Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie in Kenntnis setzen von einem Schreiben – wie schon gestern in der Sitzung der Stadtbürgerschaft –, das mir der Präsident des Senats mit Datum vom 15. Dezember 2014 übersandt hat. Er schreibt: „Sehr geehrter Herr Präsident, in seiner Sitzung am 18. November 2014 hat der Senat für den Bereich des Senators für Inneres und Sport mit Wirkung vom 1. Dezember 2014 die Ernennung von Herrn Thomas Ehmke zum Staatsrat beschlossen. Mit freundlichen Grüßen Jens Böhrnsen, Bürgermeister“.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag ist ja schon etwas älter, wir haben ihn im Juli dieses Jahres gestellt. Ich glaube, dass sich ein Beschluss, den wir fassen wollten, nämlich dass der Bürgerschaft ein Bericht über getroffene Maßnahmen zur Reduzierung von Müllex
porten und -importen vorgelegt werden soll, mit dieser Debatte erledigt, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass der Umweltsenator im Anschluss an unsere Debatte hier über dieses Thema berichten wird.
Ich glaube, es ist auch nicht falsch, dieses Thema noch einmal aufzurufen, obwohl der Antrag schon älter ist und an der einen oder anderen Stelle die Zeit darüber hinweggegangen ist, weil ich meine, dass wir uns insgesamt mit diesem Thema das eine oder andere Mal beschäftigen sollten.
Es sind ja zwei verschiedene Bereiche, die mit Müll zu tun haben. Wir haben einmal den Bereich der Abfallimporte. Aus einer von uns gestellten Anfrage geht hervor, dass jährlich ungefähr eine Million Tonnen Müll in bremischen Heizkraftwerken verbrannt werden, von denen Zehntausende von Tonnen aus dem Ausland kommen. Ich meine, dass es insbesondere dann, wenn es in den Ländern, aus denen der Müll stammt, adäquate Entsorgungsanlagen gibt, diese Form von Exporten unsinnig ist, und es ist auch klar, dass der Anteil der Importe, die verbrannt werden, in einer Weise gering und für die Energieversorgung von Bremen vollkommen überflüssig ist. Eine Million Tonnen Müll können uns auch nicht einfach egal sein, denn letztendlich geht es darum, Müll zu reduzieren und nicht möglichst noch zu verbrennen, weil wir auch wissen, dass Müllverbrennungsanlagen in vielen Fragen umwelttechnisch nicht so besonders günstig sind, weil ein erheblicher Aufwand damit verbunden ist, die entsprechenden Rauchgase zu reinigen. Besonders interessant ist, dass auch Zehntausende Tonnen giftigen Mülls nach Bremen importiert werden, und ich finde, auch da muss etwas passieren!
Wir kennen die Bilder aus Ländern wie Nigeria und anderen Ländern, auf denen zu sehen ist, wie auf riesigen Müllhalden europäischer Elektroschrott insbesondere von Kindern in einer vollständig unakzeptablen Weise eher nicht entsorgt wird. Der Elektroschrott wird auseinandergenommen, verbrannt, und es wird versucht, das Letzte aus ihm herauszuholen. Dort herrschen Zustände, die derart menschenunwürdig sind, dass es relativ wichtig ist, auch den zweiten Bereich, nämlich die Müllexporte, zu betrachten.
Wir sind ein Land der Hochtechnologie, jeder von uns hat Computer, Fernseher, Smartphones, Tablets und Ähnliches, und wenn diese Dinge nicht mehr funktionieren, wissen wir oft nicht, wo sie letztendlich landen. Wir wissen auch, dass ein Großteil davon ins Ausland transportiert und dann auf umweltschädliche und menschenunwürdige Weise entsorgt wird. Ich finde, es ist wirklich notwendig, diese Praxis, vor allem, weil sie illegal ist, auch wirksamer zu bekämpfen. Dazu sind Ansätze vorhanden, es wird darüber nachgedacht – und ich glaube, es wurde auch schon auf den Weg gebracht –, dass die Polizei, die Wasserschutzpolizei und der Zoll zusammenarbeiten. Es gibt dort offensichtlich bürokratische Hürden, die verhindern, dass die unterschiedlichen Zuständigkeiten
mit dem Ziel zusammengeführt werden, die Menschen, die auf diese Art und Weise Geld verdienen, auch fassen und bestrafen zu können. Es wird also Zeit, dass man diese Zuständigkeiten neu regelt und die Wasserschutzpolizei, die in der Regel weiß, wer die Übeltäter sind, das auch entsprechend untersuchen und entsprechende Kontrollen vornehmen kann.
