Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ursprünglich hatte ich gedacht, man könnte relativ gelassen und entspannt über diesen Antrag reden. Nach Ihrem Redebeitrag, Frau Grönert, habe ich aber das Gefühl, Sie haben den Antrag in der Absicht gestellt, die Flüchtlingszuströme nach Bremen verhindern und abschrecken zu wollen. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Sie allen Ernstes erklären, es hätte eine abschreckende Wirkung auf Zuzüge nach Bremen, wenn man Sachleistungen statt Bargeld bekommt. Wenn das Ihre Grundhaltung ist, dann kann ich nur sagen, dass Sie ganz wenig Ahnung von Fluchtgründen haben.
Die Menschen in Syrien überlegen sich doch nicht, dass Sie in Bremen oder in Deutschland vielleicht 143 Euro bekommen, und machen sich deswegen auf den Weg in das gelobte Land Bremen. Wenn das Ihre Auffassung ist, dann muss man vielleicht doch noch ein bisschen anders über das, was Sie vorschlagen, nachdenken. Es ist absurd, kann ich nur sagen, und bisweilen auch skandalös, wie Sie mit den Flüchtlingen umgehen und über sie reden.
Es gibt schon eine ganze Menge Sachleistungen. Die Unterbringung ist Sachleistung. Die Verpflegung ist Sachleistung. Die Gesundheitsversorgung ist Sachleistung. Das alles sind Sachleistungen. Jetzt erhalten die Flüchtlinge – ich finde den Begriff „Taschengeld“ überhaupt nicht angemessen, aber nun gut – ein wenig Bargeld, um persönliche Bedürfnisse zu befriedigen. Das ist ja nun auch nicht weiß Gott wie viel. Sie fordern, dass sie davon zwangsweise Mobilität bezahlen sollen. Was ist das denn für ein Vorschlag? Natürlich ist es wichtig, dass die geflüchteten Menschen in Bremen mobil sind. Die Einrichtungen haben aber schon einige Lösungsvorschläge gemacht, dass nämlich entsprechende Fahrkarten, Monatskarten zur Verfügung gestellt werden.
Dann zu Ihrem Vorschlag zum Internet: Ich frage mich allen Ernstes, wie Sie das machen wollen. Sollen dann von jedem einzelnen Flüchtling 20 Cent, vielleicht 30 Cent von der Verwaltung eingenommen werden, damit der entsprechende WLAN-Router installiert wird? Wir haben im letzten Monat einen Antrag gestellt, und der letzte Punkt lautete: „eine schnellstmögliche Ausstattung der Flüchtlingsunterkünfte im Land Bremen mit WLAN-Routern, um Flüchtlingen einen einfachen Kontakt zu Verwandten, die oftmals in Kriegs-und Krisengebieten zurückgelassen werden mussten, zu ermöglichen.“
Das wollen wir machen, und das wird auch passieren. Dann braucht man nicht den riesigen Verwaltungsaufwand, um ein paar Cent von den einzelnen Flüchtlingen in den jeweiligen Unterkünften einzusammeln. Es ist an Absurdität kaum mehr zu überbieten, was Sie hier vorschlagen.
Selbstverständlich lehnen wir Ihren Antrag wegen der Denkweise dahinter ab. Erst habe ich immer gedacht, Sie kommen auf sanften Pfoten daher. Sie wollen den Flüchtlingen auch etwas Gutes tun, und man muss ja einmal sehen. Das tut weder den Flüchtlingen noch der Verwaltung gut, und deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Danke schön!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Gruppe junger Flüchtlinge.
gin neben mir hat gesagt, ich solle den letzten Satz zuerst sagen, das mache ich dann auch, ich wiederhole es noch einmal: Sie werden es wahrscheinlich nicht begreifen, Frau Grönert, Sie werden es vermutlich auch nicht glauben, aber niemand flüchtet wegen 143 Euro!
Nun wundern sich vielleicht einige, warum ich jetzt hier vorn stehe. Es hat natürlich auch eine Dimension, bei der es um Mobilität geht. Ich möchte Ihnen einfach einmal darlegen, was für ein – Schwachsinn darf man ja nicht sagen – Unsinn das wirklich auch aus Mobilitätssicht ist, was Sie sich da ausgedacht haben.
Es steckt natürlich mehr dahinter, Sie wollen abschrecken. Sie glauben, wenn man hier noch ein Stück vom Kuchen wegnimmt und da noch vom Taschengeld – es heißt gar nicht Taschengeld –, vom persönlichen Bedarf, von dem bisschen, von 143 Euro, dann können Sie Menschen damit abschrecken. Nein, das wird aber nicht funktionieren, das kann ich Ihnen ganz klar sagen!
Was steckt nun eigentlich in Bezug auf die Mobilität dahinter? – Ja, Herr Eckhoff? Ach, ich dachte, Sie wollten etwas fragen.
