Protokoll der Sitzung vom 19.03.2015

Ich komme zum Schluss! – Wir stellen fest, dass man das vom Antragsteller beschriebene Problem so, wie von mir ausgeführt,

(Glocke)

nicht kleinreden, aber auch nicht übertreiben sollte. Das deutsche Körperschaftssteueraufkommen ist sta

bil, die Anliegen zur Vereinheitlichung der Unternehmensbesteuerung in Europa sind grundsätzlich berechtigt, wir lehnen diese Anträge jedoch als so nicht zielführend ab, teilweise übertrieben, teilweise überflüssig, teilweise sogar kontraproduktiv. Das Meiste kann man bereits in vorhandenen Registern einsehen und erkennen. Die aufgezeigte teils sehr weitgehende Regulierungswut wirkt eher wie linke Schaufensterpolitik im Wahlkampf, manches ist viel zu bürokratisch und aufwendig. Wir von der CDU vertrauen den gegebenen erkennbaren Bestrebungen in Brüssel und unserem europapolitischen Einfluss der CDU und der EVP. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Strehl.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich jetzt eine Lösung hätte, um die 2 Milliarden Euro für Bremen jährlich zu organisieren – ich glaube, Herr Gottschalk sagte das –, dann hätte ich vorher wahrscheinlich eine Vereinbarung über eine Tantieme abgeschlossen. Ich glaube, dieses Thema ist so komplex, neu und aktuell, dass ich auch dankbar dafür bin, jetzt so einen Antrag zu haben und ihn hier zu diskutieren, und ich bin sicher, dass wir hier in diesem Haus noch öfter über diese Frage diskutieren werden.

Ich möchte nur noch einmal festhalten, Herr Kau, Fakt ist, dass 340 Unternehmen, so habe ich es jedenfalls verstanden, einen Steuersatz von einem Prozent hatten; keine Kleinunternehmen, keine mittleren Unternehmen, keine aufrechten Handwerker, sondern Großunternehmen. Ob man jetzt sagt, sie seien kriminell oder nicht, ist mir egal, jedenfalls gibt es die Aussage, dass 340 Großunternehmen eine riesige Summe von Steuern nicht gezahlt haben, die sie eigentlich für unsere Gesellschaft hätten zahlen sollen. (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zweiter Fakt, den ich hier nennen möchte – nicht, weil ich ein Fan von Luxemburg bin, sondern weil das auch schon gesagt wurde –: Es ist fast ungerecht, dass Luxemburg so sehr im Zentrum steht, obwohl alle Länder davon betroffen sind. Es gibt viele Länder, in denen es ähnliche Modelle wie in Luxemburg gibt – darum steht Luxemburg vielleicht im Fokus –, aber es gibt auch andere Länder, und man muss auch dorthin schauen.

Die europäische Ebene hat ja gestern schon einige Punkte diskutiert. Das sind keine weitreichenden Punkte, es sind erste Ansätze,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Überlegungen!)

den Informationsaustausch in diesen Fragen überhaupt zu beginnen, denn – auch das möchte ich vielleicht noch einmal in Richtung von Regierung und Verwaltung sagen – es wird zu Recht heftig kritisiert, dass es in diesen Fragen bis heute keine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Das muss verändert werden, es muss ein viel stärkerer Austausch von Daten stattfinden. Der erste kleine Versuch ist es jetzt, zumindest die Steuerregeln auch regelmäßig zwischen den Ländern auszutauschen und da etwas zu unternehmen. Ob und wie weit das gelingt und in welcher Intensität das gemacht wird, ist noch ganz offen, aber es ist zumindest ein Punkt. Ich finde es auch richtig, dass es jetzt auf europäischer Ebene einen Ausschuss gibt. Manche haben sich ja einen Untersuchungsausschuss gewünscht – auch die Grünen, aber besonders auch die Sozialdemokraten und andere –, es ist jetzt ein Sonderausschuss zu dem Thema geworden, das ist erst einmal gut. Dieser wird auch nicht in der nächsten Woche und auch nicht in zwei Jahren eine Lösung gefunden haben, aber er wird zumindest daran arbeiten. Das Wichtigste ist aber, finde ich, es muss im Vordergrund stehen, dieses Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Ich habe zwei Erfahrungen mit Steuerrecht auf europäischer Ebene gemacht, die ich Ihnen kurz mitteilen möchte. Das eine ist die lange Diskussion über die Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage, bei der von der EU-Kommission seit dem Jahr 2011 versucht wurde, eine Harmonisierung zu erreichen. Mit vielen Bedenken in vielen Punkten hat der Bundesrat sogar auch schon zugestimmt, der Bundestag und andere Länder haben sich gegen die Harmonisierungsversuche ausgesprochen. An dem Punkt sieht man, wie schwer es ist, solche Regelungen auf europäischer Ebene zu erreichen und umzusetzen. Es gibt einen zweiten Punkt, den ich vielleicht noch nennen möchte: Wir waren im Rahmen unserer Europakompetenz ja mit den Staatsräten in Brüssel und haben uns dort mit hochkarätigen europäischen Beamten auch über das Steuerrecht unterhalten. Das war für mich ein bleibendes Erlebnis. Dort war ein hochkarätiger Beamter, der sagte, er sei seit 10 Jahren dabei, die Umsatzsteuern in Europa zu harmonisieren. Es war völlig euphorisch, weil er sagte, wir seien bald so weit, dass es klappt. Wir haben nicht gefragt, in welchem Zeitraum, aber er sagte, es würde klappen. Ich glaube, das ist die Aussage, Thema weiter besetzen, weiter daran arbeiten, und dabei hilft auch der Antrag, und irgendwann wird es klappen, dass wir an dem Punkt auch weiterkommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag, Drucksache 18/1781, abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/1781 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantragantrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/1697 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Versorgungssituation von seelisch verletzten und psychisch kranken Menschen mit geistiger Behinderung verbessern!