Die EU-Verordnung zur Verbringung von Abfall gibt Möglichkeiten, die unseres Erachtens noch nicht vollständig ausgeschöpft sind. Da kann man meines Erachtens mehr machen. Konkret finden wir insbesondere, dass das Müllzwischenlager im Fischereihafen zugemacht werden sollte. Wir fanden das im Juni letzten Jahres, weil dort wochenlang irischer Müll gelegen und gestunken hat. Es ist interessant, dass es erst dessen bedurfte, bis Menschen darauf aufmerksam werden, dass irgendetwas im Argen liegt. Wenn es nicht gestunken hätte, wäre es wahrscheinlich relativ vielen Menschen egal. Klappe zurück! Mittlerweile ist das Zwischenlager in dieser Weise geschlossen.
Dort werden wahrscheinlich Filterstäube in großen Säcken gelagert. Auch das ist, glaube ich, keine gute Idee. Filterstäube, also das, was aus Rauchgasanlagen von Kraftwerken herauskommt, ist nichts Gesundheitsfreundliches. Diese Filterstäube sind reich an Schadstoffen. Ob sie in Säcken mehr oder weniger unter freiem Himmel oder leicht zugänglichen Lagerhallen gelagert werden sollten, sei dahingestellt. Wir meinen, dass dieses tatsächliche Zwischenlager geschlossen gehört.
Wir wollen, dass die Personalausstattung derjenigen – da komme ich zu der Frage der Exporte –, die die Müllexporte kontrollieren, auf 4,2 Stellen erhöht werden.
Ich komme zum Schluss! – Wir wollen, dass das Hafenbetriebsgesetz daraufhin geprüft wird, inwieweit wir Möglichkeiten haben. Die Häfen sind nämlich der Nachhaltigkeit verpflichtet.
Den in diesem Antrag geforderten Bericht werden wir möglicherweise am Ende dieser Debatte vom Umweltsenator bekommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst auf die Frage und die Problematik der Müllimporte eingehen. Herr Rupp, wir teilen grundsätzlich den Gedanken, der Ihrem Antrag zugrunde liegt. Abfälle, besonders gefährliche Abfälle sollten nicht kreuz und quer über den Kontinent
transportiert werden. Sie sollten nicht über weite Strecken transportiert werden, bis sie ihre Ablage oder ihre Verwertung finden, sondern es sollte vielmehr der Grundsatz der Nähe verwirklicht werden. Das heißt, der Müll sollte möglichst dort verwertet oder beseitigt werden, wo er anfällt, wenn dies denn sinnvoll und möglich ist.
In Bremen – das können wir feststellen – wird dieser Grundsatz für die eigenen Abfälle weitgehend verwirklicht, jedenfalls soweit es die Verwertung von gefährlichen Abfällen betrifft. Bei der Frage der Beseitigung haben wir im Moment eine etwas andere Situation. Darauf werde ich noch eingehen.
Zum Grundsatz der Nähe sollte zugleich ein zweiter Grundsatz treten, nämlich der einer qualitativ hochwertigen und ökologischen Verwertung der Abfälle. Auch dieser Grundsatz – das können wir feststellen – wird im Bundesland Bremen in hohem Maße verwirklicht. Die Müllheizkraftwerke in Bremen und in Bremerhaven tragen in erheblichem Umfang zur Fernwärmeversorgung bei. Es wird ein hoher Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung erreicht – auch durch Modernisierungen hier in Bremen, wo der Wirkungsgrad zuletzt von 8 bis auf 20 Prozent gesteigert worden ist. Im Ergebnis können wir feststellen, dass aus diesen Müllheizkraftwerken rund 225 000 Haushalte mit Strom versorgt werden können. Das bedeutet zugleich eine erhebliche Einsparung fossiler Brennstoffe.
Aber, Kolleginnen und Kollegen, hohe ökologische Standards verlangen auch erhebliche Investitionen. Die swb hat zuletzt in ihr Müllheizkraftwerk in Bremen rund 80 Millionen Euro investiert. Diese hohen Kosten von Müllverbrennungsanlagen erfordern natürlich ein Mindestmaß an Aufträgen und Mengen, um sich betriebswirtschaftlich zu rechnen. Dazu – das müssen wir feststellen – reicht das Abfallaufkommen in Bremen bei Weitem nicht aus. Beim swb, dem Müllheizkraftwerk in Bremen, machen die Eigenabfälle rund 40 Prozent aus, in Bremerhaven sind es sogar nur 20 Prozent. In der Tendenz müssen wir damit rechnen, dass diese Mengen mit der Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sogar noch abnehmen werden. Das bedeutet, es müssen erhebliche zusätzliche Abfallmengen von außerhalb des Bundeslandes Bremen aufgenommen werden, denn sonst wären diese Anlagen nicht betriebswirtschaftlich zu betreiben, sonst wären die Arbeitsplätze nicht zu erhalten, und wir könnten dem eigenen Grundsatz, nämlich der Verwertung in der Nähe, nicht folgen.
