Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn der Landtagssitzung eine Verbraucherschutzdebatte und dann auch noch in großer Harmonie, das haben wir selten hier. Es geht um das Thema der Auskunfteien, wie zum Beispiel der Schufa; es gibt mehrere, auch im Ausland aktive. Über die Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck dieser Auskunfteien ist eigentlich schon alles gesagt. Man will die Bonität der Kunden mit Hilfe von Scoring-Werten ermitteln. Wer hat die Situation nicht schon einmal erlebt, dass man zur Bank oder in einen Handyladen geht, aus unterschiedlichsten Motiven – kurzfristige Liquiditätsbrücken, Eigentumserwerb, Existenzgründung –, und man ist dann häufig überrascht, was der gegenübersitzende Partner so alles von einem weiß.
In der Tat werden diese Scoring-Werte zur Beurteilung der Kundenbonität hinzugezogen, und nach wie vor ist nicht bekannt, wie dieser Score und mit welcher Gewichtung zustande kommt. Aktuell gehen durch mehrere Gazetten in der Tat Fälle, in denen viele Personen Auskünfte der Schufa verlangt haben. Es passieren nämlich häufig Fehler. Nicht nur, dass Menschen schlichtweg verwechselt werden – das ist der häufigste Fehler –, sondern dass die Rangfolge und Mischung der Daten auch zu Fehlern führt.
In dem Antrag der Großen Koalition setzen Sie sich für die Offenlegung konkreter Gewichtungen und Berechnungsdaten für Kunden ein. Das erfordert eine Novellierung des Paragrafen 34 Absatz 4 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes. Wir als CDU-Fraktion werden das unterstützen, weil auch wir für mehr Transparenz im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten und für eine Fehlervermeidung sind. Der Änderungsantrag der LINKEN, der im zweiten Absatz fordert, das Wohnumfeld aus der Bonitätsbeurteilung und dabei bei der Berechnung des ScoringWerts herauszulassen, ist richtig. So werden wir auch diesem Antrag zustimmen.
Es kann in der Tat nicht sein, dass die Wohngegend automatisch in die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einzelner Personen einbezogen wird – man nennt das, auch das haben wir schon gehört, Geo-Scoring –, auch wenn ich deshalb in diesem Hause nicht gleich eine gesellschaftspolitische Debatte lostreten möchte. In der Tat: Davon auszugehen, dass jemand, der in Schwachhausen wohnt, ein besseres Scoring hat als jemand im benachbarten Stadtteil Vahr, ist schon etwas aberwitzig. Auch das unterstützen wir nicht.
Das kann nicht sein. Das führt – es wurde schon gesagt – zu einer diskriminierenden Vorverurteilung und ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes. Wir neh
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat bedankt sich für Ihre Initiative. Wir wollen uns gern im Bundesrat und den entsprechenden Ausschüssen dafür einsetzen, dass das Bundesdatenschutzgesetz in diesem Punkt verändert wird. Man muss sich dem schon stellen, was da gerade gesellschaftlich passiert. Ich glaube, das ist erst der Anfang. Wirtschaftsauskunfteien haben sehr viel Macht. Es ist so wie beim Ranken von Banken. Da wissen wir auch, dass nicht nur objektive Daten genommen werden, sondern dass sich dahinter sehr unterschiedliche Interessen verbergen. Aber es ist besser, wenn man sie kennt oder sich ihnen stellt. Hier ist das auch so. Wenn wir dem nicht Einhalt gebieten, werden wir in den nächsten Jahren erleben, dass bestimmte Produktgruppen durch die Ratingagenturen anders beurteilt werden als andere. Das heißt, dass in der sogenannten freien Marktwirtschaft der Marktzugang für Menschen stark behindert wird, ohne dass sie das selber gestalten können oder darüber Auskunft bekommen. Das darf nicht so bleiben.
