Warum ist das so? Die Wirtschaftsförderung hier stammt aus drei Quellen, zum ersten aus den Bundesmitteln im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsförderung, zum zweiten aus EUMitteln, also aus dem EFRE, und zum dritten aus Landesmitteln. Für die Bundesmittel, die sogenannten GRW-Mittel, ist die Beschränkung auf die Exportbranchen zwingend vorgeschrieben.
Es gibt eine Positivliste, das ist allgemein bekannt, das ist Teil der Exportbasistheorie, über deren Kritik man jetzt lange reden könnte, das wäre durchaus auch noch einmal eine Fragestellung. Die Notwendigkeit aber, warum wir das bei den EU- und bei den Landesmitteln machen, erschließt sich mir nicht. Hier hätte man andere Gestaltungsmöglichkeiten, die wahrgenommen werden sollten.
Die Wirtschaftsförderung des Landes nimmt einfach die Förderrichtlinien des Bundes und stülpt sie den anderen quasi mit über. Dafür gibt es keine Notwendigkeit, und ich bin der Meinung, dass man das ändern sollte.
Im Strukturkonzept 2020 wird vollmundig von den Kriterien für gute Arbeit gesprochen. Dort ist es immer wieder ein Bestandteil, wie wichtig es ist, Frauen entsprechend gleichberechtigt daran zu beteiligen. Ich habe das in diesem Strukturkonzept an verschiedensten Stellen gefunden, allerdings schlägt es sich
nicht in unserer Wirtschaftsförderung nieder, denn hier haben wir eine hausgemachte Männerorientierung, die sich wie ein roter Faden durch genau diese Art von Politik zieht. Beim neuen EFRE-Programm hat Bremen bei den möglichen thematischen Ziele genau die Bereiche ausgesondert, die auch in der GRW-Förderung vernachlässigt werden: Gesundheitswesen, Sozialunternehmen und Investitionen in die Abfallwirtschaft. Es wäre sehr clever gewesen, wenn man sie darin gelassen hätte, das ist aber nicht passiert. Städtische Mobilität, lokale Beschäftigungsinitiativen der Nachbarschaften und die Entwicklung von IT-Produkten, das hat man alles gestrichen, um auch das EFRE-Programm mit derselben Einseitigkeit wie die GRW-Förderung zu konstruieren.
Ich möchte zum Schluss noch sagen, und ich werde in der zweiten Runde noch einmal vertieft darauf eingehen, dass unser Antrag faktisch sehr defensiv ist. Mir geht es darum, über dieses Landesinvestitionsprogramm nachzudenken und einmal die Grundfesten dieser Konzeptionierung infrage zu stellen. Diese Debatte ist hier längst überfällig. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Bernhard, ich möchte überhaupt nicht verhehlen, dass ich, als ich Ihren Antrag las, erst einmal gedacht habe, wunderbar, dem müssen wir sofort zustimmen, insbesondere vor dem Hintergrund unserer eigenen Großen Anfrage, die wir vor – ich weiß es jetzt nicht genau – drei oder vier Monaten an den Senat gerichtet und hier entsprechend debattiert haben.
Wir alle, Sie haben es ausgeführt, wissen, dass die Wirtschaftsförderung in der Regel den Männern oder den Arbeitsplätzen, die männlich dominiert sind, zugutekommt, weil Bremen eine gewerblich-technische Struktur hat und wir hier die entsprechenden Branchen haben, die eben überwiegend Männern Arbeitsplätze schaffen.
Beim näheren Hinsehen haben wir dann allerdings doch die Einschätzung bekommen, dass Ihr Vorschlag, das Korsett des Primäreffektes in den Förderrichtlinien so einfach zu verlassen, eben nicht der richtige Weg ist. Sie haben selbst angesprochen, dass es hier ein dickes Brett zu bohren gilt, und dazu, das sage ich ganz klar, wollen wir auch gern einen Beitrag leisten, denn dass hier eine Veränderung greifen muss, darüber sind wir, glaube ich, alle einer Meinung.
Sie wissen, dass wir Landesmittel nur als Komplementärmittel oder Bonusmittel ins LIP geben und deshalb auch nur wenig eigenen Gestaltungsspielraum haben, den wir allerdings – das sage ich ganz deutlich – nutzen sollten!
