Jetzt lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 18/1787 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Jetzt lasse ich über das Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes, Drucksache 18/1685, in zweiter Lesung abstimmen.
Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes, Drucksache 18/1685 – unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen – in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Bildung, Drucksache 18/1757, Kenntnis.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne eine Seminargruppe der Paulusgemeinde.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jugendgerichtsgesetz steht nicht die Bestrafung, sondern die Erziehung der straffällig gewordenen Jugendlichen im Vordergrund. Das ist auch richtig, denn in den allermeisten Fällen handeln die Täter nicht aus einer kriminellen Energie heraus, sondern weil das Elternhaus und/oder das soziale Umfeld nicht die erforderlichen positiven Einflüsse ausgeübt haben.
Um diesen Erziehungsauftrag bei straffällig gewordenen Jugendlichen erfüllen zu können, sieht das Jugendgerichtsgesetz mehrere Möglichkeiten vor. Eine davon betrifft den Paragrafen 34 Absatz 2, in dem geregelt ist, dass dem Jugendrichter zugleich die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben übertragen werden sollen. In der Praxis findet diese Übertragung jedoch kaum Anwendung, denn es fehlt im Gesetz die bindende Wirkung wegen des Begriffs „sollen“.
Bei einer CDU-Veranstaltung zum Thema „Jugendkriminalität“ hat sich der von uns eingeladene Berliner Jugendrichter und Buchautor Andreas Müller jedoch ausdrücklich für die konsequente Anwendung dieser Regelung ausgesprochen. Denn bei straffällig gewordenen Jugendlichen, so seine Ausführungen, ist es häufig geboten und wird in den Jugendgerichtsverfahren auch regelmäßig praktiziert, in die Familien und das soziale Umfeld zu schauen.
In der Regel sind Maßnahmen zur Beseitigung etwaiger Problemlagen erforderlich, die der betroffene Jugendliche allein nicht lösen kann, weil zum Beispiel die Erziehungsberechtigten die Probleme nicht wahrnehmen oder nicht in der Lage sind, ihren Er
ziehungsaufgaben gerecht zu werden. Wenn dies der Jugendrichter oder die Jugendrichterin übernehmen, ist eine Betreuung aus einer Hand gewährleistet.
Meine Damen und Herren! Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Jugendlichen und damit auf seine Erziehungsberechtigten – in der Regel sind es die Eltern oder ein Elternteil – und sein soziales Umfeld: häufig Geschwister, Freunde, Bekannte sind direkter und vielfältiger, da Auflagen oder Ähnliches sofort überprüft werden können. Nur so kann der Jugendrichter auch im Umfeld der straffällig gewordenen Jugendlichen aktiv werden und auf eventuell vorhandene, manchmal sogar vorhandene negative Einflüsse sofort präventiv einwirken.
Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag fordern wir den Senat auf, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, um Paragraf 34 Absatz 2 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes dahin gehend zu ändern, dass aus der vorhandenen Sollvorschrift eine Mussvorschrift wird. Damit würden den Jugendrichtern die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben in jedem Fall temporär übertragen werden können. – Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Wir diskutieren über den Antrag der CDU „Änderung des Jugendgerichtsgesetzes“, wie eben in der Rede von Herrn Hinners ausführlich begründet wurde. Ziel des Antrags ist es, dass aus dieser Sollvorschrift des Paragrafen 34 Absatz 2 Satz 1 JGG eine Mussvorschrift wird. Das bedeutet, dass die CDU begehrt, dass dem Jugendrichter zwingend die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben übertragen werden.
Die CDU begründet dies damit, dass es bei Straftaten von Jugendlichen geboten sei, sich der Situation in den Familien insgesamt anzunehmen, um das Kindeswohl zu schützen sowie Eltern und Geschwister einzubeziehen, damit der Jugendrichter im Umfeld des straffällig gewordenen Jugendlichen aktiv werden und eventuell vorprogrammierten zukünftigen Verfehlungen präventiv begegnet werden kann.