Mitteilung des Senats vom 13. Januar 2015 (Drucksache 18/1701)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Schulte-Sasse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Schmidtke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Geld ist also doch nicht das letzte Thema, sondern „Versorgungssituation von seelisch verletzten und psychisch kranken Menschen mit geistiger Behinderung verbessern!“, und ich finde, das ist ein schöner Tagesabschluss.

Für die Sitzung der Bürgerschaft legten SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag vor, mit dem

der Senat aufgefordert wurde, einen Bericht zur oben genannten Problematik vorzulegen. Nun liegt der Bericht vor.

Zunächst möchte ich mich im Namen der SPDFraktion herzlich für diesen umfassenden Bericht bedanken. (Beifall bei der SPD)

Es ist ein Bericht, der mir deutlich macht, dass sich offensichtlich nicht nur die Abgeordneten der Bürgerschaft Gedanken über unsere geistig behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger machen, sondern auch der Senat und offensichtlich auch alle befragten Institutionen, Träger, Kammern und Einrichtungen sich dieser Fürsorge anschließen. Ich bin über diese Resonanz erfreut und erleichtert.

(Beifall bei der SPD)

Meine Gedanken beim Durchlesen dieses auf 41 Seiten eng beschriebenen Berichts: Ich wusste aus den Gesprächen mit Eltern, geistig behinderten Menschen, Ärzten, Psychotherapeuten und auch aus der Erfahrung mit meinen eigenen geistig behinderten Kindern über Schwierigkeiten, Defizite und Unzulänglichkeiten in der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung, aber dies wurde von der aufgezeigten Realität übertroffen. Wir sprechen in diesem Bericht von circa 3 000 Bremerinnen und Bremern zwischen 18 und 60 Jahren, Menschen, bei denen eine geistige Behinderung diagnostiziert wird. Nicht erwähnt werden in diesem Bericht alle 0- bis 17-jährigen und alle über 60-jährigen Menschen mit geistiger Behinderung. Das bedeutet, dass die Zahl der geistig behinderten Menschen in Bremen insgesamt deutlich höher ist als 3 000, aber die Probleme in der Behandlung sind identisch, weil sie altersunabhängig sind.

Der Bericht zeigt auf, dass aus den Häufigkeiten zusätzlicher Beeinträchtigungen und herausfordernder, daraus resultierender Verhaltensweisen der Patienten, die oft mit psychischen Störungen einhergehen, abzuleiten ist, dass hinsichtlich des Umgehens, der Kommunikation, der Diagnostik und auch der Therapie mit Menschen mit geistiger Behinderung und psychischen Erkrankungen die behandelnden Ärzte und Therapeuten und Therapeutinnen auch spezifisches Fachwissen benötigen, um auch diesen Patienten ein qualifiziertes Angebot machen zu können. Ein Sedieren hilft dort nämlich oft nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist für mich erfreulich, dass sowohl die Ärztekammer Bremen als auch die Psychotherapeutenkammer und die angefragten Klinikleitungen Defizite erkannt haben und zur Abhilfe nicht nur bereit, sondern darum bemüht sind. Die Kassenärztliche Ver

einigung, KV, bleibt sich selbst treu, sie erkennt keine Mängel und sieht keinen Bedarf. Wie einem Geisterfahrer auf der Autobahn würde ich den Verantwortlichen gern dringend raten: Richtung wechseln und Spur halten! Überholen muss ja nicht sein, aber ein Anpassen an den fließenden Verkehr ist sinnvoll.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die vom Senat beziehungsweise vom Sozialressort durchgeführte Umfrage berichtet auch von circa 150 behinderten Menschen, die weder in einer Tagesförderstätte noch in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden. Ich befürchte, dass diese erwachsenen Menschen nach Beendigung ihrer Schulzeit beschäftigungslos in ihrem Zuhause leben, versorgt und gepflegt von ihren älter werdenden Eltern. Eigentlich ist das kaum erträglich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der Bericht endet mit verabredeten geeigneten ersten Schritten, um erkannte Mängel zu beseitigen: Sensibilisierung sowie Fortbildung bei Ärzten und Psychotherapeuten bezüglich Diagnostik und Therapie, Zugang zur Regelversorgung, inklusive aufsuchender Behandlung, Aufbau eines Medizinischen Zentrums für Erwachsene mit Behinderung, Kooperation zwischen den Systemen Eingliederungshilfe/Gesundheit. Ich bin erleichtert darüber, dass nicht nur die Ist-Situation hinterfragt wurde, sondern dass gleich über Lösungswege nachgedacht wurde und diese auch bereits geplant werden. Mir ist klar, dass alles seine Zeit braucht, aber zu beginnen ist schon einmal wichtig.

Die weitere Entwicklung muss begleitet werden, auch vom Parlament. Ich halte regelmäßige Berichte in den Fachdeputationen, in größeren Abständen – aber bitte mindestens zwei Mal in der Legislaturperiode! – aber auch in der Bürgerschaft (Landtag), für hilfreich. Meine Bitte ist, dass sich der Teilhabebeirat, geschaffen aus dem TEEK, dem Temporären Expertinnen- und Expertenkreis, ebenfalls dieser Aufgabe annimmt und die Umsetzung der Schritte eng begleitet.

Ich danke noch einmal ausdrücklich für diese geleistete Fleißarbeit und möchte uns allen in das Stammbuch schreiben: Gesundheit ist kein Verdienst, sondern Glück.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)