Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen, prominent gesetzt, debattieren wir nun endlich den im Sommer vom Senat beschlossenen Wissenschaftsplan 2020, heute besonders aktuell, denn gestern haben Studentenproteste durch Besetzung eines Raumes das Zusammentreten des Akademischen Senats und damit auch die angekündigten Beschlüsse verhindert.
Nun sollen die unangenehmen Beschlüsse wohl Ende Januar gefasst werden. Aber wer weiß? Wenn die Proteste weiter so erfolgreich sind, können die Studenten sie vielleicht weiter aussetzen und damit in der zu Ende gehenden Legislaturperiode auch ganz verhindern. Unglaublich, dass sich der Rektor, der Kanzler und das höchste Gremium der Uni, der Akademische Senat, das bieten lassen müssen! Aber vielleicht ist es ihnen auch ein wenig recht.
Der Entwurf des Wissenschaftsplans hatte auch bereits für einigen Wirbel gesorgt – insbesondere durch die drohende Schließung des Studiengangs Psychologie. Das war der Auslöser für größere Proteste. Wir konnten den Medien entnehmen, dass Psychologie, anders als im Wissenschaftsplan angekündigt, wohl doch gerettet wird.
In dem vorgelegten Plan steht aber nicht so richtig viel Neues drin. Auch das haben wir schon gehört. Viele Dinge standen schon in dem vom Wissenschaftsrat Ende letzten Jahres präsentierten Papier: Lob und Tadel, Empfehlungen und Kritik. Der im Frühjahr dann vorgelegte Wissenschaftsplan 2020 wurde in den Gremien und mit den Hochschulen diskutiert, Stellungnahmen wurden abgegeben. Nun lag es an den Hochschulen, die einzelnen Prüfaufträge abzuarbeiten. Ergebnisse sind uns zumindest nicht bekannt.
Da wundert es doch, wenn jetzt kurz vor Weihnachten noch Sparmaßnahmen beschlossen werden sollen, die mit den eigentlichen Prüfaufträgen überhaupt nichts mehr zu tun haben. Bei aller Hochschulautonomie sind diese Entscheidungen für uns im Parlament total intransparent.
Seit dem Bekanntwerden der zu beschließenden Maßnahmen an der Uni gestern ist die Zukunft der Psychologie nun doch wieder ungewiss. Aber die Senatorin oder der Staatsrat kann heute noch für Aufklärung sorgen. Schließungen drohen jetzt dem Zentrum für Arbeit und Politik mit seiner engen Kooperation mit der Arbeitnehmerkammer und sehr aktiv in der Erwachsenenbildung – die Arbeitnehmerkammer scheint davon aber noch nichts zu wissen – und
dem Zentrum für europäische Rechtspolitik mit dem so berühmten Professor Dr. Fischer-Lescano, dem für anerkannte Projekte dann erhebliche Drittmittel fehlen, dem sehr bedeutsamen Zentrum für Humangenetik, das in großem Umfang Dienstleistungen und Beratungen für Patienten erbringt, darüber hinaus diversen Stellen in der Verwaltung. Ferner droht fast eine Verdoppelung des Semesterbeitrags von 50 auf 90 Euro. An der Hochschule – auch das haben wir schon gehört – nehmen die Pläne konkrete Formen an. VWL ist gestern beschlossen worden. Die Entscheidung für Journalistik ist auf Januar vertagt worden.
Jahrelang den Wissenschaftsplan verschleppt, dann wird der Entwurf nach kürzester Zeit verabschiedet, und nach nicht einmal einem halben Jahr scheint die Koalition selbst nicht mehr richtig daran zu glauben!
Was ist denn aus den Prüfaufträgen geworden? Was ist mit der Aussage: „Wir wollen Hochschulen zukunftsfest machen“, und genau deswegen eben nicht mit dem Rasenmäher erfolgreiche Strukturen abrasieren? Seit wann befürwortet Rot-Grün eigentlich, Studenten zur Kasse zu bitten?
Schon der Wissenschaftsrat hat in seinem Gutachten mehr politische Steuerung angemahnt. Denn in Zeiten knapper Kassen reicht es eben nicht, einerseits auf die Hochschulautonomie zu verweisen, anderseits aber Gelder zu kürzen.