Mit der Anpassung an den neuen Koordinierungsrahmen können seit dem 1. August 2014 Investitionen, die in besonderer Weise Arbeits- und Ausbildungsplätze für Frauen schaffen oder in besonderer Art und Weise zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen, als Investitionsmaßnahmen mit besonderem Struktureffekt eingestuft werden. In diesen Fällen kann jetzt maximal mögliche Förderung gewährt werden, und im Regelfall führt das auch zu einer Steigerung des Förderhöchstsatzes. Damit sind die grundsätzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die genaueren Kriterien müssen jetzt allerdings mit der Wirtschaftsförderung konkretisiert werden. In erster Linie werden dann also Investitionsmaßnahmen davon profitieren, die in besonderer Weise Arbeits- und Ausbildungsplätze für Frauen schaffen.
Darüber hinaus wird aber auch ermöglicht, dass Investitionen belohnt werden, deren neu geschaffene Arbeitsplätze zum Beispiel durch familienfreundliche Angebote profitieren, sei es, dass sie zum Beispiel im Bereich Vereinbarkeit von Beruf und Familie zertifiziert sind, familienfreundliche Arbeitszeiten, wie zum Beispiel Telearbeitsplätze, anbieten oder Angebote zur Kinderbetreuung oder Unterstützungsleistungen für Kinderbetreuung vorhalten. Damit wird für die Unternehmen, die solche Angebote bisher nicht machten, ein finanzieller Anreiz geschaffen, diese zukünftig zu organisieren. Da diese Arbeitsplätze für fünf Jahre geschaffen werden müssen, sind diese Angebote eben auch für denselben Zeitraum vorzuhalten. Außerdem wird im Rahmen eines neuen Ansatzes geprüft, ob die Personalkostenpauschale für Frauen in der Innovationsrichtlinie künftig erhöht werden kann, um Unternehmen dann eben doch einen finanziellen Anreiz zur Einstellung von Frauen zu bieten.
Ich glaube, dass diese Maßnahmen durchaus geeignet sind, Anreize für mehr Frauenbeschäftigung zu schaffen. Ich glaube aber auch, dass wir nicht umhinkommen, die Regeln mittelfristig für die Wirtschaftsförderung insgesamt zu verändern. Dem Bereich der Dienstleistungen kommt in unserer Gesellschaft eine immer größere Bedeutung zu, und auch damit ist ja durchaus eine Wertschöpfung verbunden, Sie haben das ausgeführt, denn die Wertschöpfung erfolgt ja nicht nur im produzierenden Gewerbe. Wir müssen deshalb auf der Bundesebene die Förderbedingungen entsprechend verändern.
Natürlich können wir auch in Bremen etwas tun, ich habe das eben ausgeführt, darüber hinaus gibt es aber weitere Möglichkeiten. Wir können oder müssen sogar den geförderten Unternehmen klare Ziele hinsichtlich der Schaffung beziehungsweise der Sicherung von Frauenarbeitsplätzen vorgeben. Wir
müssen aber auch dafür sorgen, dass das Argument, man wolle ja gern Frauen einstellen, finde nur keine, seine Grundlage verliert. Dafür gibt es auch Möglichkeiten.
Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass eine Beratung bei der WFB eingerichtet wird, die Unternehmen praxisnah, zum Beispiel durch die Formulierung von Stellenausschreibungen, dabei unterstützt, Frauen erfolgreich als Beschäftigte zu gewinnen, oder dass wir eine genderorientierte Überprüfung der Bewerberlage durch den oder die Förderberaterin implementieren. Ebenso gilt es, das Angebot von Anpassungsqualifizierungen für Bewerberinnen, die in den geförderten Unternehmen die geforderten Qualifikationen bisher noch nicht erbringen, mit diesen Maßnahmen entsprechend zu fördern, damit sie genau diese Qualifikationen erlangen. Wir können auch Fördermittel zur gezielten Qualifizierung von Frauen in den geförderten Unternehmen bereitstellen.
Abschließend: Bremen unternimmt aus meiner Sicht eine ganze Menge, man könnte aber trotzdem noch mehr tun. Wie eben ausgeführt, halten wir den Primäreffekt immer noch für etwas, was wir nicht so einfach aufgeben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es allerdings auch aus meiner Sicht erforderlich, eine Förderung auf den Bereich der Dienstleistungen auszudehnen, und mit den von mir eben beschriebenen Maßnahmen können wir auch kurzfristig dazu beitragen, dass tatsächlich mehr Frauen von der Wirtschaftsförderung profitieren. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, liebe Damen und Herren! Nachdem ich den Antrag gelesen hatte, empfand ich das Gleiche wie Sybille Böschen – eigentlich ein guter Ansatz, über den man weiter reden kann. Ich könnte auch mit einer Überweisung des Antrags leben.