Es ist – glaube ich – auch in Berlin angekommen, dass es sich um ein Problem handelt. Ich würde Ihnen gern den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz von 16. Mai 2014 in Rostock zu diesem Punkt vorlesen und dann sagen, wie es weitergeht. Da heißt es:
„So sind die Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Verbraucherschutzressorts der Länder der Ansicht, dass mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28.01.2014 zum Umfang und insbesondere auch zu den Grenzen des aktuell geltenden Auskunftsanspruchs bereits jetzt ein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf aufgezeigt wird. Sie erinnern an ihren Beschluss vom letzten Jahr zu strengeren Anforderungen an Scoring-Verfahren aus Verbrauchersicht. Darin haben die Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Verbraucherschutzressorts der Länder unter anderem eine Überarbeitung des Auskunftsanspruchs gemäß § 34 Bundesdatenschutzgesetz gefordert, um die Transparenz über durchgeführte Scoring-Verfahren im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern weiter zu erhöhen.“
„Nach Ansicht der Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Verbraucherschutzressorts der Länder darf sich der gesetzliche Auskunftsan
spruch nicht darin erschöpfen, über das Gesamtergebnis der Berechnung sowie die dabei herangezogenen Daten Auskunft zu erteilen. Denn erst wenn Verbraucherinnen und Verbraucher auch die vorgenommene Berechnung hinreichend nachvollziehen können, sind sie in der Lage, auf individuelle Besonderheiten zu verweisen.“
Das ist, was Sie auch in Ihrem Antrag wollen. Der Senat teilt das voll. Es ist selbstverständlich auch mit den Stimmen Bremens dort zustande gekommen.
Wie geht es weiter? Die letzte Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes ist aus 2009. Dort ist eine Evaluation beschlossen worden. Diese Evaluation soll sich auch mit dem Problem der Ratingagenturen beziehungsweise mit den Scoring-Daten beschäftigen und sollte eigentlich im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden. Deshalb haben wir verabredet, den Bericht abzuwarten. Wir sehen auch in diesem Hause: Der politische Konsens ist sehr groß. Aber wir wollen den Bericht abwarten, um dann gemeinsam zu sehen, was man ändern kann.
Für die heutige Debatte habe ich die Auskunft bekommen, dass im Justizministerium ein Referentenentwurf vorliegt und er im neuen Jahr schnell besprochen werden darf. Nicht akzeptieren wird der Senat eine Linie, die auf die Datenschutzrichtlinie der EU abstellt und sie abwarten will. Die Entwürfe, die wir kennen, treffen gar keine Angaben dazu, wie die Scoring-Daten verändert werden sollen. Aber es ist auch viel zu unsicher, wie lange das dann noch dauert. Deutschland kann unabhängig von dem Vorgehen der EU bei diesem politisch unumstrittenen Punkt in Bezug auf das Bundesdatenschutzgesetz tätig werden. Sie können sich darauf verlassen, dass der Senat alles tun wird, um diesen Prozess so weit zu beschleunigen, dass wir möglichst bald ein Ergebnis haben. Wie gesagt: Es geht um sehr viel. – Vielen Dank!
Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/1633 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/1514 – unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Meine Damen und Herren, gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Sehr geehrter Herr Senator Dr. Schulte-Sasse, ich gehe davon aus, dass Sie das nicht tun wollen, sodass wir gleich in die Aussprache und die Diskussion eingetreten können.
Herr Präsident, lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in unserer Anfrage die Gesundheitssituation verschiedener Personengruppen nachgefragt. Uns ging es um die Gruppe der Papierlosen, um die Flüchtlinge, aber auch um die EU-Bürger. In der ersten Runde möchte ich ausschließlich über Papierlose reden, denn die Gesundheitsversorgung von Papierlosen ist die längste und schwierigste Diskussion, die wir in Deutschland führen.
Ich fange vorn an. Das Aufenthaltsgesetz verpflichtet staatliche Stellen zur Meldung von Papierlosen. Davon ausgenommen sind lediglich Bildungseinrichtungen, denn Bildung ist ein Menschenrecht. Doch
auch die Gesundheitsversorgung ist ein Grundrecht. Es ist fatal, dass hier die Meldepflicht aufrechterhalten wird. So bleibt den Bundesländern leider nur die Möglichkeit, statt der Regelversorgung eine Notlösung zu finden.
In Bremen wurde 2009 deshalb die Humanitäre Sprechstunde eingeführt. Damals war auch ein anonymer Krankenschein im Gespräch. Das wollte der Senat zu dem Zeitpunkt aber nicht. In der Humanitären Sprechstunde können Papierlose eine medizinische Grundversorgung erhalten, fachärztliche Behandlung allerdings nicht. Wenn sie nötig ist, vermittelt die Humanitäre Sprechstunde an Fachärztinnen und Fachärzte.