Ich will nicht bestreiten, dass es schwierige Entscheidungen sind. Ich will auch nicht verhehlen, dass wir in der CDU lange über den Plan diskutiert haben. Denn natürlich ist auch uns die schon lange bestehende Unterfinanzierung bewusst. Aller Entlastungen vonseiten des Bundes zum Trotz werden diese Probleme auf lange Sicht vermutlich bestehen bleiben. Schön wäre, wenn die durch die Aufhebung des Kooperationsverbots frei werdenden BAföG-Mittel in Bremen zu einem Großteil in die Grundfinanzierung der Hochschulen gesteckt würden.
Diese Forderung haben wir schon mehrfach formuliert. Morgen verabschiedet der Bundesrat auch die erforderliche Grundgesetzänderung.
Von dem in Bremen geplanten Zukunftsfonds für Projekte in Forschung und Lehre halten wir, die CDUFraktion, gar nichts.
Was den Wissenschaftsplan angeht, haben wir von Anfang an gesagt: Ja, wir sind bereit, auch über Konsolidierungen zu sprechen. Ja, auch die Schließung von Studiengängen darf nicht von vornherein aus
geschlossen werden. Aber das hat mit dem derzeitigen Hin und Her wenig zu tun, meine Damen und Herren.
Die Uni sagt klar, sie möchte an der Psychologie festhalten. Der Senat wurde nicht müde zu betonen, dass es sich um offene Prüfaufträge handelt. Ich hoffe sehr, dass der Senat diese Zusage nicht vergisst. Denn, bezogen auf die Aussagen des Uni-Rektors, die Behörde habe finanzielle Zusagen für das Fach Psychologie gemacht, sagt die Pressesprecherin der Behörde, sie wüsste nicht, was er meint. Ist das verlässlich? Ein Schelm, der jetzt denkt, der Senat weicht dem öffentlichen Druck bei der Schließung des Fachs Psychologie und streicht deswegen Institute, die nicht über eine so starke Lobby verfügen. Transparenz sieht auf jeden Fall anders aus.
Wir erwarten klare Aussagen des Senats. Jetzt müssen wir einmal abwarten, genügt eben einfach nicht.
Warum sollen Spitzenforscher noch nach Bremen kommen, wenn selbst Spitzenforschung keine Bestandsgarantie mehr hat?
Ich bin gleich fertig! – Vor einigen Monaten sprach ich davon, dass der Senat statt dem Rasenmäher die Kettensäge herausholt und hier und da Studiengänge absägt. Die Kettensäge ist abgebrochen. Deswegen muss nun wohl doch wieder der Rasenmäher heran. Dem fallen gute und etablierte Strukturen zum Opfer. Daran zeigt sich das Versagen Ihrer Politik!
Wir als CDU-Fraktion haben immer gesagt, wir wollen klare Schwerpunktesetzung und hochschulübergreifende Gesamtkonzepte, um den Exzellenzstandort langfristig zu sichern. Das ist eine Vokabel, die in Ihren Beiträgen nicht einmal vorkam. Wir glauben aber, dass es im bisherigen Wissenschaftsplan keine Antwort dazu gibt und bleiben bei unserer ablehnenden Haltung zum Wissenschaftsplan. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne die Klasse 9 b der Gaußschule II aus Bremerhaven. – Seien Sie ganz herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ja schön, dass man in der zweiten Runde auf ein paar Dinge eingehen kann. Zuerst möchte ich sagen: Ich weiß nicht, welchen Wissenschaftsplan 2020 Sie gelesen haben. Ich weiß auch nicht, welches Gutachten Sie seitens des Wissenschaftsrats gelesen haben. Zumindest wundere ich mich schon über Ihre Interpretation. Ich, der ich dieses Gutachten und den Wissenschaftsplan gelesen habe, komme nicht zu der Konklusion, dass wir eine verfehlte Wissenschaftspolitik haben – ganz im Gegenteil. Uns ist bescheinigt worden, dass wir exzellent sind und mit dem wenigen Geld, das wir haben, super umgehen und gute Ergebnisse haben.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau V o g t [DIE LIN- KE]: Ich habe mich nicht auf das Gutachten bezogen, sondern auf dieses hier!)