Ich finde zwar nicht, dass alles, was in dem Antrag steht, richtig ist – manches ist auch überholt –, aber der Ansatz geht in die richtige Richtung. Das will ich näher ausführen. Dazu gehe ich auf die beiden Beschlusspunkte ein. Die erste Forderung lautet, „das Kriterium des ‚Primäreffekts‘, das für die GRW-Mittel vorgegeben ist, nicht mehr zur Grundlage der gesamten Förderung durch das LIP zu machen“. Sybille Böschen hat schon ausgeführt, dass man nicht behaupten kann, dieses Kriterium sei Grundlage für die gesamte Förderung durch das LIP. Das muss man ganz klar sagen. Seit dem 1. August 2014 gibt es in Bremen eine Bonusförderung für die Schaffung von Frauenarbeitsplätzen. Wir haben also schon versucht, etwas zu ändern.
„Die Förderung stärker auf Branchen und Unternehmen zu richten, bei denen insbesondere für Frauen qualifizierte und existenzsichernde Arbeitsplätze entstehen“ – das ist der zweite Beschlusspunkt des Antrags –, finde ich richtig. Wir sollten weiter daran arbeiten; denn hier wirkt die Kraft des Faktischen. Wir fördern im Wesentlichen Branchen, in denen der Anteil der Frauenarbeitsplätze bei nur 25 Prozent liegt. Insoweit ist nachzujustieren. Durch unsere Maßnahmen wird sich die Situation vielleicht ein bisschen verbessern, aber hier wirkt, wie gesagt, die Kraft des Faktischen. Wir müssen weiter an einer Verbesserung arbeiten.
Als ich darüber nachgedacht habe, sind mir unsere Cluster eingefallen, zu denen Luft- und Raumfahrt, Windenergie und Maritime Wirtschaft/Logistik gehören. All diese Cluster sind männerdominiert. Das muss man ganz klar sagen. Die Förderung dieser innovativen Bereiche ist zwar durchaus sinnvoll, weil dort viele Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber vielleicht kann man über einen fünften Cluster nachdenken, um die Schaffung von Frauenarbeitsplätzen besser fördern zu können. Ich nenne an dieser Stelle als wichtige Branche die Kreativwirtschaft.
Neben den Investitionsmaßnahmen mit „Primäreffekt“, die in der überwiegenden Zahl mit GRWMitteln gefördert werden können, sieht das LIP 2014 Fördermöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen vor, bei denen die Erfüllung des Kriteriums „Primäreffekt“ keine Voraussetzung für die Förderung darstellt. Nachdem ich mir die Berichte zum LIP aus den Vorjahren daraufhin angeschaut habe, welche Vorhaben gefördert worden sind, komme ich zu dem Ergebnis, dass man im Laufe der Jahre durchaus versucht hat, die Spielräume bei der Bewilligung auch im Sinne der Frauenförderung zu interpretieren und insoweit mehr zu tun.
Sie von den LINKEN wollen verstärkt die sogenannten SAGE-Bereiche – Soziale Arbeit, Gesundheit, Erziehung – fördern. Das kann ich zwar nachvollziehen; aber wir haben bestimmte Förderbedingungen zu beachten. Daher sind Krankenhäuser, Sanatorien und generell gemeinnützige Einrichtungen von dieser Förderung ausgeschlossen, weil kein förderfähiger wirtschaftlicher Betrieb vorliegt und andere Möglichkeiten der Förderung existieren.
Eine Förderlücke sehe ich nicht; denn wir haben nicht nur dieses Instrument, sondern noch einige andere Instrumente zur Verfügung. Der Förderung von Existenzgründungen und von Investitionen in diesen Bereich dienen zum Beispiel die BAB-Starthilfe und der BAB-Mikrokredit. Zielgruppe sind freiberuflich
Tätige und Kleinunternehmen, soweit sie kein Geld bei den Geschäftsbanken akquirieren können. Wir müssen aber weiter an dem Thema dranbleiben und auch besser werden.
Bestimmte Strukturen – dazu gehören die Cluster – wollen wir nicht infrage stellen. Unser Umgang mit den Clustern hat sich bewährt. Sie sind die Basis unserer Wirtschaftsförderung. Ich bin aber voll an Ihrer Seite, wenn es darum geht, ganz grundsätzlich den Blick zu weiten und zu schauen, wie wir mit der Ausrichtung unserer Wirtschaftsförderung auch mehr für Frauenarbeitsplätze tun können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinen beiden Vorrednern gab es bei mir nach dem Lesen der Überschrift nicht diese spontane Reak-tion. Ich habe mir den Antrag erst einmal durchgelesen und bin dann zu einer Bewertung gekommen. In Bezug auf viele Teilaspekte, die hier schon ins Spiel gebracht wurden, sind wir sicherlich gleicher Meinung. Aber bei aller Opportunität, die bei diesem Thema naturbedingt gegeben ist, dürfen ordnungspolitische Ansätze nicht völlig außer Acht gelassen werden.