Schauen wir uns einmal die Zahlen an: Wo kommt der Müll eigentlich her, der nach Bremen kommt? Wir können feststellen: Rund 63 Prozent kommen aus Niedersachsen, rund 90 Prozent aus dem norddeutschen Raum. Das heißt, auch hier wird weitgehend der Grundsatz der Nähe verwirklicht. Ein Blick auf das Ausland, das hier in dem Antrag angesprochen ist: Gegenwärtig kommen gerade einmal 6 Prozent insbesondere aus
den Niederlanden und aus der Schweiz. Diese geringe Menge – Herr Rupp, da haben Sie recht – ist nicht das, was letztendlich die Auslastung bestimmt.
Wenn man Ihre Argumentation anschaut, stellt man fest, sie ist etwas schief. Denn gegen die Importe aus anderen Bundesländern haben Sie implizit eigentlich nichts. Sie stört allein der Abfall aus dem Ausland. Ich finde, das ist eine sehr fragwürdige Sichtweise. Denn praktisch heißt das: Wenn der Müll aus Passau oder Freiburg kommt, ist das okay; wenn er aus Groningen kommt, dann sollte er abgelehnt werden. Das ist keine Sichtweise, die man im Jahr 2014 noch vertreten kann. Man sollte eigentlich die Europäische Gemeinschaft, den europäischen Wirtschaftsraum als Realität anerkennen.
Herr Rupp, im Übrigen trägt Ihr Antrag eigentlich die falsche Überschrift. Denn Bremen ist im Moment in weitaus stärkerem Maße ein Exporteur von gefährlichem Müll. Importiert wurden 2013 aus dem Ausland rund 13 000 Tonnen. Gleichzeitig wurden 165 000 Tonnen gefährliche Abfälle ins Ausland exportiert, und zwar zu 100 Prozent in die Niederlande. Das liegt daran, dass gegenwärtig in großem Umfang Baggergut aus den Häfen in Bremerhaven exportiert wird, das mit TBT belastet ist.
Das wird in den nächsten Jahren noch anhalten. Klar ist aber, dass wir im Moment in großem Umfang von transnationaler Arbeitsteilung profitieren. Diesen Punkt sollten wir in den Blick nehmen. Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, nur in nationalen Schubläden zu denken, sondern man sollte wirklich dem Grundsatz folgen: Wo kann er am besten entsorgt werden? Wie können die kürzesten Strecken eingehalten werden? Das ist der Standard. Den sollte man auch einhalten. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es richtig, sich mit dem Thema Abfall zu beschäftigen, denn wir alle produzieren Abfall. Ich möchte mit ein bisschen Statistik anfangen, damit klar wird, um welche Dimension es sich handelt. Laut Statistischem Bundesamt liegt das Abfallaufkommen pro Kopf in kaum einem anderen EU-Land so hoch wie in Deutschland. 2012 – aus diesem Jahr haben wir die Werte – fielen in Deutschland im Durchschnitt 611 Kilogramm Siedlungsabfall je Einwohner an. Der EUDurchschnitt liegt nur bei rund 492 Kilogramm je Einwohner, also deutlich niedriger. Allerdings – die gute
Nachricht für die Bremer –: Jede Bremerin und jeder Bremer produziert statistisch gesehen circa 432 Kilogramm Abfall pro Jahr. Wir in Bremen sind also richtig gut, wir liegen sogar unter dem europäischen Durchschnitt.
Das EU-weite kommunale Abfallaufkommen entspricht rund 250 Millionen Tonnen. Dann schaut man sich an, wie man mit diesen vielen Tonnen umgeht. 98 Prozent wurden weiterbehandelt, 34 Prozent wurden auf Deponien und ähnlichem abgelagert. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz, meine Damen und Herren. Nur 27 Prozent wurden recycelt, 20 Prozent durch Verbrennung energetisch verwertet, 4 Prozent durch Verbrennung beseitigt und weitere 15 Prozent kompostiert und vergärt. Aber nicht jedes Land in Europa verfügt über umweltfreundliche und moderne Abfallentsorgung. Was hier in Deutschland für Hausmüll längst verboten ist, nämlich die Deponierung, ist in anderen, und zwar in ganz vielen Ländern Europas noch immer erlaubt.
Herr Kuhn und ich haben im letzten Jahr eine Anhörung zum Thema Kunststoffabfälle gemacht, weil die EU ein Grünbuch dazu herausgegeben hat. Dabei wurde festgestellt, dass eines der größten Probleme ist, dass die Abfälle in den meisten Ländern deponiert werden, und dies ist besonders schädlich für die Umwelt, für die Böden und für das Grundwasser.