Der Wissenschaftsplan ist natürlich eine Rahmung. Der Wissenschaftsplan gibt klar Schwerpunkte vor, die mit den Hochschulen gemeinsam diskutiert worden sind, die auch im Rahmen der Anhörung diskutiert worden sind. Ich möchte mit einer Mär aufräumen. Es ist tatsächlich so, dass wir im Wissenschaftsausschuss sehr lange darüber diskutiert haben, wie der Defizitsituation an den Hochschulen begegnet werden kann und ob die Prüfaufträge nicht auch einen Eingriff in die Hochschulautonomie darstellen. Die inhaltliche Ausrichtung dieses Wissenschaftsplans wurde in keiner Art und Weise auch nur annähernd kritisiert. Im Gegenteil, die Direktoren wie die Studierenden haben gesagt, sie könnten sich mit der Zielrichtung, mit den verschiedenen Schwerpunkten sehr gut anfreunden, und es allein eine Diskussion sei, die auf fiskalischer Ebene laufe. Es ist schon ein Gewinn, dass man inhaltlich einer Auffassung ist und sich dann über das Geld unterhält. Das ist im Wissenschaftsbereich schon ein großer Fortschritt.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau V o g t [DIE LIN- KE]: Um die geht es doch!)
Ich möchte noch einmal sagen: Man sollte hier nicht den Anschein erwecken, dass wir als Koalition in irgendeiner Art und Weise den Wissenschaftshaushalt gekürzt haben, dass wir in irgendeiner Art und Weise diesen Bereich rasieren. Im Gegenteil, wir haben eine Entscheidungsgrundlage gegeben, mit der die Hochschulen autonom, selbst entscheiden können – wie ich es eben gesagt habe: als Experten ihres eigenen Handelns –, wie und in welcher Form sie ihren Defiziten begegnen wollen. Das sind die Hochschulen dem Land gegenüber auch schuldig. Das sind sie ihren Studierenden gegenüber schuldig. Sie müssen vernünftige Situationen für ihre Studierenden schaffen und können nicht einfach nur sagen: Wir brauchen mehr
Die Hochschulen selber – das finde ich eine positive Entwicklung – haben für sich entschieden, dass sie bestimmte Veränderungen vornehmen wollen, die Ihnen eben nicht der Wissenschaftsrat vorgeschrieben hat. Dass wir sehr agile Hochschulen haben, ist – finde ich – ein gutes Beispiel dafür, dass Wissenschaftspolitik bei uns ganz gut funktioniert.
Zu der Frage der Verwaltungsgebühr: Da sind wir als Koalitionäre in der Tat auch nicht gefragt worden. Ich habe gelesen, dass auf einmal die Verwaltungsgebühr erhöht werden soll und damit dann der Semesterbeitrag bei über 300 Euro liegt; dazu muss ich sagen: Wir sind in der Zustimmungspflicht. Mir hat man bis jetzt noch nicht erläutert, warum, wieso, weshalb wir an der Stelle zustimmen sollten. Ich würde gern transparent dargelegt bekommen, warum die Universität glaubt, sie brauche eine Erhöhung der Verwaltungsgebühren. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es für mich und für uns nicht zustimmungsfähig.
Daneben möchte ich noch einen Punkt ansprechen. Sie sprechen richtigerweise davon, welche guten Effekte Studierende im Land Bremen haben. Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung. Als Bremerhavener möchte ich an der Stelle Folgendes sagen: Wir haben ein Verhältnis zwischen Einwohnern und Studierenden, das sehr viel schlechter als in der Stadtgemeinde Bremen, was aber die Hochschule Bremerhaven nicht dazu bewogen hat, auf einmal soundso viele Studierende aufzunehmen, nur weil unser Oberbürgermeister die Zielzahl 5 000 ausgegeben hat, die ich im Übrigen auch befürworte, weil nämlich unser Rektor der Hochschule gesagt hat: Ich habe eine Verantwortung gegenüber den Studierenden, nur so viele aufzunehmen, wie ich im Rahmen meiner Ressourcen auch ausbilden kann. – Das entbindet uns nicht politisch von der Pflicht, insgesamt an allen Hochschulen dafür zu sorgen, dass wir mehr Studierende bekommen, es entbindet aber auch die Hochschulen nicht von der Pflicht, im Rahmen ihrer Ressourcen zu wachsen und nicht darüber hinaus, egal wie gut – als Bremerhavener kann ich das nur unterstreichen – und wichtig für die Stadtentwicklung mehr Studierende sind.