In dem Beitrag des Kollegen Saxe ist schon die wichtige Frage nach dem Ziel der Förderung mit GRW- und EU-Mitteln angeklungen. Es geht um die Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Wir sind uns sicherlich unabhängig von unserer parteipolitischen Zuordnung einig, dass die Strukturförderung aus diesen Mitteln die Region Bremen und Bremerhaven in den vergangenen 10, 20 Jahren in großen Schritten weitergebracht hat. Diesen entscheidenden Punkt dürfen wir bei der politischen Bewertung von Förderprogrammen nicht außer Acht lassen.
Unabhängig davon stellt sich die Frage, wie wir es schaffen können, Frauen stärker an Gründungsaktivitäten heranzuführen und genau die Bereiche zu fördern, in denen ein nicht zu großes Ungleichgewicht zwischen frauenbesetzten und männerbesetzten Arbeitsplätzen existiert. Ein solches Ungleichgewicht ist aber bei industriebezogenen Arbeitsplätzen gegeben. Ich will nicht sagen, dass das in der Natur der Sache liegt, sondern das ist zum Teil auch historisch bedingt.
Wenn wir auf der einen Seite Bremen und Bremerhaven als fünftgrößten Industriestandort Deutschlands hervorheben – Herr Saxe, auch Sie sind immer relativ zügig dabei, das zu tun –, müssen wir die Schat
tenseite vielleicht nicht in Kauf nehmen, aber wir dürfen sie in unserer Argumentation nicht völlig ausblenden.
Wir, die CDU-Fraktion, sind der Auffassung, dass die Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur ein sehr wichtiger Punkt ist, den man nicht einfach über Bord werfen darf, sondern der weiterhin Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung im Rahmen des LIP sein muss. Über die „Positivliste“, was die Branchen angeht, kann man sicherlich immer wieder unterschiedlicher Auffassung sein. Ich könnte mir jetzt die Bemerkung erlauben, dass das Hotel- und Gaststättengewerbe ein Bereich ist, in dem es in höherem Maße Arbeitsplätze, die von Frauen besetzt sind, gibt. Dennoch haben Sie – wir gemeinsam – diesen Bereich von der Förderung ausgenommen, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden. All diese Punkte darf man auch unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten nicht einfach über Bord werfen, sondern man muss differenziert herangehen.
Wir sind bei Ihnen, wenn Sie darüber diskutieren wollen, wie wir Initiativen zur Förderung von Bereichen mit hohem Anteil an Frauenarbeitsplätzen voranbringen können. Darüber können wir in der Deputation reden. Wir werden das höchstwahrscheinlich vor der Wahl nicht mehr schaffen, können uns aber auch in der kommenden Legislaturperiode dieser Aufgabe verschreiben. Das vorgeschlagene Instrument halten wir in diesem Zusammenhang jedoch für das verkehrte. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts des zuletzt gehörten Beitrags muss ich sagen: Es wundert mich nicht mehr, warum die CDU keine moderne Großstadtpartei in Bremen wird. Für mich ist sehr nachvollziehbar, warum Ihnen das schwerfällt.
Hier wird der Gender Pay Gap zur Leitkultur. Alles, was Sie vorgeschlagen haben, bewegt sich im Mikrobereich. Ich möchte es positiv aufnehmen, dass zumindest von rot-grüner Seite ein gewisser Bedarf konstatiert wird, auf den wir eingehen müssen. Das finde ich richtig. Andererseits müssen wir uns nochmals die Definition von Wirtschaftspolitik ansehen. Ich habe hier schon öfter eingeklagt, dass die Wirtschaftspolitik eine andere werden muss. Wir haben in Bremen eine Armutsentwicklung. Wir beklagen hier Kinderarmut, deren Ursache in erster Linie Frauenarmut ist. Der Gender Pay Gap liegt bei 26 Prozent!
Ich möchte nicht verhehlen, dass ich auch von dem enttäuscht bin, was es bundesweit gibt. Ich habe mich auf die Suche gemacht, um herauszufinden, welche auf die Wirtschaft bezogenen Frauenförderprogramme bundesweit existieren. Mager sieht es aus!