Das hört sich zunächst sehr gut an. Aber mit diesem Änderungsbegehren der CDU kann kein präventiver Einfluss auf Geschwister genommen werden, wie die CDU dies in ihrem Antrag darstellt und Herr Hinners dies vorhin begründet hat. Gegen diesen Antrag spricht zunächst, dass Paragraf 1 Absatz 1 Jugendgerichtsgesetz nur dann gilt, wenn ein Jugendlicher oder Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.
Das bedeutet, dass die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben nur für diejenigen Jugendlichen gelten, die sich strafbar gemacht haben. Das bedeutet – ich wiederhole es –, dass präventiv kein Einfluss auf Geschwister des Angeklagten durch die Gesetzesänderung bewirkt werden kann.
Die Begründung des Antrages, den die CDU in ihrer Rede nennt, ist durch eine gesetzliche Änderung, wie erläutert, nicht umzusetzen. Deshalb ist der Antrag abzulehnen, meine Damen und Herren.
Ein weiteres wichtiges Argument, das gegen diesen Antrag spricht, ist aber auch, dass bei familiärem Problemen oder Kindeswohlgefährdung nicht erst mit Beginn der Strafmündigkeit der Jugendlichen, also der Vollendung des 14. Lebensjahres, sondern bereits im Kindesalter Familiengerichte und damit auch Familienrichter zuständig sind. Es erscheint auch nicht sinnvoll, bei seit Jahren laufenden Verfahren vor Familiengerichten die Zuständigkeit plötzlich auf den Jugendrichter zu übertragen, obwohl bereits ein Familienrichter die Familie und das Kind/den Jugendlichen seit Jahren kennt und seine Entwicklung verfolgt hat. Warum sollte die Zuständigkeit dann bei einer strafrechtlichen Verfehlung vom Familienrichter, der diese Familie sehr gut kennt, auf den Jugendrichter wechseln, obwohl der Jugendrichter diese Familie bisher nicht kannte?
Dafür gibt es keine sachlichen Argumente, meine Damen und Herren, da sowohl das Jugendamt als auch der Jugendrichter dem Familiengericht die Sache vorlegen kann, wenn der Eindruck entsteht, dass eine familiengerichtliche Maßnahme ergriffen werden soll.
Damit sehen Sie, meine Damen und Herren, der Antrag der CDU geht ins Leere. Deswegen werden wir den Antrag der CDU ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin war sehr ausführlich. Von daher kann ich mich jetzt relativ kurzfassen. Auch meine Fraktion ist der Ansicht, dass dieser Antrag abzulehnen ist. Auch wenn das Ziel bestimmt ein positives und verfolgenswertes ist, so meine ich, lässt es sich über diesen Weg nicht erreichen.
Derzeit steht „sollen“ im Gesetz, nun soll „werden“ aufgenommen werden. Sie selbst haben im Antrag geschrieben, dass das in der Praxis nicht angewendet wird. Ich glaube, durch den Austausch dieses Wor
tes und dass es eine Mussvorschrift wird, wird es sich in der Praxis nicht verändern. Was ich genauso sehe wie Frau Dogan: Wenn Familienrechtsverfahren laufen, sind diese Personen dem Gericht bekannt. Es wäre eher von Nachteil, wenn die Handhabe von dort weggezogen würde. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ein Jugendrichter auf den einzelnen Menschen präventiv Einfluss nehmen kann und schon gar nicht, was die weitere familiäre Situation anbelangt.
Es besteht im Rahmen von familiengerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, eine Familienhilfe einzusetzen und diverse andere Maßnahmen, die auch vom Jugendamt begleitet werden. Ich meine, dass man darüber die familiäre Situation viel besser klären kann, als sie mit dem von der CDU gemachten Vorschlag geklärt werden könnte.