Wenn wir jetzt zum Thema BAföG-Mittel kommen, möchte ich an der Stelle auch noch etwas sagen: Wir sind der Auffassung, dass diese Mittel dem Wissenschaftsbereich wie auch dem Bildungsbereich zugeordnet und dort auch ausgegeben werden sollen. Das ist für uns auch eine Untermauerung der Forderung nach Verbesserung der Qualität in der Lehre und auch eine Untermauerung für die gewollten Umstrukturierungen. Wir werden auch als SPD-Fraktion unabhängig davon, wie das vielleicht auch in Teilen des
Senats gesehen wird, nicht von dieser Forderung abrücken, dass dieses Geld in Bildung und Wissenschaft gehört. Es ist nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern da. Das ist mit uns nicht zu machen.
Ich gehe auch noch einen Schritt weiter: Ich glaube, dass es zu dem jetzigen Zeitpunkt sinnvoll ist, diesen Zukunftsfonds in der Form, wie er besprochen wird – in einer Projektform und so weiter – anzuschieben. Ich glaube aber, dass wir uns mittel- oder langfristig schon darüber Gedanken machen müssen, wie wir die immer wieder im Haushalt auftretenden, freiwerdenden BAföG-Mittel mittelfristig und langfristig auch in die Haushalte der Hochschulen überführen können. Ich sage aber auch: Wenn wir das machen, ist es gerade und insbesondere wichtig, wenn wir die Qualität der Lehre im Blick haben, über Zielvereinbarungen auch dafür zu sorgen, dass das Geld dann auch wirklich für Studierende ausgegeben wird und nicht für andere Projekte, die Studierenden nicht wirklich sofort zum Vorteil gereichen.
Wir glauben, dass die Hochschulen in ihren aktuellen Überlegungen gezeigt haben, dass sie ihre Aufgaben sehr ernst nehmen und gewillt sind, die Impulse aus dem Wissenschaftsplan 2020 aufzunehmen und in eine positive Entwicklung überzuleiten. Wir glauben auch weiter – im Gegensatz zu einigen hier im Haus –, dass dieser Wissenschaftsplan eine gelungene Fortsetzung einer erfolgreichen Wissenschaftspolitik darstellt und eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung ist. – Erst einmal vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Vizepräsidentin S c h ö n über- nimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, das ist zwar etwas unzulässig, aber es geht gerade nicht anders. Dass ich jetzt präsidiere, darf ich offiziell nicht. Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Vogt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe eben zum Schluss gesagt, dass in dem Wissenschaftsplan Wunsch und Realität weit auseinanderklaffen und er in sich nicht stimmig sei. Ich will versuchen, das noch einmal zu verdeutlichen. Es ist natürlich ein Problem, weil mit dem Studienplatzabbau, der damit einhergeht, Bremen im Zweifelsfall Gelder aus dem neuen Hochschulpakt III verliert, insbesondere, weil es die Hochschule Bremen betrifft. Die Hochschule Bremen muss einfach diesen Referenzwert von 1 534 neuen Studienanfängern jährlich erreichen, um von den Mitteln des Hochschulpakts zu profitieren. Durch das, was Sie allerdings jetzt der Hochschule verordnet haben
und in dem Stil, in dem Studienplätze abgebaut werden sollen, wäre durchaus möglich, dass die Hochschule Bremen unter diesen Referenzwert fällt und damit an der zukünftigen Runde des Hochschulpaktes, sprich: an Geldern des Bundes, nicht mehr partizipieren kann.