Von den 143 Euro sind, das kann man ganz genau festlegen, 26 Euro für die Mobilität vorgesehen. Ich habe dann auch einmal mit der BSAG telefoniert. Dort wurde mir gesagt, super Idee, wir freuen uns total darüber, es bringt uns vier Millionen Euro. Da muss auch der Haushaltsgesetzgeber sagen, super Idee, weil der Zuschuss für die BSAG um vier Millionen Euro gesenkt wird. Es wurde aber auch gesagt, wir verstehen, wenn Sie das für Unsinn halten und nicht machen.
Es ist doch vollkommen klar, alle Flüchtlinge müssten dann diese 26 Euro abliefern. Das ist Ihr Vorschlag. Und was ist mit dem Flüchtling, der Fahrrad fährt? Was ist mit dem, der zu Fuß geht? Was ist mit dem, der nur zweimal im Monat den Arzt besuchen will? Der zahlt nämlich diese 26 Euro auch! Dass die BSAG sich darüber freut, ist vollkommen klar, sie tut dafür kein bisschen mehr, außer dass es vielleicht Auswirkungen auf Schwarzfahrten hat.
Das Semesterticket halte ich ehrlich gesagt so, wie es gemacht wird, auch für keine gute Idee, aber darüber können wir auch noch reden. Vollkommen klar,
mobilitätstechnisch ist es eine schlechte Steuerungswirkung, Herr Röwekamp, das ist vollkommen klar!
Es heißt ja – der Begriff geht mir ganz schwer über die Lippen – Beförderungserschleichung, darum geht es. Tatsächlich hat das Bundeskriminalamt einmal nachgesehen, ob die Vorurteile, die man vielleicht dahinten irgendwo vermuten kann, stimmen, dass Flüchtlinge krimineller sind als Menschen, die in diesem Land geboren wurden. Das ist nicht der Fall, eindeutig nicht!
Es hat im Bundesschnitt tatsächlich ein Delikt etwas gehäuft gegeben, eben die Beförderungserschleichung. Auch darüber habe ich mit der BSAG gesprochen. Es ist im Augenblick zumindest nicht so richtig auffällig in Bremen. Es kommt vor, es kommt auch vor, dass Menschen es sprachlich nicht richtig verstehen und die Tarife nicht richtig wählen. Damit geht die BSAG, wie ich denke, auch sehr umsichtig um. Mit Menschen, bei denen man sieht, es ist das erste Mal, und sie haben es vielleicht in dem Moment, weil es neu ist, nicht so richtig verstanden, geht man umsichtig um und beurteilt es von Fall zu Fall. Wenn es ein Delikt ist, das häufiger vorkommt, und jemand auch ins Gefängnis kommen kann, weil er schwarzfährt, betrifft das eine Frage, die man sowieso grundsätzlich betrachten kann, ob das so richtig gut ist.
Wir müssen natürlich mit der BSAG und dem Sozialressort darüber reden, wie wir es hinbekommen, dass möglichst wenige – –.
(Abg. Eckhoff [CDU]: Ich habe gesagt, die nächsten Schwarzfahrer belohnen wir mit einem Fahrrad! – Zurufe Bündnis 90/Die Grünen)
Wunderbarer Einwurf! Dazu möchte ich jetzt gar nicht viel sagen, Herr Eckhoff! Ich weiß, dass Sie diesen Mobilitätsteil eigentlich begriffen haben müssten, wenn man die 26 Euro für ein Verkehrsmittel nimmt, dann ist das mobilitätstechnisch einfach die falsche Steuerungswirkung! Das verstehen Sie, das weiß ich.
Ich glaube, wir müssen eine ganze Reihe Maßnahmen ergreifen, um da besser zu werden. Ich kann mir zum Beispiel etwas vorstellen. Warum sollen Leute, die noch nicht registriert sind, nicht einen Teil Tickets umsonst bekommen? Das würde ich für vernünftig halten. Warum soll man es nicht so machen, wie es zum Teil auch schon gemacht wird, dass es ausreichend MIA-Tickets in den Einrichtungen gibt?
Wir haben auch eine Mobilitätsberatung für Neubürgerinnen und Neubürger, auf die wir ganz stolz waren. Dafür haben wir, glaube ich, alle hier im Hohen Hause gestimmt. Die mit Abstand größte Gruppe von Neubürgerinnen und Neubürgern, die wir im Augenblick haben, ist nämlich die Gruppe der Flüchtlinge, und ich finde, wir sollten uns darauf fokussieren, das Mobilitätsverhalten dieser Neubürgerinnen und Neubürger insgesamt für die Träger des Umweltverbundes zu gewinnen und sie dafür zu begeistern. Ich glaube, das sollte ein Ziel für diese Neubürgerinnen und Neubürger sein, ganz klar!
Es soll ein Zwangsticket sein, ganz klar, von Ausnahmen für Fahrrad fahrende Flüchtlinge habe ich noch gar nicht gehört, also ein Zwangsticket für alle Flüchtlinge, oder haben Sie sich das jetzt überlegt? Gut! Aber gern doch!
Habe ich Sie vorhin richtig verstanden, dass Sie von vier Millionen Euro für die BSAG gesprochen haben?