017 vorgestellt werden soll.

Wir brauchen aber auch ein Problembewusstsein und Lösungsansätze in und für Unternehmen. Im Rahmen der Studien von nordwest2050 wurden zahlreiche Unternehmen aus der Region befragt. Fast die Hälfte gab schon im Jahr 2011 an, dass ihr Unternehmen bereits vom Klimawandel betroffen sei. Etwa ein Drittel maß dem Klimawandel und der Anpassung daran eine relevante Bedeutung für den Unternehmenserfolg bei. Zwei Drittel der Unternehmen wünschen sich noch mehr und bessere Informationen zu dem Thema von Kammern, Branchenverbänden und Behörden. Ein verbesserter Wissenstransfer zwischen allen Stellen ist also wichtig, um weitere Innovationen zu ermöglichen.

In seiner Antwort sieht der Senat in der Klimaanpassung potenzielle ökonomische Chancen und eine steigende Nachfrage nach wirtschaftlichen Lösungen. Bis zum Jahr 2017, wenn unsere Anpassungsstrategie vorgelegt werden soll, muss noch stärker herausgearbeitet werden, wie die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Innovationen in diesem Bereich in der Region noch besser gefördert und bekannt gemacht werden können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Unterstützen wir die Region und die Unternehmen dabei, fit für den Klimawandel zu werden! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat Herr Senator Dr. Lohse das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Vorrednerinnen und Vorrednern ist es schon angesprochen worden: Der Klimawandel schreitet scheinbar unaufhaltsam voran – das sagt uns der jüngste Bericht des Weltklimarats –, und es drohen dramatische Folgen. Ja, Bremen ist wirtschaftlich stark und deswegen nicht so verwundbar wie andere Regionen der Welt, aber auch Bremen ist verwundbar, und das müssen wir uns immer wieder klarmachen.

Offenkundig ist, dass wir uns gegen den Anstieg des Meeresspiegels schützen müssen. Daher investieren wir in die Erhöhung der Deiche sehr viel Geld und hoffen, dass diese Maßnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts ausreichen werden. Wir müssen uns in der Tat auch gegen Hochwasser aus dem Hinterland schützen, auch über die Nebenflüsse der Weser, über die Wümme und die Ochtum, und wir müssen auch schauen, dass wir Retentionsräume erhalten. Insoweit ist es ein Unterschied, ob wir in Schwachhausen eine dichte Wohnbebauung haben oder ob wir Flächen haben, die wir gegebenenfalls als Rückhaltepolder vorsehen können. Von daher, Herr Imhoff, sehe ich einen deutlichen Unterschied zwischen Schwachhausen und Burglesum.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Das habe ich jetzt nicht verstanden.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Nein, ich verstehe Sie intellektuell nicht! Entschuldigung, lassen Sie mich einfach fortfahren!

(Unruhe bei der CDU)

Wir wissen auch, dass die Starkregenproblematik zunehmen wird. All dies sind Gründe, weshalb wir hier in Bremen sowohl den Klimaschutz als auch die Klimaanpassung äußerst ernst nehmen. Dabei wissen wir: Unsere bisherigen Anstrengungen reichen bei Weitem nicht aus. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, um die 40 Prozent CO2-Einsparung, die wir uns bis zum Jahr 2020 als Ziel gesetzt haben, zu erreichen. Noch weiter wird der Weg, wenn wir bis zum Jahr 2050 80 bis 95 Prozent weniger CO2 emittieren wollen.

Bei den Gebäuden und im Wohnbereich haben wir schon viel erreicht und können eine Reduzierung um 35 Prozent verzeichnen, aber die Emissionen im Verkehr stagnieren, und die bremische Wirtschaft hat im Jahr 2012 erstmals mehr Kohlendioxid emittiert als im Jahr 1990. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Der eine ist das Wirtschaftswachstum. Es liegt

auf der Hand: Wenn man die Produktion deutlich steigert, ist es weniger wirksam, dass man pro Produkteinheit energieeffizienter wird. Wenn man zum Beispiel statt 200 000 Fahrzeugen 300 000 Fahrzeuge herstellt und um 25 Prozent energieeffizienter wird, kommt es zu einem Anstieg der absoluten Zahlen um 12,5 Prozent.

Es ist vorgeschlagen worden, dass man stattdessen, um die Erfolge zu dokumentieren, die spezifischen CO2-Emissionen angibt. Damit schönt man seine Bilanzen, aber das ist dem Planeten Erde egal. Für ihn geht es nur um die absoluten Emissionen, die wir verursachen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gibt einen zweiten wesentlichen Grund, warum aus dem Sektor der Wirtschaft so viel CO2 emittiert wird. Das ist die Kohleverstromung. Auch hier in Bremen haben wir immer noch einen Anteil von rund 40 Prozent der Kohle an den gesamten CO2Emissionen. Die Bundesumweltministerin, Barbara Hendricks, hat vor wenigen Tagen völlig zu Recht gesagt, dass es nicht anders gehen wird, als Kohlekraftwerkskapazitäten abzubauen. Das hat sie auch für den Bund gesagt, und das ist völlig richtig. Von daher war es auch völlig richtig, dass sich die swb vor sieben Jahren entschieden hat, kein weiteres Kohlekraftwerk zu bauen, und es ist richtig, dass das Unternehmen begonnen hat, seine Kohlekraftblöcke schrittweise vom Netz zu nehmen.